Kosten für doppelte Haushaltsführung einer ledigen und kinderlosen Steuerpflichtigen als Werbungskosten?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Helmut Allesch, Gabelsbergerstraße 2, 9020 Klagenfurt/Wörthersee,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Fa, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2018 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist die Berücksichtigung der für "doppelte Haushaltsführung" (Wohnungskosten und Familienheimfahrten) begehrten Aufwendungen als Werbungskosten.
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.) bezog in den Streitjahren Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit.
2. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2015 bis 2018 beantragte sie den Ansatz von Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten.
Diese wurden in den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheiden vom nicht anerkannt.
3. Gegen diese Bescheide erhob die Bf. am fristgerecht Beschwerde wegen der Nichtberücksichtigung der begehrten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung. Demnach sei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Dienstort weiterhin gegeben. Die Bf. sei laut Dienstvertrag verpflichtet, jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten und könne die Bf. jederzeit ins Ausland versetzt werden. Dienstort könne nicht als dauernder Dienstort angesehen werden.
4. Diese Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Rechtzeitig beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
5. Im Vorlagebericht vom wurde seitens des Finanzamtes die Abweisung der Beschwerde beantragt.
6. Zu den beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung wiederholte der steuerliche Vertreter im Zuge des Erörterungstermins seine bisherigen Vorbringen und verwies zur - aus seiner Sicht weiter bestehenden - Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes insbesondere auf die in Punkt 15. des Dienstvertrages festgeschriebene Verpflichtung jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Dieser Umstand gehe auch aus der die im Jahr 2012 erfolgten Ausstellung eines Diplomatenpasses hervor und werde durch die im Februar 2022 ausgestellte Amtsbestätigung bestätigt, welche überreicht wurde.
Nur wenn für die Bf. im Falle der Verlegung ihres Familienwohnsitzes die Gewissheit bestehe, dass der neu gewählte Wohnort ständig benützt werde könne und nicht wegen einer drohenden Auslandsversetzung und damit verbundener Ortsabwesenheit auf längere Dauer nicht bewohnt werden könne, wäre eine Wohnsitzverlegung zumutbar.
Die Bf. könne jedoch jederzeit ins Ausland versetzt werden, weshalb Dienstort nicht als dauernder Dienstort angesehen werden könne.
Der Umstand, dass nach 2002 keine Auslandsversetzung mehr erfolgte, könne der Bf. nicht angelastet werden, da sie keinerlei Einfluss auf Entscheidungen der Personalabteilung hätte nehmen können. Zudem stehe die Bf. kurz vor ihrer Pensionierung, was ebenfalls für die Unzumutbarkeit spreche.
Werde im Fall des Vorliegens von geringfügigen Einkünften eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes gesehen, könne im streitgegenständlichen Fall der jederzeitigen Abrufbarkeit der Bf. nichts Anderes gelten. Eine (zumutbare) Wohnsitzverlegung könne nur dann vorliegen, wenn die Absicht bestehe am neu gewählten Wohnort zu verbleiben und wenn zudem auch gesichert sei, diesen neu gewählten Wohnort nicht verlassen zu müssen.
Die Amtsvertreterin verneinte das Zutreffen der vom steuerliche Vertreter intendierten Vergleichbarkeit, dass bei Erzielen von geringfügigen Einkünften die Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar sei, mit dem vorliegenden Fall, weil nach der Judikatur auf das Erzielen von Einkünften durch den am Familienwohnsitz verbleibenden Partner (Ehegatten/Lebensgefährten) abgestellt werde, wenn der andere Partner seine Arbeitsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des gemeinsamen Wohnortes hat. Unzumutbarkeit liege dann vor, wenn der Partner am Familienwohnsitz ortsgebundene Einkünfte erziele.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde mit Schreiben vom zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die im Jänner 1961 geborene Bf. ist alleinstehend und kinderlos. Die Bf. war demnach in den Streitjahren 2015 bis 2018 zwischen 54 und 58 Jahre alt.
Im für den Zeitraum bis übermittelten Lohnzettel sind Aktiveinkünfte als Beamtin ausgewiesen. In der elektronischen Datenbank ist ein im Laufe des Jahres 2022 bis dato seitens einer Pensionsversicherungsanstalt eingespielter Lohnzettel nicht ersichtlich.
Im Mai bzw. Juni 2022 befand sich die Bf. noch nicht im Ruhestand.
Die Bf. begehrte die ausgewiesenen Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung (Wohnungskosten und ÖBB-Kosten ["Bahnkarten"]) als Werbungskosten zu berücksichtigen, deren Höhe grundsätzlich nicht in Streit stehen.
Entsprechend den Abfragen im Zentralen Melderegister befindet sich der Hauptwohnsitz der Bf. bzw. Familienwohnsitz seit in Adr1 in Wohnnsitz.
Ebenfalls in diesem Ort liegt ein von ihr vermietetes Objekt. Diese Vermietungstätigkeit qualifizierte das Finanzamt ab 2012 als Liebhaberei. Die Beurteilung dieser Tätigkeit als Liebhaberei wird nicht weiter bekämpft (Zurücknahme des diesbezüglichen Vorlageantrages, Erklärung des steuerlichen Vertreters im Zuge des Erörterungstermins am ).
Demnach erzielt die Bf. an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Familienwohnsitz in Wohnnsitz keine steuerlich relevanten Einkünfte.
Sie bezieht Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit auf Basis eines bis dato aufrechten Dienstverhältnisses, welches mit der Unterzeichnung eines Dienstvertrages gemäß § 4 Vertragsbedienstetengesetz 1948 mit dem (seinerzeitigen) Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten am Daumt1 begründet wurde. Dieser vorerst befristet abgeschlossene Dienstvertrag erfuhr mit am Datum 2 unterfertigten Nachtrag eine Änderung des Punktes 6. dahingehend, dass das vorerst befristete Dienstverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wurde.
Unter Punkt 5. dieses Dienstvertrages wird als Dienstort "Dienstort" benannt. Vereinbarter Dienstbeginn war der .
In Punkt 15. "Sonstige Vereinbarungen" des genannten Dienstvertrages wird die Verpflichtung der Bf. festgehalten, im Sinn des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Die Bf. übte folgende Auslandstätigkeiten aus:
Ausland1,
Ausland2,
Ausland3;
Der letzte Auslandseinsatz der Bf. endete demnach im Jahre 2002.
Mit Amtsbestätigung vom bescheinigte das BM für aaa, dass die Bf. seit dem seinem Personalstand angehört, sowie dass Bedienstete des auswärtigen Dienstes gemäß § 18 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes - Statut, BGBl I Nr. 129/1999, verpflichtet sind, jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Die Bf. hat sich mehrmals erfolglos um Auslandseinsätze bzw. Versetzungen bzw. um einen adäquaten Arbeitsplatz in A beworben wie beispielsweise:
1.) Bewerbung um Dienstzuteilung zur B: abgewiesen
2.) Bewerbung für eine Planstelle c: abgewiesen
3.) Bewerbung um Aufnahme in den D: abgewiesen
4.) Bewerbung um Leitung des Referats E im Oktober 2005;
5.) Bewerbung um den Posten F: abgewiesen
6.) Bewerbung im Rahmen des G: abgewiesen
7.) Antrag auf Ausstellung und Ausstellung eines Diplomatenpasses im Jänner 2009 (erteilt für drei Jahre) und im Jänner 2012.
Aktenkundig wird mit Dienstzettel vom die Ausstellung eines fünf Jahre gültigen Diplomatenpasses für Dienstzwecke dokumentiert.
Als Nebenwohnsitz scheint seit eine Adresse in Adr3, nebenwohnsitz auf, davor sind Nebenwohnsitze in H ( bis ) und J ( bis ) eingetragen.
Die Entfernung zwischen Hauptwohnsitz in Wohnnsitz und der Arbeitsstätte in Dienstort beträgt rund 295 Straßenkilometer (kürzeste Strecke laut Internetrecherche), jene zwischen der Arbeitsstätte in Dienstort und dem Nebenwohnsitz in Wiener Neustadt laut Pendlerrechner 56 km.
Auch in der für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales und Pendlereuros ab abgegebenen Erklärung (L 34-PDF) wird von der Bf. eine Entfernung von 56 km zwischen der Wohnung in nebenwohnsitz und dem Arbeitsort in ADdr5 bekanntgegeben.
Der Dienstort der Bf. befindet sich in Dienstort (am jeweiligen Sitz des BM für auswärtige Angelegenheiten bzw. der Nachfolgeministerien [Adr4, ADdr5, ***1***]).
Die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz in Wohnnsitz ist aufgrund der gegebenen Entfernung nicht zumutbar.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die seitens des Finanzamtes dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, insbesondere auf die von der Bf. beigebrachten o.a. Unterlagen und auf der Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt der Bf.. Die Lohnzetteldaten für 2021 sind dem seitens des Dienstgebers übermittelten Lohnzettel zu entnehmen.
Den Umstand, dass sich die Bf. im Mai bzw. Juni 2022 noch nicht im Ruhestand befand, dokumentiert die Aussage des steuerlichen Vertreters, wonach sich die Bf. im Zeitpunkt des am abgeführten Erörterungstermins "kurz" vor der Pensionierung befinde.
Nach der Aktenlage steht außer Zweifel, dass die Bf. unverheiratet und kinderlos ist bzw. in den Streitjahren ohne Partner war, wie seitens der Bf. im Verfahren nicht bestritten wurde und wie dies seitens des steuerlichen Vertreters im Zuge des Erörterungstermins bestätigt wurde. Ebenso ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass sich der "Familienwohnsitz" der Bf. in Wohnnsitz befindet, zu welchem Ort sie die engsten Verbindungen hat, wofür einerseits die Bewerbungen um eine Stelle im Nahebereich wie auch der Umstand der Vermietung von ihr gehörigen Räumlichkeiten sprechen.
Dass die Bf. im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten unselbständig beschäftigt war und dass als Dienstort Dienstort vereinbart wurde, ergibt sich aus den angeführten Bestimmungen des von der Bf. unterfertigten Dienstvertrages. Angesichts dieser im Dienstvertrag festgehaltenen Vereinbarung und der seit 2003 aktenkundig ununterbrochenen Dienstverrichtung in Dienstort ist das Vorbringen der Bf. , wegen eines jederzeit möglichen Auslandseinsatzes liege ein Dienstort in Dienstort nicht vor, nicht nachvollziehbar.
Die Inhalte des mit Nachtrag vom bzw. in ein unbefristetes Dienstverhältnis umgewandelten Dienstvertrages vom Daumt1 sind diesen zu entnehmen, sodass die unter 15. "Sonstige Vereinbarungen" festgehaltene Verpflichtung "im Sinne des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten" außer Streit steht. Dasselbe trifft auf den Umstand zu, dass der Bf. mit Dienstzettel vom der (auf fünf Jahre beantragte) Diplomatenpass für Dienstreisen ausgestellt wurde.
Ergeben sich die angeführten Auslandseinsätze sowie vorgenommenen Bewerbungen nachvollziehbar aus den von der Bf. vorgelegten Unterlagen, ist unstrittig, dass die Bf. nach dem Jahr 2002 zu keinen Auslandseinsätzen herangezogen wurde und dass sie sich ab 2003 wiederholt bemühte eine Tätigkeit im Nahebereich ihres Hauptwohnsitzes zu erlangen und über ihre Bewerbungen um Auslandseinsätze negativ beschieden wurde.
Außer Zweifel steht aufgrund der einliegenden jeweiligen Abfragen im Zentralen Melderegister ebenso, dass die Bf. seit ihren Hauptwohnsitz unter der angeführten Adresse in St. Veit an der Glan aufrecht erhielt und ab Juli 2013 in Wiener Neustadt und davor in H sowie in J über einen Zweitwohnsitz verfügte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
1. Rechtliche Grundlagen:
§ 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 lautet:
"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Seite 5 von 5 Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen".
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bestimmt, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.
2. Zur Frage der Berücksichtigung von für doppelte Haushaltsführung aufgewendete Kosten als Werbungskosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Beibehaltung eines (Familien-)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen (vgl. z.B. ).
Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger ohne Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 kann einen primären Wohnsitz bzw. "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über einen Wohnsitz verfügt.
3. Der Grund, warum Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.
Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben und sich auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben.
Diese Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ). Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektiven Gewicht ergeben. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. , u.w.).
4. Nach einer gewissen Zeit, die stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Pflichtigen allerdings in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen. Im Allgemeinen wird bei allein stehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von sechs Monaten für ausreichend gehalten (Doralt, EStG6, § 16, Tz 200/8).
5. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist somit beruflich veranlasst, wenn der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz
• vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann, und entweder
• die Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder
• die Verlegung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
6. Angesichts des seinerzeitigen vorerst befristeten Dienstverhältnisses war eine sofortige Verlegung des Familienwohnsitzes für die Bf. nicht zumutbar. Auch einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ist die Wohnsitzverlegung unzumutbar, wenn der Verbleib am Tätigkeitsort nur von (nach den Umständen gemessen) kurzer Dauer sein wird, weil das Beschäftigungsverhältnis zeitlich befristet und nach den Umständen des Einzelfalles von einer Rückkehr an den Hauptwohnsitz auszugehen ist (vgl. zu einem auf vier bzw. fünf Jahren angelegten Ausbildungsverhältnis , zu einem befristeten Dienstverhältnis ).
Allerdings stellte sich die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ab dem Zeitpunkt, ab welchem ein unbefristetes Dienstverhältnis vorlag.
7. Darüber, ab wann der Bf. eine Wohnsitzverlegung zumutbar gewesen wäre, ist im streitgegenständlichen Verfahren nicht zu befinden, da laut wiederholter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beantworten ist (, mit weiteren Verweisen). Beispielsweise lässt sich die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung im jeweiligen Streitjahr nicht mit der jahrelangen Beibehaltung des Familienwohnsitzes und der ohnehin durch die Behörde erfolgte Anerkennung einer jahrelangen Übergangszeit begründen.
8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. ; ).
9. Unstrittig ist, dass die Bf. laut Dienstvertrag verpflichtet ist, jedem Auslandseinsatz Folge zu leisten und dass laut Dienstvertrag der Dienstort vereinbarungsgemäß Dienstort ist.
Allerdings reicht laut Judikatur die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung ins Ausland für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Hauptwohnsitzes bzw. Familienwohnsitzes nicht aus. Vielmehr muss es sich um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln ().
Ob die begehrten Aufwendungen streitgegenständlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, hängt also davon ab, ob der Bf. - wie vom steuerlichen Vertreter hauptsächlich ins Treffen geführt -, aufgrund der im Dienstvertrag formulierten Verpflichtung, wonach die Bf. im Sinn des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten hat, eine Versetzung ins Ausland konkret drohte.
10. Dieser Nachweis ist der Bf. auf Basis der vorliegenden Aktenlage nicht gelungen:
Nach der Aktenlage endete der letzte Auslandseinsatz der Bf. im Jahr 2002.
Eine Abberufung ins Ausland nach dem Jahr 2002 durch den Dienstgeber ist weder aktenkundig noch wurde eine solche von der Bf. konkret eingewendet.
Vielmehr ist den von der Bf. übermittelten Unterlagen zu entnehmen, dass sich die Bf. nach dem Jahr 2002 mehrmals um Auslandseinsätze bewarb, die Initiative also von ihr ausging und über ihre Bewerbungen wiederholt abschlägig entschieden wurde.
Gerade die von der Bf. ausgegangene Initiative in Form von neuerlichen Bewerbungen um eine Auslandsstelle, die alle keine Berücksichtigung fanden, zeigen jedoch keine konkret, ernsthaft und latent drohende neuerliche Versetzung durch den Dienstgeber in das Ausland auf.
Weder der Einwand des steuerlichen Vertreters, dass die Bf. auf Personalentscheidungen keinen Einfluss nehmen könne, noch die Ausstellung eines Diplomatenpasses, den die Bf. als Mitarbeiterin der Abteilung Beschaffung- und Ausstattungsfragen besaß, vermögen an der Beurteilung, dass die auf Initiative der Bf. erfolgten Bewerbungen für Auslandseinsätze erfolglos waren und dass seitens des Dienstgebers nach 2002 bis dato keinerlei Auslandsversetzungen erfolgten, etwas zu ändern. Erfolgten also tatsächlich keine Auslandsversetzungen bzw. mangels eingewendeter Intentionen des Dienstgebers in diese Richtung, hat die Bf. die Ernsthaftigkeit eines drohenden Auslandseinsatzes hauptsächlich mit ihrem Verweis auf die im Dienstvertrag festgeschriebene Verpflichtung sowie dem Umstand der Ausstellung eines Diplomatenpasses nicht aufgezeigt.
Auch in der im Zuge des Erörterungstermins vorgelegten Amtsbestätigung vom wird lediglich allgemein - und nicht bezogen auf die Bf. - bestätigt, dass Bedienstete des auswärtigen Dienstes verpflichtet sind, jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Eine in den Streitjahren tatsächlich konkret, ernsthaft und latent drohende Auslandsversetzung wurde damit nicht dargetan.
Demnach ist in casu die laut Dienstvertrag vereinbarungsgemäß eingegangene Verpflichtung nicht als eine konkret, drohende Möglichkeit, sondern als eine abstrakt drohende zu beurteilen.
11. Dass auf Basis des aufgezeigten Sachverhaltes bei der Bf. die Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Dienstort bzw. ins Ausland abstrakt ebenso droht wie bei einem anderen Arbeitnehmer, der für einen Dienstgeber mit Auslandsbezug arbeitet, führt nicht dazu, dass die Aufwendungen für einen jahrelang beibehaltenen Zweitwohnsitz am Dienstort oder nahe des Dienstortes für Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Denn die abstrakte Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Dienstort wird einen Arbeitnehmer im Allgemeinen nicht daran hindern, den Familienwohnsitz nach einer gewissen Zeit an den Dienstort zu verlegen (vgl. ).
Eben dasselbe ist auch dem Einwand, dass eine Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung nur bei Vorliegen der Gewissheit, dass eine Abberufung ins Ausland nicht erfolgen werde, zu erwidern.
Dass erst eine bestehende "Gewissheit" darüber, nicht mehr ins Ausland versetzt zu werden, sodass der "neu gewählte" Wohnsitz ohne Unterbrechung genützt werden könne, den Wegfall der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung bewirke, steht nicht im Einklang mit den von der angeführten Rechtsprechung formulierten Voraussetzungen.
12. Der Umstand, dass sich die Bf. seit dem Jahr 2003, neben ihren erfolglos gebliebenen Bewerbungen um Auslandseinsätze um eine Erwerbstätigkeit im Nahebereich ihres Hauptwohnsitzes bzw. Familienwohnsitzes bemühte, spricht zudem für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus privaten Gründen. Gerade die Bewerbungen um eine Arbeitsstelle im Nahebereich zeigen die Absicht der Bf. nicht nur den Familienwohnsitz aufrecht zu erhalten, sondern auch den Tätigkeitsort an diesen verlegen zu wollen. Damit ist aber auch die privat veranlasste Aufrechterhaltung des Familienwohnsitzes dokumentiert.
13. Nach der stRspr des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes u.a. darin gelegen zu sehen, wenn der am Familienwohnsitz verbleibende (Ehe)Partner an diesem infolge einer an diesem ausgeübten Tätigkeit steuerlich relevante (die für das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind) Einkünfte bezieht, die bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen. Jedoch wird in dem Falle, dass der am Familienwohnsitz verbleibende Partner nur geringfügige Einkünfte erwirtschaftet - und wenn keine anderen eine Unzumutbarkeit bewirkenden Umstände vorliegen - die Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes bejaht. Insoweit zeigt sich die monierte vergleichsweise Anwendung dieser Judikatur im vorliegenden Fall nicht, da die Bf. keinen Partner hat und sie an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Familienwohnsitz keine steuerlich relevanten Einkünfte bzw. keine (steuerlichen) Einkünfte (aufgrund der überwiegend realisierten Werbungskostenüberschüsse wurde die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei qualifiziert) erzielt.
14. Eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist auch nicht in der angesprochenen "kurz" bevorstehenden" Pensionierung zu erblicken, ist doch davon auszugehen, dass in den Streitjahren vor der im Jahr 1961 geborenen Bf. bis zum Erreichen des regulären Pensionsantrittsalters noch etliche aktive Dienstjahre lagen. Sie befindet sich derzeit (06/2022) nach wie vor nicht in Pension.
Selbst im Hinblick auf das Streitjahr 2018 muss von einem zumindest dreieinhalb jährigen Zeitraum (2019 - 06/2022) bis zum tatsächlichen Pensionsantritt ausgegangen werden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes zu bejahen, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf vier bis fünf Jahre befristet sein wird (, zur absehbaren Pensionierung; , zu einem auf vier bis fünf Jahre angelegten Ausbildungsverhältnis und einer daran anschließenden Berufsausübung am Familienwohnsitz).
Zwar kann unter Bedachtnahme auf die zitierte VwGH-Judikatur die Befristung einer auswärtigen Tätigkeit auf "vier bis fünf Jahre" (bzw. eines "bereits absehbaren" Pensionsantritts) auch im Zusammenhang mit Frage der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung eine Rolle spielen. Doch kann diese "Befristung" nach Auffassung des BFG immer nur im Konnex mit dem Zeitpunkt des Eingehens einer Beschäftigung am neuen Beschäftigungsort gesehen werden oder allenfalls für schon grundsätzlich befristetet eingegangene Dienstverhältnisse gelten (siehe ).
Gegen die Vergleichbarkeit mit diesem Sachverhalt, welcher von einem befristeten Dienstverhältnis ausgeht, spricht, dass die Bf. im Jahr 2018 bereits seit rund 30 Jahren beim selben Arbeitgeber beschäftigt war, seit 2002 ununterbrochen in Dienstort, also am selben Dienstort.
Dass die Bf. bereits 2018 in Altersteilzeit gewesen wäre, also dies auf einen baldig bevorstehenden Pensionsantritt (etwa mit Erreichen des 60. Lebenjahres) hindeutete, ist nicht zutreffend und wurde nicht vorgebracht.
Beträgt das grundsätzliche Pensionsantrittsalter für Beamte/Innen 65 Jahre, entscheidet sich die Bf. aber früher in den Ruhestand zu gehen, worauf die Aussage des steuerlichen Vertreters hinweist, so kann doch für das Streitjahr 2018 im Hinblick einer verbleibenden aktiven Dienstzeit von mindestens dreieinhalb Jahren angesichts des bereits jahrzentelang mit demselben Dienstgeber am selben Dienstort bestehenden Dienstverhältnisses noch nicht von der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ausgegangen werden.
Die seitens der Bf. getroffene Entscheidung zur Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist objektiv betrachtet noch als privat und nicht als beruflich motiviert zu beurteilen.
15. Der Bf. ist mit diesen ihren Vorbringen der Nachweis, den Familienwohnsitz nicht aus persönlichen Gründen beibehalten zu haben nicht gelungen.
Auf Basis der vorstehenden Ausführungen ist streitgegenständlich nicht von einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auszugehen und sind die begehrten Werbungskosten zu versagen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage der Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | doppelte Haushaltsführung ledige und kinderlose Steuerpflichtige |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100135.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at