Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.05.2022, RV/7100996/2022

Kein Werbungskostenabzug, wenn diesem kein fremdüblicher Darlehensvertrag zu Grunde liegt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ****, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 die Berücksichtigung von Aufwendungen für einen Sprachkurs i.H. von € 1.030 als Werbungskosten.

Nachdem diese im Bescheid vom berücksichtigt worden waren, erhob sie gegen diesen Bescheid am Beschwerde und beantragte darüber hinaus die Berücksichtigung der Studiengebühr i.H. von € 10.048.- als weitere Werbungskosten für das Masterstudium "Master of Business Administration" an der "Luiss Business School" in Rom.

Lt. vorliegender Überweisungsbestätigung wurde dieser Betrag von ***2***, dem Vater der Bf., eingezahlt.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und als Begründung folgendes ausgeführt:

"Mit Vorhalt vom wurden Sie gebeten nachzuweisen, ob der verminderte Betrag von Ihnen überwiesen wurden - ein derartiger Nachweis wurde nicht erbracht; It. Aktenlage wurden die Ausbildungskosten von Hr. ***2*** überwiesen; eine Berücksichtigung der Ausbildungskosten als Werbungskosten ist, weil die Kosten durch Hr. ***3*** getragen wurden und somit keine Aufwendungen entstanden sind, daher nicht möglich."

Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag, in dem sie auszugsweise folgendes vorbrachte:

………….."Dem ist entgegen zu halten, dass von ***2*** die Überweisung im Namen und auf Rechnung von mir geleistet wurden. Weiters habe ich mich schriftlich verpflichtet, den Betrag bis zum zurück zu zahlen. Ein Darlehensvertrag liegt vor. In der

Beschwerde vom ersuchte ich um die Berücksichtigung der Studiengebühren, welche im Jahr 2020 für das Studium Master in Business in Rom bezahlt wurden.

Dieses Studium wurde in Italien mit einem Frauenstipendium subventioniert. Der bezahlte Betrag ist bereits der verminderte. Zu diesem Zeitpunkt war die Weiterbildung

notwendig, da in meiner Branche (***1***) wegen Ausbruch der Corona-Pandemie keine Reisen verkauft werden konnten……………… ".

In einer Vorhaltsbeantwortung legte die Bf. der belangten Behörde den Darlehensvertrag vor:

Dieser lautet in seinen wesentlichen Punkten folgendermaßen:

"I.

***Bf1*** beabsichtigt die Aufnahme eines Masterstudiums an der Luiss Business School, Rom, für den Zeitraum Sommersemester 2020 bis Wintersemester 2022.

II.

Der Darlehensgeber ***2*** gewährt hiermit seiner Tochter ***Bf1*** zur Finanzierung dieses Studiums (Studiengebühren, Sprachlehrgang), ein Darlehen in der Höhe von € 16.078,00 (in Worten: EURO sechszehntausendachtundsiebzig).

Der Darlehensgeber überweist mit die erste Rate für Studiengebühren an die Luiss Business School in der Höhe von € 10.048,00 und einen Betrag von € 1.030 an die Sprachschule am ; beide Zahlungen werden im Namen und auf Rechnung der Darlehensnehmerin geleistet.

Die Begleichung der restlichen Studiengebühren in der Höhe von € 5.000,00 erfolgt Zug um Zug

gegen Vorschreibung der Luiss Business School direkt an diese, dies ebenfalls im Namen und

Rechnung der Darlehensnehmerin.

III.

Die Darlehensnehmerin verpflichtet sich, dieses Darlehen zinsenlos bis spätestens

dem Darlehensgeber zurückzuzahlen und gilt sohin Endfälligkeit als vereinbart.

Die Darlehensnehmerin ist berechtigt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen.

Im Falle des vorzeitigen Ablebens des Darlehensgebers ist diese Darlehensforderung zur Gänze fällig und mit Erbansprüchen der Darlehensnehmerin aufzurechnen.

IV.

Der Darlehensgeber kann den Vertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist auch dann vorzeitig

auflösen, wenn gegen die Darlehensnehmerin Exekution geführt wird, in ihren rechtlichen und

wirtschaftlichen Verhältnissen sonst welche Umstände eintreten oder bekanntwerden, die die

wirtschaftliche Existenz der Darlehensnehmerin ernsthaft gefährden können oder wenn auch aus ähnlichen und wichtigen Gründen für den Darlehensgeber die weitere Aufrechterhaltung des Vertrages unzumutbar geworden ist.

Auf eine Sicherstellung der Darlehensforderung (Pfandrechte, Bürgschaften, etc.) wird von den

Vertragsteilen einverständlich verzichtet."

Der Vertrag wurde von beiden Vertragsteilen unterfertigt, wobei als Ort und Zeitpunkt der Unterfertigung festgehalten wurde: "Wien, im Sommer 2020".

Im Vorlagebericht verwies die belangte Behörde darauf, dass bis dato noch kein Rückzahlungen der Bf. an ihren Vater erfolgt seien.

Die belangte Behörde hat bisher nicht überprüft, ob es sich bei den Kosten für das Masterstudium um Fortbildungskosten dem Grunde nach handelt.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Bf. daher ersucht, an Hand von Unterlagen nachzuweisen, dass es sich bei den Ausgaben für den Sprachkurs und das Masterstudium um Fortbildungskosten in Zusammenhang mit ihrer bisherigen Tätigkeit handle.

Die Bf. brachte vor, die Ausbildung zum Bachelor in Business Administration and Hospitality Managemant absolviert zu haben. Sie sei 10 Jahre im Salesbereich tätig gewesen, zuletzt ein Jahr bei der Fa. ***4***, als Head of Sales für den Markt Österreich. Da sie bisher beruflich sehr eingespannt gewesen sei und ihr bisheriger Arbeitgeber auf Grund der Covid-19- Situation in Konkurs ging, habe sie sich entschlossen, ihr wirtschaftliches Know-how durch das Masterstudium in Business Administration zu stärken. Um den Kundenkontakt zu optimieren sei auch die sprachliche Weiterbildung nötig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) meldete sich ab dem Sommersemester 2020 für ein Masterstudium in Business Administration an der Luiss Business School, Rom, an.

Davor war sie nach einem Bachelorstudium in Business Administration and Hospitality Management bei mehreren Firmen im Salesbereich tätig.

Ein Teilbetrag der Studiengebühren i.H. von € € 10.048,00 wurde nachweislich vom Vater der Bf. einbezahlt.

Die Bf. schloss mit ihrem Vater "im Sommer 2020" einen Darlehensvertrag ab, dessen Inhalt in den Entscheidungsgründen dargestellt ist und auf den verwiesen wird.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und weitere durch das Bundesfinanzgericht getätigte Ermittlungen.

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Sie sind dabei an die Aktenlage gebunden.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 167 Abs. 2 BAO genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Daran hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform nichts geändert (vgl. unter Hinweis auf ; , Ro 2014/13/0025 und Ro 2014/13/0044).

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. … Werbungskosten sind auch:

10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. …

§ 19 Abs. 2 EStG 1988

Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes handelt es sich bei den für das Masterstudium geltend gemachten Kosten im Hinblick auf die bisherige berufliche Tätigkeit der Bf. unstrittig um Fortbildungskosten, die grundsätzlich gem. § 16 Abs. 1 Zif. 10 als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

Strittig ist zwischen den Parteien, ob die Bf. den Aufwand für die Fortbildungskosten selbst getragen hat.

Aus dem Erkenntnis vom , 2010/15/0101, unter ausdrücklichem Hinweis auf die Erkenntnisse vom , 92/13/0210, bzw. vom , 96/14/0056, ergibt sich, dass eine Ausgabe (ein Abfluss) dann vorliegt, wenn der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist. Bei fremdfinanzierten Ausgaben erfolgt damit der Abfluss im Zeitpunkt der Zahlung.

Auf Grund des vorliegenden Überweisungsbeleges ergibt sich eindeutig, dass die Kosten vom Vater der Bf. eingezahlt wurden.

Wenn die Bf. vorbringt, dass die Einzahlung in ihrem Namen und auf ihre Rechnung auf Grund eines ihr von ihrem Vater gewährten Darlehens erfolgt sei, so ist dieser Umstand für den Werbungskostenabzug dann nicht schädlich, wenn dieser Vertrag als fremdüblich einzustufen ist.

Zur Frage der Fremdüblichkeit von Verträgen zwischen nahen Angehörigen wurden vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eindeutige Kriterien entwickelt.

Danach können solche Vereinbarungen grundsätzlich nur dann als erwiesen angenommen werden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Ra 2015/15/0048, betreffend Zinszahlungen für die behauptete Hingabe eines Darlehens vom Stiefvater an den Steuerpflichtigen und die höchstgerichtliche Feststellung, dass zwischen Fremde abgeschlossene Darlehensverträge grundsätzlich klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zinszahlungsvereinbarungen, einen bestimmten oder zumindest annähernd bestimmbaren Rückzahlungstermin sowie bei geringfügigen Einkünften zudem eine Vereinbarung über Sicherheiten enthalten würden).

Die belangte Behörde sieht die mangelnde Fremdüblichkeit darin, dass bisher noch keine Ratenzahlungen erfolgt seien. Dieser Umstand schadet jedoch nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nicht, da in fremdüblicher Weise die Endfälligkeit des Darlehens vereinbart worden ist. Dies bedeutet, dass zum vereinbarten Rückzahlungstermin der gesamte Betrag fällig wird.

Auch eine fehlende Zinsenvereinbarung bewirkt noch nicht die Fremdunüblichkeit (vgl. z.B. ). Grundsätzlich steht es den Parteien frei, ein Entgelt für die Überlassung des Darlehens zu vereinbaren (§ 984 ABGB).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist jedoch die fehlende Vereinbarung von Sicherheiten bzw. der ausdrückliche Ausschluss einer Vereinbarung bezüglich zu leistender Sicherheiten für den Fall, dass das Darlehen zum Endzeitpunkt nicht zurückgezahlt werden kann, nicht fremdüblich. Dies unter dem Gesichtspunkt, dass die Laufzeit von Sommer 2020 bis immerhin fünfeinhalb Jahre beträgt und das Darlehen zu einem Zeitpunkt gewährt wird, zu dem die Bf. nicht erwerbstätig ist und nicht absehbar ist, wann sie wieder erwerbstätig sein wird bzw. sonst zu finanziellen Mitteln gelangen wird, das Darlehen letztendlich zurückzuzahlen.

Auch die ausdrücklich vereinbarte jederzeitige Kündigungsmöglichkeit durch den Darlehensgeber für den Fall, dass die Bf. in erhebliche finanzielle Bedrängnis gelangen sollte, ist nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nicht als fremdüblich zu betrachten, kommt sie doch einem Verzicht durch den Darlehensgeber auf die Rückzahlung durch die Bf. gleich.

Der Werbungskostenabzug war daher mangels Fremdüblichkeit der zu Grunde liegenden Darlehensvereinbarung zu versagen und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob im gegenständlichen Fall ein nach den Kriterien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fremdüblicher Darlehnsvertrag vorliegt ist eine Frage der Beweiswürdigung, sodass die (ordentliche) Revision auszuschließen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100996.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at