Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2022, RV/4100487/2020

Zufluss an einen Gesellschafter-Geschäftsführer für an die Gesellschaft erbrachte Dienstleistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich je vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2017 und 2018 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

  2. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

  3. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen ./1 (Einkommensteuer 2017) und ./2 (Einkommensteuer 2018) angeschlossenen Berechnungsblättern, die einen integrierenden Bestandteil dieses Spruches bilden, zu entnehmen.

  4. Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2018 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

  5. Die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  6. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist einerseits die Frage des Zeitpunktes des Zuflusses von Einnahmen, andererseits die Qualifikation von Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben, und deren umsatzsteuerrechtliches Schicksal strittig.

Im Zuge einer ab dem Jahr 2019 durchgeführten Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO die Umsatz-, und Einkommensteuer 2016 - 2018 betreffend wurde die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt drei Rechnungen an die Firma ***A*** GmbH ausgestellt habe; diese seien vom Bf. als "offen" geführt und somit bis dato ertragsmäßig nicht erfasst worden. Grundsätzlich seien bei Einnahmen-Ausgabenrechnern die Einnahmen nach dem Istprinzip, also mit dem Zahlungsfluss zu besteuern; dieser Grundsatz werde jedoch bei Rechtsgeschäften zwischen einem Mehrheitsgesellschafter einer GmbH und der GmbH durchbrochen. Ist der Steuerpflichtige gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter der Schuldnerkörperschaft, sei der Zufluss grundsätzlich mit der Fälligkeit der Forderung anzunehmen. Da der Bf. zum Zeitpunkt der Geschäftsbeziehung zu 95 % an der Rechnungsempfängerin beteiligt gewesen sei, werde der Zufluss mit dem Fälligkeitsdatum unterstellt und habe eine Hinzurechnung bei den Einkünften zu erfolgen. Darüber hinaus stellten die im Prüfungszeitraum 2017 bezahlten und als Betriebsausgaben geltend gemachten Steuerberatungskosten in Wahrheit Sonderausgaben dar; es seien nämlich Aufwendungen für die Anfechtung eines Haftungsbescheides, der mit der Tätigkeit des Bf. als Geschäftsführer einer weiteren GmbH im Zusammenhang stünden. Auch sei die Vorsteuer daraus nicht zu gewähren.

Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsansicht der Betriebsprüfung (in der Folge kurz: Bp.) an und erließ - soweit für das gegenständliche Verfahren von Relevanz - jeweils datierend mit neue Einkommen-, und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen die vorbezeichneten Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und im Zusammenhang mit den strittigen Rechnungen im Wesentlichen moniert, dass die Auffassung der belangten Behörde, wonach Fälligkeit bereits eingetreten sei, unrichtig wäre. Die Zahlungen seien nämlich - so der Bf. - vereinbarungsgemäß - zuletzt bis - gestundet worden. Da er aber zu den Stundungszeitpunkten schon "lange nicht mehr Mehrheitseigentümer der Schuldnerin" gewesen sei, könne es auch zu keinem Zufluss gekommen sein. Weiters müssten die geltend gemachten Steuerberatungskosten richtigerweise als Betriebsausgaben (samt zulässigem Vorsteuerabzug) qualifiziert werden: Die diesbezüglichen Beratungsleistungen stünden nämlich mit einem Haftungsverfahren seiner Person als Geschäftsführer der ***B*** GmbH im Zusammenhang; durch den Einsatz des Steuerberaters konnte die ursprüngliche Haftungssumme um mehr als 96 % minimiert werden.

Die belangte Behörde forderte den Bf. am auf, einerseits den Vertrag über die Abtretung seiner Geschäftsanteile an der ***A*** GmbH sowie alle in der Beschwerde angesprochenen Vereinbarungen über die Änderung der Fälligkeit bzw. Stundungen vorzulegen. Auftragsgemäß legte der Bf. den entsprechenden Notariatsakt, sowie "Bestätigungen" über Stundungen datierend mit bzw. vor.

Am wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Meritorisch ging die belangte Behörde davon aus, dass hinsichtlich der im Jahr 2017 ausgestellten Rechnungen die judikativ entwickelten Zuflussgründe gegeben seien. Dass die GmbH zahlungsunfähig gewesen wäre - so die belangte Behörde darin weiter - oder ihr keine Kreditwürdigkeit zur Aufnahme von Fremdmitteln zugekommen sei, wäre hingegen nicht dargetan worden. Hinsichtlich der Rechnung aus dem Jahr 2018 liege zwar der zuflussbegründende Umstand der Mehrheitsbeteiligung nicht mehr vor, da die Anteile vor Fälligkeit abgetreten worden seien; es sei jedoch davon auszugehen, dass die Schuldnerin den Geschäftsfall und damit eine entsprechende Gutschrift auf dem Verrechnungs-, oder Kreditorenkonto spätestens im August 2018 (am 15. des zweitfolgenden Monats) gebucht habe. Da der Bf. zu diesem Zeitpunkt Alleingeschäftsführer der Schuldnerin gewesen sei, gelte auch dieser Rechnungsbetrag im Zeitpunkt der Vornahme der Gutschrift als zugeflossen. In Bezug auf die Steuerberatungskosten führte die belangte Behörde zwar in der Begründung aus, dass es sich dabei um nachträgliche Betriebsausgaben handeln würde, eine derartige Umqualifizierung im Spruch der Beschwerdevorentscheidung unterblieb jedoch. Da der Bf. schließlich bei seiner Tätigkeit für die ***B*** GmbH nicht weisungsfrei gewesen sei, läge eine nichtunternehmerische Tätigkeit vor, weshalb der Vorsteuerabzug nicht zustehe.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht; inhaltlich verwies er - erstmals im Verfahren - unter Darlegung der jeweiligen Kontostände darauf, dass die ***A*** GmbH zu den auf den Rechnungen ausgewiesenen Fälligkeitsdaten zahlungsunfähig gewesen sei. Generell merkte der Bf. darüber hinaus auch an, dass im Zuge der Betriebsprüfung der ***A*** GmbH im Jahr 2019 "ein völlig anderer Sachverhalt im Zusammenhang mit diesen drei Rechnungen herausgearbeitet" worden sei. Mangels Bezahlung sei die Umsatzsteuer der GmbH vorgeschrieben worden. Die belangte Behörde hingegen schreibe diese Steuer dem Bf. vor, was eine Doppelbesteuerung bedeute. Es sei - so das Resumée des Bf. - davon auszugehen, dass es "keine einhellige Meinung der Finanzverwaltung gebe und willkürlich gehandelt" worden sei.

Am legte die belangte Behörde die Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte - unter Aufrechterhaltung der bisherigen Argumentation - deren Abweisung.

Sachverhalt

Der am xx.xx.xxxx geborene und in Ort wohnhafte Bf. errichtete mit Notariatsakt vom xx.xx.2008 die im Firmenbuch zur FN xxxxxx eingetragene Firma ***C*** mit dem damaligen Sitz in der politischen Gemeinde D. Mit Wirksamkeit zum xx.xx.2009 wurde die Firma der Gesellschaft geändert auf "***A*** GmbH". Vom Gründungszeitpunkt an bis zum xx.xx.2009 fungierte der Bf. als deren Alleingesellschafter; danach hielt er bis zur Abtretung seines gesamten Geschäftsanteiles (am ) 95 % des Stammkapitals. Weiters hatte der Bf. vom xx.xx.2008 - xx.xx.2019 die handelsrechtliche Geschäftsführerfunktion inne.

Am xx.xx.2017 stellte der Bf. der vorgenannten Kapitalgesellschaft für "Dienstleistungen gemäß Vereinbarung" Euro xxxxx (zuzüglich Euro xxxx Ust), zahlbar bis , am xx.xx.2017 wiederum für "Dienstleistungen gemäß Vereinbarung" Euro xxxxxx (zuzüglich Euro xxxxx Ust), zahlbar bis und am xx.xx.2018 für "Marketingdienstleistungen gemäß Vereinbarung" Euro xxxxxx (zuzüglich Euro xxxxx Ust), zahlbar bis in Rechnung. Das Geschäftskonto der Rechnungsempfängerin wies am ein Guthaben von Euro xxxxxx, am ein Saldo in Höhe von Euro xxxxxx und am ein Saldo von Euro xxxxx aus. Es kann nicht festgestellt werden, ob die ***A*** GmbH im strittigen Zeitraum dauernd unfähig war, binnen angemessener Frist alle ihre fälligen Schulden zur Gänze oder zumindest im Wesentlichen zu begleichen; weiters kann nicht festgestellt werden, dass die GmbH zu den maßgeblichen Zeitpunkten nicht in der Lage war, sich Fremdmittel (Kredite oä) zu beschaffen. Über das Vermögen der ***A*** GmbH wurde kein Insolvenzverfahren eröffnet. Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der Bf. der GmbH die strittigen Forderungen vor dem stundete.

Im Zuge des gegen die ***A*** GmbH geführten Körperschaftsteuer-, und Umsatzsteuerverfahrens wurde die Rechnung vom xx.xx.2017 als "Scheinrechnung" qualifiziert und sowohl der Aufwand als auch der Vorsteuerabzug verwehrt.

Der Bf. war weiters im Zeitraum vom xx.xx.2011 - xx.xx.2014 selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der ***B*** GmbH (FN xxxxxxx HG D); für diese Tätigkeit wurde er entlohnt. Weiters war er an dieser Firma bis xx.xx.2014 mit 30% (bzw. später mit 40 %) am Stammkapital beteiligt. Mit Beschluss des HG D vom xxxxxxx, wurde über deren Vermögen der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolgedessen aufgelöst. Per xx.xx.2020 erfolgte die Löschung der Firma im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit. Mit Bescheid vom xx.xx.2014 wurde der Bf. als Geschäftsführer der ***B*** GmbH gemäß § 9 BAO zur Haftung für Abgabenrückstände in Höhe von Euro xxxxxxx herangezogen. Zwecks Abwehr dieser Forderung bediente er sich eines Steuerberaters, dessen Honorar im Veranlagungsjahr 2017 Euro xxxxxxx betrug.

Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt gründet auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Bf. selbst, den Kapitalgesellschaften sowie den Beteiligungs-, und Vertretungsverhältnissen gehen aus einer Einsicht des Gerichts in das Zentrale Melderegister bzw. (offene) Firmenbuch, samt den dort hinterlegten Urkunden hervor. Dass der Bf. seine Geschäftsanteile an der ***A*** GmbH zum festgestellten Zeitpunkt abtrat, ist auch aus dem vom Bf. vorgelegten Notariatsakt vom ersichtlich.

Das Faktum der Rechnungslegungen - wie auch deren Inhalt - ist einerseits zwischen den Parteien unstrittig und durch die im Akt erliegenden Rechnungen vom xx.xx.2017 (Rechnungsnummer 20170701), xx.xx.2017 (Rechnungsnummer 20171201) und xx.xx.2018 (Rechnungsnummer 20180601) erwiesen. Die Historie des Geschäftskontos wurde den entsprechenden Scans im Vorlageantrag vom entnommen, die von der belangten Behörde unwidersprochen blieben. Aus der Kontoentwicklung ist unzweifelhaft ableitbar, dass die ***A*** GmbH durchaus in der Lage war, fällige Schulden - zumindest teilweise - zu begleichen, andernfalls die Differenz zwischen dem Guthaben vom und dem Fehlbetrag vom nicht erklärbar wäre. Auch gab es keine Anzeichen im Akt in Richtung gehäuft auftretender Versäumungsurteile oder Exekutionsverfahren, vor allem solche wegen kleinerer Beträge, die ein nicht zahlungsfähiger Schuldner in aller Regel schon deswegen rasch zahlt, um das Anlaufen unverhältnismäßig hoher Exekutionskosten zu vermeiden; ebenso Sozialversicherungsrückstände, die sehr schnell zu einer Exekutionsführung aufgrund vollstreckbarer Rückstandausweise führen (vgl dazu auch ). Auch fehlt Vorbringen zur Frage der mangelnden Kreditwürdigkeit. Schließlich ist kein Insolvenzverfahren in der Ediktsdatei vermerkt, auch der Akt enthält keine Anhaltspunkte in diese Richtung. Zudem wäre - bei tatsächlich vorliegender Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO - der Bf. als Geschäftsführer der GmbH verpflichtet gewesen, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.

Bezüglich der behaupteten Stundung ist der Bf. darauf zu verweisen, dass er trotz konkreter Aufforderung durch die belangte Behörde keine nach außen ausreichend zum Ausdruck kommende, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt habende und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossene Vereinbarung vorgelegt hat, die vor dem datiert. Im Akt finden sich lediglich zwei vom Bf. selbst unterfertigte Urkunden ( und ), in denen die Stundung der Forderungen bis xx.xx.2019 bzw. bestätigt wird. Nicht nur, dass Nachweise, dass die Stundung von der ***A*** GmbH auch angenommen wurde, fehlen - schließlich ist auch eine Stundung ein zweiseitiges Rechtsgeschäft -, können diese Urkunden keinen Nachweis dafür bieten, dass die Forderungen insbesondere aus den Rechnungen vom xx.xx.2017 und xx.xx.2017 vor bzw. zum Zeitpunkt der (Erst-)Fälligkeit gestundet worden wären: Die Fälligkeit dieser Rechnungen trat ja bereits lange vor dem ein; für den Zeitraum vor dem wurden jedoch keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine Stundung ergeben würde, weshalb die diesbezügliche Einrede als reine, die bloße Behauptungsebene nicht verlassende Schutzbehauptung zu qualifizieren ist.

Die Feststellungen zum Körperschaft-, und Umsatzsteuerverfahren der ***A*** GmbH bzw. dem Haftungsverfahren des Bf. im Zusammenhang mit der ***B*** GmbH fußen auf einer Einsicht in deren elektronische Veranlagungsakten. Die Höhe der für die Abwehr der Haftung anerlaufenden Steuerberatungskosten ist zwischen den Parteien unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Der Bf. ermittelt seinen Gewinn vereinfacht durch die sog. "Einnahmen-Ausgaben-Rechnung" im Sinn des § 4 Abs. 3 EStG 1988. Bei der Ermittlung der Einkünfte in dieser Form kommt es grundsätzlich auf den Zu-und Abfluss an (). Nach § 19 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, indem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (,2 1010/15/00 70). Ein Betrag ist gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über die Einnahmen verfügen kann (). Bei Leistungsabrechnungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber seiner Kapitalgesellschaft sind nach der Rechtsprechung des VwGH für die Frage deren Zuflusses - abgesehen von der Zuleitung des Barbetrages - insbesondere zwei mögliche zuflussbegründende Umstände zu unterscheiden, die beide für sich einen Zufluss beim Gesellschafter-Geschäftsführer bewirken können und daher getrennt zu prüfen sind, wobei der frühere Zeitpunkt den Zufluss bewirkt. Zum einen ist auf den Gutschriftzeitpunkt durch die Kapitalgesellschaft abzustellen. Nimmt eine Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zu Gunsten ihres Geschäftsführers etwa auf dem Verrechnungskonto vor, geht die Rechtsprechung von einem Zufluss aus, wenn die GmbH zahlungsfähig ist. Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft hat dann grundsätzlich die tatsächliche Verfügungsmacht über die zu seinen Gunsten ausgestellten Gutschriften (; , 2012/15/0143; , 2000/15/0039, VwSlg 7653/F). Dass eine Verbuchung auf einem Verrechnungs- bzw. Kreditorenkonto im gegenständlichen Fall erfolgt ist, wurde von der belangten Behörde lediglich behauptet, jedoch weder unter Beweis gestellt, noch glaubhaft gemacht, weshalb in der Folge der zweite judikativ entwickelte Zuflusszeitpunkt genauer zu untersuchen ist; schließlich ist die fehlende Verbuchung etwa am Verrechnungskonto des Gesellschafters für die Fälligkeit nicht maßgeblich ():

Der zweite zuflussbegründende Fall betrifft einen Steuerpflichtigen, der gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter jener GmbH ist, die seine Schuldnerin ist. Die Rechtsprechung nimmt in diesem Fall einen Zufluss bereits an, sobald die Forderung fällig ist, vorausgesetzt die GmbH ist nicht zahlungsunfähig (; , 2007/13/0037; , 2002/13/0175). Entscheidend für die Annahme eines Zuflusses bereits mit deren Fälligkeit ist nach der Rechtsprechung das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses des Gesellschafter-Geschäftsführers auf die schuldnerische Gesellschaft über deren Gesellschafterversammlung () und damit ein besonderes Naheverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (). Der Mehrheitsgesellschafter, der auch Gläubiger der Gesellschaft ist, hätte es sonst in der Hand, den Gewinn der Gesellschaft zu kürzen, ohne die entsprechenden Beträge selbst versteuern zu müssen (). Festgestelltermaßen war der Bf. vom xx.xx.2009 bis (das ist der Zeitpunkt der Abtretung der gesamten Geschäftsanteile) nicht nur zu 95% an der ***A*** GmbH beteiligt, sondern fungierte darüber hinaus bis zum als deren selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Er hatte somit unstrittig zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnungen vom xx.xx.2017 (fällig am ) und xx.xx.2017 (fällig am ) einen beherrschenden Einfluss auf die schuldnerische Gesellschaft im Sinne der vorgenannten Judikatur. Wenn der Bf. in diesem Zusammenhang einwendet, dass der Fälligkeit die Stundung der Forderung entgegenstehe, so verkennt er, dass Vereinbarungen zwischen einer GmbH und dem Gesellschafter-Geschäftsführer nach den Grundsätzen zu beurteilen sind, die Lehre und ständige Rechtsprechung auf Verträge zwischen nahen Angehörigen anwenden (so etwa ). Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen werden für den Bereich des Steuerrechtes nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (so etwa ). Der Bf. hat - wie im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt - jedoch keinerlei dieser Judikatur entsprechende Unterlagen vorgelegt: Die im Akt inneliegenden "Bestätigungen" können aufgrund ihrer Datierung keinerlei Nachweis für eine bereits zur Erstfälligkeit gewährten Stundung bieten; darüber hinaus entsprechen sie auch nicht den Anforderungen, die an Verträge zwischen nahen Angehörigen gestellt werden und können daher für den Bereich des Steuerrechts auch aus diesem Grund nicht anerkannt werden: So ist es etwa unter Fremden äußerst unüblich, dass eine Stundung eines Betrages von mehr als Euro 130.000,00 über Jahre hinweg zinslos erfolgt. Ebenso untypisch im Geschäftsleben ist das Fehlen einer zweiseitigen, schriftlichen Vereinbarung. Als Zwischenergebnis ist sohin an dieser Stelle festzuhalten, dass hinsichtlich der strittigen Rechnungen des Jahres 2017 Fälligkeit eingetreten ist und somit ein Zufluss zum bzw. erfolgte. Schließlich ist dem Versuch des Bf., wonach die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei die Argumentation im Rahmen der Beweiswürdigung entgegen zu halten, sowie darüber hinaus nachfolgende rechtliche Fakten:

Vorübergehende Zahlungsunfähigkeit genügt nämlich für den Ausschluss des Zuflusses nicht (Doralt, EstG-Kommentar, Tz 30 zu § 19); eine allfällige Zahlungsunfähigkeit wurde vom VwGH etwa in seinem Erkenntnis vom , 95/14/0014, wie folgt definiert:

"Für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit der GmbH ist von Bedeutung, ob der GmbH, sollte sie im gegebenen Zeitpunkt nicht über genügend bare Mittel verfügen oder nicht in der Lage sein, sich durch Vermögensumschichtungen Barmittel zu beschaffen, die Kreditwürdigkeit zur Aufnahme von Fremdmitteln zukommt. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner objektiv generell mangels bereiter Mittel nicht nur vorübergehend außerstande ist, fällige Geldschulden regelmäßig zu erfüllen. Sie ist gegeben, wenn der Schuldner mangels flüssiger Mittel dauernd unfähig ist, binnen angemessener Frist alle seine fälligen Schulden zur Gänze oder zumindest im Wesentlichen zu begleichen. Zahlungsunfähigkeit setzt ein dauerndes Nichtzahlenkönnen voraus, während eine bloße Zahlungsstockung im Allgemeinen dann anzunehmen ist, wenn lediglich vorübergehend und kurzzeitig ein Mangel an Zahlungsmitteln besteht, der durch alsbaldige Mittelbeschaffung (wie etwa durch kurzfristige mögliche Verwertung vorhandener Aktiva oder Aufnahme eines Überbrückungskredites) wieder behebbar ist." Wie der VwGH weiters judiziert ist beim beherrschenden Gesellschafter ein Zufluss selbst dann anzunehmen, wenn sich die GmbH die zur Zahlung an den Gesellschafter erforderlichen Mittel nur auf dem Kreditweg hätte beschaffen können (). All diese judikativen Prämissen vorangestellt, hat der Bf. durch die Vorlage der Kontoauszüge zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen lediglich eine vorübergehende Zahlungsstockung, nicht jedoch auch eine permanente Zahlungsunfähigkeit iSd Rechtsprechung nachgewiesen. Hinsichtlich der an die ***A*** GmbH im Jahr 2017 gelegten Rechnungen erfolgte sohin zu Recht die Bejahung des Zuflusses iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 durch die belangte Behörde. Die Rechnungsbeträge waren somit bei der Ermittlung der Einkünfte hinzuzurechnen.

Anders verhält es sich hingegen bei der Rechnung vom xx.xx.2018 über Euro xxxxxx (zuzügl. Ust): Da einerseits eine Verbuchung dieses Betrages auf dem Verrechnungs-, bzw. Kreditorenkonto nicht einmal glaubhaft gemacht wurde und der Bf. andererseits seine Geschäftsanteile am insgesamt veräußerte (und sich auch keine Sonderrechte in der Vereinbarung vorbehielt), konnte - mangels beherrschendem Einflusses - kein Zufluss iSd § 19 EStG 1988 stattfinden. Der Rechnungsbetrag ist sohin aus der Einkünfteermittlung das Jahr 2018 betreffend zu eliminieren.

Was die Steuerberatungskosten anlangt, so hat bereits die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung - zu Recht - eine Qualifizierung als (nachträgliche) Betriebsausgaben bejaht. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 war sohin in diesem Punkt Folge zu geben.

In Bezug auf den Umsatzsteuerbescheid 2017 moniert der Bf. im Wesentlichen die Nichtgewährung des Vorsteuerabzuges aus den aufgewendeten Steuerberatungskosten; dies jedoch aus nachfolgenden Gründen zu Unrecht: Der Bf. übte unstrittig bei der ***B*** GmbH eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 (Geschäftsführertätigkeit) aus und erzielte damit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GesmbH ist als selbständig und somit als Unternehmer iSd Umsatzsteuergesetztes anzusehen, wenn aufgrund der Höhe seines Geschäftsanteiles (50% oder mehr) oder aufgrund gesellschaftsrechtlicher Sonderbestimmungen (Sperrminorität) Gesellschafterbeschlüsse gegen seinen Willen nicht zustande kommen können (, 2223/79, 2224/79 und ). Da keines dieser Parameter auf den Bf. in Bezug auf seine Tätigkeit bei der ***B*** GmbH zutrifft, er sohin nicht als Unternehmer iSd § 2 UStG 1994 anzusehen ist, steht ihm auch kein Vorsteuerabzug nach der Bestimmung § 12 leg. cit. zu. Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 war sohin der Erfolg zu versagen.

Nachdem die belangte Behörde zu Unrecht von einem Zufluss des Betrages gemäß Rechnung vom per ausgegangen ist, war hingegen der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 Folge zu geben und dieser ersatzlos aufzuheben.

Schlussendlich ist dem Einwand der "Doppelbesteuerung" entgegen zu halten, dass der Umstand, dass bei einem anderen Steuerpflichtigen, der Kapitalgesellschaft, in einem rechtskräftigen Bescheid ein Sachverhalt als erwiesen angenommen wird, weder bedeutet, dass dieser Sachverhalt zutreffend angenommen wird noch dass in einem anderen Verfahren, das den Gesellschafter der Kapitalgesellschaft betrifft, eine Bindung an die Sachverhaltsannahme besteht (, ÖStZB 1995, 511 = Slg 6935/F). Das Bundesfinanzgericht ist sohin nicht an die Feststellungen im Verfahren die ***A*** GmbH betreffend gebunden. Darüber hinaus liegt eine Doppelbesteuerung gar nicht vor: Dem Bf. obliegt als Rechnungsaussteller die Abfuhr der Umsatzsteuer, die ***A*** GmbH hingegen wäre - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - grundsätzlich als Rechnungsempfängerin vorsteuerabzugsberechtigt. Es liegen sohin unterschiedliche Besteuerungstatbestände vor.

Insgesamt war sohin der/die Beschwerde gegen den

  1. Einkommensteuerbescheid 2017 teilweise Folge zu geben, da die Steuerberatungskosten nicht als Betriebsausgaben, sondern als Sonderausgaben Berücksichtigung gefunden haben,

  2. Einkommensteuerbescheid 2018 teilweise bzw. dem Umsatzsteuerbescheid 2018 zur Gänze Folge zu geben, da der Zufluss des Betrages gemäß Rechnung vom xx.xx.2018 nicht im Veranlagungsjahr erfolgte,

  3. Umsatzsteuerbescheid 2017 als unbegründet abzuweisen, da dem Bf. im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit keine Unternehmereigenschaft iSd UStG 1994 zukommt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor; zu den entscheidungswesentlichen Punkten existiert bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung, die das erkennende Gericht ohnedies darlegte. Sofern die Entscheidungsgründe auf in freier Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen beruhen, so ist diese der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich; ob sohin die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (), weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Zahlungsunfähigkeit
Stundung
Zufluss Gesellschafter-Geschäftsführer
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100487.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at