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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.09.2022, RV/3100622/2020

Kostenbeitrag des Ehegatten für die Unterbringung der Ehegattin im Pflegeheim als außergewöhnliche Belastung unter Abzug einer Haushaltsersparnis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In der am eingebrachten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2019 machte der Beschwerdeführer mittels Beilage L1 ab für 2019 unter der KZ 418 ("Ich mache anstelle der pauschalen Freibeträge für Behinderung die tatsächlichen Ausgaben geltend, wie zum Beispiel Kosten für ein Pflegeheim. Erhaltene pflegebedingte Geldleistungen und eine anteilige Haushaltsersparnis von monatlich 156,96 Euro habe ich abgezogen") außergewöhnliche Belastungen für seine Ehegattin in Höhe von insgesamt 19.963,25 € geltend. Die infolge einer Behinderung bzw. erhöhter Pflegebedürftigkeit veranlassten Aufwendungen umfassten u.a einen Kostenbeitrag des Beschwerdeführers an das Pflegeheim, in welchem die Ehegattin des Beschwerdeführers untergebracht ist sowie Ausgaben für Wäschereinigung in Höhe von 144,70 €.

Dazu wurden vom Beschwerdeführer in Beantwortung eines Vorhaltes der Abgabenbehörde u.a. Belege betreffend die Kosten für Kleiderreinigung sowie eine Bestätigung des Wohn- und Pflegeheims vom betreffend die Zahlung eines "Mindestsicherung-Kostenersatzes 2019" vorgelegt, in welcher ausgeführt ist, dass der Beschwerdeführer für seine Gattin im Jahr 2019 eine Betrag von insgesamt 18.803,04 € (9.401,52 € rückwirkend für das Jahr 2018 und 9.401,52 € für das Jahr 2019) entrichtet habe.

Hinsichtlich des geltend gemachten Kostenbeitrages des Beschwerdeführers für die Unterbringung der Ehegattin im Pflegeheim führte der Beschwerdeführer zur Haushaltsersparnis aus, dass die Ehepartnerin infolge einer Gehirnblutung (im Jahr 2007) zu 100% behindert und seitdem im Wohn- und Pflegeheim untergebracht sei. Die laufenden Kosten des Pflegeheims auch bei Aufenthalten im Krankenhaus anfallen würden und zudem auch dem Krankenhaus ein Beitrag bezahlt werden müsse, weshalb es zu einer Doppelbelastung und nicht zu einer Haushaltsersparnis kommen würde, weshalb kein Abzug einer Haushaltsersparnis bei den beantragten Kosten erfolgte.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 und berücksichtigte die bezahlten Kosten für das Pflegeheim, jedoch unter Abzug einer Haushaltsersparnis in Höhe von (gerundet) 1.884 € pro Jahr mit dem Hinweis, dass der Abzug der Haushaltsersparnis für die Ersparnis für die zu Hause ersparten Verpflegungskosten erfolgen würde liegen würde (Bescheidbegründung: "Für zu Hause ersparte Verpflegungskosten ist eine Haushaltsersparnis in Höhe von 8/10 des Wertes der vollen freien Station gemäß der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. II Nr. 416/2001 von 156,96 Euro monatlich (5,23 Euro täglich) anzusetzen. Die Haushaltsersparnis wurde somit in einer Höhe von 1884,00 Euro für 2018 und 2019 jeweils in Abzug gebracht"). Zudem wurden die Reinigungskosten der Kleidung (144,70 €), verrechnet als Extraleistungen durch das Wohn- und Pflegeheim (hauseigene Wäscherei), mit der Begründung nicht berücksichtigt, diese seien mit dem erhaltenen Pflegegeld abgegolten.

Gegen die erfolgten Kürzungen richtete sich die am fristgerecht eingebrachte Beschwerde, mit welcher die antragsgemäße Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastung (in Höhe von insgesamt 19.963,21 Euro) begehrt wurde. Hinsichtlich der Reinigungskosten verwies der Beschwerdeführer auf die von der Abgabenbehörde bisherige Vorgehensweise.

Unter Verweis auf die Auseinandersetzung mit dem Thema Haushaltsersparnis und die abweichende Vorgehensweise in den Vorjahren erläuterte der Beschwerdeführer die vorliegenden persönlichen Umstände. Der Abzug der Haushaltsersparnis würde die ohnehin bestehende maximale finanzielle Belastung für den Beschwerdeführer weiter erhöhen. Seinem Verständnis nach, sei in der Unterhaltsleistung eine Haushaltsersparnis enthalten und komme wiederum nur dem Pflegeheim zugute. Auch die laufenden Fixkosten wären durch die gewährten Mindestsätze nicht gedeckt, sodass es einer zusätzlichen Unterstützung durch den Beschwerdeführer bedürfe. Von einer Haushaltsersparnis könne daher nicht gesprochen werden.

Im daraufhin als Beschwerdevorentscheidung ergangenen Einkommensteuerbescheid 2019 vom wurden die Kosten der Kleiderreinigung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anerkannt, der Abzug der Haushaltsersparnis bei den Kosten der Unterbringung im Pflegeheim als Ausgleich für die nicht angefallenen häuslichen Verpflegungskosten jedoch weiterhin beibehalten.

Die Begründung des am eingebrachten Vorlageantrages ist mit jener der Beschwerde nahezu ident.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist nunmehr ausschließlich, ob der Abzug der Haushaltsersparnis für die Verköstigung im Pflegeheim zu Recht erfolgte.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers bezieht keine eigenen Einkünfte, erhält seit dem Jahr 2007 Pflegegeld und ist pflegebedingt im Wohn- und Pflegeheim untergebracht. Der jährliche Kostenbeitrag den dabei der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung für die Unterbringung im Pflegeheim zu bezahlen hatte (9.401,52 €) betrug rund 15 % der Gesamtkosten. Die verbleibenden 85 % werden durch das Pflegegeld abgedeckt bzw vom Land Tirol getragen.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen näher geregelten Selbstbehalt übersteigt.

Damit Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden können, müssen die Aufwendungen alle drei der genannten Merkmale (außergewöhnlich, zwangsläufig und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigend) aufweisen. Fehlt nur eine der drei Voraussetzungen, so ist eine steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nicht möglich.

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ohne den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 u.a. in Abzug gebracht werden "Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen."

Außergewöhnliche Belastungen sind somit gegeben, wenn Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besondere Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen (; BFH , III R 15/00). Ist aus einem dieser Gründe die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten, sind auch die Kosten der Unterbringung absetzbar.

Die Kosten der eigenen Unterbringung in einem Pflegeheim gehören sohin nur zu den außergewöhnlichen Belastungen, wenn dadurch auch besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht werden. Kann ein iSd § 35 behinderter Steuerpflichtiger behinderungsbedingt nicht mehr den Haushalt selbst führen, kann er die tatsächlichen Kosten einer Heimunterbringung, auch in der Form der Unterkunft und Verpflegung soweit sie über die Haushaltsersparnis hinausgehen, als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn eine Betreuung erfolgt, wie sie in einem Alters- oder Pflegeheim typisch ist. Eine solche Berücksichtigung behinderungsbedingter Mehraufwendungen erfordert allerdings eben einen unmittelbaren (spezifischen) Zusammenhang der Mehraufwendungen mit einem notwendigen Pflege- oder Betreuungsbedarf, weswegen die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten ist (; ; ; ; ; , 2013/13/0063).

Bei Steuerpflichtigen mit einer Behinderung iSd § 35 Abs. 1 EStG ist die Belastung somit nur um eine Haushaltsersparnis zu vermindern, sonst erfolgt zusätzlich der Abzug eines Selbstbehalts nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 (; ; ).

Zuzahlungen eines Ehegatten zu den Kosten für die Unterbringung des anderen Ehegatten in einer Betreuungseinrichtung (wie im vorliegenden Fall) sind grundsätzlich als Unterhaltsleistung zu qualifizieren. Nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen nur insoweit absetzbar, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden - was bei Pflegekosten wie im vorliegenden Fall (Pflegestufe 5 der Ehegattin) zweifelsfrei der Fall ist.

Insoweit ist durch die ständige Judkikatur des Verwaltungsgerichtshofes zweifelsfrei geklärt, dass vom Beschwerdeführer zwar der Kostenbeitrag an das Pflegeheim für die Gattin als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt abgezogen werden kann, dabei allerdings eine Haushaltsersparnis in Abzug zu bringen ist (; 2008/13/0145 sowie Jakom, Peyerl EStG 2018, § 34 Rz 90 unter Altersheim).

Die pflegebedingten Kosten der Unterbringung im Pflegeheim beinhalten auch die dortige Verköstigung, sodass die absetzbaren Kosten um eine Haushaltsersparnis zu vermindern sind.

Die Haushaltsersparnis umfasst jene Haushaltsausgaben der Verpflegung, welche für alle Abgabepflichtigen nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung iSd § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 darstellen. Daher können weder die Kosten für die Verpflegung zu Hause, noch die Verköstigung in Einrichtungen (Kranken- oder Kuranstalten), ungeachtet der persönlichen Umstände zu einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG 1988 führen. Eine Haushaltsersparnis ist deshalb in Abzug zu bringen, weil grundsätzlich Ausgaben für Verpflegung zu den nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Kosten zählen.

Da ein Teil des vom Beschwerdeführers entrichteten Kostenbeitrages auch die Verpflegung seiner Gattin abdeckt, welche grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, war der Kostenbeitrag des Beschwerdeführers um die Haushaltsersparnis zu kürzen.

Dass der Beschwerdeführer dabei während der Krankenhausaufenthalte seiner Gattin einen Selbstbehalt zu bezahlen hatte bzw. für diese Zeit die Kostenbeiträge an das Pflegeheim weiterhin zu bezahlten waren, vermag an der Ersparnis bedingt durch die fehlende häusliche Verpflegung nichts zu ändern.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Beurteilung der aufgeworfenen Frage, ob bei den zu berücksichtigenden Kosten für die Unterbringung der Ehegattin im Pflegeheim eine Haushaltsersparnis in Abzug zu bringen ist, im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichthofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor,

Innsbruck, am

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