Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2022, RV/3100385/2013

NoVA-rechtliche Einstufung eines Kfz (Opel Vivaro)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der E1, der E2, des E3 und des E4, allesamt als Erben nach dem am x.2016 verstorbenen ***Bf1***, zuletzt wohnhaft in der ***Bf1-Adr*** vertreten durch Steuerberater S, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2009 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am beim Finanzamt die Erklärung über die Normverbrauchsabgabe für das Kraftfahrzeug Opel Vivaro mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer Nr_1 ein und gab darin an, dass es sich bei diesem Fahrzeug um einen Lastkraftwagen handle und dass die Bemessungsgrundlage für die Normverbrauchsabgabe und die Normverbrauchsabgabe jeweils Null betrügen.

Das Finanzamt setzte die Normverbrauchsabgabe für das Fahrzeug für den Monat September 2009 in Höhe von EUR 5.251,62 ausgehend von einem Bruttokaufpreis von EUR 26.368,68 fest. Die Begründung lautet: "…Am informierten Sie sich durch persönliche Vorsprache bei mir sowie Herrn … (Fachbereich) über die Erfordernisse des Fahrzeuges, um keiner Nova-Pflicht zu unterliegen. Dabei wurden Sie ausführlichst darüber aufgeklärt, dass für das zu kaufen beabsichtigte Fahrzeug Opel Vivaro combi (3 Monate alt) folgende Kriterien zu erfüllen sind: Es muss eine Trennwand zwischen Fahrgastraum und Laderaum vorhanden sein, die mit der Karosserie und der Bodenplatte untrennbar verbunden ist. Der Laderaum muss seitlich verblecht sein. Sie nahmen diese Ausführungen zur Kenntnis und merkten an, dass diesen Umbau eine spezielle Firma durchführen wird. Mit Herrn … (Fachbereich) vereinbarten Sie, das Fahrzeug nach Kauf bzw. Anmeldung persönlich vorzuführen oder entsprechendes Fotomaterial beizubringen. Die vorhandenen Laderaumseitenscheiben würden im Fahrzeug verbleiben, jedoch durch Bleche, die mit der Karosserieinnenseite festverbunden sind [abgedeckt]. Im Zuge Ihrer persönlichen Vorsprache am wurde das Fahrzeug von der Behörde besichtigt und der Umbau durch Fotos dokumentiert - keine Verblechung der Seitenscheiben und eine teilweise demontierte Trennwand, was letztendlich zu diesem Ergebnis führte…".

In seiner Berufung vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Festsetzungsbescheides und brachte vor, das gegenständliche Fahrzeug sei hauptsächlich zur Güterbeförderung bestimmt und sei nicht unter Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur ("Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, die ihrer Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt sind") einzuordnen. Es sei unerheblich, dass die hinteren Seitenfenster bloß verklebt und nicht verblecht seien und dass die Trennwand zwischen Fahrgastraum und Laderaum unten teilweise offen sei.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab. Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Berufung. Er brachte weiter vor, für den Umbau des Fahrzeuges sei der Originalbausatz für den Einbau in Österreich zuzulassender Fahrzeuge verwendet worden. Er habe ein Angebot für ein baugleiches Modell von einem Händler eingeholt, für welches der Händler keine NoVA verrechne.

Aufgrund der Verhinderung des zuständigen Leiters der Geschäftsabteilung 4012 war diese Rechtssache von der einschreitenden Richterin als Vertreterin zu erledigen (vgl. den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom 28. bzw. ).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erwarb am das verfahrensgegenständliche Fahrzeug Opel X83 Vivaro mit der Fahrzeugidentifikationsnummer Nr_1. Dieses hat insgesamt 6 Sitzplätze aufgeteilt auf zwei Sitzreihen. Hinter der zweiten Sitzreihe ist eine Trennwand mittels Verschraubung angebracht. Die Trennwand weist im unteren Drittel eine Öffnung auf. Die Seitenscheiben im Bereich des Laderaumes sind mit lichtdurchlässiger Folie beklebt.

Für das Fahrzeug wurde eine nationale Einzelgenehmigung als Lastkraftwagen der Fahrzeugklasse N1 bzw. Gruppe III erwirkt.

Diese Sachverhaltselemente ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten - insbesondere aus den am angefertigten Lichtbildern - und sind im übrigen zwischen den Parteien unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Z. 1 Normverbrauchsabgabegesetz 1991(NoVAG 1991) unterlegt der Normverbrauchsabgabe die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung.

Gemäß § 2 Z. 2 NoVAG 1991 gelten als Kraftfahrzeuge Personenkraftwagen und andere hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrzeuge (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen (Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur).

Gemäß § 4 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner in den Fällen der Lieferung der Unternehmer, der die Lieferung ausführt. Gemäß § 5 NoVAG 1991 ist die Abgabe in den Fällen der Lieferung nach dem Entgelt, in allen anderen Fällen nach dem ohne Umsatzsteuerkomponente ermittelten gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges zu bemessen. Wird das Fahrzeug im übrigen Gemeinschaftsgebiet bei einem befugten Fahrzeughändler erworben, dann gilt der Anschaffungspreis als gemeiner Wert. Der Steuersatz gemäß § 6 NoVAG 1991 beträgt beim gegenständlichen Fahrzeug 12%.

Gemäß § 7 Abs. 1 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld im Fall der Lieferung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung stattgefunden hat. Die NoVA ist eine Selbstbemessungsabgabe. Der Abgabenschuldner hat innerhalb der in § 11 NoVAG 1991 geregelten Fristen eine Anmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen und die Abgabe zu den dort genannten Fälligkeitszeitpunkten zu entrichten. Wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so kann eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen (§ 201 Abs. 2 Z. 3 BAO).

Für die Einstufung als Kraftfahrzeug im Sinne des NoVAG ist (im Streitzeitraum) die Einordnung nach den Kriterien der Kombinierten Nomenklatur maßgeblich. Letztere werden durch die Erläuterungen der Europäischen Kommission zur Kombinierten Nomenklatur weiter präzisiert. Nach dem Wortlaut der Position 8703 - "hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrwagen einschließlich Kombinationskraftwagen" - ist der Verwendungszweck der genannten Fahrzeuge für ihre Tarifierung entscheidend. Aus dem Gebrauch der Wörter "zu (dem Zweck) … gebaut", folgt, dass es auf den dem Fahrzeug innewohnenden Verwendungszweck entscheidend ankommt. Dieser Verwendungszweck wird durch das allgemeine Erscheinungsbild des Fahrzeugs und durch die Gesamtheit seiner Merkmale, die ihm seinen wesentlichen Charakter verleihen, bestimmt ().

In den Erläuterungen zu Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur heißt es: "Die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position wird durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher hauptsächlich zur Personen- denn zur Güterbeförderung bestimmt sind (Position 8704). Diese Merkmale sind besonders bei der Einreihung von Kraftfahrzeugen hilfreich, die im Allgemeinen ein zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 5 Tonnen aufweisen und über einen einzigen umschlossenen Innenraum verfügen, der einen Bereich für den Fahrer und die Passagiere und einen anderen Bereich umfasst, der wiederum sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann. In diese Gruppe fallen die so genannten ,Mehrzweck'- fahrzeuge (z. B. Van-artige Fahrzeuge, Freizeit[,Sports Utility']fahrzeuge, bestimmte Pick-ups). Folgende Merkmale können für eine Einreihung in diese Position als charakteristische Beschaffenheitshinweise dienen:

a) das Vorhandensein dauerhaft eingebauter Sitze mit Sicherheitsausrüstung (z. B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte und Vorrichtungen zum Einbau von Sicherheitsgurten) für jede Person oder das Vorhandensein von ständigen Verankerungspunkten und Vorrichtungen zum Einbau von Sitzen und Sicherheitsausrüstung im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; solche Sitze können eingebaut, umklappbar, aus Verankerungspunkte herausnehmbar oder zusammenklappbar sein;

b) das Vorhandensein von hinteren Fenstern an den zwei Seitenteilen;

c) das Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, mit Fenstern, an den Seitenteilen oder im Rückteil;

d) das Fehlen einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem Rückraum, der sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann;

e) das Vorhandensein von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im gesamten Fahrzeuginnenraum, die dem Passagierbereich zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher)."

In den Erläuterungen zu Position 8704 der Kombinierten Nomenklatur heißt es: "Die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position wird durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher zur Güter- denn zur Personenbeförderung bestimmt sind (Position 8703). Diese Merkmale sind besonders bei der Einreihung von Kraftfahrzeugen hilfreich, die im Allgemeinen ein zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 5 Tonnen aufweisen und entweder über einen gesonderten, umschlossenen Rückraum oder eine offene hintere Plattform verfügen, die üblicherweise zur Güterbeförderung genutzt werden. Diese Fahrzeuge können auch über flach gegen die Seitenwände klappbare Rücksitzbänke ohne Sicherheitsausrüstung, Verankerungspunkte oder Fahrkomforteinrichtungen aufweisen, um den Frachtbereich im Bedarfsfall in vollem Umfang für den Warentransport nutzen zu können. In diese Gruppe fallen die so genannten ,Mehrzweck'fahrzeuge (z. B. Van-artige Fahrzeuge, Freizeit[, Sports Utility']fahrzeuge, bestimmte Pick-ups). Folgende Merkmale können für eine Einreihung in diese Position als charakteristische Beschaffenheitshinweise dienen:

a) das Vorhandensein von Sitzbänken ohne Sicherheitsausrüstung (z. B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte und Vorrichtungen zum Einbau von Sicherheitsgurten) oder Fahrkomforteinrichtungen im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; diese Sitze sind üblicherweise um- oder zusammenklappbar, um die volle Nutzung des Rückbodens (Van-artige Fahrzeuge) oder einer gesonderten Plattform (Pick-ups) für die Güterbeförderung zu ermöglichen;

b) das Vorhandensein einer gesonderten Kabine für den Fahrer und die Passagiere und einer gesonderten offenen Plattform mit Seitenwänden und herunterklappbarer Heckklappe (Pick-ups);

c) das Fehlen von hinteren Fenstern an den beiden Seitenteilen; Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, ohne Fenster, an den Seitenteilen oder im Rückteil zur Güterbe- und -entladung (bei Van-artigen Fahrzeugen);

d) das Vorhandensein einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem hinteren Bereich;

e) das Fehlen von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im Güterladebereich, die dem Passagierbereich des Fahrzeugs zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher)."

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt stellt sich das verfahrensgegenständliche Fahrzeug als eines dar, welches in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur einzuordnen ist (vgl. zu einem Opel X83 Vivaro mit einer Sitzreihe). Diese Würdigung ergibt sich insbesondere daraus, dass die Seitenscheiben im hinteren Fahrzeugbereich mit lichtdurchlässiger Folie beklebt und nicht durch Blech ersetzt sind. Auch weist die Trennwand zwischen Fahrgast- und Laderaum eine Öffnung auf und ist insgesamt bloß durch Verschraubung, also keineswegs untrennbar, befestigt.

Die Bemessungsgrundlage zur Normverbrauchsabgabe und deren vom Finanzamt festgesetzte Höhe sind zwischen den Parteien unstrittig. Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet.

Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt im gegenständlichen Erkenntnis der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Entscheidungsrelevant war im Übrigen die Würdigung von Sachverhaltselementen, welche keiner Revision zugänglich ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100385.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at