1. Auslegung von Anbringen 2. Zurückweisung eines Vorlageantrags als verspätet
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht beschließt durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** :
Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufgehoben.
Der gegen diese als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom gerichtete Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit e BAO als unzulässig zurückgewiesen
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Im streitgegenständlichen Zeitraum bezog der Beschwerdeführer unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die für ihn und eine Mitbesitzerin gemäß § 188 BAO festgestellt wurden und entsprechend seinem Einkommensteuerbescheid vom zugrunde gelegt wurden.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhob der Beschwerdeführer am Beschwerde und führte begründend aus, dass näher genannte Aufwendungen bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten berücksichtigt worden seien.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unzulässig zurück, da die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Feststellungsbescheid festgestellt worden sei.
Aufgrund der mit dieser Beschwerde vorgelegten Unterlagen führte die belangte Behörde jedoch amtswegig eine nachprüfende Kontrolle im Feststellungsakt durch, hob den Feststellungsbescheid für das Jahr 2020 gemäß § 299 BAO auf und berücksichtigte im am erlassenen neuen Feststellungsbescheid die in der Beschwerde vom geltend gemachten Aufwendungen teilweise. Am erließ die belangte Behörde gemäß § 295 BAO den von diesem abgeleiteten Einkommensteuerbescheid.
Am langte ein mit "" datierter Schriftsatz (mit Poststempel vom ) des Beschwerdeführers am Bundesfinanzgericht ein, mit dem der Beschwerdeführer "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid zugestellt am " erhob. In diesem Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer vor, seine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom sei vom Finanzamt nicht angeschaut worden. Weiters führte er aus, dass seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2020 € ***12345*** betragen hätten, er jedoch inklusive Säumniszuschlag und Vorauszahlungen fast € ***98765***, -- an Einkommensteuer zu bezahlen hätte.
Das Bundesfinanzgericht leitete dieses Anbringen an die belangte Behörde weiter.
Die belangte Behörde beurteilte das Anbringen als Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom und erließ mit Bescheid vom einen Mängelbehebungsauftrag. Bei der "gegen den Einkommensteuerbescheid zugestellt am " gerichteten Beschwerde würden die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richte, die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, die Erklärungen, welche Änderungen beantragt werden, sowie eine Begründung fehlen. Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer eine Frist bis zum zur Mängelbehebung ein und wies darauf hin, dass sein Anbringen bei Versäumung dieser Frist als zurückgenommen gelte.
Nachdem der Beschwerdeführer in der ihm eingeräumten Frist keine Mängelbehebung vorgenommen hatte, erklärte die belangte Behörde die Beschwerde mit "Beschwerdevorentscheidung" vom als zurückgenommen.
Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer "Beschwerde über die Beschwerdevorentscheidung vom 28. Juni". Er hätte bereits seine Beschwerde vom an das Bundesfinanz gerichtet und es sei abzuwarten, wie dieses entscheide.
Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde als Vorlageantrag behandelt und das mit datierte Anbringen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl ; , 2011/13/0082; , Ra 2019/15/0005, je mwN).
Das gegenständliche mit datierte Anbringen des Beschwerdeführers ist seinem Wortlaut nach gegen den Einkommensteuerbescheid gerichtet, der dem Beschwerdeführer am zugestellt wurde.
Diesem Anbringen ist unter anderen die Beschwerdevorentscheidung vom beigefügt, auf der der Beschwerdeführer handschriftlich "zugestellt am " vermerkt sowie die Rechtsmittelbelehrung rot unterstrichen hat. Aus diesen Vermerken sowie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Anbringen ausführt, dass sich die belangte Behörde nicht mit seiner Beschwerde vom auseinandergesetzt habe, ist zu schließen, dass sich das gegenständliche Anbringen gegen die Beschwerdevorentscheidung vom richtet und daher als Vorlageantrag und nicht als Beschwerde zu beurteilen ist. Auch der Umstand, dass dieses Anbringen "An das Bundesfinanzgericht über das Finanzamt Österreich" adressiert ist - während die Beschwerde vom an die belangte Behörde adressiert war - spricht dafür, dass mit diesem Anbringen die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt werden sollte.
Obwohl auch der Einkommensteuerbescheid vom dem Anbringen angeschlossen ist, wird auf diesen bzw. dessen Inhalt darin kein Bezug genommen. Es erscheint zudem denkunmöglich, dass sich das mit datierte Anbringen gegen einen zum datierten Zeitpunkt noch gar nicht erlassenen Bescheid richten solle.
Da das Bundesfinanzgericht aus den dargelegten Gründen davon ausgeht, dass es sich bei dem gegenständlichen Anbringen um einen Vorlageantrag handelt und der belangten Behörde keine Zuständigkeit zur Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens bei Vorlageanträgen zukommt (ErläutRV 360 BlgNR 25. GP 23), ist der Bescheid vom , mit dem die belangte Behörde das mit datierte Anbringen mangels Behebung der Mängel innerhalb der eingeräumten Frist als zurückgenommen erklärt hat, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben und das dagegen gerichtete Anbringen vom als unzulässig zurückzuweisen.
Laut Vorbringen des Beschwerdeführers wurde ihm die am erlassene Beschwerdevorentscheidung erst am zugestellt. Mit diesem Tag begann daher die Monatsfrist für die Einbringung des Vorlageantrages. Sie endete somit am .
Da gemäß § 108 Abs. 4 BAO die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist eingerechnet werden, genügt es, wenn die Postaufgabe am letzten Tag der Frist erfolgt, sofern das Rechtsmittel überhaupt bei der Abgabenbehörde einlangt (vgl ). Der Vorlageantrag ist grundsätzlich bei der Abgabenbehörde einzubringen, welche die Beschwerdevorentscheidung erlassen hat. Wird er fristgerecht beim Bundesfinanzgericht eingebracht, so gilt dies jedoch gemäß § 264 Abs. 4 lit b BAO iVm § 249 Abs. 1 BAO als rechtzeitige Einbringung (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 264 Rz 8).
Im gegenständlichen Fall ist aus dem Poststempel ersichtlich, dass die Postaufgabe erst am und daher nicht mehr innerhalb der Frist zur Erhebung des Vorlageantrags erfolgte. Dem Umstand, dass der Schriftsatz selbst mit "" datiert war, kommt hingegen keine fristenwahrende Bedeutung zu.
Aus den dargelegten Gründen war der Vorlageantrag daher als verspätet zurückzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Auslegung von Anbringen (vgl ) sowie der Fristenlauf bei Rechtsmitteln (vgl ) sind durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes geklärt. Der gegenständliche Beschluss weicht diesbezüglich nicht von dieser Rechtsprechung ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102809.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at