Bei Vermögenslosigkeit einer juristischen Person (Verteilung des Konkursvermögens) endet auch die Parteifähigkeit
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Axel Reckenzaun, Annenstraße 10/I, 8020 Graz, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Im angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Rückzahlung eines aus der Geltendmachung der Forschungsprämie für das Jahr 2019 abgewiesen. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass die geltend gemachte Forschungsprämie kürze die Konkursforderung.
In seiner Beschwerde verwies der bf. Masseverwalter darauf, mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom sei über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und er zum Masseverwalter bestellt worden. Das Jahresgutachten zur Geltendmachung der Forschungsprämie für das Jahr 2019 sei zwei Wochen nach Verfahrenseröffnung erstellt und dem Beschwerdeführer (Bf.) übermittelt worden, woraufhin die Forschungsprämie geltend gemacht wurde. Die Verbuchung des Förderbetrages sei am erfolgt. In der weiteren Folge wurde das entstandene Guthaben mit Konkursforderungen saldiert und es erfolgte keine Auszahlung mehr. Strittig ist, ob der Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung der Forschungsprämie für das Jahr 2019 mit dem Vorliegen des Jahresgutachtens der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft oder mit der Verwirklichung des auslösenden Sachverhaltes entstanden sei.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen, wogegen der bf. Masseverwalter einen Vorlageantrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht einbrachte.
Der Beschluss des Landesgerichtes über die Aufhebung Konkurses nach Schlussverteilung wurde am bekanntgemacht. Ausweislich des Firmenbuches wurde am die amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG verfügt.
Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (vgl. Ritz, BAO5, § 79, Tz 10, 11; ; ).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam (; ; ; ).
Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (; ; ; ).
Ob noch Abwicklungsbedarf besteht, ergibt sich aus dem Umstand, ob bei sonstiger Vermögenslosigkeit die Abgabenfestsetzung in irgendeiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann (). Aus diesem Grund ist zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwicklungsfähiges Vermögen der Bf. ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit der Bf. insoweit als fortdauernd anzusehen wäre (). Im gegenständlichen Fall geht es um die Frage, ob die geltend gemachte Forschungsprämie für das Jahr 2019 zu Recht zur Tilgung von Konkursforderungen verwendet werden durfte. Ein entsprechendes Aktivvermögen würde sich daraus nicht ergeben. Es liegt daher im Streitfall eine Vollbeendigung der beschwerdeführenden GmbH vor.
Da das Verfahren nach dem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei nicht fortgeführt werden kann, ist es nach der Rechtsprechung des VwGH in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde mit Beschluss im Sinne des § 278 BAO einzustellen ().
Dieser Beschluss ist, da an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können und auch eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer unwirksam wäre (vgl. hiezu etwa der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101135/2013), lediglich an das Finanzamt als Amtspartei zuzustellen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In diesem Zusammenhang wird auf die oa. Judikatur verwiesen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 33 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100901.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at