Dauerhafte Vermietung eines Ferienappartements
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gattringer, Schiller & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG, Pulvermühlstraße 23, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2019 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO insofern abgeändert, als die Vorsteuer mit 46.398,10 Euro festgesetzt wird und die Vorläufigkeit gemäß § 200 Abs. 1 BAO entfällt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb im Jahr 2018 ein Ferienappartement (Wohnungseigentumsobjekt) mit einer Nutzfläche von ca. 81 Quadratmetern und einem Balkon von 18 Quadratmetern und einem Fahrzeugabstellplatz.
Mit Schreiben vom verzichtete die Bf. gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer (§ 6 Abs 1 z 27 UStG 1994).
Mit am über FinanzOnline eingereichter elektronischer Umsatzsteuererklärung für 2019 begehrte die Bf. Vorsteuern in Höhe von 46.398,10 Euro und erklärte gleichzeitig Umsätze in Höhe von null Euro.
Mit Bescheid vom erfolgte eine gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige erklärungsgemäße Veranlagung.
Am wurde dieser Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und ein neuer Umsatzsteuerbescheid 2019, ebenfalls vorläufig, erlassen. Mit dem neuen Sachbescheid wurde die Vorsteuer auf den Betrag von 41.758,29 Euro eingeschränkt. Aus der zu diesem Bescheid gesondert zugestellten Begründung ergibt sich, dass die belangte Behörde eine Eigennutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnung im Schätzungswege im Ausmaß von 10 Prozent angenommen und gemäß § 13 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 den Vorsteuerabzug in entsprechender Höhe gekürzt hat. Zudem werde die Vereinbarung zwischen der Bf. und ihrer Mieterin betreffend die Eigennutzung zum Sonderpreis als Missbrauch gemäß § 22 BAO nicht anerkannt.
Gegen diesen neuen Sachbescheid brachte die Bf. mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde ein. Bei der Tätigkeit der Bf. handle es sich um eine unternehmerische. Die Mieterin betreibe ein Hotel, in dessen Rahmen auch die Liegenschaft der Bf. genutzt werde. Die Möglichkeit der Nutzung des Eigentümers sei nur unter folgenden Maßgaben möglich: Der Eigentümer sei verpflichtet, Buchungen im Buchungssystem vorzunehmen. Er könne lediglich dann eine Buchung vornehmen, wenn das Gebäude nicht bereits durch einen Hotelgast belegt sei. Dem Hotelbetreiber stehe es darüber hinaus frei zu, nicht das Gebäude, das dem Eigentümer zivilrechtlich gehört, zur Verfügung zu stellen, sondern allenfalls ein anderes Gebäude zuzuteilen, soweit es ihm aus Rentabilitätsüberlegungen vorteilhaft erscheine. Auch die Vermietung eines anderen, nicht im zivilrechtlichen Eigentum befindlichen Gebäudes, würde zu dem reduzierten Eigentümersatz vorgenommen werden. Die Entscheidung über die Marktpreis-Festlegung gegenüber den Hotelgästen und den verschiedenen Eigentümern obliege dem Betreiber.Aus diesem Grund seien die Vermietung der Liegenschaft an den Betreiber und die Vermietung der Hotelzimmer durch den Betreiber an die Gäste oder auch an die jeweiligen Eigentümer getrennt zu beurteilen. Der Eigentümer habe keine freie Verfügung über seine Liegenschaft, da diese durch den Betreiber betrieben werde und er den Betreiber nicht von der Nutzung des Objekts ausschließen und frei darüber verfügen könne.
§ 22 BAO sei nur anwendbar, wenn eine rechtliche Gestaltung auf die wirtschaftliche Zielsetzung hin unangemessen sei. Der wesentliche Vorteil müsse dabei in der Erlangung eines steuerlichen Vorteils liegen. Bei Vorliegen von wirtschaftlichen Gründen, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln, liege kein Missbrauch vor.
***2*** und ***1*** ***3*** hätten in ein Anlageobjekt investieren wollen und seien dabei auf dieses Projekt gestoßen. Ein normaler Kauf von Liegenschaften sei aufgrund der vorliegenden Widmung nicht möglich, weshalb eine gewerbliche Hotelvermietung zwingend notwendig sei, um der Widmung entsprechend tätig zu sein. Eine persönliche Vermietung sei rechtlich damit nicht einmal möglich. Es werde daher der Einstufung als missbräuchliche Gestaltung widersprochen, da triftige wirtschaftliche Gründe für diese rechtliche Gestaltung vorlägen und auch kein Steuervorteil, sondern lediglich die Veranlagung des vorhandenen Vermögens im Vordergrund der Investitionsentscheidung gestanden sei.
Darüber hinaus werde der Vorläufigkeit des Bescheids gemäß § 200 Abs. 1 BAO widersprochen, da die Prognoserechnung bereits im Jahr 2021 einen Überschuss aufweise, der auch weiterhin zu erwarten sei.
Die belangte Behörde wies die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach der in gesondertem Schreiben vom zugestellten Begründung sei in der Gewährung eines Sonderpreises von 30 Prozent des regulären Listenpreises bei der Eigentümernutzung jedenfalls ein Missbrauch im Sinne des § 22 BAO gegeben. Die Gestaltungsweise (Bezahlung letztendlich an sich selbst) stelle einzig und allein darauf ab, eine Privatnutzung mit den Folgen einer Vorsteuerkürzung - wie in zahlreicher Judikatur und Literatur, etwa Mayr, ÖStZ, 8/2015, 294, Teilweise privat genutzte Ferienwohnungen - Rechtslage 2004 bis 2010 und ab 2011, behandelt - zu vermeiden.Die missbräuchliche Gestaltung erhärte sich auch dadurch, dass genau diese steuerliche und somit negative Konsequenz im Schriftstück der "***5*** GmbH" ausgeschlossen werde, in dem im drittvorletzten Absatz Folgendes festgehalten worden sei: "Dadurch handelt es sich um eine Vermietung und nicht um eine Privatnutzung - mit den entsprechenden positiven steuerlichen Auswirkungen für Sie."
Es stehe die Absicht der Steuervermeidung zweifelsohne fest. Zudem seien außersteuerliche Gründe nicht nachgewiesen worden. Wegen der Ungewissheit der Entwicklung der Einkünftesituation innerhalb eines absehbaren Zeitraumes bleibe die Vorläufigkeit der Bescheide im Sinne des § 200 BAO bestehen. Dass die Prognoserechnung bereits im Jahr 2021 einen Überschuss aufweise ändere nichts an der Beurteilung, da die Entwicklung in den nachfolgenden Jahren nicht vorherzusehen sei.
Mit Schreiben vom begehrte die Bf. die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht. Inhaltlich werden im Wesentlichen die Argumente aus der Beschwerde wiederholt bzw. vertieft. Es lägen zwei zu unterscheidende Leistungsbeziehungen vor, nämlich die Vermietung der Bf. an die Betreibergesellschaft und eine Hotelnächtigungsleistung an die Bf. bzw. deren Gesellschafter. Es handle sich um keine Vermietung an sich selbst.
Widersprochen werde auch der Einstufung als missbräuchliche Gestaltung, da triftige wirtschaftliche Gründe für diese rechtliche Gestaltung vorlägen und auch kein Steuervorteil, sondern lediglich die Veranlagung des vorhandenen Vermögens im Vordergrund der Investitionsentscheidung gestanden sei.
Außerdem sei es im Jahr 2020 nur zu einer einzigen Eigentümernutzung gekommen, die lediglich ein Nutzungsanteil von ca. 2 Prozent ergebe.
Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde dem Verwaltungsgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor.
Am fand eine von Amts wegen angesetzte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Bei der Bf. handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die die Ehegatten ***1*** und ***2*** ***3*** sind. Die GesbR bzw. deren Gesellschafter kaufte im Jahr 2018 von der ***4*** ein (noch zu begründendes) Wohnungseigentumsobjekt mit einer Nutzfläche von ca. 81 Quadratmetern und einem Balkon von 18 Quadratmetern und einem Fahrzeugabstellplatz um 309.300 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Die Bf. erwarb die Liegenschaft mit der Absicht, damit umsatzsteuerpflichtige Vermietungsumsätze zu erzielen. Eine (teilweise) regelmäßige private Nutzung war bei Anschaffung bzw. im verfahrensgegenständlichen Jahr 2019 nicht beabsichtigt. Vielmehr war eine rein unternehmerische Nutzung in höherem Maße wahrscheinlich.
Mit Schreiben vom verzichtete die Bf. gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer.
Mit Gästevermittlungs- und Betriebsführungsvertrag vom wurde mit der ***5*** GmbH die Vereinbarung geschlossen, die Ferienwohnung für die gewerbliche Vermietung zu nutzen und der Vertragspartnerin zur hotelmäßigen Vermietung im eigenen Namen zu überlassen.
Das Entgelt für die Vermietung bemisst sich nach einer von der Mieterin auf Basis der ortsüblichen Preise jährlich festgesetzten Grundlage, und betrifft die jeweils tatsächlich durch die Mieterin für deren Gäste genutzten Tage.
Bei Nutzung durch den Eigentümer oder dessen nahe Verwandten (Kinder, Eltern, Geschwister) werden für die Wohnungskomponete Sonderpreise Iaut Eigentümerpreisliste (30% des normalen Tarifs) berechnet. Die übrigen Leistungen der Mieterin (z.B. Bettwäsche, Handtücher, Reinigung usw.) erfolgen zum normalen Tarif.
Die Mieteinnahmen der Bf. werden 2 x jährlich abgerechnet und zwar für die Wintersaison und die Sommersaison. Bei dieser Abrechnung werden die anteiligen Honorare und eventuelle Auslagen gegenverrechnet.
Im verfahrensgegenständlichen Jahr 2019 erzielte die Bf. noch keine Umsätze, sondern brachte lediglich Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Ausstattung der Liegenschaft stehen, zum Abzug. Daraus ergibt sich auch der Verzicht auf die Steuerbefreiung für Vermietungsumsätze (§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994) gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994. Insgesamt lässt die Tätigkeit der Bf. innerhalb eines absehbaren Zeitraums einen Gesamtüberschuss erwarten.
Zu tatsächlichen Eigentümernutzungen kam es nur in den Jahren 2020 und 2021. Zunächst zwei Nächtigungen gegen Ende der Saison 2020 um die Wohnung fertig einzurichten und dann vier Nächtigungen im Juni 2021, innerhalb eines Monats nach Ende des Lockdowns, um eine Koordinierung der Vermietungstätigkeit und damit zusammenhängender Arbeiten vorzunehmen.
Schließlich kam es, ebenfalls im Juni 2021, zu einem einwöchigen Aufenthalt der Eltern der Gesellschafterin der Bf. zum begünstigten Eigentümertarif. Darüber hinaus wurde die Wohnung weder von den Gesellschaftern der Bf. noch von anderen Personen zum begünstigten Tarif genutzt.
Beweiswürdigung
Die Grundlagen der Vermietung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an die Mieterin ergeben sich aus dem vorliegenden Mietvertrag. Die (nicht das verfahrensgegenständliche Jahr betreffenden) Ergebnisse der Vermietung sind den vorgelegten Unterlagen (z.B. Überschussrechnung 2020, Beilage ./C des Aktes) zu entnehmen.
Der für die Tätigkeit der Bf. zu erwartende Gesamtüberschuss ergibt sich aus der vorgelegten Prognoserechnung, die sich unter Berücksichtigung der Unwägbarkeiten aufgrund der COVID-19-Pandemie bislang auch bestätigt hat. Diesbezüglich besteht auch zwischen den Verfahrensparteien (siehe die Niederschrift über die mündliche Verhandlung) Einigkeit.
Die im Verfahrensjahr 2019 erzielten Umsätze von Null Euro und die Höhe der begehrten Vorsteuern sind dem Grunde nach zwischen den Verfahrensparteien (mit Ausnahme der seitens der belangten Behörde vorgenommen Kürzung im Zusammenhang mit einer im Schätzungswege ermittelten Privatnutzung) unstrittig und spiegeln sich auch in den aktenkundigen Rechnungen wider (insbesondere hinsichtlich der Anschaffung der gegenständlichen Liegenschaft).
Dass die Mieterin der Bf. im eigenen Namen gegenüber den Gästen auftritt, ergibt sich einerseits aus dem Gästevermittlungs- und Betriebsführungsvertrag vom , andererseits auch aus dem allgemeinen Geschäftsbedingungen der Mieterin (Onlineabruf vom ), wonach der Beherbergungsvertrag zwischen ihr und dem Gast abgeschlossen werde.
Das Verwaltungsgericht erachtet die im gesamten Verfahrenslauf und im Rahmen der mündlichen Verhandlung getätigte Angabe der Bf., es sei von Beginn der Tätigkeit an keine private Eigennutzung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft geplant gewesen, für glaubwürdig.
Dies zunächst deshalb, weil die seitens der Gesellschafter der Bf. tatsächlich durchgeführten Aufenthalte in den Jahren 2020 und 2021 von kurzer Dauer gewesen und im zeitlichen Nahebereich behördlicher Maßnahmen zur COVID-19 Eindämmung bzw. der Einrichtung der Wohnung erfolgt sind. Dass solche Umstände allenfalls auch die Anwesenheit der Eigentümer erforderlich oder zumindest nützlich erscheinen lassen, ist für das Verwaltungsgericht nachvollziehbar. Dass die Aufenthalte der Gesellschafter der Bf. im Wesentlichen mit der Vermietungstätigkeit im Zusammenhang gestanden sind, wurde glaubhaft und seitens der belangten Behörde unwidersprochen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Dies wird auch durch die vorgelegten Unterlagen (z.B. E-Mail vom an die Eigentümer der anderen Wohnungen samt Schilderung der Arbeiten und Lichbildern) bestätigt.
Für das Nichtbestehen einer Privatnutzungsabsicht spricht auch, dass es neben den kurzen, in Zusammenhang mit der Vermietung stehenden Aufenthalten, bis dato zu keiner weiteren Nutzung durch die Gesellschafter der Bf. gekommen ist.
Daraus ergibt sich, dass im Zeitpunkt der Anschaffung bzw. des Vorsteuerabzugs die ausschließliche unternehmerische Nutzung als am wahrscheinlichsten anzusehen war.
Der Passus betreffend die Eigentümernutzung im Gästevermittlungs- und Betriebsführungsvertrag erklärt sich dadurch, dass, wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden ist, dass ein solcher standardmäßig aufgenommen wird und es auch Eigentümer geben mag, die diese Möglichkeit tatsächlich in größerem Ausmaß und regelmäßig in Anspruch nehmen. Ein Umstand, der nach dem festgestellten Sachverhalt auf die Gesellschafter der Bf. nicht zutrifft.
Die Dauer der Aufenthalte ergibt sich aus der Buchungsübersicht (Beilage ./A des Aktes).
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Aus dem ermittelten Sachverhalt ergibt sich, dass die Bf. die verfahrensgegenständliche Liegenschaft erworben hat, um diese entgeltlich der ***5*** GmbH zu überlassen. Die ***5*** GmbH wiederum benötigt die Liegenschaft der Bf. zur Ausführung umsatzsteuerpflichtiger Beherbergungsumsätze.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 ist die Vermietung von Grundstücken steuerfrei. § 6 Abs. 2 UStG 1994 ermöglicht es, auf die Anwendung der Steuerbefreiung zu verzichten. Kommt es zu einem solchen Verzicht, steht § 12 Abs. 3 UStG 1994 dem Vorsteuerabzug für die Vermietung (vorbehaltlich der Anwendung anderer Steuerbefreiungen, wie z.B. der Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994) nicht entgegen.
Zu der sich aus den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 16 iVm § 12 Abs. 3 Z 1 und 2 UStG 1994 ergebenden unechten Steuerbefreiung für Vermietungsumsätze, für die im ersten Satz des § 6 Abs. 2 UStG 1994 eine Option zur Steuerpflicht vorgesehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2002/13/0063 bis 0065, ausgeführt, dass für den Fall einer künftigen Vermietung die Vorsteuerausschlussbestimmung nicht zur Anwendung kommt, wenn bei Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung wahrscheinlicher ist als der Fall einer steuerbefreiten Vermietung oder der Fall des Unterbleibens einer Vermietung (siehe ).
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Bf. sowohl auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung (§ 6 Abs. 3 UStG 1994, "Regelbesteuerungsantrag") als auch auf die Steuerbefreiung für die Vermietung (§ 6 Abs. 2 UStG "Option zur Steuerpflicht") verzichtet.
Ob ein Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, ist eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhaltes, zu denen die Art der bezogenen Leistung und der Zusammenhang zwischen Leistungsbezug und ihrer Verwendung für besteuerte Umsätze gehören, zu beurteilen ist. Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht nach Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze bei der Bf. ein solcher Zusammenhang zwischen der Anschaffung und Ausstattung der Wohnung und zu erwartenden (künftigen) steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen.
Gemäß § 22 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechts nicht umgangen oder gemindert werden.
Missbrauch liegt vor, wenn eine rechtliche Gestaltung, die einen oder mehrere Schritte umfassen kann, oder eine Abfolge rechtlicher Gestaltungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung unangemessen ist. Unangemessen sind solche Gestaltungen, die unter Außerachtlassung der damit verbundenen Steuerersparnis nicht mehr sinnvoll erscheinen, weil der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft. Bei Vorliegen von triftigen wirtschaftlichen Gründen, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln, liegt kein Missbrauch vor.
Im vorliegenden Fall ist eine missbräuchliche Praxis schon deshalb nicht anzunehmen, weil sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, dass die Bf. mangels entsprechender privater Nutzungsabsicht schon dem Grunde nach nicht das Ziel einer Steuerersparnis (Vorsteuerabzug für private Urlaubsaufenthalte) verfolgt hat.
Angesichts der festgestellten Umstände war gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 der Vorsteuerabzug spruchgemäß in voller Höhe zuzulassen. Eine weitergehende Prüfung, ob die konkrete Art der Eigentümernutzung überhaupt einen "Eigenverbrauch" oder, wie die Bf. darstellt, einen von ihrer Ausgangsleistung (Vermietung) unabhängigen Bezug einer Beherbergung darstellt, erübrigt sich damit. Zum vergünstigten Aufenthalt der Eltern der Gesellschafterin ist anzumerken, dass hier allenfalls ein Anwendungsfall der Mindestbemessungsgrundlage des § 4 Abs. 9 UStG 1994 (Normalwertregelung) gegeben sein könnte, da eine unentgeltliche Überlassung nicht vorliegt. Da auch diesfalls ein steuerpflichtiger und zum Vorsteuerabzug berechtigender Ausgangsumsatz gegeben wäre, muss diese Frage für den Vorsteuerabzug des verfahrensgegenständlichen Jahres ebenfalls nicht untersucht werden.
Die Abgabenbehörde kann die Abgabe gemäß § 200 BAO vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Es muss sich um Ungewissheiten im Tatsachenbereich handeln ().
Nach dem durchgeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht jedoch keine Ungewissheit im Tatsachenbereich, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt ermittelt werden konnte. Spruchgemäß war daher von der Vorläufigkeit abzusehen und der Vorsteuerabzug in ungekürzter Höhe zuzuerkennen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor, weshalb eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100149.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at