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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.06.2022, RV/7100420/2022

Keine Berufsausbildung mangels Bemühen um Ausbildungserfolg

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe 09.2020-03.2021, Soz. Vers.Nr. ****, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Gewährung von Familienbeihilfe für ihre Tochter ***1***, geb. ****2002, ab September 2020 mit der Begründung einer im September 2020 begonnenen Ausbildung an der HTL ***3***.

Die Leistungen wurden zunächst für den Zeitraum September 2020 bis März 2021 i.H. von insges. € 1.879,80 ausbezahlt.

Mit Bescheid vom wurden diese Leistungen sowie die Geschwisterstaffel, die gem. § 8 Abs. 3 FLAG 1967 für das zweite Kind ***2*** i.H. von € 408,80 ausbezahlt worden war, zurückgefordert.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass von einer einen Beihilfenanspruch begründenden Berufsaubildung des Kindes nur dann auszugehen sei, wenn dieses die volle Zeit dafür verwende und in angemessener Zeit zu Prüfungen antrete. Dies treffe nicht zu, da die Tochter ***1*** laut Aktenlage im Wintersemester 2020/21 und im Sommersemester 2021 überwiegend negativ bzw. nicht beurteilt worden sei, daher könne nicht von einer ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung ausgegangen werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. mit Schreiben vom Beschwerde und verwies unter Anschluss diverser Zeugnisse und Schulbesuchsbestätigungen darauf, dass sich die Tochter stets um eine Ausbildung bemüht habe (z.B. Pflichtschulabschluss, div. Deutschkurse).

U.a. legte sie auch zwei Bestätigungen der HTL ***3*** vor:

1.: vom , wonach sie vom bis den Vorbereitungslehrgang für Berufstätige in Informatik besuche,

2.: vom , wonach sie von bis den Aufbaulehrgang für Berufstätige in Informatik besuche. Diese Bestätigung trägt an deren Ende den handschriftlichen Vermerk

" keine Module belegt".

Wörtlich führte die Bf. aus:

"Leider war der Unterrichtsablauf für sie aber massiv erschwert, da aufgrund der

(unerwarteten) Corona-Krise der Unterricht so gut wie ausschließlich online erfolgte. Da ich

für meine Töchter und mich nur Mindestsicherung als Einkommen habe, ist unsere

finanzielle Situation sehr eingeschränkt.

***1*** konnte daher beispielsweise während des gesamten ersten Semesters dem

Unterricht nur auf ihrem Handy folgen, was sehr schwer für sie war und sie viele Aufgaben

daher nur sehr schlecht erfüllen konnte. Trotz ihrer sehr gut erworbenen Deutschkenntnisse

war es für sie auch aus sprachlicher Sicht immer schwieriger, dem online-Unterricht zu

folgen, als es im Klassenzimmer gewesen wäre.

Durch diese der Corona-Situation geschuldeten erschwerten Umstände war der Unterricht

für sie viel schwieriger zu bewältigen und konnte sie daher die Prüfungen nicht wie geplant

ablegen.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde verwies wiederum darauf, dass die Tochter im Wintersemester 2020/2021 den Vorbereitungslehrgang für Berufstätige für Informatik und im Sommersemester 2021 den Aufbaulehrgang für Berufstätige für Informatik besucht habe. Die Tochter habe keine positiv beurteilten Fächer erreicht.

Wörtlich wurde ausgeführt:

"Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Gesetz nicht näher definiert. Auf Grund der Judikatur

des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich als wesentliche Merkmale einer Berufsausbildung

im Sinne des FLAG 1967 praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches,

nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene

Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Der laufende

Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein

noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967

anzunehmen. Die Ausbildung muss ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Dies wird

dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Prüfungen die volle Zeit des Kindes in

Anspruch nimmt und das Kind durch Prüfungsantritte innerhalb eines angemessenen

Zeitraumes die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung erfüllt

(vgl. ZI. 98/15/0001).

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier

Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. , VwGH 21. 1.

2004, 2003/13/0157).

Da ***1*** ausschließlich nicht beurteilte bzw. negative Fächer erreicht hat, sind die oben

skizzierten Voraussetzungen einer zielstrebigen und ernsthaften Berufsausbildung im

Schuljahr 2020/21 nicht gegeben.

Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich der Vorlageantrag , in dem die Bf. auf ihr bisheriges Vorbringen verwies.

Das Bundesfinanzgericht richtete an die Schule ein Auskunftsersuchen u.a. mit folgenden Fragestellungen:

- Hat der Unterricht im Vorbereitungslehrgang für Berufstätige Informatik im WS 2020/0221 in den Gegenständen Deutsch, Englisch, Mathematik, Grundlagen der Informatik und Computerpraktikum online stattgefunden, bzw. in welchen Gegenständen online und in welchen gab es Präsenzunterricht?

- Hat der Unterricht im Aufbaulehrgang für Berufstätige Informatik im SS 2021 in den Gegenständen Deutsch, Englisch, Mathematik, angewandte Informatik und "Naturwissenschaftliche und technische"……. (mehr ist auf der Zeugnisübersicht nicht zu lesen) online und oder als Präsenzunterricht stattgefunden?

- Wie sind generell die Lehrer an Ihrer Schule im Fall von online-Unterricht mit der Problematik umgegangen, dass evtl. nicht alle Schüler über die entsprechende technische Ausrüstung zu Hause verfügen, um am Unterricht teilnehmen zu können?

- Gab es vor Beginn des Vorbereitungslehrganges den Hinweis, dass ein Computer für die Ausbildung erforderlich sein wird? (Der Gegenstand Computerpraktikum, in dem Frau ***4*** im WS nicht beurteilt wurde, ist ohne Computer schwer vorstellbar. Werden, wenn der Unterricht in der Schule stattfindet, dafür in der Schule Geräte zur Verfügung gestellt?)

- Gab es z.B. die Möglichkeit das Unterrichtsmaterial auch in ausgedruckter Form zu erhalten oder einen Laptop auszuborgen oder sich günstig zu verschaffen?

- War den einzelnen Lehrern von Fr. ***4*** im Vorbereitungslehrgang etwas darüber bekannt, dass Ihr angeblich zu Hause kein Computer zur Verfügung stand, hat sie dies thematisiert, wurde versucht Abhilfe zu schaffen?

- "Nicht beurteilt" bedeutet meines Wissens nach, dass am Unterricht nicht teilgenommen wurde. Wie wurde im Fall von Online-Unterricht die Teilnahme überprüft?

Das Bundesfinanzgericht erhielt per E-Mail vom u.a. folgende Auskunft:

"Der Unterricht fand in verordneten Lockdown-Zeiten über MS Teams, Moodlekurse, Zoom und dgl. statt, das wurde auch von den Lehrenden dokumentiert (Wer war zumindest eingeloggt . . .), sonst in Präsenz. Der damalige Studienkoordinator von Frau ***4*** ist ein erfahrener und engagierter Pädagoge. Mahnungen wegen Fernbleibens o.Ä. werden stets versandt.

………….Leihgeräte wurden vom Zentralen Informatikdienst angeboten. Eine Informatikausbildung ohne entsprechendes verfügbares Endgerät zu beginnen, ist keinesfalls ratsam…………

……….Mir ist nicht bekannt, dass Frau ***4*** Bedarf gemeldet hätte…………..

Unsere Schule ist im digitalen ortsungebundenen Unterricht sehr gut aufgestellt, es gibt auch einen digitalen Unterrichtskoordinator bzw. jetzt eine -koordinatorin. Bücher sind in D, AM, Naturwissenschaften und E vorhanden. ……………

Ein Nicht beurteilt bedeutet, dass keine ausreichende Beurteilungsgrundlage in einem Modul vorhanden ist, zumeist ist das durch mangelnde aktive Teilnhame am Unterricht begründet. Eine Leistungsfestellungsprüfung konnte hier offenbar nicht mehr zeitgerecht vereinbart werden bzw. wurde nicht wahrgenommen.

Schriftliche und praktische Leistungsüberprüfungen wurden wahrscheinlich versäumt. Im fachpraktischen Gegenstand führt das Fehlen im Ausmaß des Vierfachen der Wochenstundenanzahl zu einem Nicht beurteilt………….

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. jene Passage der E-Mail zur Kenntnis gebracht, wonach "Leihgeräte zur Verfügung gestellt worden seien, Frau ***4*** jedoch keinen Bedarf gemeldet habe" und ersucht, dazu bis zum Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme ist bis dato nicht erfolgt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Bf., ***1***, besuchte von bis den Vorbereitungslehrgang für Berufstätige in Informatik an der HTL ***3*** und von bis den Aufbaulehrgang für Berufstätige in Informatik . Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Schulbesuchsbestätigung für den Aufbaulehrgang am trug diese den Vermerk

" keine Module belegt".

Streitgegenständlich ist der Zeitraum September 2020 bis März 2021.

Für diese Monate wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge ausbezahlt.

In diesem Zeitraum belegte die Tochter den o.a. Vorbereitungslehrgang bzw. ab Februar den o.a. Aufbaulehrgang.

Lt. Zeugnis für den Vorbereitungslehrgang wurden von sechs Gegenständen drei (Deutsch, Englisch, Mathematik) negativ beurteilt, zwei (Grundlagen der Informatik, Computerpraktikum) nicht beurteilt und einer (Religion) ohne Vergabe einer Note "beurteilt".

Im Rückforderungsmonat März 2021 war sie für den "Aufbaulehrgang" angemeldet, zumindest bis März 2021 wurden allerdings noch keine Module belegt.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie weitere Ermittlungen bei der von der Tochter der Bf. besuchten Schule, wie oben dargestellt.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens und nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Ob ein Beihilfenanspruch besteht, ist daher für jede Monat gesondert zu überprüfen.

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Gleiches gilt für zu Unrecht bezogene und gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 EStG 1988 iVm § 26 FLAG 1967).

Gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetzes 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe monatlich zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 Familienlastenausgleichsgesetz anzuwenden.

Das Gesetz selbst definiert nun den Begriff der "Berufsausbildung" nicht. Was unter einer "Berufsausbildung" im Sinne des iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zu verstehen ist, wurde in ständiger Rechtsprechung vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt. Demnach fallen unter den Begriff den der Berufsausbildung jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. , und ).

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist (vgl etwa ; ; , und ).

Gegenstand des Rückforderungsbescheides und damit Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist der Zeitraum September 2020 bis März 2021. Da Familienbeihilfe monatlich ausbezahlt wird, ist Überprüfungszeitraum hinsichtlich des Bestehens eines geltend gemachten Anspruchs der Monat. Daraus folgt, dass im gegenständlichen Fall Umstände, die in Zeiten nach März 2021 fallen, für die Beurteilung des davorliegenden und hier verfahrensgegenständlichen Zeitraumes irrelevant sind. Für die Überprüfung des Anspruchs für die Monate September 2020 bis März 2021 ist es daher nicht von Bedeutung, ob sich die Tochter nach den Kriterien der oben zitierten und auch von der belangten Behörde ins Treffen geführten Rechtsprechung in den Monaten April bis Juli 2021 , das ist jene Zeit für die sie, abgesehen von März 2021, auch den Aufbaulehrgang inskribierte, in Berufsausbildung befand.

Unzweifelhaft kann die Teilnahme am Vorbereitungslehrgang und am Aufbaulehrgang für Informatik an der HTL ***3*** grundsätzlich eine Berufsausbildung darstellen, wenn noch die weiteren von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien erfüllt sind:

Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (vgl. , unter Verweis auf ).

Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus (vgl. ). Der Antritt zu vier Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung in zwei Jahren spricht nicht für ein ernstliches und zielstrebiges, nach außen erkennbares Bemühen um den Ausbildungserfolg (vgl. mit Ausführungen zur Berufsreifeprüfung).

Im Zeitraum September 2020 bis Jänner 2021, das ist die Zeit, in der die Tochter den Vorbereitungslehrgang besuchte, wurde sie in den Gegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik negativ beurteilt, ist also zu Prüfungen angetreten. In den Fächern "Grundlagen der Informatik" und "Computerpraktikum" wurde sie hingegen "nicht beurteil", das heißt, dass keine ausreichenden Beurteilungskriterien vorhanden waren. Wenn die Bf. darauf verweist, dass auf Grund der Pandemie der Unterricht online erfolgt sei und ihre Tochter über keinen eigenen Computerverfügt habe und dem Unterricht daher über ihr Handy habe folgen müssen, so ist ihr zu entgegnen, dass sich ihre Tochter lt. glaubwürdiger Auskunft der Schule einen Computer hätte ausborgen können. Dadurch dass sie dies offensichtlich unterlassen hat (eine Gegenäußerung der Bf. zu dieser ihr vorgehaltenen Behauptung der Schule erfolgte bis dato nicht) war es ihr somit nicht möglich sich in den nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes zentralen Gegenständen der gewählten Ausbildung "Grundlagen der Informatik" und "Computerpraktikum" entsprechende Kenntnisse anzueignen, die zumindest einen Prüfungsantritt ermöglicht hätten. Aus diesem Grund geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass es der Tochter der Bf. an dem ernsthaften Bemühen um einen Ausbildungserfolg mangelte.

Ab Februar 2021 meldete sich die Tochter für den "Aufbaulehrgang" zwar an, hatte aber bis , wie sich aus der o.a. Bestätigung der Schule betreffend Anmeldung ergibt, noch keine Module belegt. Damit ist allerdings eine weiteres nach Lehre und Rechtsprechung wesentliches Merkmal einer Berufsausbildung nicht erfüllt.

Diese liegt nämlich im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur dann vor, wenn diese Ausbildung die überwiegende Arbeitszeit in Anspruch nimmt. (arg. "wenn ... durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.").

Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn bei kursmäßigen Ausbildungen oder bei Maturaschulen ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ; ).

Dadurch dass die Tochter der Bf. in den Monaten Februar und März 2021 gar keine Module belegt hat, ist davon auszugehen, dass keine Berufsausbildung in quantitativer Hinsicht vorliegt, sodass aus diesem Grund in diesen Monaten keine Familienbeihilfe zusteht.

Da der Bf. somit im Rückforderungszeitraum keine Familienbeihilfe für ***1*** zusteht, erfolgte die Rückforderung der anteiligen Geschwisterstaffel nach § 8 Abs. 3 FLAG 1967 für ebendiesen Zeitraum ebenfalls zu recht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichgesetzes vorliegt, wurde von der Rechtsprechung bereits ausreichend geklärt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100420.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at