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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.07.2022, RV/5101043/2019

Unzulässigkeit einer trotz eines Rechtsmittelverzichts eingebrachten Bescheidbeschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***1***, vertreten durch ***2***, ***3***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Verkürzungszuschlagsbescheid des ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielte in den Jahren 2013 bis 2015 sowohl Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Dolmetscher als auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Taxiunternehmen.

Im Jahr 2018 fand bei ihm eine den Zeitraum 2013 bis 2015 umfassende abgabenbehördliche Prüfung statt (Niederschrift vom ).

In einer Ergänzung zur Niederschrift vom wurde zum Punkt "Rechtsmittelverzicht § 30a FinStrG" Nachstehendes festgehalten:

"Der Abgabepflichtige hat im Rahmen der Besprechung die Anwendung des § 30a FinStrG beantragt. Die Höhe des zu verhängenden Sicherheitszuschlages ergibt sich auf der Basis der in der Niederschrift festgestellten Bemessungsgrundlagen. Der Abgabepflichtige erklärt hiermit den Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des zu ergehenden Verkürzungszuschlages gemäß § 30a FinStrG ."

Am erging ein Verkürzungszuschlagsbescheid.

Aus einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme hätten sich folgende Nachforderungen ergeben, welche die Grundlage für einen Verkürzungszuschlag gemäß § 30a FinStrG bildeten:


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Umsatzsteuer 2013
1.300,00
Umsatzsteuer 2014
1.000,00
Einkommensteuer 2014
1.422,00
Umsatzsteuer 2015
900,00
Einkommensteuer 2015
3.889,00
Summe
8.511,00

Der gemäß § 30a FinStrG mit 10 % zu bemessende Verkürzungszuschlag werde daher mit 851,10 € festgesetzt.

Dieser Bescheid scheide in folgenden Fällen aus dem Rechtsbestand aus und verliere seine Wirksamkeit:

1. Der oben angeführte Verkürzungszuschlag und die diesem zugrunde liegenden Abgabennachforderungen würden nicht innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung zur Gänze entrichtet;

2. auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen diesen Bescheid werde nicht spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung wirksam verzichtet.

Der Verkürzungszuschlag werde gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides fällig.

Der Verkürzungszuschlag sei festgesetzt worden, weil die in § 30a FinStrG angeführten Voraussetzungen vorlägen.

Im Bescheid wurde u.a. darauf hingewiesen, dass im Falle des Ausscheidens dieses Bescheides aus dem Rechtsbestand die Verpflichtung zur Entrichtung des Verkürzungszuschlages entfalle. Allenfalls bis dahin auf den Verkürzungszuschlag entrichtete Beträge würden gutgeschrieben. Mit allfälligen finanzstrafrechtlichen Folgen sei jedoch zu rechnen.

Durch die rechtzeitige und vollständige Entrichtung des Verkürzungszuschlages und der im Spruch genannten Abgabennachforderungen trete Straffreiheit hinsichtlich der mit diesen Abgabennachforderungen in Zusammenhang stehenden Finanzvergehen ein.

Mit Schreiben vom erhob der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter Beschwerde gegen diesen Bescheid. Beantragt werde, den Verkürzungszuschlag mit 708,90 € festzusetzen, weil sich durch den gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 2014 vom die Bemessungsgrundlage um 1.422,00 € vermindert habe. Dies habe eine Verminderung des Verkürzungszuschlages in Höhe von 10 % von 1.422,00 €, somit um 142,20 €, zur Folge.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurück.

Nach Wiederholung des Verwaltungsgeschehens führte das Finanzamt weiter aus, dass der Verkürzungszuschlag in Höhe von 851,10 € laut Abgabenkonto am fällig gewesen sei. Der Verkürzungszuschlag in Höhe von 708,90 € sei erst am entrichtet worden. Am sei der Verkürzungszuschlag dem Abgabenkonto wieder gutgeschrieben und am an den Bf zurückgezahlt worden.

Zur rechtlichen Beurteilung verwies das Finanzamt auf die §§ 255 Abs. 1 und 260 Abs. 1 lit. a BAO sowie auf § 30a Abs. 1 und Abs. 3 FinStrG.

Der Bf habe im Zuge der Betriebsprüfung auf die Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen den Verkürzungszuschlag verzichtet. Die Beschwerde sei daher schon aus diesem Grund unzulässig.

Laut Abgabenkonto sei der Verkürzungszuschlag nicht fristgerecht entrichtet worden, sodass Straffreiheit nicht eingetreten sei. Der Verkürzungszuschlagsbescheid habe dadurch seine Wirksamkeit verloren und sei aus dem Rechtsbestand ausgeschieden.

Mit Schreiben vom stellte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter fristgerecht einen Vorlageantrag.

In der Beschwerde vom gehe es darum, dass der Verkürzungszuschlagsbescheid vom nach Meinung des Bf nicht richtig sei, weil er von einer unrichtigen Bemessungsgrundlage ausgehe. Ein Verzicht auf die Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen den Verkürzungszuschlagsbescheid könne nur so verstanden werden, dass gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung auf ein Rechtsmittel verzichtet werde. Gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung sei ohnedies kein Rechtsmittel eingebracht worden, sodass der Hinweis auf § 255 Abs. 1 BAO verfehlt sei.

Vielmehr bestimme § 30a Abs. 4 FinStrG ausdrücklich, dass im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Abgabenerhöhung unter Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe. Ein Antrag der Partei sei nicht erforderlich; die Berücksichtigung habe von Amts wegen zu erfolgen.

Nach Bekanntwerden der Verminderung der Abgabenschuld sei mit dem zuständigen Team telefonisch Kontakt aufgenommen und auf diesen Umstand hingewiesen worden. Es sei erklärt worden, dass eine Bescheidbeschwerde eingebracht werden solle, weil im zuständigen Team dazu keine einheitliche Meinung bestehe.

Es wäre Aufgabe der Abgabenbehörde gewesen, den gegenständlichen Bescheid im Sinne des § 30a Abs. 4 FinStrG innerhalb der Zeit der Erlassung des Bescheides und der Zahlungsfrist richtig zu stellen. Dies insbesondere auch deshalb, weil in einem Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei.

Zur Rechtzeitigkeit der Zahlung sei zu sagen, dass der Bf den betragsmäßig richtigen Verkürzungszuschlag rechtzeitig am um 07:35 Uhr an das Finanzamt überwiesen habe. Bei einer Überweisung um diese Uhrzeit könne davon ausgegangen werden, dass der gegenständliche Betrag auch am der Abgabenbehörde zufließen werde. Beim derzeitigen Stand des bankmäßigen Informationssystems habe die Abgabenbehörde bereits am die Information über die erfolgte Zahlung gehabt. Der Bf habe weder zu wenig noch zu spät bezahlt, weshalb um positive Erledigung gebeten werde.

Im Vorlagebericht vom führte der Finanzamtsvertreter in seiner Stellungnahme ergänzend aus, dass der Bf entgegen seines Rechtsmittelverzichts im Sinne des § 30a FinStrG gegen den Bescheid, mit dem der Verkürzungszuschlag festgesetzt worden sei, eine Beschwerde eingebracht habe. In Anbetracht dieses unstrittigen Sachverhalts sei die Behauptung im Vorlageantrag, gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung sei ohnedies kein Rechtsmittel eingebracht worden, aktenwidrig und nicht nachvollziehbar.

Richtig sei, dass bei einer nachträglichen Herabsetzung der dem festgesetzten Verkürzungszuschlag zugrunde liegenden Abgabennachforderungen der Verkürzungszuschlag von Amts wegen rückwirkend entsprechend herabzusetzen sei. Der Umstand, dass diese Berichtigung im gegenständlichen Fall nicht innerhalb der Entrichtungsfrist des § 30a FinStrG erfolgt sei, ändere nichts an der Unzulässigkeit des trotz des Verzichts eingebrachten Beschwerde.

Die Entrichtung des Verkürzungszuschlages sei durch Überweisung erfolgt, wobei jedoch nicht der gesamte vorgeschriebene Verkürzungszuschlag entrichtet worden sei. Die Entrichtung des Zuschlages habe binnen einer Frist von einem Monat zu erfolgen, entscheidend sei das Einlagen auf dem Abgabenkonto. Die Gutschrift des am fälligen Verkürzungszuschlages auf dem Abgabenkonto sei erst am und somit verspätet erfolgt. Ob die Abgabenbehörde bereits Kenntnis vom Überweisungsauftrag gehabt habe oder hätte haben können, sei nicht von Bedeutung.

Sowohl aufgrund eines wirksamen Rechtsmittelverzichtes als auch der Tatsache, dass infolge nicht fristgerechter und nur teilweiser Entrichtung der Verkürzungszuschlagsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei, werde beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, einer Abfrage des Abgabenkontos sowie dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters des Bf.

Rechtslage:

§ 30a Abs. 1 bis Abs. 8 FinStrG lautet:

"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10 % der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen, soweit hinsichtlich der diese begründenden Unrichtigkeiten der Verdacht eines Finanzvergehens besteht, festzusetzen, sofern dieser Betrag für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) insgesamt 10 000 Euro, in Summe jedoch 33 000 Euro nicht übersteigt, sich der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklärt oder diesen beantragt und er auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung wirksam verzichtet. Werden die Abgabenerhöhung und die dieser zugrunde liegenden Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zur Gänze entrichtet, so tritt Straffreiheit hinsichtlich der im Zusammenhang mit diesen Abgabennachforderungen begangenen Finanzvergehen ein. Ein Zahlungsaufschub darf nicht gewährt werden.

(2) Werden mehrere Überprüfungsmaßnahmen gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge durchgeführt, so ist die Summe aller Verkürzungsbeträge für die Zulässigkeit der Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 maßgeblich.

(3) Tritt wegen Nichteinhaltung der Erfordernisse des Abs. 1 Straffreiheit nicht ein, so entfällt ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Allenfalls bis dahin entrichtete Beträge sind gutzuschreiben.

(4) Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Abgabenerhöhung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

(5) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 ist im Zusammenhang mit Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie mit Finanzvergehen, die mit einer Mindestgeldstrafe bedroht sind, unzulässig.

(6) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist weiters ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.

(7) Die Festsetzung der Abgabenerhöhung stellt keine Verfolgungshandlung dar. Die strafrechtliche Verfolgung einer weiteren, hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Erhebungszeitraumes bewirkten Abgabenverkürzung oder einer Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) von Selbstbemessungsabgaben wird dadurch nicht gehindert.

(8) Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO."

Da die Abgabenerhöhung als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO gilt, ist das mit der Festsetzung und Einhebung der Abgabenerhöhung zusammenhängende Verfahren von den Abgabenbehörden nach den Vorschriften der BAO durchzuführen.

Voraussetzung für eine Maßnahme nach § 30a FinStrG ist u.a. ein Verzicht auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen jenen Bescheid, mit dem die Abgabenerhöhung festgesetzt wird. Der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen die Festsetzung der Abgabennachforderung steht die Festsetzung der Abgabenerhöhung aber nicht im Wege.

Die strafbefreiende Wirkung tritt ein, wenn sowohl die Abgabennachforderung(en) als auch die Abgabenerhöhung innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung entrichtet werden.

Sind alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, tritt die strafbefreiende Wirkung ein.

Werden nicht sämtliche Erfordernisse für die Erlangung der strafbefreienden Wirkung erfüllt, ist die Abgabenerhöhung nicht mehr einzuheben. Dabei ist unerheblich, welche Umstände zur Nichterfüllung der Erfordernisse geführt haben. Verschulden ist nicht erforderlich. Wurden bereits Zahlungen auf die Abgabenerhöhung geleistet, sind diese Beträge auf dem Abgabenkonto wieder gut zu schreiben.

Die Bestimmung des § 30a FinStrG ist als Ausnahmeregelung (Begünstigungsbestimmung) eng zu interpretieren. Es müssen daher alle Voraussetzungen für den Eintritt dieses Strafaufhebungsgrundes gegeben sein. Welche Umstände allenfalls die Erfüllung einer Bedingung verhindert haben, ist irrelevant (Groschedl/Trubig in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG, § 30a Rz 36, Stand , rdb.at).

Nach der Judikatur (vgl. ) ist für die Frage der Anwendbarkeit des § 30a FinStrG jener Betrag maßgeblich, der unmittelbar nach Abschluss der abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme erstmöglich als Nachforderung festgestellt wurde. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Einleitungssatzes des § 30a Abs. 1 FinStrG.

Von diesem Betrag ist die Abgabenerhöhung von 10 % zu bemessen.

Es liegt daher im Interesse des Abgabepflichtigen, dafür Sorge zu tragen, dass alle maßgeblichen Umstände für die Abgabenfestsetzung bereits bei Abschluss der Prüfung bekannt sind, wenn er von § 30a FinStrG Gebrauch machen möchte (Winkler, Der Verkürzungszuschlag in der Praxis, ZWF 2/2015, 94).

Abgaben gelten bei Überweisung auf das Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet (§ 211 Abs. 1 Z 1 BAO).

Erfolgt in den Fällen des Abs. 1 Z 1 die Gutschrift auf dem Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so bleibt die Verspätung ohne Rechtsfolgen; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen (§ 211 Abs. 2 BAO).

Nach § 255 Abs. 3 erster Satz BAO ist eine trotz Verzicht eingebrachte Bescheidbeschwerde unzulässig (§ 260).

Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde (§ 260 Abs. 1 BAO).

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber das Legalitätsprinzip grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben.

Der Grundsatz von Treu und Glauben ist nach überwiegender Auffassung nicht nur bei Ermessensentscheidungen, sondern auch bei Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe zu beachten; der gesetzmäßigen Anwendung bindender Rechtsvorschriften kann dieser Grundsatz aber nicht entgegenstehen.

Macht die Partei eine unrichtige Rechtsauskunft geltend, wird nicht zuletzt aus Beweisgründen der Schriftform der Vorzug zu geben sein, um den Inhalt des in der Anfrage dargestellten Sachverhaltes sowie der Auskunft nachvollziehen zu können. Dies gilt umso mehr, als telefonische Auskünfte die Möglichkeit von Irrtümern und ungenauen Erklärungen in sich bergen und der genaue Inhalt von Telefongesprächen nach mehreren Jahren in der Regel nicht mehr eruierbar ist.

Erwägungen:

Unstrittig ist, dass die im Verkürzungszuschlagsbescheid genannten Abgaben von in Summe 8.511,00 € mit Bescheiden vom festgesetzt worden und diese bis zu entrichten gewesen sind.

Der mit Bescheid vom festgesetzte Verkürzungszuschlag von 851,10 € war laut Abgabenkonto am fällig.

Am wurde ein gemäß § 293b BAO berichtigter Bescheid erlassen, mit welchem die Einkommensteuernachforderung 2014 in Höhe von 1.422,00 € wiederum gutgeschrieben wurde.

Gemäß § 211 Abs. 1 Z 1 BAO wurden die Abgabennachforderungen am und der Verkürzungszuschlag mit einem Betrag von 708,90 € am durch Überweisung entrichtet.

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmung des § 211 Abs. 2 BAO wurden sowohl die Abgabennachforderungen als auch der Verkürzungszuschlag innerhalb der dreitägigen Respirofrist und damit fristgerecht beglichen.

Da im vorliegenden Fall die amtswegige, rückwirkende Anpassung der Abgabenerhöhung aufgrund des gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheides 2014 zur Fälligkeit der Abgabenerhöhung noch nicht ergangen war, hätte der Bf den auf dem Abgabenkonto aushaftenden Verkürzungszuschlag zu entrichten gehabt.

Maßgeblich sind nämlich die tatsächlichen Buchungen auf dem Abgabenkonto und die im Rechtsbestand befindlichen Bescheide und nicht diejenigen Buchungen, die laut Meinung des Bf hätten erfolgen sollen bzw. nicht diejenigen Bescheide, die das Finanzamt laut Meinung des Bf hätte erlassen müssen.

Da die Abgabenerhöhung nicht zur Gänze in der vorgeschriebenen Höhe entrichtet wurde, traten die in § 30a Abs. 3 FinStrG vorgesehenen Rechtsfolgen ein. Wie o.a., war unerheblich, welche Umstände zur Nichteinhaltung der gesetzlichen Erfordernisse führten und kam es auf ein allfälliges Verschulden nicht an.

Mit dem Vorbringen, nach Verminderung der Abgabenschuld sei mit dem zuständigen Team telefonisch Kontakt aufgenommen und auf diesen Umstand hingewiesen worden, woraufhin dazu geraten worden sei, eine Bescheidbeschwerde einzubringen, weil im zuständigen Team dazu keine einheitliche Meinung bestanden habe, macht der Bf im Ergebnis einen Verstoß gegen Treu und Glauben geltend.

§ 30a FinStrG enthält jedoch keine Ermessensbestimmung und - wie etwa bei Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe - auch sonst kein Vollzugsspielraum. Der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben stehen daher die zwingenden Rechtsfolgen entgegen, die mit der nicht vollständigen Entrichtung der Abgabenerhöhung und Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung verbunden sind.

Die Behörde ist verpflichtet, gesetzmäßig zu handeln, weshalb aus dem Grundsatz von Treu und Glauben für den Bf nichts zu gewinnen ist.

Davon abgesehen ist schwer vorstellbar, dass die um Auskunft ersuchte Person, wäre in dem Telefonat (auch) auf den Rechtsmittelverzicht im Zusammenhang mit der Abgabenerhöhung hingewiesen worden, die Auskunft erteilt hätte, dennoch eine Bescheidbeschwerde einzubringen.

Im Übrigen ist dem Finanzamt beizupflichten, dass das Vorbringen, gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung sei ohnedies kein Rechtsmittel eingebracht worden, nicht nachvollziehbar ist, zumal sich die Beschwerde ausdrücklich gegen den Verkürzungszuschlagsbescheid vom richtet und die Begriffe "Verkürzungszuschlag" und "Abgabenerhöhung" in § 30a FinStrG synonym verwendet werden.

Entscheidend für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens ist jedoch, dass der Bf am niederschriftlich einen Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des zu ergehenden Verkürzungszuschlages gemäß § 30a FinStrG erklärt hat.

Die trotz dieses Rechtsmittelverzichts erhobene Beschwerde ist schon aus diesem Grund gemäß § 255 Abs. 3 BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die getroffene Entscheidung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, wonach gemäß § 255 Abs. 3 BAO eine trotz Verzicht eingebrachte Bescheidbeschwerde unzulässig ist.

Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101043.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at