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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2022, RV/5100096/2020

1) Fehlen von offensichtlichen Unrichtigkeiten iSd § 293b BAO 2) Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen können nicht im abgeleiteten (Einkommensteuer)Bescheid vorgebracht werden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Martin Pfeiffer Steuerberatungs GmbH & Co KG, Magazinstraße 12, 4320 Perg, über die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 des ***FA*** vom , mit denen der Einkommensteuerbescheid 2012 vom , der Einkommensteuerbescheid 2013 vom und der Einkommensteuerbescheid 2014 vom gemäß § 293b BAO berichtigt wurden, sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I.1. Der Beschwerde gegen die gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

I.2. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) bezog in den Beschwerdejahren 2012 bis 2015 neben Einkünften aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die gemäß § 188 BAO festgestellt wurden. Nach diesen Feststellungsbescheiden waren die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je zur Hälfte beim Bf und seiner Ehegattin zu berücksichtigen.

Sowohl beim Bf (Prüfung der Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2012 bis 2015, Bericht vom , Niederschrift vom ) als auch bei der Personengemeinschaft (Prüfung der Gewinnfeststellungen der Jahre 2012 bis 2015, Bericht und Niederschrift ebenfalls vom bzw. ) fanden abgabenbehördliche Prüfungen statt.

Laut dem im Arbeitsbogen befindlichen Laufzettel begann die Prüfung beim Bf am .

Im Bericht der den Bf betreffenden Prüfung wurden u.a. nachstehende Feststellungen getroffen:

Tz 1 "Prüfungsablauf" (…)

Tz 2: Der steuerliche Vertreter des Bf habe zu Prüfungsbeginn berichtigte Erklärungen zum EW-AZ ***1*** und neue Erklärungen zum EW-AZ ***2*** als eine Art "Selbstanzeige" abgegeben. Grund dafür sei gewesen, dass die Ehegatten ***3*** im Jahr 2012 einen forstwirtschaftlichen Betrieb im ***4*** erworben hätten. Anscheinend habe es Probleme mit der Erstellung der Einheitswertbescheide gegeben; laut Angaben des Bf sei das Finanzamt ***4*** vergeblich um Vergabe einer Steuernummer ersucht worden. Laut Finanzamt sei die Bewirtschaftung von ***5*** aus erfolgt, weshalb dort keine Steuernummer zu vergeben gewesen sei.

Die Liegenschaft ***6*** sei im zivilrechtlichen Alleineigentum des Bf gestanden, sei aber, wie unten dargestellt, im Einheitswertbescheid ab vom bei Ermittlung des Einheitswertes des EW-AZ ***1*** mitberücksichtigt worden.

Auch wenn landwirtschaftlich genutzte Flächen jeweils im Alleineigentum von Ehegatten stünden, sei von einer wirtschaftlichen Einheit und nicht von zwei selbständigen Betrieben auszugehen, wenn ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Ein solcher liege vor, wenn alle Grundflächen von einer einzigen Hofstelle aus bewirtschaftet würden.

Daher seien sowohl die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des EW-AZ ***1*** (inklusive der dem Bf alleine gehörenden Liegenschaft) als auch des EW-AZ ***2*** beim Finanzamt ***7*** unter obiger Steuernummer zu erfassen gewesen.

In Tz 3 "Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft - Feststellungsverfahren" verwies die Prüferin zur Ermittlung auf die Niederschrift vom zur Steuernummer der Personengemeinschaft.

In Tz 4 "Waldverkauf 2013" verwies die Prüferin darauf, dass die Liegenschaft ***6*** im Rahmen der gemeinsam betriebenen Land- und Forstwirtschaft bewirtschaftet worden sei, allerdings im zivilrechtlichen Alleineigentum des Bf gestanden sei.

Die Einkünfte aus der Veräußerung des Grund und Bodens seien daher bei ihm zu versteuern.

Tz 5 "Grundfreibetrag" (…)

Schließlich führte die Prüferin in Tz 6 "Berichtigung gemäß § 293b BAO" aus, dass die erklärten Besteuerungsgrundlagen in den am übergebenen, berichtigten Erklärungen im Zuge der Außenprüfung überprüft und die Bescheide 2012 bis 2014 dahingehend berichtigt worden seien.

Nach Abschluss der Prüfungen ergingen an die Personengemeinschaft gemäß § 293b BAO berichtigte Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2012 bis 2015, alle Bescheide vom .

An den Bf ergingen ebenfalls am gemäß § 293b BAO berichtigte Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 sowie der Einkommensteuerbescheid 2015.

In den Bescheidbegründungen wurde in diesem Zusammenhang auf die Niederschrift vom , Tz. 2 bis 4, und den Bericht vom , Tz. 2 bis 4, verwiesen.

In der fristgerecht am erhobenen Beschwerde gegen diese Bescheide beantragte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter nachstehende Änderungen:

Für 2012:

In der E1:

Antrag auf Regelbesteuerung gem. Punkt 8.2.;

Änderung des Betrages des Punktes 9b) auf den Betrag von -3.158,33 €;

Änderung des Betrages in der Kennzahl 500 (betriebliche Grundstücksveräußerungen) auf den Betrag von 1.678,48 €. Damit ergäben sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von
-1.479,85 € (Kennzahl 310).

Für 2013:

In der E1:

Änderung des Betrages des Punktes 9b) auf den Betrag von 17.247,04 €;

Änderung des Betrages in der Kennzahl 551 (betriebliche Grundstücksveräußerungen) auf den Betrag von 77.341,54 €. Damit ergäben sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 17.247,04 € (Kennzahl 310).

Für 2014:

In der E1:

Antrag auf Regelbesteuerung gem. Punkt 8.2.;

Änderung des Betrages des Punktes 9b) auf den Betrag von -264,47 €;

Änderung des Betrages in der Kennzahl 500 (betriebliche Grundstücksveräußerungen) auf den Betrag von 6.169,47 €. Damit ergäben sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 5.905,00 € (Kennzahl 310).

Für 2015:

In der E1:

Änderung des Betrages des Punktes 9b) auf den Betrag von 11.182,65 €;

Änderung des Betrages in der Kennzahl 551 (betriebliche Grundstücksveräußerungen) auf den Betrag von 12.073,85 €. Damit ergäben sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 11.182,65 € (Kennzahl 310).

Begründung:

Auf die Bescheidbeschwerde vom gegen die Feststellungsbescheide werde verwiesen. Die beantragten Änderungen ergäben sich aus der Änderung der Feststellungsbescheide dieser Jahre sowie aus der Änderung der Bemessungsgrundlage für die Kennzahl 551 aufgrund der Zuordnung des Verkaufs von Grund und Boden im Jahr 2013 lediglich zum Bf. Zur Berechnung werde ebenfalls auf die o.a. Bescheidbeschwerde verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom gab das Finanzamt der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2014 vom insoweit teilweise statt, als es den Regelbesteuerungsantrag berücksichtigte. Im Übrigen verwies es auf die gesonderte Bescheidbegründung ***8***, St.Nr. ***9***.

Die für die Jahre 2012 und 2014 festgesetzte Einkommensteuer blieb trotz der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidungen unverändert.

Mit Beschwerdevorentscheidungen ebenfalls vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2015 vom als unbegründet ab.

Zur Begründung verwies es auf die gesonderte Bescheidbegründung ***8***, St.Nr. ***9***.

Innerhalb verlängerter Frist stellte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter am einen Vorlageantrag.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom sei der Bescheidbeschwerde vom zum Teil stattgegeben, zum Teil sei diese abgewiesen worden.

Die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsauffassung der belangten Behörde sei nicht richtig, da die herangezogene Schätzungsmethode nicht zulässig sei. Vielmehr sei der Buchwert des Anlagegutes "stehendes Holz" aus den nachgewiesenen Anschaffungskosten abzuleiten ("wenn erforderlich im Schätzungsweg", vgl. ).

Zusätzlich sei auf das Vorbringen in der Bescheidbeschwerde zu verweisen.

Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO werde die Entscheidung durch den Senat und gemäß 3 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Den gegen die Feststellungsbescheide 2012 bis 2015 erhobenen Beschwerden gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5100095/2020, Folge und hob die angefochtenen Feststellungsbescheide 2012 bis 2015 vom auf. Die Berichtigungsbescheide gemäß § 293b BAO seien zu Unrecht erlassen worden, da die Rechtswidrigkeit der Erstbescheide nicht auf der Übernahme von offensichtlichen Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung beruht habe.

Nach Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO erließ das Finanzamt am neue Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2012 bis 2015.

Die in diesen Bescheiden festgestellten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entsprachen denen in den durch das Bundesfinanzgericht aufgehobenen, gemäß § 293b BAO berichtigten Feststellungsbescheiden.

Laut einer Abfrage der entsprechenden Finanzamtsdatenbank wurde gegen diese Bescheide am Beschwerde erhoben, welche bis dato unerledigt ist.

Mit Schreiben vom zog der Bf durch seine steuerliche Vertreterin die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen sowie einer Einsichtnahme in die Datenbanken der Finanzverwaltung.

Rechtslage:

Nach § 188 Abs. 1 lit. a BAO werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind.

Zweck der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO ist es, die Besteuerungsgrundlagen für alle Beteiligten in einer Weise zu ermitteln, die ein gleichartiges Ergebnis gewährleistet und die Abführung von Parallelverfahren in den Abgabenverfahren der Beteiligten vermeidet (z.B. ). Im Feststellungsverfahren findet allerdings keine Festsetzung von Abgaben statt, es wird lediglich die Bemessungsgrundlage ermittelt.

Gemäß § 188 BAO erlassene Bescheide sind Grundlagenbescheide für die Einkommensteuer der Beteiligten.

Nach § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind (§ 252 Abs. 1 BAO).

Diese Bestimmung schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein.

Einwendungen gegen in einem Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid (z.B. Einkommensteuerbescheid) vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (Ritz/Koran, BAO7, 2021, § 252 Rz 3).

Die im Bescheid nach § 188 BAO enthaltenen Feststellungen sind daher gemäß § 192 BAO den Einkommensteuerbescheiden der Beteiligten zugrunde zu legen. Zugrunde zu legen sind die Feststellungen jener Feststellungsbescheide, die zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung dem Rechtsbestand angehören (vgl. ), selbst, wenn sie nicht rechtskräftig sind. Die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit dieser Feststellung verbietet § 252 Abs. 1 BAO.

Nach § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Große praktische Bedeutung hat § 293b BAO naturgemäß für Fälle, wo die unterlaufene Unrichtigkeit auf eine ungeprüfte Übernahme der Daten der Abgabenerklärung zurückzuführen ist. Die Bestimmung ist aber nicht auf solche Fälle beschränkt ().

Eine Unrichtigkeit ist offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist. Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsmäßiger Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Bloße Zweifel an der Richtigkeit der Abgabenerklärung - mögen sie auch berechtigt sein - stellen noch keine offenkundige Unrichtigkeit dar.

Die offensichtliche Unrichtigkeit im Sinn des § 293b BAO muss sich aus den Erklärungen (einschließlich Beilagen) und dem Verwaltungsakt der betreffenden Partei ergeben; auf den Inhalt der andere steuerpflichtige Personen betreffenden Verwaltungsakten kommt es nicht an.

Nach der Judikatur (z.B. ) zeigt die Durchführung eines Vorhalteverfahrens jedenfalls auf, dass im Rahmen der entsprechenden Veranlagung nicht eine Unrichtigkeit übersehen wurde, sondern Zweifel an der Richtigkeit entstanden waren. Wird in einem solchen Fall schließlich erklärungsgemäß und damit unrichtig veranlagt, so kann von einer Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung im Sinne des § 293b BAO nicht mehr die Rede sein.

In der Begründung des berichtigenden Bescheides ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 293b BAO darzulegen. Die Angabe des Berichtigungsgrundes ist auch deshalb bedeutsam, weil der von der Abgabenbehörde verwendete Berichtigungsgrund im Beschwerdeverfahren nicht ausgetauscht werden kann (Ritz/Koran, aaO, § 293b, Rz 15a).

Im Rahmen einer Bescheidbeschwerde ist daher die Berechtigung zur Bescheidberichtigung anhand der vom Finanzamt verwendeten Berichtigungsgründe zu prüfen; das heißt, der vom Finanzamt verwendete Berichtigungsgrund ist nicht durch einen anderen, vom Finanzamt nicht verwendeten Berichtigungsgrund ersetzbar. Deshalb liegt ein im Beschwerdeverfahren nicht sanierbarer Begründungsmangel vor, wenn ein allenfalls vorhandener Berichtigungsgrund nicht in der Begründung eines Berichtigungsbescheides angeführt wird (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, Stand , rdb.at, § 293b E 58, mit Verweis auf ).

Maßgeblicher Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides, weil die in § 293b BAO tatbestandsmäßig vorausgesetzte "Übernahme" offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen durch die Erlassung eines der Abgabenerklärung entsprechenden Bescheides erfolgt ().

Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist (§ 295 Abs. 1 BAO).

Der neue Bescheid ist zwar in vollem Umfang, also nicht nur hinsichtlich des Änderungsgrundes oder der tatsächlich durchgeführten Änderung anfechtbar, allerdings gemäß § 252 BAO nicht mit Gründen, die gegen den vorangehenden Grundlagenbescheid zu richten gewesen wären ().

§ 295 Abs. 1 BAO dient dazu, den abgeleiteten Bescheid mit dem Inhalt eines erstmalig erlassenen Feststellungsbescheides oder dessen Abänderung oder den Konsequenzen seiner Aufhebung in Einklang zu bringen ().

Einem Abgabenbescheid sind daher die Feststellungen jener Feststellungsbescheide zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Abgabenbescheides dem Rechtsbestand angehören. Dies gilt sowohl im Beschwerdeverfahren als auch im Verfahren vor den Abgabenbehörden ().

Die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen sind zwingend in den abgeleiteten Bescheid zu übernehmen (); Änderungen bzw. Aufhebungen gemäß § 295 BAO haben daher zwingend zu erfolgen.

Wird ein Grundlagenbescheid nachträglich erlassen oder nachträglich geändert, erfordert dies daher grundsätzlich die Anpassung des abgeleiteten Bescheides.

Der abgeleitete Bescheid kann auch gleichzeitig mit dem Feststellungsbescheid, von dem er abgeleitet ist, erlassen werden ().

Aus dem zweiten Satz des § 295 Abs. 1 BAO ("Änderung und Aufhebung") ergibt sich, dass ein auf § 295 Abs. 1 BAO gestützter Bescheid nur zu erlassen ist, wenn dadurch ein abgeleiteter Bescheid aufgehoben oder geändert wird. Würde die nachträgliche Erlassung eines Grundlagenbescheides zu keiner Änderung des abgeleiteten Bescheides führen, so ist kein auf § 295 Abs. 1 BAO gestützter unveränderter Bescheid zu erlassen (Ritz/Koran, aaO, § 295 Rz 9).

Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Nach der Rechtsprechung sind demzufolge auch die Auswirkungen von (geänderten) Grundlagenbescheiden (§ 295 Abs. 1 BAO) vom Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis zu berücksichtigen ().

Erwägungen:

In den Beschwerdejahren waren sowohl der Bf als auch seine Ehegattin an den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft beteiligt, sodass hinsichtlich dieser Einkünfte ein Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO durchzuführen war.

Nach den abgabenbehördlichen Prüfungen bei der Personengemeinschaft und beim Bf ergingen am an die Personengemeinschaft geänderte, auf § 293b BAO gestützte Feststellungsbescheide für die Jahre 2012 bis 2015, welche das Bundesfinanzgericht im Zuge eines Beschwerdeverfahrens aufhob.

Ebenfalls am ergingen an den Bf die angefochtenen, gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012, 2013 und 2014 sowie ein (erstmaliger) Einkommensteuerbescheid 2015.

Am verfügte das Finanzamt gemäß § 303 BAO die Wiederaufnahme betreffend die Feststellungsverfahren und erließ ebenfalls am neue Feststellungsbescheide 2012 bis 2015 betreffend die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, welche inhaltlich den aufgehobenen Feststellungsbescheiden entsprachen.

Diese Bescheide wurden abermals angefochten und sind daher nicht in Rechtskraft erwachsen.

a) Gemäß § 293b BAO berichtigte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012, 2013 und 2014 vom :

Bei einer Beschwerde gegen eine Berichtigung nach § 293b BAO ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, ob die Berichtigung aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen tatbestandsmäßig ist.

Mit dem in der Begründung angeführten Verweis auf die Tz 2 bis 4 der Niederschrift und des Berichts nahm das Finanzamt offenkundig Bezug auf die zu Prüfungsbeginn zu EW-AZ ***1*** abgegebenen berichtigten und zu EW-AZ ***2*** abgegebenen neuen Erklärungen.

Auch Tz 6 des Berichts vom , wonach die erklärten Besteuerungsgrundlagen in den am übergebenen berichtigten Erklärungen im Zuge der Außenprüfung überprüft und die Bescheide 2012 bis 2014 dahingehend berichtigt worden seien, deutete darauf hin, dass die berichtigten Erklärungen Anlass für die Berichtigung nach § 293b BAO waren.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO vorliegt, ist jener der Erlassung der allenfalls zu berichtigenden Entscheidung.

Im vorliegenden Fall wurde in keiner Weise dargelegt, welche konkreten offensichtlichen Unrichtigkeiten in den Abgabenerklärungen festgestellt wurden, die in die zu berichtigenden Abgabenbescheide übernommen worden waren. Vielmehr traten die Unrichtigkeiten, welche die Abgabenbehörde zur Erlassung der angefochtenen, gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheide veranlasste, erst durch die Abgabe der berichtigten Erklärungen bei Beginn der Außenprüfung und somit lange nach Erlassung der zu berichtigenden Bescheide zutage. Eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO lag daher nicht vor.

Eine Berichtigung gemäß § 293b BAO wäre allenfalls zulässig, wenn die Unrichtigkeit bereits im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides "offensichtlich" gewesen wäre.

Zur Begründung wurde in den gemäß § 293b BAO berichtigten Bescheiden auf die Niederschrift vom und den Bericht vom , jeweils Tz. bis bis 4, verwiesen.

Diesen Tz (Tz 2: "Berichtigte Erklärungen bei Prüfungsbeginn"; Tz 3: "Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft - Feststellungsverfahren" und Tz 4: "Waldverkauf 2013") lagen aber, wie o.a., ausschließlich Feststellungen zugrunde, die nicht bereits aus den ursprünglichen Abgabenerklärungen als offensichtliche Unrichtigkeiten erkennbar gewesen wären. Die erst bei Beginn der Außenprüfung übergebenen berichtigten Erklärungen berechtigten das Finanzamt daher nicht zu einer Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO.

Der Beschwerde gegen die gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 vom war daher antragsgemäß stattzugeben und die angefochtenen Bescheide waren auszuheben.

b) Einkommensteuerbescheid 2015 vom :

Obwohl sich im Einkommensteuerbescheid 2015 kein Hinweis auf § 295 Abs. 1 BAO fand, bestand dennoch eine inhaltliche Bindung des Einkommensteuerbescheides an den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2015 vom und damit die Verpflichtung zur amtswegigen Anpassung des abgeleiteten Einkommensteuerbescheides.

Die gegenständliche Beschwerde vom verwies auf die gegen die Feststellungsbescheide eingebrachte Beschwerde sowie darauf, dass sich die beantragten Änderungen aus der Änderung der Feststellungsbescheide ergäben.

In den in der Beschwerde genannten Punkt 9b) sind in der Einkommensteuererklärung die betrieblichen Einkünfte als Beteiligte/r aufzunehmen, wobei das Ergebnis der Beilage E 11 (das ist die Beilage für Einkünfte aus einer Beteiligung an einer Personengemeinschaft) zu entnehmen ist.

Da der Bf ausschließlich Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheides erhob und Änderungen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beantragte, konnte aufgrund der Einschränkung des Beschwerderechts gemäß § 252 BAO der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 kein Erfolg beschieden sein.

Anzumerken war, dass aufgrund der Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO die erfolgreiche Bekämpfung der Grundlagenbescheide (im vorliegenden Fall der Feststellungsbescheide vom ) auch eine entsprechende Änderung der abgeleiteten (Einkommensteuer)Bescheide zur Folge hätte.

Im vorliegenden Fall würde der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid für das Jahr 2015 vom zu keiner Änderung des abgeleiteten Einkommensteuerbescheides führen, weshalb ein auf § 295 Abs. 1 BAO gestützter unveränderter Bescheid nicht zu ergehen brauchte.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall erfolgte die Lösung der zu klärenden Rechtsfragen im Einklang mit der im Erkenntnis angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG lag somit nicht vor, weshalb eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100096.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at