Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.07.2022, RV/7100130/2022

Reha-Aufenthalt in einem Neurologischen Kompetenzzentrum als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Adresse, vertreten durch Karall & Partner Steuerberatungs GmbH, 2620 Neunkirchen, Hauptplatz 10, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer 123/4567, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der steuerlich vertretene Beschwerdeführer (Bf) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte). Er beantragte in der Arbeitnehmerveranlagung für 2019 u.a. verschiedene Aufwendungen (Krankheitskosten) als außergewöhnliche Belastung (agB) zu berücksichtigen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt (FA) den Bf, die beantragten agB ohne Selbstbehalt nachzuweisen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom legte der Bf eine Kostenaufstellung vor. Demnach würden die Kosten der Behinderung abzüglich Pflegegeld und Zuschuss Bundessozialamt EUR 19.246,60 betragen.

Geltend gemacht wurden u.a. Kosten für eine "neurologische Rehabilitation" iHv EUR 6.030,00. Laut vorgelegter Rechnung handelt es sich um eine "Privat Reha" für einen Aufenthalt vom - im OptimaMed Neurologisches Rehabilitationszentrum Kittsee.

Die Zahlung wurde durch entsprechende Belege nachgewiesen.

Das FA erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019. Darin wurden tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung des Bf iHv EUR 13.216,60 anerkannt. Die beantragten Kosten für die Reha wurden nicht anerkannt, da keine ärztliche Verordnung, welche vor Antritt der Reha ausgestellt werden müsse, vorliege.

In der Beschwerde vom wurde vorgebracht, es hätte eine ärztliche Verordnung gegeben, welche bei der PVA eingereicht worden sei.

In der Beilage zur Beschwerde wurde ein Schreiben der PVA vom vorgelegt, wonach dem Heilverfahrensantrag vom nicht stattgegeben werden könne, da auf Grund der vorliegenden medizinischen Unterlagen festgestellt worden sei, dass eine anhaltende Besserung des dem Antrag zu Grunde liegenden Krankheitsbildes nicht erreicht werden könne.

Mit Vorhalt vom ersuchte das FA den Bf um Vorlage der ärztlichen Verordnung über die Reha und um Beantwortung der Fragen, um welche Reha es sich handle und welche Behinderung vorliege.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom brachte der Bf vor, die ärztliche Verordnung um Reha sei bei der PVA eingereicht worden. Das Antwortschreiben werde im Anhang übermittelt. Die Reha in Kittsee diene der Linderung der Beschwerden. Ein straff geführtes Kurprogramm werde durchgeführt. Der Bf sei aG einer Gehirnblutung zu 100% behindert. Diese Kur trage zur wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Bf bei.

Beigelegt war der Behindertenpass des SMS mit einem Behinderungsgrad von 100% sowie (neuerlich) das Schreiben der PVA vom .

Das FA erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung.

In der Begründung wurde i.w. ausgeführt, zum Nachweis der Zwangsläufigkeit des Reha-Aufenthalts sei die Vorlage einer vor Antritt der Reha ausgestellten ärztlichen Verordnung, aus der sich die Notwendigkeit, die Dauer der Reise und das Reiseziel ergeben würden, erforderlich.

Eine derartige Verordnung sei bis dato trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Nach dem vorgelegten Schreiben sei der Heilverfahrensantrag offenbar erst nach dem Reha-Aufenthalt gestellt worden. Grundsätzlich sei jedoch die Verordnung und ein Antrag vor dem Aufenthalt notwendig.

Mangels Nachweis der Zwangsläufigkeit könnten die beantragten Kosten nicht als agB anerkannt werden.

Im Vorlageantrag vom brachte der Bf i.w. vor:

"Für die Linderung der Beschwerden und Verbesserung des Gesundheitszustands wird einmal im Jahr um Reha angesucht. Das Ansuchen für den ersten Reha Aufenthalt vom - wurde am und für den zweiten Aufenthalt vom - am gestellt. Die Endberichte und die Therapiepläne für beide Reha Aufenthalte übermittle ich unter Sonstige Anträge. Frau Dr. XY, praktische Ärztin hat die Notwendigkeit durch den Reha Antrag bereits deklariert, dies hat nichts mit der Kostendeckung seitens des Versicherungsträgers zu tun. Im Endbericht der Reha-Ärzte wird eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes bestätigt. Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass die Verbesserung des Gesundheitszustandes im Endbericht der Reha von Logopädin A, B., BSc., Physiotherapeut C. D., Neuropsychologin Mag. E. F. und Pflegerin G. H. bestätigt wird."

Als Beilagen wurden vorgelegt:

- Eine ärztliche Stellungnahme der Dr. XY vom , wonach eine Rehabilitation in Kittsee vorgeschlagen wird. Das Feld "Erledigung des Versicherungsträgers" ist nicht ausgefüllt.
- Ein Therapieplan des Rehabilitationszentrums Kittsee für den Aufenthalt vom - .
- Ein Entlassungsbefund des Rehabilitationszentrums Kittsee betreffend den Aufenthalt vom - . Demnach habe sich der Patient bei der Entlassung fitter und kräftiger gefühlt und hätte in stabilem und gebesserten Zustand nach Hause entlassen werden können.
- Endbefund Logopädie betr. Aufenthalt -
- Endbefund Neuropsychologie betr. Aufenthalt -
- Eine ärztliche Stellungnahme der Dr. XY vom , wonach eine Rehabilitation in Kittsee vorgeschlagen wird. Das Feld "Erledigung des Versicherungsträgers" ist nicht ausgefüllt.
- Ein Entlassungsbefund des Rehabilitationszentrums Kittsee betreffend den Aufenthalt vom - . Demnach habe der Patient in stabilem und gebesserten Zustand nach Hause entlassen werden können.
- Endbefund Physiotherapie betr. Aufenthalt -
- Endbefund Logopädie betr. Aufenthalt -
- Endbefund Neuropsychologie betr. Aufenthalt -

- Therapieplan betr. Aufenthalt -

Das FA übermittelte am ein Auskunftsersuchen an die PVA folgenden Inhalts:

"... Herr ... begehrt die Anerkennung von Kosten für einen privat gezahlten Kuraufenthalt im OptimaMed Neurologisches Rehabilitationszentrum Kittsee für den Zeitraum - . Bitte geben Sie bekannt, ob der Versicherte VOR Antritt dieser Kur einen Antrag auf Kur seitens des behandelnden Arztes vorgelegt und um Kostenübernahme angesucht hat. Wenn ja, von welchem Arzt/welcher Ärztin bzw. wann wurde der Kurantrag ausgefüllt?

Am wurde ein Antrag auf Kuraufenthalt von Dr. XY ausgefüllt. Wurde dieser Antrag an Sie weitergeleitet und bearbeitet? Wurde aufgrund dieses Antrages eine Kur bewilligt und auch angetreten? Geben Sie bitte diesbezüglich den Aufenthaltszeitraum an. ..."

Am legte das FA die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Auf Grund eines Auskunftsersuchens des BFG betreffend Kuraufenthalte des Bf führte die PVA aus:

" ... Für den Aufenthalt im OptimaMed Neurologisches Rehabilitationszentrum Kittsee im Zeitraum vom bis wurde von Seiten der Pensionsversicherungsanstalt keine Bewilligung erteilt. Der Antrag, welcher bei uns am eingelangt ist, wurde von Dr. XY am ausgefertigt. Das Ansuchen wurde vom chefärztlichen Dienst der Landesstelle NÖ am mit der Begründung: keine anhaltende Besserung zu erwarten abgelehnt.
Zur Frage, ob dieser Antrag die Reha vom bis oder eine andere Reha betrifft: Da es sich sowohl im Antrag wie auch im privat absolvierten Aufenthalt um die gleiche Einrichtung handelt, ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass es sich bei dem Aufenthalt vom bis um dasselbe Begehren (Antrag) handelt. Wie bereits oben erwähnt, wurde von uns 2018 kein Antrag auf Rehabilitation bewilligt und es wurde erst nach der Absolvierung des von Herrn
Bf. offensichtlich selbst bezahlten Aufenthaltes im Zeitraum vom bis ein neuer Antrag bei uns eingebracht.
Zur Frage, ob in den Jahren 2017 bis 2021 weitere Anträge des Herrn
Bf. auf Reha bei der Pensionsversicherungsanstalt aktenkundig sind, diese Anträge bewilligt wurden, wenn ja, für welche Zeiträume und an welchem Ort, und wenn nein, warum nicht:
Antrag vom , von Dr.
XY ausgestellt und bei der Pensionsversicherungsanstalt am eingelangt. Dieser Antrag wurde bewilligt, derAufenthalt wurde vom bis in der Einrichtung OptimaMed Neurologisches Rehabilitationszentrum Kittsee absolviert.

Antrag vom , welcher ebenfalls von Dr. XY am ausgestellt wurde, wurde abgelehnt. Begründung der Ablehnung: keine anhaltende Besserung zu erwarten.
Antrag vom , von Dr.
XY am ausgestellt, wurde ebenfalls abgelehnt. Begründung der Ablehnung: keine anhaltende Besserung zu erwarten. Auf allen Anträgen war die Einrichtung OptimaMed Neurologisches Rehabilitationszentrum Kittsee als Wunscheinrichtung angeführt. ..."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Sachverhalt

Der steuerlich vertretene Bf bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der PVA.

Er ist auf Grund einer Gehirnblutung im Jahr 2009 zu 100% behindert und hat tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung, welche er als außergewöhnliche Belastung (agB) geltend macht.

Er besucht seit mehreren Jahren mindestens einmal pro Jahr stationär das OptimaMed Neurologische Rehabilitationszentrum (NRZ) Kittsee, Kompetenzzentrum für Neurologie und Neurorehabilitation; die Rehabilitation wird einmal pro Jahr von Dr. XY, Ärztin für Allgemeinmedizin, für den Bf bei der PVA beantragt. Die Kosten dafür werden regelmäßig als agB geltend gemacht.

Im Antrag vom , ausgestellt von Dr. XY, wurde die vorgeschlagene Maßnahme ärztlich begründet. Für den Aufenthalt wurde von der PVA jedoch keine Bewilligung erteilt, da der Antrag mit der Begründung "keine anhaltende Besserung zu erwarten" abgelehnt wurde.

Der Bf begab sich trotz Ablehnung vom - zur Rehabilitation in das NRZ Kittsee. Es wurde nach ärztlicher Erstuntersuchung ein Therapieplan erstellt und täglich von ca. 9.00/9.30 Uhr bis ca 16.00 Uhr zahlreiche Therapien durchgeführt. Es fanden ärztliche Abschlussuntersuchungen statt. Im Entlassungsbefund wird ausgeführt, der Patient fühlte sich zum Zeitpunkt der Abschlussuntersuchung fitter und kräftiger und konnte in stabilem und gebessertem Zustand nach Hause entlassen werden. Eine erneute stationäre Rehabilitation in einem Jahr sei empfehlenswert. Der Aufenthalt kostete EUR 6.030,00 (abzüglich Besucher-Mittagessen) und wurde im Streitjahr vom Bf bezahlt. Diese Kosten wurden als agB beantragt.

Am wurde ein weiterer Antrag auf Rehabilitation bei der PVA gestellt, welcher mit gleicher Begründung abgelehnt wurde.

Vom - absolvierte der Bf einen weiteren Reha-Aufenthalt im NRZ Kittsee. Die Kosten dafür wurden im Streitjahr nicht als agB geltend gemacht.

Weitere Anträge auf Reha-Aufenthalte bei der PVA in den Jahren 2017 - 2021:

- Antrag vom ; der Antrag wurde bewilligt und der Aufenthalt vom - im NRZ Kittsee absolviert.

- Antrag vom ; der Antrag wurde mit obiger Begründung nicht bewilligt.

Beweiswürdigung

Die persönlichen Daten des Bf sind unstrittig.

Die steuerlichen Anträge des Bf sind dem Verwaltungsakt und Abfragen im AIS des Bundes entnommen.

Die Anträge auf Reha und deren Ablehnung sind für das Streitjahr aktenkundig; die weiteren Anträge und deren Bewilligung/Ablehnung wurden von der PVA aG eines Auskunftsersuchens des BFG dargelegt.

Die Aufenthalte im NRZ Kittsee sind dokumentiert.

Der Therapieplan und die Befunde wurden vom Bf vorgelegt, ebenso wie die Rechnung für den Aufenthalt und die Zahlungsbestätigung.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzungen außergewöhnliche Belastung:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

Sie muss außergewöhnlich sein.

Sie muss zwangsläufig erwachsen.

Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung darf weder Betriebsausgabe, Werbungskosten noch Sonderausgabe sein. Gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs 3 EStG 1988).

Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insoweit, als sie einen einkommensabhängigen Selbstbehalt übersteigt.

Alle vorstehenden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung außergewöhnliche Belastungen hat und keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

Neben dem Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 und ohne Kürzung um den Selbstbehalt können nach § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung nicht regelmäßige anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung (z.B. Arztkosten, Spitalskosten, Therapiekosten, Kosten für ärztlich verordnete Kuren) im nachgewiesenen Ausmaß geltend gemacht werden.

Kur-/Reha kosten:

Kur- bzw. Rehabilitationskosten sind unter Kosten der Heilbehandlung zu subsumieren und können unter bestimmten Voraussetzungen zu einer ag Belastung führen.

Unter Kosten der Heilbehandlung iSd der oa. Bestimmung versteht man zB Kosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapien, Medikamente sowie damit in Zusammenhang stehende Fahrt- und Transportkosten im tatsächlichen Ausmaß bzw. in Höhe des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges (vgl. Jakom/Baldauf EStG, 2009, § 35 Rz 27).

In Streit steht die Anerkennung der Kosten der Rehabilitationsmaßnahme des Bf vom - im NRZ Kittsee als agB.

Unstrittig ist die Außergewöhnlichkeit der Maßnahme und der Zusammenhang mit der Behinderung des Bf. Strittig ist die Zwangsläufigkeit.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; ) sind bei "Kurreisen" an den Nachweis der Zwangsläufigkeit wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft dienenden Erholungsreisen an den Steuerpflichtigen strenge Anforderungen zu stellen.

In seiner ständigen Judikatur entwickelte der VwGH für die Anerkennung von "Kurkosten" als außergewöhnliche Belastung folgende Kriterien:

Die Kurkosten müssen im direkten Zusammenhang mit einer Krankheit stehen und aus medizinischen Gründen zur Heilung oder Linderung der Krankheit nachweislich notwendig sein (eine andere Behandlung also nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheint) und grundsätzlich unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgen (; ; ; ).

Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Als nicht ausreichend erachtet der VwGH für die Berücksichtigung von Kurkosten als außergewöhnliche Belastung, wenn eine Verordnung eines Kuraufenthaltes fehlt, keine Bewilligung der Sozialversicherungsanstalt vorliegt und kein Kostenersatz geleistet wird, und der Hausarzt einen Kuraufenthalt "vorschlägt" (; ).

Wesentlich ist, dass der Aufenthalt nicht den Charakter eines Erholungsurlaubes, sondern jenen eines Kuraufenthaltes hat, d.h. mit einer nachweislich kurmäßig geregelten Tages- und Freizeitgestaltung (vgl. ; ; ; ).

Von einem kurmäßig geregelten Tagesablauf bzw. von unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgenden Behandlungen kann nur gesprochen werden, wenn ein Kurprogramm absolviert wird, das jenem von den Kuranstalten der Krankenkassen angebotenen Kurprogrammen entspricht. In diesen Kuranstalten wird in der Regel auf der Grundlage einer kurärztlichen Untersuchung ein speziell auf die krankheitsmäßigen Bedürfnisse des Patienten abgestimmter Behandlungsplan erstellt, der täglich mehrere Therapiestunden vorsieht und dessen Wirksamkeit während des Kuraufenthaltes im Rahmen eines ärztlichen Zwischenberichts überprüft wird. Nach Abschluss der Kur erfolgt eine ärztliche Nachuntersuchung und ein Bericht über den Behandlungserfolg. (z.B. ; -F/09; Jakom/Baldauf EStG, 2018, § 34 Rz 90).

Eine kurmäßig geregelte Tagesgestaltung liegt etwa nicht vor, wenn täglich nur ein bis zwei fünfzehnminütige Behandlungen erfolgen (UFS Feldkirch , RV/0386-F/10).

Für das Vorliegen der Voraussetzungen ist der Steuerpflichtige nachweispflichtig (; ; ).

Die Voraussetzungen können durch eine vor Antritt der Kur ausgestellte ärztliche Bestätigung, aus der sich im Falle einer (Kur)Reise auch die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben, oder durch den Umstand eines Kostenersatzes durch die Sozialversicherung nachgewiesen werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so können - soweit Angemessenheit vorliegt - entsprechende Kurkosten (für Aufenthalt, Fahrtkosten, Kosten für die medizinische Betreuung) abgezogen werden (; ; ; ; vgl. auch Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. 2020, § 34, II. ABC der außergewöhnlichen Belastungen vgl. auch das Erkenntnis des ).

Die strenge Judikatur des VwGH, auf die sich die belangte Behörde stützt, wonach keine Zwangsläufigkeit gegeben ist, wenn keine Bewilligung der Sozialversicherungsanstalt vorliegt und kein Kostenersatz geleistet wird, und der Hausarzt einen Kuraufenthalt "vorschlägt", (; ), beruhen auf der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft dienenden Erholungsreisen (; ).

Dies gilt jedoch nach ; dann nicht, wenn eine querschnittsgelähmte Patientin Aufenthaltskosten für eine Spezialklinik für die Rehabilitation Schwerversehrter in Kroatien am Meer als agB geltend macht, auch wenn ein wesentlicher Teil der angebotenen Maßnahmen darin besteht, im Meerwasser unter Aufsicht zu schwimmen. In diesem Fall sei die Schwierigkeit der Beurteilung der medizinischen Indikation von Maßnahmen, die nicht ihrer Art nach eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können, nicht gegeben, sodass eine ärztliche Begutachtung im Vorhinein nicht erforderlich sei.

Das BFG folgte im Erkenntnis vom 15.11.22018, RV/7103500/2018, dieser Judikatur und anerkannte die Kosten für einen Rehabilitationsaufenthalt in einer medizinischen Spezialklinik für intensive Neurorehabilitation in der Slowakei, die auf die Behandlung von Patienten mit schweren neurologischen Defiziten spezialisiert ist, als agB. Die für Kuraufenthalte in Hotels und Privatquartieren an den Nachweis der Zwangsläufigkeit wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft dienenden Erholungsreisen gestellten strengen Anforderungen würden hier nicht greifen, sodass auch eine vor Antritt der Behandlung ausgestellte ärztliche Verordnung verzichtbar sei.

Zu verweisen ist auch auf , welches ebenfalls , folgte und die Kosten für einen stationären Aufenthalt (stationäre Therapie und Rehabilitation aG von Depression und Erschöpfungssyndrom) in der Rehabilitationsklinik in Bad Pirawarth (NÖ) als agB anerkannte.

Das BFG folgt in ggstdl. Fall , und den darauf beruhenden zit. Judikaten des BFG, da nach dem festgestellten Sachverhalt hier nichts anderes gelten kann.

Der Bf ist nach einer Gehirnblutung zu 100% behindert und es handelt sich um einen Aufenthalt in einer spezialisierten Klinik, einem Kompetenzzentrum für Neurologie und Neurorehabilitation, u.a. spezialisiert auf Patienten mit Schlaganfall, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schädel-Hirn-Traumata etc.

Die bei Kuraufenthalten schwierige Abgrenzung von Erholungsreisen liegt hier nicht vor. Dass es sich bei diesem Aufenthalt um keinen Erholungsaufenthalt handelt, ist evident und auch aus dem vorgelegten straffen Therapieplan ersichtlich. Die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme ist aus der von der Hausärztin vorgeschlagenen Therapie und dem Abschlussbefund ableitbar, wonach der Patient in stabilem und gebessertem Zustand nach Hause entlassen werden konnte. Da im Abschlussbefund ausgeführt wurde, eine erneute stationäre Therapie in einem Jahr sei empfehlenswert und das BFG davon ausgeht, dass eine derartige Empfehlung auch im Jahr 2018 ausgesprochen worden war, erachtet demzufolge das BFG den str. Aufenthalt im NRZ Kittsee als zwangsläufig, während der im Streitjahr dokumentierte zweite Aufenthalt im NRZ Kittsee (welcher ohnehin nicht als agB geltend gemacht wurde) nicht mehr als medizinisch zwangsläufig beurteilt wird.

Der (fehlenden) Kostenübernahme durch die PVA kommt in einem derartigen Fall keine entscheidende Bedeutung zu, zumal die Begründung der Ablehnung, nämlich dass eine anhaltende Besserung nicht zu erwarten sei, im Hinblick auf die - bei gleichem Krankheitsbild - bereits einmal erfolgte Bewilligung der Maßnahme im Jahr 2017, nicht zwingend erscheint.

Die geltend gemachten Kosten (deren Zahlung im Streitjahr nachgewiesen wurde) werden daher als agB anerkannt.

Bei einem Krankenhausaufenthalt und ebenso bei einem Rehabilitationsaufenthalt ist eine Haushaltsersparnis iHv EUR 5,23 pro Tag in Abzug zu bringen (vgl. u.a. Doralt/Mayr/Herzog, EStG § 34, Tz 78, Stichwort: Alters- und Pflegeheim, Pkt. 2; ). 15).

Die Kosten im NRZ Kittsee für 21 Tage iHv EUR EUR 6.030,00 sind daher um EUR 109,83 (5,23 x 21) zu kürzen, sodass EUR 5.920,17 als zwangsläufig erwachsen und somit als agB ohne Selbstbehalt zusätzlich anzuerkennen sind.

Insgesamt werden daher EUR 19.136,77 als agB ohne Selbstbehalt anerkannt.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis folgt der dargestellten Judikatur des VwGH. Der Lösung ggstdl. Rechtsfrage kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu, sodass die Revision nicht zulässig ist.

Der Einkommensteuerbescheid 2019 wird abgeändert wie folgt:

Berechnung der Einkommensteuer:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Übermittelte Lohnzettel laut Anhang
Bezugsauszahlende Stelle stpfl. Bezüge (245)
PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT 32.874,12 € 32.874,12 €

Gesamtbetrag der Einkünfte 32.874,12 €

Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):

Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen,
Wohnraumschaffung und -Sanierung (Topf-Sonderausgaben) - 730,00 €
Zuwendungen gem. § 18 (1) Z.7 EStG 1988 - 25,00 €

Außergewöhnliche Belastungen:

Tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung - 19.136,77 €

Einkommen 12.982,35 €

Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:

0 % für die ersten 11.000,00 0,00 € 25 % für die weiteren 1.982,35 495,59 € Steuer vor Abzug der Absetzbeträge 495,59 €

Pensionistenabsetzbetrag 0,00 €

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge 495,59 €

Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt: 0 % für die ersten 620,00 0,00 €
6 % für die restlichen 4.859,02 291,54 €

Einkommensteuer 787,13 €

Anrechenbare Lohnsteuer (260) - 7.353,42 €

Festgesetzte Einkommensteuer (ger.) - 6.566,00 €

Wien, am

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