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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.08.2022, RV/5300053/2019

Zustellungen haben an Zustellbevollmächtigte zu erfolgen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Schmidt in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwälte Gloß Pucher Leitner Gloß Enzenhofer, Wiener Straße 3, 3100 St. Pölten, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde (ehemals des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde ) vom , Strafkontonummer ***StrNr***, betreffend die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens (Stundungs- und Ratenansuchen) gemäß § 156 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) in Verbindung mit
§ 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen, da es sich beim gegenständlich bekämpften so genannten Bescheid um einen Nichtbescheid handelt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Am wurde mit Schreiben von der Rechtsanwältekanzlei Gloß Pucher Leitner Gloß Enzenhofer für die Beschwerdeführerin ein Ansuchen auf Ratenzahlung eingebracht. Der Verteidiger verwies darin auch auf die von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht. Die Beschwerdeführerin beantragte die Zahlung der noch offenen Geldstrafe iHv Euro 10.925,50 in monatlichen Raten iHv Euro 500,00. Begründet wurde dieses Ansuchen mit der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ihren Arbeitsplatz verloren habe und sie aufgrund eines Zahlungsplanes an andere Gläubiger leisten müsse und die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess durch mögliche Gehaltsexekution schwierig sei.

Das Ratenansuchen wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Dieser Bescheid erging direkt adressiert an die Beschwerdeführerin und nicht (zu Handen Rechtsanwälte…) an den Verteidiger. Einen Zustellnachweis, wann die Zustellung an die Beschwerdeführerin selbst zugestellt worden ist, existiert dazu nicht. Ebenso gibt es keinen Nachweis darüber ob und wann der Originalbescheid der Beschwerdeführerin dem Verteidiger zugegangen ist. In der mit per Fax übermittelten Beschwerde macht der Verteidiger auf den Umstand aufmerksam, dass er trotz Zustellvollmacht nicht den beantragten Bescheid erhalten habe.

Mit wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde wurde im Vorlagebericht beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen oder in eventu inhaltlich über die Beschwerde abzusprechen und diese abzuweisen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

In § 260 Abs. 1 lit. a BAO wird bestimmt, dass eine nicht zulässige Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen ist.

§ 156 Abs. 1 FinStrG lautet: Die Finanzstrafbehörde hat eine Beschwerde, die gegen ein von ihr erlassenes Erkenntnis (einen Bescheid) oder gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 156 Abs. 4 FinStrG lautet: Das Bundesfinanzgericht hat zunächst zu prüfen, ob ein von der Finanzstrafbehörde nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung oder für einen Auftrag zur Mängelbehebung vorliegt, und hat erforderlichenfalls selbst sinngemäß nach den Abs. 1 und 2 mit Beschluss vorzugehen.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen (von Ausnahmefallen abgesehen) durch Zustellung. Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat nach § 9 Abs. 3 Zustellgesetz die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsachlich zugekommen ist.

Eine allgemeine Vollmacht umfasst idR auch eine Zustellungsbevollmächtigung (; ). Ist nun eine Person als Zustellungsbevollmächtigte ausgewiesen, darf ein Schriftstück ab dem Bekanntwerden der Zustellungsvollmacht bei der Behörde (bei sonstiger Unwirksamkeit des Zustellungsvorgangs) nur an diese Person und nicht an die Partei, für die das Schriftstück bestimmt ist, zugestellt werden (§ 9 Abs 3 Zustellgesetz; ; ; ).

Die Finanzstrafbehörde hat den Zustellbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen, dabei reicht laut Judikatur die Adressierung an die Verfahrenspartei zu Handen des Zustellbevollmächtigten (zB ).

Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Zustellgesetz (Sonderheilungsregel) gilt die Zustellung ausnahmsweise trotz falscher Zustellverfügung (Adressierung des Dokuments an die Partei anstelle des Zustellungsbevollmächtigten - also ohne z.Hd.) als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsachlich zugekommen ist. Die skizzierte Heilung tritt genau zu jenem Zeitpunkt ein, in welchem dem bevollmächtigten Vertreter das Dokument tatsächlich, und zwar im Original zukommt. Weder die bloße Kenntnisnahme etwa im Wege einer Akteneinsicht (, 0112), oder die private Anfertigung einer Fotokopie, noch das Zukommen einer Abschrift oder das Zukommen via Telefax (; ) bewirken das geforderte Zukommen (; ).

Im gegenständlichen Beschwerdefall hat der Verteidiger schon im zugrundeliegenden Antrag auf die erteilte Vollmacht, welche eine Zustellungsvollmacht umfasst, hingewiesen. Es gibt keine aktenkundigen Hinweise, dass eine Heilung der Zustellung im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 2 Zustellgesetz zustande gekommen ist. Der Verteidiger der Beschwerdeführerin weist im Gegenteil in der Beschwerde darauf hin, dass eine Zustellung an ihn nicht erfolgt sei.

Demzufolge war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. lm vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur betreffend die Bescheidzustellung bei bestehenden Zustellungsvollmachten.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 156 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5300053.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at