Kosten einer doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten einer kinderlosen, ledigen und ohne Partner lebenden Steuerpflichtigen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch STB, Gabelsbergerstraße 2, 9020 Klagenfurt,
über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Fa, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer 2014, zu Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist die Berücksichtigung der von der BF unter "doppelte Haushaltsführung" begehrten Aufwendungen (Wohnungskosten, Familienheimfahrten) als Werbungskosten.
Verfahrensgang
1.) Die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) bezog im Streitjahr Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung begehrte sie den Ansatz von Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten.
2.) Der Einkommensteuerbescheid für 2014 erging am ohne deren Berücksichtigung. Zur Begründung der gegen diesen mit Schriftsatz vom erhobenen Beschwerde erfolgte der Verweis auf die Beschwerdebegründungen der Vorjahre wegen Nichtanerkennung der begehrten Kosten für doppelte Haushaltsführung.
Im Wesentlichen führt die Bf. ins Treffen, die mittels Dienstvertrag eingegangene Verpflichtung jederzeit einer Auslandsversetzung Folge zu leisten bedinge die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes, denn die Bf. habe jederzeit in jedes beliebige Land versetzt werden können. Dies zeige auch der Umstand, dass im Jahr 2012 ein Diplomatenpass ausgestellt wurde. Arbeitsort könne daher nicht als dauernder Dienstort angesehen werden.
Der Umstand, dass seit 2004 keine Auslandsversetzung mehr erfolgte, könne der Bf. nicht angelastet werden, da sie keinerlei Einfluss auf Entscheidungen der Personalabteilung hätte nehmen können.
3.) In der der (abweisenden) Beschwerdevorentscheidung vom führte die Amtspartei begründend aus:
"Die Anerkennung der Kosten für doppelte Haushaltsführung (DHHF) ist zu versagen. Als Begründung wird darauf hingewiesen, dass nach Ansicht der Abgabenbehörde kein Grund für die Anerkennung einer auf Dauer angelegten DHHF bzw. der Nichtverlegung des Wohnsitzes an den Tätigkeitsort besteht, zumal Sie nicht in einer Partnerschaft leben und kinderlos sind. Es besteht auch kein befristetes Dienstverhältnis. Die Kosten der von Ihnen gewählten Aufrechterhaltung des DHHF in Adr1, sind im Sinne § 20 Einkommensteuergesetz 1988 nicht abzugsfähig. Im Übrigen wird auf die gesonderte Bescheidbegründung vom zur Abweisung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 verwiesen."
04.) Innerhalb offener Frist beantragte die Bf. am die Vorlage der Beschwerde gemäß § 264 BAO an das Bundesfinanzgericht. In Ergänzung erhob der steuerliche Vertreter im die Ausführungen im Schriftsatz vom zu Beschwerdevorbringen.
05.) Im Vorlagebericht vom beantragte die Amtspartei die Abweisung der Beschwerde.
06.) Zu den beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung wiederholte der steuerliche Vertreter im Zuge des Erörterungstermins seine bisherigen Vorbringen und verwies zur - aus seiner Sicht weiter bestehenden - Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes insbesondere auf die in Punkt 15. des Dienstvertrages festgeschriebene Verpflichtung jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Dieser Umstand gehe auch aus der die im Jahr 2012 erfolgten Ausstellung eines Diplomatenpasses hervor und werde durch die im Februar 2022 ausgestellte Amtsbestätigung bestätigt, welche überreicht wurde.
Nur wenn für die Bf. im Falle der Verlegung ihres Familienwohnsitzes die Gewissheit bestehe, dass der neu gewählte Wohnort ständig benützt werde könne und nicht wegen einer drohenden Auslandsversetzung und damit verbundener Ortsabwesenheit auf längere Dauer nicht bewohnt werden könne, wäre eine Wohnsitzverlegung zumutbar.
Die Bf. könne jedoch jederzeit ins Ausland versetzt werden, weshalb Arbeitsort nicht als dauernder Dienstort angesehen werden könne.
Der Umstand, dass nach 2002 keine Auslandsversetzung mehr erfolgte, könne der Bf. nicht angelastet werden, da sie keinerlei Einfluss auf Entscheidungen der Personalabteilung hätte nehmen können. Zudem stehe die Bf. kurz vor ihrer Pensionierung, was ebenfalls für die Unzumutbarkeit spreche.
Werde im Fall des Vorliegens von geringfügigen Einkünften eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes gesehen, könne im streitgegenständlichen Fall der jederzeitigen Abrufbarkeit der Bf. nichts Anderes gelten. Eine (zumutbare) Wohnsitzverlegung könne nur dann vorliegen, wenn die Absicht bestehe am neu gewählten Wohnort zu verbleiben und wenn zudem auch gesichert sei, diesen neu gewählten Wohnort nicht verlassen zu müssen.
Die Amtsvertreterin verneinte das Zutreffen der vom steuerliche Vertreter intendierten Vergleichbarkeit, dass bei Erzielen von geringfügigen Einkünften die Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar sei, mit dem vorliegenden Fall, weil nach der Judikatur auf das Erzielen von Einkünften durch den am Familienwohnsitz verbleibenden Partner (Ehegatten/Lebensgefährten) abgestellt werde, wenn der andere Partner seine Arbeitsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des gemeinsamen Wohnortes hat. Unzumutbarkeit liege dann vor, wenn der Partner am Familienwohnsitz ortsgebundene Einkünfte erziele.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde mit Schreiben vom zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die im Jänner 1961 geborene Bf. ist alleinstehend und kinderlos. Die Bf. war demnach im Streitjahr 2014 53 Jahre alt.
Im für den Zeitraum bis übermittelten Lohnzettel sind Aktiveinkünfte als Beamtin ausgewiesen. In der elektronischen Datenbank ist ein im Laufe des Jahres 2022 bis dato seitens einer Pensionsversicherungsanstalt eingespielter Lohnzettel nicht ersichtlich.
Im Mai bzw. Juni 2022 befand sich die Bf. noch nicht im Ruhestand.
Die Bf. begehrte die ausgewiesenen Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung (Wohnungskosten und ÖBB-Kosten ["Bahnkarten"]) als Werbungskosten zu berücksichtigen, deren Höhe grundsätzlich nicht in Streit stehen.
Entsprechend den Abfragen im Zentralen Melderegister befindet sich der Hauptwohnsitz der Bf. bzw. Familienwohnsitz seit in HWS in Wohnort1.
Ebenfalls in diesem Ort liegt ein von ihr vermietetes Objekt. Diese Vermietungstätigkeit qualifizierte das Finanzamt ab 2012 als Liebhaberei. Die Beurteilung dieser Tätigkeit als Liebhaberei wird nicht weiter bekämpft (Zurücknahme des diesbezüglichen Vorlageantrages, Erklärung des steuerlichen Vertreters im Zuge des Erörterungstermins am ).
Demnach erzielt die Bf. an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Familienwohnsitz in Famwohnsitz keine bzw. keine steuerlich relevanten Einkünfte.
Sie bezieht Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit auf Basis eines bis dato aufrechten Dienstverhältnisses, welches mit der Unterzeichnung eines Dienstvertrages gemäß § 4 Vertragsbedienstetengesetz 1948 mit dem (seinerzeitigen) Bundesministerium für Bm am tt.mm. begründet wurde. Dieser vorerst befristet abgeschlossene Dienstvertrag erfuhr mit am Daten unterfertigten Nachtrag eine Änderung des Punktes 6. dahingehend, dass das vorerst befristete Dienstverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wurde.
Unter Punkt 5. dieses Dienstvertrages wird als Dienstort "Arbeitsort" benannt. Vereinbarter Dienstbeginn war der Datum2.
In Punkt 15. "Sonstige Vereinbarungen" des genannten Dienstvertrages wird die Verpflichtung der Bf. festgehalten, im Sinn des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Die Bf. übte folgende Auslandstätigkeiten aus:
Ausland1,
Ausland2,
Ausland3;
Mit Amtsbestätigung vom bescheinigte das BM BM, dass die Bf. seit dem Datum2 seinem Personalstand angehört, sowie dass Bedienstete des auswärtigen Dienstes gemäß § 18 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes - Statut, BGBl I Nr. 129/1999, verpflichtet sind, jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Die Bf. hat sich mehrmals erfolglos um Auslandseinsätze bzw. Versetzungen bzw. um einen adäquaten Arbeitsplatz in Kärnten beworben wie beispielsweise:
1.) Bewerbung um Dienstzuteilung Ort3: abgewiesen
2.) Bewerbung für eine Planstelle Ort4: abgewiesen
3.) Bewerbung um Aufnahme in den Ort6: abgewiesen
4.) Bewerbung um Leitung des Ort7 im Oktober 2005;
5.) Bewerbung um den Posten Ort8: abgewiesen
6.) Bewerbung im Rahmen des Ort9: abgewiesen
7.) Antrag auf Ausstellung und Ausstellung eines Diplomatenpasses im Jänner 2009 (erteilt für drei Jahre) und im Jänner 2012.
Aktenkundig wird mit Dienstzettel vom die Ausstellung eines fünf Jahre gültigen Diplomatenpasses für Dienstzwecke dokumentiert.
Der letzte Auslandseinsatz der Bf. endete demnach im Jahre 2002.
Als Nebenwohnsitz scheint seit eine Adresse in Adr4 auf, davor sind Nebenwohnsitze in Adr5 ( bis ) und Adr6 ( bis ) eingetragen.
Die Entfernung zwischen Hauptwohnsitz in Famwohnsitz und der Arbeitsstätte in Arbeitsort beträgt rund 295 Straßenkilometer (kürzeste Strecke laut Internetrecherche), jene zwischen der Arbeitsstätte in Arbeitsort und dem Nebenwohnsitz in Ort1 laut Pendlerrechner 56 km.
Auch in der für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales und Pendlereuros ab abgegebenen Erklärung (L 34-PDF) wird von der Bf. eine Entfernung von 56 km zwischen der Wohnung in Ort2 und dem Arbeitsort in Arbeitsort1 bekanntgegeben.
Der Dienstort der Bf. befindet sich in Arbeitsort (am jeweiligen Sitz des BM für Bm bzw. der Nachfolgeministerien [Arbeoitsort2, Arbeitsort1, Arbeitsort3]).
Die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz in Wohnort1 ist aufgrund der gegebenen Entfernung nicht zumutbar.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die seitens des Finanzamtes dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, insbesondere auf die von der Bf. beigebrachten o.a. Unterlagen und auf der Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt der Bf.. Die Lohnzetteldaten für 2021 sind dem seitens des Dienstgebers übermittelten Lohnzettel zu entnehmen.
Den Umstand, dass sich die Bf. im Mai bzw. Juni 2022 noch nicht im Ruhestand befand, dokumentiert die Aussage des steuerlichen Vertreters, wonach sich die Bf. im Zeitpunkt des am abgeführten Erörterungstermins "kurz" vor der Pensionierung befinde.
Nach der Aktenlage steht außer Zweifel, dass die Bf. unverheiratet und kinderlos ist bzw. in den Streitjahren ohne Partner war, wie seitens der Bf. im Verfahren nicht bestritten wurde und wie dies seitens des steuerlichen Vertreters im Zuge des Erörterungstermins bestätigt wurde. Ebenso ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass sich der "Familienwohnsitz" der Bf. in Wohnort1 befindet, zu welchem Ort sie die engsten Verbindungen hat, wofür einerseits die Bewerbungen um eine Stelle im Nahebereich wie auch der Umstand der Vermietung von ihr gehörigen Räumlichkeiten sprechen.
Dass die Bf. im Bundesministerium für Bm unselbständig beschäftigt war und dass als Dienstort Arbeitsort vereinbart wurde, ergibt sich aus den angeführten Bestimmungen des von der Bf. unterfertigten Dienstvertrages. Angesichts dieser im Dienstvertrag festgehaltenen Vereinbarung und der seit 2003 aktenkundig ununterbrochenen Dienstverrichtung in Arbeitsort ist das Vorbringen der Bf. , wegen eines jederzeit möglichen Auslandseinsatzes liege ein Dienstort in Arbeitsort nicht vor, nicht nachvollziehbar.
Die Inhalte des mit Nachtrag vom bzw. in ein unbefristetes Dienstverhältnis umgewandelten Dienstvertrages vom tt.mm. sind diesen zu entnehmen, sodass die unter 15. "Sonstige Vereinbarungen" festgehaltene Verpflichtung "im Sinne des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten" außer Streit steht. Dasselbe trifft auf den Umstand zu, dass der Bf. mit Dienstzettel vom der (auf fünf Jahre beantragte) Diplomatenpass für Dienstreisen ausgestellt wurde.
Ergeben sich die angeführten Auslandseinsätze sowie vorgenommenen Bewerbungen nachvollziehbar aus den von der Bf. vorgelegten Unterlagen, ist unstrittig, dass die Bf. nach dem Jahr 2002 zu keinen Auslandseinsätzen herangezogen wurde und dass sie sich ab 2003 wiederholt bemühte eine Tätigkeit im Nahebereich ihres Hauptwohnsitzes zu erlangen und über ihre Bewerbungen um Auslandseinsätze negativ beschieden wurde.
Außer Zweifel steht aufgrund der einliegenden jeweiligen Abfragen im Zentralen Melderegister ebenso, dass die Bf. seit ihren Hauptwohnsitz unter der angeführten Adresse in Famwohnsitz aufrecht erhielt und ab Juli 2013 in Ort1 und davor in Adr5 sowie in Adr6 über einen Zweitwohnsitz verfügte.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
1. Rechtliche Grundlagen:
§ 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 lautet:
"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Seite 5 von 5 Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen".
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bestimmt, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.
2. Zur Frage der Berücksichtigung von für doppelte Haushaltsführung aufgewendete Kosten als Werbungskosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Beibehaltung eines (Familien-)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen (vgl. z.B. ).
Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger ohne Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 kann einen primären Wohnsitz bzw. "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über einen Wohnsitz verfügt.
3. Der Grund, warum Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.
Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben und sich auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben.
Diese Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ). Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektiven Gewicht ergeben. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. , u.w.).
4. Nach einer gewissen Zeit, die stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Pflichtigen allerdings in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen. Im Allgemeinen wird bei allein stehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von sechs Monaten für ausreichend gehalten (Doralt, EStG6, § 16, Tz 200/8).
5. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist somit beruflich veranlasst, wenn der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz
• vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann, und entweder
• die Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder
• die Verlegung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
6. Angesichts des seinerzeitigen vorerst befristeten Dienstverhältnisses war eine sofortige Verlegung des Familienwohnsitzes für die Bf. nicht zumutbar. Auch einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ist die Wohnsitzverlegung unzumutbar, wenn der Verbleib am Tätigkeitsort nur von (nach den Umständen gemessen) kurzer Dauer sein wird, weil das Beschäftigungsverhältnis zeitlich befristet und nach den Umständen des Einzelfalles von einer Rückkehr an den Hauptwohnsitz auszugehen ist (vgl. zu einem auf vier bzw. fünf Jahren angelegten Ausbildungsverhältnis , zu einem befristeten Dienstverhältnis ).
Allerdings stellte sich die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ab dem Zeitpunkt, ab welchem ein unbefristetes Dienstverhältnis vorlag.
7. Darüber, ab wann der Bf. eine Wohnsitzverlegung zumutbar gewesen wäre, ist im streitgegenständlichen Verfahren nicht zu befinden, da laut wiederholter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beantworten ist (, mit weiteren Verweisen). Beispielsweise lässt sich die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung im jeweiligen Streitjahr nicht mit der jahrelangen Beibehaltung des Familienwohnsitzes und der ohnehin durch die Behörde erfolgte Anerkennung einer jahrelangen Übergangszeit begründen.
8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. ; ).
9. Unstrittig ist, dass die Bf. laut Dienstvertrag verpflichtet ist, jedem Auslandseinsatz Folge zu leisten und dass laut Dienstvertrag der Dienstort vereinbarungsgemäß Arbeitsort ist.
Allerdings reicht laut Judikatur die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung ins Ausland für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Hauptwohnsitzes bzw. Familienwohnsitzes nicht aus. Vielmehr muss es sich um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln ().
Ob die begehrten Aufwendungen streitgegenständlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, hängt also davon ab, ob der Bf. - wie vom steuerlichen Vertreter hauptsächlich ins Treffen geführt -, aufgrund der im Dienstvertrag formulierten Verpflichtung, wonach die Bf. im Sinn des § 6 Vertragsbedienstetengesetz 1948 jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten hat, eine Versetzung ins Ausland konkret drohte.
10. Dieser Nachweis ist der Bf. auf Basis der vorliegenden Aktenlage nicht gelungen:
Nach der Aktenlage endete der letzte Auslandseinsatz der Bf. im Jahr 2002.
Eine Abberufung ins Ausland nach dem Jahr 2002 durch den Dienstgeber ist weder aktenkundig noch wurde eine solche von der Bf. konkret eingewendet.
Vielmehr ist den von der Bf. übermittelten Unterlagen zu entnehmen, dass sich die Bf. nach dem Jahr 2002 mehrmals um Auslandseinsätze bewarb, die Initiative also von ihr ausging und über ihre Bewerbungen wiederholt abschlägig entschieden wurde.
Gerade die von der Bf. ausgegangene Initiative in Form von neuerlichen Bewerbungen um eine Auslandsstelle, die alle keine Berücksichtigung fanden, zeigen jedoch keine konkret, ernsthaft und latent drohende neuerliche Versetzung durch den Dienstgeber in das Ausland auf.
Weder der Einwand des steuerlichen Vertreters, dass die Bf. auf Personalentscheidungen keinen Einfluss nehmen könne, noch die Ausstellung eines Diplomatenpasses, den die Bf. als Mitarbeiterin der Abteilung Beschaffung- und Ausstattungsfragen besaß, vermögen an der Beurteilung, dass die auf Initiative der Bf. erfolgten Bewerbungen für Auslandseinsätze erfolglos waren und dass seitens des Dienstgebers nach 2002 bis dato keinerlei Auslandsversetzungen erfolgten, etwas zu ändern. Erfolgten also tatsächlich keine Auslandsversetzungen bzw. mangels eingewendeter Intentionen des Dienstgebers in diese Richtung, hat die Bf. die Ernsthaftigkeit eines drohenden Auslandseinsatzes hauptsächlich mit ihrem Verweis auf die im Dienstvertrag festgeschriebene Verpflichtung sowie dem Umstand der Ausstellung eines Diplomatenpasses nicht aufgezeigt.
Auch in der im Zuge des Erörterungstermins vorgelegten Amtsbestätigung vom wird lediglich allgemein - und nicht bezogen auf die Bf. - bestätigt, dass Bedienstete des auswärtigen Dienstes verpflichtet sind, jeder Auslandsversetzung Folge zu leisten.
Eine in im Streitjahr tatsächlich konkret, ernsthaft und latent drohende Auslandsversetzung wurde damit nicht dargetan.
Demnach ist in casu die laut Dienstvertrag vereinbarungsgemäß eingegangene Verpflichtung nicht als eine konkret, drohende Möglichkeit, sondern als eine abstrakt drohende zu beurteilen.
11. Dass auf Basis des aufgezeigten Sachverhaltes bei der Bf. die Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Dienstort bzw. ins Ausland abstrakt ebenso droht wie bei einem anderen Arbeitnehmer, der für einen Dienstgeber mit Auslandsbezug arbeitet, führt nicht dazu, dass die Aufwendungen für einen jahrelang beibehaltenen Zweitwohnsitz am Dienstort oder nahe des Dienstortes für Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Denn die abstrakte Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Dienstort wird einen Arbeitnehmer im Allgemeinen nicht daran hindern, den Familienwohnsitz nach einer gewissen Zeit an den Dienstort zu verlegen (vgl. ).
Eben dasselbe ist auch dem Einwand, dass eine Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung nur bei Vorliegen der Gewissheit, dass eine Abberufung ins Ausland nicht erfolgen werde, zu erwidern.
Dass erst eine bestehende "Gewissheit" darüber, nicht mehr ins Ausland versetzt zu werden, sodass der "neu gewählte" Wohnsitz ohne Unterbrechung genützt werden könne, den Wegfall der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung bewirke, steht nicht im Einklang mit den von der angeführten Rechtsprechung formulierten Voraussetzungen.
12. Der Umstand, dass sich die Bf. seit dem Jahr 2003, neben ihren erfolglos gebliebenen Bewerbungen um Auslandseinsätze um eine Erwerbstätigkeit im Nahebereich ihres Hauptwohnsitzes bzw. Familienwohnsitzes bemühte, spricht zudem für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus privaten Gründen. Gerade die Bewerbungen um eine Arbeitsstelle im Nahebereich zeigen die Absicht der Bf. nicht nur den Familienwohnsitz aufrecht zu erhalten, sondern auch den Tätigkeitsort an diesen verlegen zu wollen. Damit ist aber auch die privat veranlasste Aufrechterhaltung des Familienwohnsitzes dokumentiert.
13. Nach der stRspr des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes u.a. darin gelegen zu sehen, wenn der am Familienwohnsitz verbleibende (Ehe)Partner an diesem infolge einer an diesem ausgeübten Tätigkeit steuerlich relevante Einkünfte bezieht, die bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen. Jedoch wird in dem Falle, dass der am Familienwohnsitz verbleibende Partner nur geringfügige Einkünfte erwirtschaftet - und wenn keine anderen eine Unzumutbarkeit bewirkenden Umstände vorliegen - die Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes bejaht. Insoweit zeigt sich die monierte vergleichsweise Anwendung dieser Judikatur im vorliegenden Fall nicht, da die Bf. keinen Partner hat und sie an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Familienwohnsitz keine steuerlich relevanten Einkünfte bzw. keine (steuerlichen) Einkünfte (aufgrund der überwiegend realisierten Werbungskostenüberschüsse wurde die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei qualifiziert) erzielt.
13. Nach der stRspr des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes u.a. darin gelegen zu sehen, wenn der am Familienwohnsitz verbleibende (Ehe)Partner an diesem infolge einer an diesem ausgeübten Tätigkeit steuerlich relevante (die für das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind) Einkünfte bezieht, die bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen. Jedoch wird in dem Falle, dass der am Familienwohnsitz verbleibende Partner nur geringfügige Einkünfte erwirtschaftet - und wenn keine anderen eine Unzumutbarkeit bewirkenden Umstände vorliegen - die Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes bejaht. Insoweit zeigt sich die monierte vergleichsweise Anwendung dieser Judikatur im vorliegenden Fall nicht, da die Bf. keinen Partner hat und sie an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Familienwohnsitz keine steuerlich relevanten Einkünfte bzw. keine (steuerlichen) Einkünfte (aufgrund der überwiegend realisierten Werbungskostenüberschüsse wurde die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei qualifiziert) erzielt.
14. Eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist auch nicht in der angesprochenen "kurz bevorstehenden" Pensionierung zu erblicken, ist doch davon auszugehen, dass im Streitjahr vor der im Jahr 1961 geborenen Bf. bis zum Erreichen des regulären Pensionsantrittsalters noch etliche aktive Dienstjahre lagen. Die Bf. war im Streitjahr 53 Jahre alt. Sie befindet sich derzeit nach wie vor (06/2022) nicht in Pension. Angesichts eines derart langen Zeitraums bis zum tatsächlichen Pensionsantritt, war es der Bf. im Streitjahr zumutbar den Familienwohnsitz zu verlegen. Die seitens der Bf. getroffene Entscheidung zur Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist objektiv betrachtet als privat und nicht als beruflich motiviert zu beurteilen.
15. Der Bf. ist mit ihren Vorbringen der Nachweis, den Familienwohnsitz nicht aus persönlichen Gründen beibehalten zu haben, nicht gelungen.
Auf Basis der vorstehenden Ausführungen ist streitgegenständlich nicht von einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auszugehen und sind die begehrten Werbungskosten zu versagen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage der Berücksichtigung von Kosten für doppelte Haushaltsführung liegt eine einheitliche Rechtsprechung vor. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Kosten doppelter Haushaltsführung und Familienheimfahrten kinder- und partnerlose Steuerpflichtige |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100309.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at