Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.07.2022, RV/7101242/2022

Kinderbetreuungskosten einer Alleinerzieherin als außergewöhnliche Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2015 abweichend von der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die beantragten Ausgaben für Telefon und Internet um einen Privatanteil von 40% gekürzt worden seien, da eine ausschließliche berufliche Nutzung nicht glaubhaft sei.
Als Wohnraumschaffung seien nur Aufwendungen zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen abzugsfähig. Die Anschaffung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen sowie der Finanzierungsbeitrag für die Mietwohnung würde nicht zu den abzugsfähigen Sonderausgaben zählen. Als Sonderausgaben seien nur Beiträge und Versicherungsprämien für Personenversicherungen (z. B. Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen, Kapital- oder Rentenversicherungen) abzugsfähig. Die geltend gemachten Ausgaben für die Rechtsschutzversicherung seien daher nicht zu berücksichtigen gewesen.
Trotz Aufforderung seien nicht alle Unterlagen vorgelegt worden.
Die beantragten Ausgaben für Fachliteratur und Fortbildung hätten daher nicht gewährt werden können.
Die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hätten nicht berücksichtigt werden können, da die hierfür erwachsenen Kosten durch den Verkehrsabsetzbetrag sowie durch ein allenfalls zustehendes Pendlerpauschale und den Pendlereuro abgegolten seien.
Die Kinderbetreuungskosten für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum ***1*** seien bis zur festgelegten Höchstgrenze von 2.300 Euro (§ 34 Abs. 9 Einkommensteuergesetz 1988) berücksichtigt worden. Der übersteigende Betrag sei als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt berücksichtigt worden.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Sonderausgaben betreffend die Wohnraumschaffung und -finanzierung sowie zur betreffend Fachliteratur und Fortbildungskosten und Rechtschutzversicherung rechtswidrig nicht berücksichtigt worden seien. In einem Telefonat hätte die Bearbeiterin des Finanzamtes jene Themengebiete mitgeteilt, zu denen sie noch Unterlagen (Kopien) benötigen würde. Die Fachliteratur und Fortbildungskosten seien weder im Telefonat, noch im Ergänzungsschreiben erwähnt und daher nicht weitergeleitet worden.
Der Beschwerdeführerin sei es nicht möglich zu diesen Themengebieten Unterlagen zu übermitteln.
Bisher seien die Kosten der Rechtsschutzversicherung (seit dem Jahr 1991) immer berücksichtigt worden. Da keine diesbezügliche Gesetzesänderung ersichtlich sei, würde eine Nichtberücksichtigung gesetzwidrig erscheinen.
Betreffend die Sonderausgaben in Bezug auf die Wohnung, wurde von der Hausverwaltung ein Schreiben zur Vorlage an das Finanzamt übermittelt, welches an das Finanzamt weitergeleitet worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom geändert.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Sonderausgaben im höchstmöglichen Ausmaß berücksichtigt worden seien. Als Sonderausgaben seien nur Beiträge und Versicherungsprämien für Personenversicherungen (z. B. Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen, Kapital- oder Rentenversicherungen) abzugsfähig. Die geltend gemachten Ausgaben für die Rechtsschutzversicherung würden keine Sonderausgaben gem. § 18 Einkommensteuergesetz darstellen.
Die Ausgaben für Fachliteratur und Büromaterial seien antragsgemäß gewährt worden. Werbungskosten seien Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Erhaltung und Sicherung der eigenen Einnahmen. Die Berücksichtigung von Ausgaben und Aufwendungen für Angehörige (Partner, Kinder) sei daher nicht möglich.
Kinderbetreuungskosten seien nur für die Betreuung außerhalb der Schulzeiten abzugsfähig. Schikurse, Schulveranstaltungen während der Schulzeiten seien steuerlich nicht absetzbar. Der Elternvereinsbeitrag würde keine außergewöhnliche Belastung darstellen, da das Merkmal der Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit fehlen würde.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag werde in Höhe von 494 Euro berücksichtigt.
Die Kinderbetreuungskosten für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum ***1*** seien bis zur festgelegten Höchstgrenze von 2.300 Euro (§ 34 Abs. 9 Einkommensteuergesetz 1988) berücksichtigt worden. Der übersteigende Betrag sei als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt berücksichtigt worden.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Einkommenssteuerbescheid 2015 hinsichtlich der Kosten für Kinderbetreuung und Wohnraumschaffung als unrichtig erweisen würde.
Als "außergewöhnliche Belastungen" (§ 34 EStG) würden auf jeden Fall die Anwaltskosten aufgrund absoluter Anwaltspflicht (5.893,70 €), sowie die Kinderbetreuung 1.816;60 € [Rest der Betreuungskosten, sowie die Wohnraumschaffung [Rest 6.897,57 €] anerkannt werden müssen.
Gemäß § 34 EStG müsse die Belastung außergewöhnlich, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Während die Anwaltskosten aufgrund absoluter Anwaltspflicht zur Gänze als außergewöhnliche Belastungen nach § 34 EStG anerkannt worden seien, seien die höheren Kinderbetreuungskosten mit der Begründung, dass die Betreuungskosten nur für die Betreuung außerhalb der Schulzeit abzugsfähig seien, nicht gewährt worden. Die tatsächlich eingereichten Kosten würden jedoch tatsächlich die Zeit nach Schulschluss (Hortbetreuung) betreffen, sowie die Betreuung in den Ferienzeiten. Da die Beschwerdeführerin alleinerziehend sei und der Sohn nach der Schule einen Hort besuchen hätte müssen, sei sie gezwungen gewesen, in den Ferien Ferienbetreuung in Anspruch zu nehmen und auch zu bezahlen. Daher seien diese Kosten höher als 2.300,00 € im Jahr gewesen, nämlich 4.116,60 € (Hortbetreuung, Mittagsaufsicht, Ferienbetreuung). Diese Kosten seien auf jeden Fall anzurechnen. Der Differenzbetrag von 1.816,60 € hätte als "außergewöhnliche Belastungen" anerkannt werden müssen.
Die Belastung sei aufgrund des Umstands der Alleinerziehung außergewöhnlich, da ohne diesen Umstand die Leistungsfähigkeit höher wäre (z. B. durch finanzielle Unterstützung durch einen Partner). Sie sei aufgrund des oben ausgeführten auch zwangsläufig erwachsen. Schließlich würden die zusätzlichen Kosten auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Obwohl somit alle Voraussetzungen vorliegen würden, seien die zusätzlichen Kinderbetreuungskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden. Es seien, wie erwähnt, nur 2.300,00 € (als Kinderbetreuung anerkannt) worden, hier würden fehlen, wie aufgezeigt, 1,816,60 €.
Zur Wohnraumschaffung:
Unter dem Titel Wohnraumschaffung und "außergewöhnliche Belastungen" seien lediglich 9.139,15 € anerkannt worden, die tatsächlichen Kosten hätten 14.251,22 € betragen - hier würden 6:897,52 fehlen.
Betreffend die Sonderausgaben in Bezug auf die Wohnung, sei von der Hausverwaltung ein Schreiben zur Vorlage an das Finanzamt übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin sei daher der Meinung, dass sie den Finanzierungsbeitrag sehr wohl als Sonderausgaben geltend machen könne.
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 Iit. a erster Teilstrich EStG seien Beiträge die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet würden, als Sonderausgabe zu qualifizieren. Im Sinne dieser Bestimmung sei eine gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung (hier BAI - Bank Austria Immobilien) ein Bauträger im Sinne dieses Gesetzes. Dabei sei es gleichgültig, ob der Wohnraum dem Wohnungswerber in Nutzung (Bestand) gegeben, oder ihm eine Kaufanwartschaft eingeräumt werde. Daher sei die Begründung im Bescheid, wonach nur Aufwendungen zur Errichtung von Eigentumswohnungen abzugsfähig seien, unrichtig.
Weiters hätte die Wohnung keine Küche (sprich keinen Herd, keine Spüle etc. - gar nichts) integriert gehabt. Die eingereichten Rechnungen würden sich nicht auf Möbel, sondern ausschließlich auf die Küche beziehen (Herd, Spüle, Eiskasten etc.), welche errichtet hätten werden müssen, um in der Wohnung leben zu können. Insgesamt seien 8.714,12 € als "außergewöhnliche Belastungen" (Rest der Kinderbetreuung 1.816,60 €, und der Rest der Wohnraumschaffung von 6.897,52 €) nicht anerkannt worden.
Der Einkommenssteuerbescheid 2015 würde sich somit jedenfalls hinsichtlich der Kosten für Kinderbetreuung und Wohnraumschaffung als unrichtig erweisen.

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde beantragte darin, eine Entscheidung um Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

Weitere seitens der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen:

< Ergänzungsersuchen vom betreffend nähere Ausführungen zu den begehrten Aufwendungen.
- belegmäßige Nachweise der Werbungskosten samt Kostenaufstellung
- belegmäßige Nachweise der Sonderausgaben samt Kostenaufstellung

< Antwortschreiben vom :
1) Außergewöhnliche Belastungen 6.292,20 €:
Darin sind die Anwaltskosten, sowie die Betreuungskosten meines Sohnes für die Nachmittagsschulbetreuung enthalten. Diese Anwaltskosten betreffen die Klagen, die mein ehemaliger Lebensgefährte gegen mich eingebracht hat. Da in den Verfahren Anwaltspflicht herrschte, musste ich mir einen Anwalt nehmen! Siehe Anwaltskosten im Jahr 2013. Diese Verfahren dauerten bis ins Jahr 2019 (und werden daher diese Kosten bis 2019 in den jeweiligen Arbeitnehmerveranlagungen vorkommen). Siehe bereits die Aktenvermerke aus den Vorjahren 2013 und 2014. Leider habe ich mich beim Zusammenrechnen geirrt und die tatsächliche Summe ergibt 6.292,20 € (anstatt von mir im Formular unter 11.4 angeführt €6.282,70).
2) Krankheitskosten 852,95 €:
Leider habe ich mich beim Zusammenrechnen geirrt und die tatsächliche Summe ergibt 852,95 € (anstatt die von mir im Formular unter 11.1 angeführten 849,27 €).
3) Sonderausgaben Versicherung (unter Punkt 9.2) 207,40 €
4) Werbekosten 847,94 €:
Leider habe ich mich beim Zusammenrechnen geirrt und die tatsächliche Summe ergibt 847,94 € (anstatt die von mir im Formular unter 10.12 angeführten 850,04 €). Ich habe keinen Kostenersatz vom Arbeitgeber, oder irgendwelchen Förderstellen erhalten.

5) Wohnraumsanierung/Wohnraumschaffung 8.357,52 €:
Leider habe ich mich beim Zusammenrechnen geirrt und die tatsächliche Summe ergibt 8.357,52 € (anstatt die von mir im Formular unter 9.3 angeführten 8.630,52 €).
Weiters habe ich einen Wohnungsfinanzierungsbeitrag in der Höhe von 45.549,84 € für die neue Wohnung beglichen (siehe Beilage), diesen Betrag habe ich leider nicht in der Arbeitnehmerveranlagung 2015 vermerkt. Ich ersuche um Berücksichtigung des Finanzierungsbetrages in der Arbeitnehmerveranlagung 2015!
Ich habe keinerlei Wohnbeihilfen oder Förderungen erhalten.
6) Fahrtkosten 587.00 €:
Im Jahr 2015 habe ich bei der Firma
***2*** gearbeitet. Da ich kein Auto besitze musste ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und dann zu Fuß in die Arbeit fahren. Weiters hatte ich auch einige Auswärtstermine, die mit der Bahn zurücklegte.

< Ergänzungsersuchen vom :
Es sei um Vorlage der Belege und Kostenaufstellung der Werbungskosten ersucht worden.

< Antwortschreiben vom :
1) Wohnraumschaffung/ bzw. "außergewöhnliche Belastungen":
Einerseits sind die Finanzierungskosten von 2.812,00 €, sowie die restlichen Kosten von 5.545,52 € (zur Schaffung des Wohnraums -> einer Küche) anzuerkennen und somit zu berücksichtigen. Die Wohnung hatte keine Küche (keinen Herd, keine Spüle, etc.) inkludiert. Wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, beziehen sich die eingereichten Rechnungen nicht auf Möbel, sondern ausschließlich auf die Küche (Herd, Spüle, Eiskasten, etc.), welche ich errichten mussten, um in der Wohnung leben zu können. Betreffend den Finanzierungsbeitrag wurde mir von der Hausverwaltung ein Schreiben zur Vorlage an das Finanzamt übermittelt, welches ich Ihnen bereits mehrfach weitergeleitet habe.
Anbei noch einmal der Gesetzestext zur Schaffung von Wohnraum:
Gemäß § 18 (Absatz 1) Z 3 Iit. a Erster Teilstrich EStG, sind Beiträge die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden, als Sonderausgabe zu qualifizieren. Im Sinne dieser Bestimmung ist eine gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung (hier BAI - Bank Austria Immobilien) ein Bauträger im Sinne dieses Gesetzes. Dabei ist es gleichgültig; ob der Wohnraum dem Wohnungswerber in Nutzung (Bestand) gegeben, oder ihm eine Kaufanwartschaft eingeräumt wird. Daher ist die Begründung im Bescheid, wonach nur Aufwendungen zur Errichtung von Eigentumswohnungen abzugsfällig seien, unrichtig!
In Bezug auf die Berücksichtigung der Wohnraumschaffung bin ich der Meinung, dass die Kosten zur Errichtung einer Küche, wenn diese nicht im Zuge der Wohnraumschaffung Zl 456 (obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben (siehe § 18 - oben) geltend gemacht werden können, sind diese auf jeden Fall als "außergewöhnliche Belastung" ZI 735 einzustufen, da dies für mich als "Alleinerziehende" Teilzeitbeschäftigte einen enormen finanziellen Aufwand darstellte.
Bei den "außergewöhnlichen Belastungen" wurde Ihrerseits 7.233,75 € gewährt, tatsächlich wurden meinerseits 7.679,15 € (vor Abzug des Selbstbehalts) geltend gemacht, hieraus ergibt sich ein Minderbetrag von 445.40 €. der ebenfalls berücksichtigt werden muss!
2) Rechtsschutzversicherung:
Bisher wurden die Kosten der Rechtsschutzversicherung (seit dem Jahr 1991) immer berücksichtigt. Da keine diesbezügliche Gesetzesänderung ersichtlich ist, erscheint eine Nichtberücksichtigung gesetzwidrig.
3) Fehlen eines Teiles des Alleinerzieherabsetzbetrages:
Weiters musste ich feststeilen, dass die Erstattung des Alleinerzieherabsetzbetrags von 604,00 € (2014) auf 375,23 € gekürzt wurde. Auch hier ist keine diesbezügliche Gesetzänderung gegeben.
Ich ersuche, um entsprechende Korrektur bzw. Anerkennung, der bis dato nicht berücksichtigten Positionen (der Rechtsschutzversicherung von 207,40 €, der Küche, des Wohnkostenbeitrages, sowie des Minderbetrages von 445,40 €, und die 337,00 € (Kinderbetreuung und Fortbildung) -> gesamt 9.347,32 €, sowie die Differenz des fehlenden Alleinerzieherabsetzbetrages.

Mit Beschluss vom seitens des nunmehr zuständigen Richters wurden der Beschwerdeführerin weitere Information und Fragen übermittelt.
1.) Hinsichtlich der Sonderausgaben sei bereits der Maximalbetrag (1.460,00 €) berücksichtigt worden. Der übersteigende Betrag würde keine außergewöhnliche Belastung darstellen, da tatsächlich kein Vermögensabgang vorliegen würde.
2.) Werbungskosten:
Hier hätte das Finanzamt bereits Aufwendungen iHv 685,88 € berücksichtigt. Für weitere Werbungskosten würden detaillierte Angaben und Unterlagen notwendig sein.
3.) Außergewöhnliche Belastungen:
Hier sei vom Finanzamt bereits ein Betrag von 7.679,15 € berücksichtigt worden. Es werde ersucht, eine Auflistung der weiteren begehrten Aufwendungen nachzureichen.
4.) Alleinverdienerabsetzbetrag:
Dieser sei bereits in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt worden.

Mit Eingabe vom wurde diesbezüglich angegeben, dass bei den außergewöhnlichen Belastungen noch die Kinderbetreuungskosten fehlen würden. Insgesamt sei hier ein Betrag von 4.017,17 € aufgewendet worden - es seien aber lediglich 2.698,50 € angerechnet worden.
Hinsichtlich der Werbungskosten würden keine weiteren Unterlagen vorgelegt werden.

In einer weiteren Eingabe vom gab die Beschwerdeführerin an, dass der Sohn entweder die öffentliche Kinderbetreuung der Stadt Wien, die Ferienbetreuung im Amtshaus, im Ferienhort im Kloster sowie in der Nachmittagsbetreuung der Schule besucht hätte.

Mit Mail vom wurde die Beschwerdeführer seitens des Richters aufgefordert, die beantragten außergewöhnlichen Belastungen aufzulisten und belegmäßig nachzuweisen.

Mit Eingabe vom wurden die geforderten Unterlagen und Aufstellungen übermittelt. Dabei sei ein Betrag von nunmehr 4.353,03 € ermittelt worden.
< Nachmittagsbetreuung: 2.724,49 €
< Mittagsbetreuung: 255,0 €
< Mittagsbetreuung: 143,00 €
< Mittagsaufsicht: 586,00 €
< Ferienbetreuung/Schulveranstaltungen: 337,00 €
< Schulzubehör: 102,04 €
< Ferienbetreuung: 205,00 €

Mit Beschluss vom wurden diese Daten samt einer eigenen Aufstellung des Richters dem Amtsvertreter zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme übermittelt.

Mit Eingabe vom gab der Amtsvertreter bekannt, dass er keine weitere Stellungnahme mehr abgeben werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Alleinerzieherin und beantragte für ihren Sohn im Wesentlichen Aufwendungen für die Betreuung und Aufsicht - während ihrer Berufstätigkeit.

Aufwendungen als Werbungskosten wurden vom Finanzamt bereits berücksichtigt. Weitere Nachweise diesbezüglich blieb die Beschwerdeführerin schuldig (" … Werbekosten, werde ich nicht mehr aufschnüren …").

Die Sonderausgaben wurden bereits in maximalem Ausmaß berücksichtigt.

Beweiswürdigung

In mehreren Eingaben hat die Beschwerdeführerin Auflistungen und belegmäßige Nachweise vorgelegt. Es wird hier vorwiegend auf die letzte Eingabe vom verwiesen, in welcher abermals die vorher gemeldeten Beträge korrigiert wurden.

Zur Auflistung dieser Beträge wird auf die Beilage "Auflistung außergewöhnliche Belastungen" verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 (i.d.F. BGBl. I Nr. 79/2009) gelten Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.300 Euro pro Kind und Kalenderjahr unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft (u.a.) ein Kind i.S.d. § 106 Abs. 1.
2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr … noch nicht vollendet.
3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.
Gemäß § 34 Abs. 6 EStG können Aufwendungen für die Kinderbetreuung i.S.d. Abs. 9 ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Auch außerhalb des Anwendungsbereiches des Abs. 9 ist die Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung möglich. Zum Beispiel für Betreuungskosten von Alleinerziehenden mit schulpflichtigen Kindern (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2021, § 34 Rz 86).

Die Bestimmung des § 34 Abs. 9 EStG 1988 wurde mit dem Steuerreformgesetz 2009, BGBl. I Nr. 26/2009 eingefügt. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (54 BlgNR 24. GP, 16f) ist zu entnehmen, dass nur die Kosten für die "ausschließliche Kinderbetreuung" zu berücksichtigen sind, der Betreuungszweck muss somit wesentlicher Bestandteil der Dienstleistung sein. Nach Peyerl in Jakom, EStG, 11. Auflage 2018, § 34 Rz 87, können daher die Kosten der Vermittlung der Betreuung, der Fahrten zur Kinderbetreuung, der Schulgelder für Privatschulen, der Aufwendungen für jegliche Unterrichtstätigkeiten (beispielsweise Nachhilfeunterricht) sowie der Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musikunterricht, Computerkurse, etc.) nicht im Rahmen des § 34 Abs. 9 EStG 1988 berücksichtigt werden.

Folgende beantragte Aufwendungen (lt. Eingabe vom ) sind demnach nicht zu berücksichtigen:

< Gesellschaft der Musikfreunde in Wien: 84,00 €
Diesbezüglich wurde ein Zahlungsbeleg (Kartenbüro) vorgelegt. Eine unmittelbare Kinderbetreuung kann hierin nicht erkannt werden.

< Schulveranstaltung: 165,00 € (Schikurs); 95,00 € (Tenniskurs)
Dieser Betrag beinhaltet einen Schikurs (105,00 €) und Mittagsbetreuung (60,00 €). Wie oben bereits ausgeführt wurde, sind Aufwendungen für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (Schifahren) nicht im Rahmen von § 34 Abs. 9 zu berücksichtigen; auch dann nicht, wenn es sich hierbei um eine Schulveranstaltung gehandelt hat.
Es ist hier also lediglich der Betrag von 60,00 € für die Mittagsbetreuung zu berücksichtigen.

< Elternvereinbeitrag: 20,00 €
Auch wenn der Elternverein beispielsweise für Mittagsbetreuung aufkommt (diese Beträge wurden anerkannt), so dient der Mitgliedsbeitrag zum Elternverein nicht der unmittelbaren Betreuung des Kindes.

< Fahrkarte für Schule 60,00 €
Bei den begehrten Fahrtkosten (Top Jugendticket) handelt es sich jedoch nicht um Kinderbetreuungskosten, weshalb eine Anerkennung im Rahmen des § 34 Abs. 9 EStG 1988 nicht möglich ist (vgl. ).

< Schulveranstaltung 120,00 €
Hier wurde ein Beleg Nachmittagsbetreuung vorgelegt. Aus diesem Beleg ist keinesfalls erkennbar und nachvollziehbar, dass es sich hierbei um eine pädagogisch qualifizierte Person im Sinne der gesetzlichen Bestimmung gehandelt hat. Weitere Angaben hat die Beschwerdeführerin diesbezüglich nicht vorgelegt.

< Schulzubehör: 102,00 €
Inwiefern Schulzubehör zu unmittelbaren Betreuungsaufwendungen zählen soll, erschließt sich dem erkennenden Richter nicht. Auch wenn es sich hier allenfalls um Gegenstände handelt, welche bei bestimmten Betreuungseinheiten verwendet wurden, so sind diese Aufwendungen keine Aufwendungen für den unmittelbaren Betreuungsaufwand. Eine genaue Auflistung um welche Gegenstände es sich gehandelt hat, wurde von der Beschwerdeführerin nicht übermittelt - lediglich wo diese gekauft wurden.

< Ferienbetreuung: 205,00 €
Trotz Anforderung wurde hier lediglich der Betrag genannt - ohne weitere Nachweise (in der Beilage zur 2. Ergänzung an das Finanzamt: "Habe ich vergessen zu melden"). Ein tatsächlicher Betreuungsaufwand kann nicht nachvollzogen und überprüft werden.

Die genaue Berechnung der außergewöhnlichen Belastung ist der Beilage zu entnehmen.

Hinsichtlich der übrigen (ursprünglichen) Beschwerdepunkte (Sonderausgaben und Werbungskosten, sowie a.g.B. für Wohnungseinrichtung) wird auf den Einkommensteuerbescheid 2015, die Beschwerdevorentscheidung vom sowie den Beschluss vom verwiesen.

Angemerkt wird weiters, dass gegenständliche Beurteilung bereits der doch sehr "großzügigen" Ansicht des Finanzamtes gefolgt ist und im Zweifel im Rahmen der Beweiswürdigung der Darstellung der Beschwerdeführerin gefolgt ist. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin auch seitens des Richters hingewiesen wurde, dass beispielswiese Nachweise jedenfalls notwendig sind, um entsprechende Beträge zu rechtfertigen (vgl. Beschluss vom ). Ohne entsprechende Nachweise konnte beispielsweise eine Überprüfung hinsichtlich tatsächlicher Betreuungsaufwendungen nicht vorgenommen werden - wie beispielsweise "Ferienbetreuung 205".

Im Folgenden werden noch einige Judikate zu oben genannten Streitpunkten angeführt:

- :
Kinderbeaufsichtigung kommt als außergewöhnliche Belastung einer alleinerziehenden Mutter nur die während der Arbeitszeit in Betracht. Kosten für Verpflegung, Schulbesuch ohne Behindertenbetreuung oder auswärtige Berufsausbildung und besondere - über die reine Beaufsichtigung hinausgehende - Ferienaktivitäten wie Reiten und Musical-Tanzen fallen auch bei anderen, nicht berufstätigen Eltern an und sind daher nicht außergewöhnlich.

- :
Nur die Kosten für die ausschließliche Kinderbetreuung können berücksichtigt werden, Kosten für Verpflegung oder beispielsweise das reine Schulgeld für Privatschulen sind nicht berücksichtigungsfähig.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In mehreren Schreiben wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit geboten, ihre Ansichten darzustellen und klar nachzuweisen.
Gegenständliche Beurteilung erfolgte im Wesentlichen im Rahmen der vorgenommenen Beweiswürdigung anhand der vorgelegten Unterlagen. Erfolgt diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage, so ist dies einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Beilagen:

< Berechnungsblatt
< Berechnungsblatt Einkommensteuer 2015

Wien, am

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Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101242.2022

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