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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2022, RV/3100138/2020

Ermittlung der Negativsteuer unter Einbeziehung ausländischer steuerfreier Einkünfte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsbürger und gemäß der vorgelegten Ansässigkeitsbescheinigung in der Slowakei ansässig.

In der Slowakei bezog der Beschwerdeführer im Streitjahr Einkünfte in Höhe von 339,41 € (lt. E 9 Bescheinigung EU/EWR). In der Wintersaison war er jeweils für die Monate Jänner bis Mai bzw. November bis Dezember bei einem Seilbahnunternehmen in Österreich beschäftigt und bezog daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit dem Formular L1i stellte er für das Streitjahr den Antrag, als unbeschränkt Steuerpflichtiger in Österreich veranlagt zu werden.

Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer von der Abgabenbehörde aufgefordert, mittels dem Formular E9 auch seine Auslandseinkünfte bekannt zu geben. Andernfalls sei er in Österreich beschränkt steuerpflichtig, da er weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe.

In dem angefochtenen Bescheid vom wurden die steuerfreien Auslandseinkünfte im Schätzungsweg ermittelt, da bis zu diesem Zeitpunkt vom Beschwerdeführer kein Nachweis darüber erbracht wurde. In diesem Bescheid wurde die Einkommensteuer mit 321,24 € errechnet und unter Abzug des Verkehrsabsetzbetrages eine Steuer in Höhe von - 78,76 € ausgewiesen. Nachfolgend wurde in diesem Bescheid ein Betrag von 400 € hinzugerechnet, mit dem Hinweis "SV-Beiträge (50 %, maximal 400 €) in Höhe von 400,00 € Nicht erstattungsfähig gemäß § 33 (8) EStG 88" und daraus eine Einkommensteuer in Höhe von 321,24 € errechnet. Dieser Betrag wurde von der anrechenbaren Lohnsteuer gem. KZ 260 in Höhe von 1.766,15 € abgezogen und in weiterer Folge die festgesetzte Einkommensteuer mit -1.445 €, also eine Abgabengutschrift, festgesetzt.

In der Begründung zu diesem Bescheid wurde ausgeführt, dass die steuerfreien Auslandseinkünfte im Schätzungswege ermittelt worden seien und gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 die für die Ermittlung erstattungsfähiger Negativsteuer aufgrund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerbefreiten Einkünfte in Höhe von 3.000 € wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln seien, weshalb keine Negativsteuer erstattet werden könne.

Mit Eingabe vom erhob der Abgabepflichtige Beschwerde und führte darin aus, dass er laut beiliegender E 9 "Bescheinigung EU/EWR" slowakische Einkünfte in Höhe von lediglich 339,41 € bezogen habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde ein mit dem Erstbescheid identer Bescheid erlassen und in der Begründung abweichend davon ausgeführt, dass gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 die für die Ermittlung der Negativsteuer auf Grund zwischenstaatlicher oder völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerbefreiten Einkünfte in Höhe von € 339,41 € wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln seien, weswegen keine Negativsteuer erstattet werden könne.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag und führte darin aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid eine Steuernachforderung von 1.445 € festgesetzt worden sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs 4 EStG 1988 werden auf Antrag auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11.000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Behörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer ausgeübten Option gemäß § 1 Abs 4 EStG 1988 ist er im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger zu behandeln ist.

Gemäß § 33 Abs. 8 Z 2 erster Satz EStG 1988 sind bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben und sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null ergibt, 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5, höchstens aber 400 Euro jährlich rückzuerstatten (SV-Rückerstattung).

Die Erstattung erfolgt im Wege der Veranlagung gemäß § 41 und ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten Einkommensteuer unter null begrenzt (§ 33 Abs. 8 Z 5 EStG).

Im Streitfall würde dies grundsätzlich bedeuten, dass die im Wege der Lohnabrechnung in Abzug gebrachten Beiträge zur Pflichtversicherung in die gesetzliche Sozialversicherung im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 bis zu 400 € zu erstatten wären.

§ 33 Abs. 8 Z 4 erster Satz EStG 1988 sieht aber vor, dass auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer gemäß Z 1 bis 3 wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln sind.

Nach den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (RV 848 BlgNR XXII GP) zu § 33 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 sollen nach dem Sinn und Zweck der Negativsteuer nur Bezieher niedriger Einkommen profitieren. "Ist der Steuerpflichtige von einer Steuerbefreiung auf Grund zwischenstaatlicher Verträge oder anderer völkerrechtlicher Privilegien begünstigt, soll es nur insoweit zu einer Gutschrift kommen, als das Einkommen auch unter Berücksichtigung dieser steuerbefreiten Beträge unter der Besteuerungsgrenze bleibt."

Das inländischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Beschwerdeführers nach Abzug des Werbungskostenpauschales und des Pauschbetrages für Sonderausgaben betrugen im Streitjahr 12.284,94 €. Gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 resultiert daraus eine Einkommensteuer in Höhe von 321,24 €. Nach Berücksichtigung des Verkehrsabsetzbetrages ergibt sich ein Negativbetrag in Höhe von - 78,76 €.

Da aber nach der gesetzlichen Bestimmung des § 33 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 zum Zwecke der Berechnung der SV-Rückerstattung Einkünfte, die aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen steuerfrei sind, wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln sind, sind für diese Berechnung die ausländischen Einkünfte des Beschwerdeführers in Höhe von 339,41 € dem inländischen Einkommen in Höhe von 12.284,94 € hinzuzurechnen (12.284,94€ +339,41 € = 12.624,35 €). Daraus resultiert für die ersten € 11.000,00 eine Einkommensteuer von 0% und für die restlichen 1.624,35 € eine Einkommensteuer in Höhe von 25% (= 406,09 €). Zieht man von diesem Betrag den Verkehrsabsetzbetrag in Höhe von € 400,00 ab, so würde eine Einkommensteuer von € 6,09 verbleiben. Es käme somit zu keiner Einkommensteuer unter Null und kann somit keine Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge erfolgen ( sowie, , ).

Der angefochtene Bescheid ist aber dahingehend abzuändern, dass zwar das

Einkommen mit12.284,94 € (gleichlautend) aber die

Einkommensteuer mit 0 € und die festgesetzte Einkommensteuer mit - 1.766 € (Abgabengutschrift)

festzusetzen ist. Im angefochtenen Bescheid wurde die festgesetzte Einkommensteuer unrichtigerweise lediglich in Höhe von - 1.445 € festgesetzt. Bei der Abgabengutschrift handelt es sich um die anrechenbare Lohnsteuer lt. KZ 260 der Lohnzettel.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmung und der dazu angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erlassen wurde, war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at