Verlängerte Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben nach § 207 Abs. 2 BAO bei Kapitalerträgen aus schenkungsweise übertragenen Kapitalanlagen in der Schweiz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Mag. Josef Ungericht, die Richterin Dr. Gerhild Fellner und die weiteren Senatsmitglieder A. und B. im Beisein der Schriftführerin Mag. Christine Sturm in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2003, Einkommensteuer 2003 sowie Anspruchszinsen 2003 (Bescheide jeweils vom ) und über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2004 bis 2007, Einkommensteuer 2004 bis 2007 sowie Anspruchszinsen 2004 bis 2007 (Bescheide für 2004 jeweils vom ; Bescheide für 2005 bis 2007 jeweils vom ) in der Sitzung vom zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2003 bis 2007 und gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2007 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Anspruchszinsen werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) ist österreichische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich. Mit Schreiben an das Finanzamt vom erstattete die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2012 eine "vorsolgliche Offenlegung gemäß § 29 FinStrG" dahingehend, ihre Einkünfte aus den in der Schweiz vorhandenen Kapitalveranlagungen irrtümlich nicht in Österreich erklärt zu haben.
1.1. Anlässlich der o.a. Offenlegung wurde vom Finanzamt eine Betriebsprüfung bei der Bf. durchgeführt (Betriebsprüfungsbericht vom ).
1.2. Unter Zugrundelegung der im Schreiben vom offengelegten Kapitaleinkünfte hat das Finanzamt (zunächst) den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2003, den Einkommensteuerbescheid 2003 und den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 an die Bf. erlassen (Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheid 2003 sowie Anspruchszinsenbescheid 2003 jeweils vom ).
In der für den Wiederaufnahmebescheid zum Einkommensteuerbescheid 2003 und für den Einkommensteuerbescheid 2003 gesondert ergangenen Bescheidbegründung vom 11.12.20013 führte das Finanzamt aus, die Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG und weitere dem Finanzamt übermittelte Unterlagen (Berechnungsblätter sowie Wertschriftenverzeichnis, Vermögensausweis, Erträgnisaufstellung und Vermögensauszug der Bank1 bzw. der Bank2) stellten neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 Abs. 4 BAO dar, deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme sei unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt worden. Weiters überwiege das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen könnten nicht als geringfügig angesehen werden. "Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 207 Abs. 2 BAO die Verjährungsfrist zehn Jahre beträgt, soweit eine Abgabe hinterzogen ist. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist regelmäßig anzunehmen, dass derjenige, der über ein Vermögen verfügt und sich dazu entscheidet, dieses statt in Österreich im Ausland, konkret in der Schweiz mit einem erheblichem Mehraufwand zu veranlagen und sich diesbezüglich auch ausreichende Informationen beschafft, auch von der Steuerpflicht anfallender Erträge in Österreich Kenntnis hat. Da für das Veranlagungsjahr 2003 der Sachverhalt nicht bzw. nicht vollständig offengelegt wurde, ist es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen worden, dass dadurch Abgaben hinterzogen wurden. Im Hinblick auf den vorliegenden (bedingten) Vorsatz war eine Abgabenhinterziehung als erwiesen anzunehmen und die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren anzuwenden."
1.3. In der Folge (nach Beendigung der Betriebsprüfung) erließ das Finanzamt auf Grundlage der von der Bf. offengelegten Beträge bzw. der bei der Bf. durchgeführten Betriebsprüfung (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gem. § 150 BAO vom ; seitens der Prüferin wurden die mit o.a. Schriftsatz vom offengelegten Beträge nicht bemängelt) unter Anwendung der für hinterzogene Abgaben zehnjährigen Verjährungsfrist die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2004 bis 2007, die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007, sowie die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2004 bis 2007 (Bescheide 2004 jeweils vom ; Bescheide für 2005 bis 2007 jeweils vom ). Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht verwiesen.
2. Die Bf. erhob durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde (undatiertes Schreiben, eingegangen beim Finanzamt am ) gegen den Wiederaufnahmebescheid zur Einkommensteuer 2003, gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Bescheide allesamt vom ) und mit Schreiben vom Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide zur Einkommensteuer 2004 bis 2007, gegen die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007, sowie die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2004 bis 2007 (Bescheide 2004 jeweils vom ; Bescheide für 2005 bis 2007 jeweils vom ).
2.1. Die in der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2003, Einkommensteuer 2003 und Anspruchszinsen 2003 vorgebrachten Einwendungen sind auch in der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2007, die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007, sowie die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2004 bis 2007 angeführt und wird dazu (2003) auf letztere bzw. auf die nachstehenden Beschwerdeausführungen betreffend 2004 bis 2007 verwiesen.
2.2. Begründend wurde in der Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2007, die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007, sowie die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2004 bis 2007 ausgeführt:
"1. Sachverhalt
1.1. Grundlegendes
Wir erstatteten am durch Übergabe eines Schriftsatzes eine Offenlegung gem § 29 FinStrG für Einkommensteuer 2001 bis 2012 und vorsorglich Schenkungsteuer 2001 und 2004 für unsere Mandantin.
1.2. Begründung der Einkommensteuerbescheide 2004-2007
Die Behörde hat in den Einkommensteuerbescheiden 2004-2007 mit Datum 15. bzw. auf die Niederschrift bzw. den Prüfbericht vom verwiesen.
2. Angefochtene Punkte
2.1. Eingetretene Verjährung hinsichtlich der Einkommensteuer 2004-2007
Die Wiederaufnahmebescheide 2004 - 2007, die Einkommenssteuerbescheide 2004-2007 sowie die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2004-2007, alle mit Datum 15. bzw. , werden angefochten, deren Aufhebung begehrt und dies begründet wie folgt:
Nach § 207 Abs 2 BAO verjährt die Einkommensteuer nach fünf Jahren. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Gemäß § 209 Abs 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen werden. Weiters verlängert sich die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr gemäß § 209 Abs 1 vorletzter Satz BAO (idF BGBl 2009/20), wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Ob Abgaben iSd § 207 Abs 2 2. Satz BAO hinterzogen sind, ist von der Behörde als Vorfrage nach den Vorschriften des FinStrG zu prüfen.1 - Anm.: Fußnote 1 lautet: "Vgl. Ritz, BAO4, § 207 Tz 15; UFS Feldkirch , GZ RV/0379-F/08."
Nach der Rsp ist die Verjährung von Abgaben in jedem Verfahrensstadium zu berücksichtigen und bewirkt die Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde.2 - Anm.: Fußnote 2 lautet: "Vgl. zB , sowie UFS Innsbruck , RV/0221-I/05."
Nach dem VwGH und der hM setzt die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus3 und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde.4 Die maßgeblichen Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen. - Anm.: Fußnote 3 lautet: "; ; ."; Fußnote 4 lautet: "Ritz, BAO4, § 207, Rz 14."
Die Beurteilung der Vorfrage, ob von einer Abgabenhinterziehung auszugehen ist, hat in der Begründung des Bescheides zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist.5 - Anm.: Fußnote 5 lautet: "; ; Ritz, BAO4, § 207, Rz 15."
Ob die (strafrechtlich bedeutsamen objektiven und subjektiven) Tatbestandsmerkmale der Hinterziehung vorliegen, ist auch im Verfahren der Abgabenfestsetzung nach materiellem Finanzstrafrecht zu beurteilen.6 - Anm.: Fußnote 6 lautet: "UFS Linz , GZ RV/0886-L/05."
Den angeführten Argumenten in der Niederschrift vom ist Folgendes entgegen zu halten:
a) Veranlagung im Ausland mit erheblichem Mehraufwand durch die Steuerpflichtige
Die Behörde geht unter anderem von vorsätzlichem Handeln der Steuerpflichtigen aus, da "nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass derjenige, der über ein Vermögen verfügt und sich dazu versteht, dieses statt in Österreich im Ausland, konkret in der Schweiz mit einem erheblichen Mehraufwand zu veranlagen und sich diesbezüglich auch ausreichend Informationen beschafft, auch von der potentiellen Steuerpflicht anfallender Erträge weiß. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Vermögen aus eigenem Entschluss im Ausland angelegt wurde, oder ob ein bereits bei einer Schweizer Bank liegendes Vermögen im Wege einer Schenkung auf die Abgabepflichtige übertragen wurde.".
Diesem Argument können wir insofern nicht folgen, als gerade die Tatsache, dass das Depot geschenkt wurde und sich bereits in der Schweiz befand, unseres Erachtens einen wesentlichen Unterschied ausmacht. In diesem Fall hätte es vielmehr einen erheblichen Mehraufwand bedeutet, das Depot nach Österreich zu übertragen. Die Übernahme und Weiterführung wie bisher ohne Wechsel der Bank, der Betreuers und des Depotlandes stellt lediglich jene Handlungsweise nach Durchführung der Schenkung dar, die die wenigsten Komplikationen mit sich brachte.
Des Weiteren wurde keineswegs behauptet, Frau ***Bf1*** hätte sich "ausreichend Informationen" verschafft. Dies war auch nicht der Fall, sie übernahm lediglich das Depot, das ihr Vater ihr übertragen hatte, und führte dieses unangetastet im bisherigen Wege weiter.
Vorsätzliches Handeln kann aus dieser Vorgehensweise jedenfalls keines hergeleitet werden.
b) Thematisierung in den Medien und in der Öffentlichkeit geführte politische Diskussionen
Beim Vorliegen von verstärktem medialem Echo handelt es sich um einen Aspekt, der erst im Jahr 2008 aktuell wurde und höchstens für die darauf folgenden Jahre eine Rolle spielen kann. Für die Frage, ob die Steuerpflichtige in den hier beanstandeten Jahren 2004 - 2007 einem Irrtum unterlegen ist, ist dieses Argument unbeachtlich, da im Zeitpunkt der jeweiligen Nichtversteuerung, auf den es für die Beurteilung der subjektiven Tatseite ankommt, weder ein mediales Echo noch ein Wissen um allfälliges Kontrollmaterial nachweislich bestand.
Selbst wenn man ab Ende 2008, als die Medienberichtswelle zum Thema Steuerhinterziehung bei ausländischen Kapitaleinkünften ins Rollen kam, von zumindest Eventualvorsatz auf der subjektiven Tatseite ausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass auch für die Vorjahre vorsätzliches Handeln unterstellt wird.
c) Vorliegen eines Irrtums
Wie bereits in der Offenlegung vom dargelegt wurde, war Frau ***Bf1*** zweifelsfrei der Ansicht, dass in der Schweiz die Quellensteuer vergleichbar mit der österreichischen KESt abgeführt und sie folglich mit den Erträgnissen aus den Schweizer Bankkonten bei der Bank1 in Österreich nicht weiter steuerpflichtig sei.7 Es ist daher von der Abgabenbehörde zu prüfen, ob die Abgabepflichtige hinsichtlich der Nichtbesteuerung der Einkünfte in Österreich einem Irrtum unterlegen ist. Anm.: Fußnote 7 lautet: "Diese Meinung wird im Übrigen nunmehr auch vom UFS Linz in seiner Entscheidung vom , FSRV/0100-L/10, geteilt; es ist denkmöglich, dass selbst in Wirtschaftsdingen erfahrene Personen hinsichtlich der korrekten Besteuerung von ausländischen Kapitaleinkünften im Internationalen Steuerrecht einen "Endbesteuerungsirrtum" haben können.
Gem § 9 FinStrG wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterläuft, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen lässt. Ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Somit besagt der ausdrückliche Gesetzeswortlaut, dass im Falle eines Irrtums - auch bei dessen Unentschuldbarkeit - Vorsatz ausgeschlossen ist (§ 9 FinStrG).
Letztlich geht es nur bei der Frage der Entschuldbarkeit des Irrtums - und daher letztlich bei der Frage der Fahrlässigkeit - darum, ob die Steuerpflichtige Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Kapitaleinkünfte in die österreichische Einkommensteuererklärung einzuholen gehabt hätte. Hier liegt einem jüngeren deutschen Judikat (FG Münster v. , 1 K 1544/04 E) die Ansicht zugrunde, dass aus dem bloßen Unterlassen der Einholung von Erkundigungen kein bedingter Vorsatz abgeleitet werden kann.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des UFS nicht einmal Wirtschaftstreuhändern der Vorwurf des Vorsatzes - nicht einmal der groben Fahrlässigkeit - gemacht wird, wenn sie mit den Untiefen des Internationalen Steuerrechts (Anknüpfung der unbeschränkten Steuerpflicht an Wohnsitz in Österreich, Glaube an Existenz eines DBA zwischen Österreich und Cayman Islands) nicht vertraut sind.8 Die jüngere Rsp des VwGH belegt, dass auch bei Personen des Wirtschaftslebens der einschlägige Wissensstand nicht überschätzt werden darf (gilt insbesondere bei der abgabenrechtlichen Beurteilung komplexer Sachverhalte) und der Vorwurf des "Wissen müssen" maximal ein fahrlässiges Verhalten begründen kam, nicht jedoch Vorsatz.9 - Anm.: Fußnote 8 lautet: "Vgl. UFS Linz , FSRV/0087-L/03."; Fußnote 9 lautet: "So ausdrücklich ."
Diese Aussagen harmonieren auch mit der originär strafrechtlichen Rsp zum Irrtum über die Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte im Bereich der DBA-Anwendung.10 - Anm.: Fußnote 10 lautet: "Vgl. nochmals BayOLG , RReg 4 St 132/89, wistra 1990, 202 (203).
2.2. Inhaltliche Rechtswidrigkeit des Spruches/Zuständigkeit
Da mangels Vorsatzes die Verjährungsfrist des § 207 Abs 2 vorletzter Satz BAO nicht zehn, sondern nur fünf Jahre beträgt, erweist sich der Spruch der Wiederaufnahmebescheide für die Einkommensteuerbescheide 2004-2007 gemäß § 299 Abs 1 BAO aufgrund des zuvor Gesagten jedenfalls als inhaltlich rechtswidrig. Nach der Rsp ist die Verjährung von Abgaben in jedem Verfahrensstadium zu berücksichtigen und bewirkt die Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde.11 Daher sind die Bescheide 2004-2007 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und daher letztlich auch wegen Unzuständigkeit des Finanzamts Wien Feldkirch zur Erlassung derselben ersatzlos aufzuheben." - Anm.: Fußnote 11 lautet: "Vgl. zB , sowie UFS Innsbruck , RV/0221-I/05."
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerden (Beschwerde vom betreffend 2003; Beschwerde vom betreffend 2004 bis 2007) gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2007, gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2007, sowie gegen die Bescheide betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 bis 2007 als unbegründet abgewiesen. Als Begründung dazu wurde vom Finanzamt (auszugsweise) angeführt:
"Eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 1 FinStrG begeht, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Eine Abgabenhinterziehung liegt nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern setzt auch Vorsatz voraus. Dieser liegt gemäß § 8 Abs 1 FinStrG vor, wenn der Abgabepflichtige einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (bedingter Vorsatz).
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin die objektive Tatseite des § 33 Abs 1 iVm Abs 3 lit a FinStrG dadurch erfüllt, dass sie unter Verletzung der ihr obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nach § 119 BAO ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen für die (hier verfahrenswesentlichen) Jahre 2003 - 2007 nicht erklärt hat, sodass eine Verkürzung von Abgaben für diese Jahre bewirkt wurde. Der Abgabenbehörde ist die Entstehung des konkreten Abgabenanspruches erst im Zuge der Meldung vom und der anschließend durchgeführten Betriebsprüfung bekannt geworden.
Die Beschwerdeführerin erhielt von ihrem Vater V. im Jahr 2001 im Zuge einer Schenkung ein Konto bei der Bank1 mit einem Kontostand von rund 113.150,76 €. Im Jahr 2004 schenkte V. ihr einen weiteren Betrag in höhe von 100.000,00 €. Nachdem der Vater der Beschwerdeführerin am tt.mm.2008 verstarb, erwarb sie ein Drittel an zwei weiteren Bankkonten bei der Bank1, CH-Ort1, und an einem Bankkonto bei der Bank2, CH-Ort2. Verfahrensgegenständlich sind die Jahre 2003 - 2007, somit die beiden Schenkungen.
Bei Schenkungen so hoher Beträge setzt sich ein sorgfältiger Beschenkter üblicherweise mit den Folgen der Schenkung, wie beispielsweise einer möglichen Steuerpflicht, auseinander. Dies auch insbesondere deshalb, weil es sich um Kapital auf ausländischen Bankkoten handelt und seit vielen Jahren auch in den Medien bzw. in der Öffentlichkeit über die Sicherstellung der Besteuerung von Kapitaleinkünften aus der Schweiz angelegtem Kapitalvermögen Diskussionen geführt wurden.
Im Zuge einer Schenkung des Vaters V., erwarb im Jahr 2001 auch die Schwester der Beschwerdeführerin ein Bankkonto bei der Bank1, CH-Ort1. Der Vater war international tätiger Unternehmer und bis 2006 zudem Aufsichtsratsmitglied der österrBank. Er wies daher jedenfalls unternehmerische und steuerrechtliche Kenntnisse auf. Bei Schenkungen derart hoher Beträge des Vaters an die Töchter liegt es innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass im familiären Kreis über eine mögliche Steuerpflicht gesprochen wurde.
Der VwGH sprach zudem aus, dass die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuer- und Vermögensteuerpflicht jedenfalls bei einer intellektuell durchschnittlich begabten Person vorausgesetzt werden kann (). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass Schweizer Bankkonten aufgrund des dortigen Bankgeheimnisses bis zum Abschluss des Steuerabkommens Österreich - Schweiz gemeinhin als "sicher" und damit als vor den österreichischen Steuerbehörden geschützt galten.
In Anbetracht dieser Umstände wird zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführerin die Pflicht zur Erfassung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Einkommensteuererklärung jedenfalls ernstlich für möglich gehalten hat und die, durch die unrichtige Steuererklärung entstehende Abgabenverkürzung, billigend in kauf genommen hat.
Der Einwand, aufgrund einer im Ausland erhobenen Quellensteuer davon ausgegangen zu sein, dass in Österreich keine Besteuerung der Kapitalerträge mehr zu erfolgen habe, sodass diese nicht in die Steuererklärung aufgenommen worden seien, und deshalb einem den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum erlegen zu sein, wurde vom BFG (, RV/1100147/2015) bereits als realitätsfremd und bloße Schutzbehauptung gewertet. Ein Rechtsirrtum ist nur entschuldbar, wenn der Täter ohne Verschulden, also auch ohne Verletzung einer Sorgfaltspflicht, in einer Handlungsweise weder ein Finanzvergehen noch ein darin liegendes Unrecht erkennen konnte (vgl. ).
Die Beschwerdeführerin wäre jedenfalls in Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht verpflichtet gewesen, den Sachverhalt dem Finanzamt gegenüber zur Gänze offen zu legen. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liegt auch deswegen nicht vor, weil die Beschwerdeführerin bei Anwendung der nach ihren Verhältnissen erforderlichen Sorgfaltspflicht entsprechende Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuererklärung einholen hätte müssen, zumal sie grundsätzlich die Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte ernstlich für möglich gehalten hat.
Es liegt somit hinsichtlich der Jahre 2003 - 2007 zumindest ein bedingter Vorsatz vor, sodass der Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 1 iVm Abs 3 lit a FinStrG erfüllt ist und die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs 2 BAO gilt."
Hinsichtlich der bekämpften Anspruchszinsen führte das Finanzamt aus, dass Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Spruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden seien (unter Hinweis auf Ritz, SWK 2001, S. 27 ff). Erweise sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und werde er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so werde diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Wegen dieser Bindung sei der Anspruchszinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig.
4. Dagegen brachte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein, wobei auch im Vorlageantrag die bereits in den Beschwerden enthaltenen Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Beschwerdesenat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurden. Begründend wurde im Vorlageantrag auf die "Bescheidbeschwerden vom sowie vom " verwiesen.
5. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).
6. Mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom wurde der Antrag der Bf. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Der Antrag auf Senatsentscheidung wurde nicht zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf. ist österreichische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich. Die Bf. hatte in den Jahren 2003 bis 2007 Einkünfte aus selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Für diese Jahre erfolgten die Veranlagungen jeweils erklärungsgemäß. Der Vater der Bf. hatte der Bf. im Jahr 2001 ein Konto in der Schweiz bei der Bank1 ("AR 1") geschenkt (Höhe der Zuwendung ca. 113.000,00 Euro). Im Jahr 2004 schenkte der Vater der Bf. einen weiteren Betrag von rund 100.000,00 Euro. Die daraus von der Bf. aus der Schweiz erzielten Einkünfte wurden von der Bf. nicht erklärt. Die Bf. hielt es für möglich und fand sich damit ab, dass durch die Einreichung unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungsjahre 2003 bis 2007 ausländische Kapitaleinkünfte verschwiegen werden und sie dadurch eine Verkürzung an Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2007 bewirkte. Mit Schreiben an das Finanzamt vom erstattete die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2012 eine "vorsolgliche Offenlegung gemäß § 29 FinStrG" dahingehend, ihre Einkünfte aus den in der Schweiz vorhandenen Kapitalveranlagungen irrtümlich nicht in Österreich erklärt zu haben. Auf Grundlage der mit Schreiben an das Finanzamt vom erfolgten Offenlegung und nach der bei der Bf. durchgeführten Betriebsprüfung unterzog das Finanzamt die von der Bf. aus der Schweiz erzielten Einkünfte unter Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben der österreichischen Einkommensbesteuerung.
Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung
Der festgestellte Sachverhalt zu den objektiven Gegebenheiten ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage und ist unstrittig (siehe dazu auch Pkt. I. Verfahrensgang). Unstrittig sind auch die Höhe der von der Bf. aus der Schweiz erzielten Einkünfte und die Tatsache, dass die Bf. diese in den beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärungen 2003 bis 2007 im Rahmen der Erstveranlagungen 2003 bis 2007 nicht erklärt hatte. Strittig ist allein, ob die Bf. dabei in subjektiver Hinsicht mit Vorsatz gehandelt hat bzw. ob die für hinterzogene Abgaben verlängerte zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden ist.
Wiederaufnahmebescheide 2003 bis 2007 und Einkommensteuer 2003 bis 2007
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO (idF Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 - FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013) kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist für die Festsetzung einer Abgabe beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO bei näher genannten Abgaben - eine solche liegt hier nicht vor - drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO (in der für den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 105/2010: § 323 Abs. 27 BAO) zehn Jahre.
Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO).
Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist nach § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Fahrlässig handelt hingegen, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 8 Abs. 2 FinStrG).
Nach § 9 FinStrG in der für den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung durch BGBl. Nr. 571/1985 wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.
Die Abgabenbehörde ist nicht daran gehindert, im Abgabenverfahren - ohne dass es einer finanzstrafbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedarf - festzustellen, dass Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO hinterzogen sind. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht. Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (, unter Hinweis auf Vorjudikatur; vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 207 Anm 17a, (Stand , rdb.at), unter Hinweis auf und , mwN).
Nach § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Nach § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung u.a. insbesondere die Abgabenerklärungen.
Die beschwerdegegenständlichen Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2007 erließ das Finanzamt unter Anwendung der für hinterzogene Abgaben verlängerten zehnjährigen Verjährungsfrist auf Grundlage der mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom erfolgten Offenlegung der aus der Schweiz erzielten Kapitaleinkünfte bzw. der darüber durchgeführten Betriebsprüfung (Bp-Bericht vom ).
Unstrittig ist diesbezüglich das Vorliegen der österreichischen Einkommensteuerpflicht, die Tatsache, dass die Bf. die von ihr erzielten Kapitalerträge aus den ausländischen (Schweiz) Kapitalanlagen in den beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärungen für die streitgegenständlichen Jahre 2003 bis 2007 nicht erklärt hatte, die Höhe der Bemessungsgrundlagen sowie die daraus resultierende Einkommensteuer (Jahre 2003 bis 2007). Damit ist der objektive Tatbestand einer Verkürzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe erfüllt (§ 33 Abs. 1 FinStrG).
Das Finanzamt stützte die Wiederaufnahme auf den Umstand, dass ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen von der Bf. nicht erklärt worden waren und für das Finanzamt erst aufgrund der mit Schreiben vom offengelegten Kapitaleinkünfte neu hervorgekommen waren. Das Vorliegen von (tauglichen) Wiederaufnahmegründen steht im Beschwerdefall ebenso außer Streit, wie deren Eignung, im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen. Auch die Ermessensübung des Finanzamtes wurde von der steuerlichen Vertretung zu Recht nicht in Zweifel gezogen.
Beschwerdegegenständlich wurde seitens der steuerlichen Vertretung gegen die angefochtenen Bescheide eingewendet, dass mangels Vorsatzes der Bf. die Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 vorletzter Satz BAO nicht zehn, sondern nur fünf Jahre betrage. Die Bf. habe sich in einem Irrtum (§ 9 FinStrG) befunden und sei somit ein vorsätzliches Verhalten der Bf. ausgeschlossen. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes würde nach den Beschwerdeausführungen gerade die Tatsache, dass die Bf. das in der Schweiz angelegte Kapital nicht selbst dort veranlagt hat, sondern dass der Bf. das Depot von ihrem Vater geschenkt wurde und sich bereits in der Schweiz befand, einen wesentlichen Unterschied ausmachen. In diesem Fall hätte es einen erheblichen Mehraufwand bedeutet, das Depot nach Österreich zu übertragen. Die Übernahme und Weiterführung wie bisher ohne Wechsel der Bank, des Betreuers und des Depotlandes stellten lediglich jene Handlungsweise nach Durchführung der Schenkung dar, die die wenigsten Komplikationen mit sich brächten. Die Bf. habe sich auch nicht "ausreichend Informationen" verschafft, sondern lediglich das Depot, das ihr Vater ihr übertragen hatte, übernommen und dieses im bisherigen Wege weitergeführt. Unbeachtlich laut Beschwerde sei auch die vom Finanzamt angeführte Thematisierung in den Medien, als es sich dabei um einen Aspekt handle, "der erst im Jahr 2008 aktuell wurde und höchstens für die darauf folgenden Jahre eine Rolle spielen kann."
Dieser beschwerdegegenständlichen Sichtweise wird seitens des erkennenden Senates nicht gefolgt. Das Bundesfinanzgericht hat in gleichgelagerten Fällen ausgesprochen (vgl. zB ), nach allgemeiner Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass derjenige, der über ein größeres Vermögen verfüge, von der potenziellen Steuerpflicht anfallender Erträge wisse (). Von diesem Kenntnisstand könne auch bei jemandem, der "ein steuerlicher Laie" sei, ausgegangen werden. Nach Lehre und Rechtsprechung könne bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuerpflicht grundsätzlich vorausgesetzt werden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, § 33 Rz 219, sowie und ). In Anbetracht der bei der Schweizer Bank veranlagten Vermögenswerte könne es zudem als Erfahrungstatsache angesehen werden, dass die Bf. seitens der Bank entsprechend beraten worden sei. Dass dabei die steuerliche Behandlung der Erträge kein Thema gewesen wäre, könne im Hinblick auf die Höhe der erzielten Erträge nur als abseits jeder Lebenserfahrung stehend angesehen werden, zumal eine wirtschaftlich denkende Anlegerin nicht nur die erzielbaren Erträge, sondern auch die steuerliche Belastung in ihre Überlegungen mit einbeziehe ( - Revision zurückgewiesen mit ).
Diese Sichtweise wird auch für vorliegenden Beschwerdefall vom erkennenden Senat vertreten. Nicht entscheidend dabei ist, dass die Bf. das Kapitalvermögen nicht selbst in der Schweiz veranlagte, sondern "bloß" nach der schenkungsweisen Übertragung durch ihren Vater weiterführte. Nach Auffassung des erkennenden Senats entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass anlässlich einer Schenkung von in der Schweiz befindlichem Kapitalvermögen innerhalb der Familie auch über die österreichische Einkommensteuerpflicht gesprochen wird. Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass dies auch für die vorliegende Schenkung zutrifft, zumal der 2008 verstorbene Vater der Bf. weitgehende Kenntnisse in wirtschaftlichen Angelegenheit hatte ("neben seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH bis zum Jahr 2006 auch Mitglied des Aufsichtsrates einer österrBank", - so ausgeführt im Erkenntnis , ergangen an die Bf. - dort über die gleichgelagerte Beschwerde der Bf. als Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrem Vater zur österreichischen Einkommensteuerpflicht des Vaters der aus der Schweiz erzielten Kapitalerträgnisse). Hinzuweisen in diesem Zusammenhang ist, dass die Bf. die vom Vater übertragenen Vermögenswerte über Jahre hinweg in der Schweiz belassen hat. Aus dieser Tatsache ergibt sich nun, anders als in der Beschwerde vorgebracht, nicht einzig und allein die Schlussfolgerung, dass diese Vorgangsweise bzw. Übernahme und Weiterführung wie bisher ohne Wechsel der Bank, des Betreuers und des Depotlandes lediglich jene Handlungsweise nach Durchführung der Schenkung darstelle, die die wenigsten Komplikationen mit sich brächte, sondern durchaus auch die weitere die Schlussfolgerung, dass damit weitergehend bzw. weiterhin auch bei der Bf. eine niedrige Einkommensbesteuerung anfallen bzw. die österreichische Einkommensteuerpflicht vermieden werden sollte. Welche Mehraufwendungen bzw. Komplikationen mit einem Kapitaltransfer von der Schweiz nach Österreich verbunden gewesen wären, wurde in der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist dieses Argument (bloße Weiterführung) nicht überzeugend. Schon aus diesen Erwägungen geht der Senat davon aus, dass die Bf. über die österreichische Einkommensteuerpflicht der von ihr aus der Schweiz erzielten Kapitalerträgnisse durchaus im Bilde war.
Wenn darüber hinaus seitens des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom begründend ausgeführt wird, es sei auch zu berücksichtigen, "dass Schweizer Bankkonten aufgrund des dortigen Bankgeheimnisses bis zum Abschluss des Steuerabkommens Österreich - Schweiz gemeinhin als "sicher" und damit als vor den österreichischen Steuerbehörden geschützt galten", wird dem seitens des Bundesfinanzgerichts zugestimmt. Im Hinblick auf die seit vielen Jahren in den Medien bzw. in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen bezüglich der Besteuerung von Kapitaleinkünften aus in Liechtenstein, der Schweiz udgl. angelegtem Kapitalvermögen ist es als allgemein bekannt vorauszusetzen, dass die Schweiz zu den Ländern gehört(e), in denen in den beschwerdegegenständlichen Jahren aufgrund ihres strengen Bankgeheimnisses und die ua. dadurch bewirkte "Abschirmwirkung" gegenüber ausländischen Steuerbehörden Vermögen in großem Umfang angelegt wurde, um es dem Zugriff der inländischen Steuerbehörde zu entziehen bzw. die daraus resultierenden Erträge "steuerschonend" zu lukrieren (vgl. das zit. Erkenntnis , unter Hinweis auf VwGH-Judikatur).
Zum Einwand in der Beschwerde, dass diesbezüglich die Medienberichterstattung "erst im Jahr 2008 aktuell wurde und höchstens für die darauf folgenden Jahre eine Rolle spielen kann", ist festzustellen, dass solche Medienberichterstattungen sehr wohl, wie auch vom Bundesfinanzgericht bereits ausgesprochen, in den Streitjahren und auch in früheren Jahren stattgefunden hat (vgl. zB o.a. : - "seit dem Lenz sei die Besteuerung von ausländischen Kapitalerträgen immer wieder Thema in den Medien gewesen"; eingehend auch ). Völlig unglaubwürdig und auch lebensfremd für den Senat ist auch der Beschwerdeeinwand, wonach die Bf. "zweifelsfrei der Ansicht" gewesen sei, "dass in der Schweiz die Quellensteuer vergleichbar mit der österreichischen KESt abgeführt" werde und folglich keine österreichische Steuerpflicht bestünde, gegen welche Annahme abgesehen von den bereits vom erkennenden Senat o.a. Erwägungen schon die geringe Höhe der in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer im Vergleich zur österreichischen KESt spricht.
Für den erkennenden Senat sind die Beschwerdeausführungen, wonach sich die Bf. in einem ein vorsätzliches Handeln ausschließenden Irrtum befunden hätte, somit nicht überzeugend und war diesen nicht zu folgen.
Unter würdigender Wertung der vorliegenden Sachverhaltsmomente und der dazu o.a. angestellten Überlegungen war vom Bundesfinanzgericht die Feststellung zu treffen, dass die Bf. sowohl eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht als auch die dadurch bewirkte Abgabenverkürzung zumindest ernstlich für möglich gehalten und die Abgabenverkürzung billigend in Kauf genommen hat. Damit ist der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben erfüllt ist. Die angefochtenen Bescheide sind sohin innerhalb der gesetzlichen zehnjährigen Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben erlassen worden. Die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2007 und gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2007 waren somit als unbegründet abzuweisen.
Anspruchszinsen 2003 bis 2007
Was die Beschwerde gegen die Anspruchszinsen angeht, gilt, dass Anspruchszinsen zur festgesetzten Abgabe (hier: Einkommensteuer) formell akzessorisch sind. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist selbständig anfechtbar. Im Hinblick auf die Bindungswirkung kann jedoch eine Anfechtung mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, von vornherein nicht zum Erfolg führen. Wird nämlich der Abgabenbescheid abgeändert, so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid gebundenen neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen hat (vgl. , mwN). Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid als unbegründet abzuweisen.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde hinsichtlich der Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen; die Beurteilung des vorsätzlichen Handelns der Bf. bei der Verkürzung der Einkommensteuer ist eine Tatfrage, die nach der o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in freier Beweiswürdigung zu beurteilen war. Eine Revision zu diesem Beschwerdepunkt war daher nicht zuzulassen. Geklärt ist durch die o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Anspruchszinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar ist, dass der maßgebende Stammabgabenbescheid rechtswidrig ist. Hinsichtlich des Abspruches über die Anspruchszinsenbescheide ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 8 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100174.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at