TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.08.2022, RV/5100689/2021

Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 Abs. 3 BAO

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/5100689/2021-RS1
Eine Haftung gemäß § 11 BAO besteht erst ab Heranziehung eines rechtskräftig verurteilten Beitragstäters mittels Haftungsbescheid. Bis zu diesem Zeitpunkt kommt er lediglich als Haftungsschuldner in Betracht und ist damit nur potenzieller Haftungsschuldner. Ein Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 Abs. 3 BAO kann dagegen bereits vor Entstehen des Haftungsanspruches nach § 11 BAO ab Anhängigkeit des Strafverfahrens erteilt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***BF1-Adr***, vertreten durch ***StB***, über die Beschwerde vom gegen den Sicherstellungsauftrag des Finanzamtes Linz vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem gemäß § 232 BAO die Sicherstellung in das Vermögen der Beschwerdeführerin "als Haftungsschuldner der ***B-GmbH*** (FN ***1***)" hinsichtlich der voraussichtlich vorsätzlich hinterzogenen (näher aufgegliederten) Abgaben in Höhe von insgesamt 636.678,00 € angeordnet wurde, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass im Spruch der Passus "als Haftungsschuldner der ***B-GmbH*** (FN ***1***)" nunmehr lautet: "als potenzielle Haftungsschuldnerin der ***B-GmbH*** (FN ***1***)".

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge eines Finanzstrafverfahrens erging am an die Beschwerdeführerin folgender Sicherstellungsauftrag:

Gemäß § 232 Bundesabgabenordnung (BAO) wird in das Vermögen der ***Bf1***, geboren am ***2***, wohnhaft in ***3***, als Haftungsschuldner der ***B-GmbH*** (FN ***1***) in ***4***, die Sicherstellung der voraussichtlich vorsätzlich hinterzogenen Abgaben angeordnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe in Euro
Kapitalertragsteuer
2016
90.068,00
Kapitalertragsteuer
2017
69.630,00
Kapitalertragsteuer
2018
97.460,00
Kapitalertragsteuer
2019
76.340,00
Körperschaftsteuer
2016
81.880,00
Körperschaftsteuer
2017
63.300,00
Körperschaftsteuer
2018
88.600,00
Körperschaftsteuer
2019
69.400,00
Summe:
636.678,00

Die Sicherstellung dieser Abgabenansprüche kann sofort vollzogen werden.
Eine Hinterlegung des Betrages in Höhe von Euro 636.678,00 bei der oben bezeichneten Abgabenbehörde bewirkt, dass Maßnahmen zur Vollziehung dieses Sicherstellungsauftrages unterbleiben und diesbezüglich bereits vollzogene Sicherstellungsmaßnahmen aufgehoben werden.

1. Begründung Sicherstellung gem. § 232 BAO:

Gem. § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.

Gem. Abs. 3 gilt Abs. 1 sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden. Für eine Sicherstellung nach § 232 Abs. 3 BAO ist es nicht erforderlich, dass die Abgabenschuld gegenüber dem Haftenden bereits mit Haftungsbescheid geltend gemacht werden muss, es genügt die Anhängigkeit eines Strafverfahrens wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liegt im Ermessen der Abgabenbehörde und erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Dabei ergibt sich schon aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die Interessen des Abgabepflichtigen treten dabei in den Hintergrund.

Der Abgabenanspruch entsteht gem. § 4 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Das ist für die zu veranlagende Körperschaftsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte. Der Abgabenanspruch ist daher sowohl hinsichtlich der Körperschaftsteuer als auch hinsichtlich der Kapitalertragsteuer bereits entstanden.

Aufgrund der Anordnung der Durchsuchung vom der Staatsanwaltschaft Linz, Zahl ***5***, wurden am in der Strafsache gegen ***V*** und ***Bf1*** an drei Wohn- und Geschäftsadressen Durchsuchungen durch die Steuerfahndung, Team Linz, vorgenommen. Außerdem wurden Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte angeordnet und ebenso am vollzogen.

Gegen ***Bf1*** ist somit ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Abgabenhinterziehung anhängig.

Gemäß § 11 BAO haften rechtskräftig verurteilte Täter bei vorsätzlichen Finanzvergehen für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.

1.1. Die sicherzustellenden Abgabenansprüche sind auf Grund folgender Sachverhalte entstanden:

Die Firma ***B-GmbH*** (FN ***1***) deren Geschäftszweig mit "Montage, Hydraulikverrohrungen und Handel mit Waren aller Art" bezeichnet ist, wurde mit Vertrag vom errichtet. Der Ort der Geschäftsleitung ist seit der Gründung in ***4***. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer It. Firmenbuch fungiert seit der Gründung ***V***, geb. ***6***, wohnhaft in ***3***.

Die Gesellschaftsanteile werden zu 70% vom Beschuldigten ***V*** und mit 30% von seiner Lebensgefährtin ***Bf1*** gehalten.

Das Unternehmen ist beim FA Linz unter der Steuernummer ***7*** erfasst.

Die beiden im Finanzstrafverfahren involvierten Firmen, nämlich die ***A-GmbH*** (Vorgängerfirma) und die ***B-GmbH*** arbeiten seit Jahren mit der Firma ***C-GmbH*** zusammen. Die ***C-GmbH*** erhält ihre Aufträge von der ***VA***. Die Leistungen der ***A-GmbH*** sowie der ***B-GmbH*** werden/wurden am ***VA*** Gelände erbracht.

Im Rahmen der Außenprüfung wurde dem Finanzamt Linz bekannt, dass die beiden genannten, involvierten Unternehmen, über den gesamten Prüfungszeitraum von 2014 bis 2018, sich Scheinrechnungen bedient haben und diese als Aufwand in den entsprechenden Jahresabschlüssen geltend gemacht haben.

Im buchhalterischem Rechenwerk der ***B-GmbH*** wurden im Kalenderjahr 2016 € 1.900.000,00, 2017 € 2.250.000,00, 2018 € 3.100.000,00 und 2019 € 1.900.00,00 (alle Beträge sind "gerundet") verbucht, ohne dass es zu tatsächlichen Leistungserbringung der involvierten "Subunternehmen" kam. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Aufwand um Deckungs- bzw. Scheinrechnungen handelt.

Dieser Verdacht wird dadurch begründet, dass sich der Beschuldigte ***V*** des Betrugssystems der sog. "Nettoverrechnung", bedient, welches durch die beiden anonymen Anzeigen mit Datum vom und bei der Finanzverwaltung hinsichtlich der Firma ***B-GmbH*** sowie der Zeugeneinvernahme des Arbeiters ***S*** vom bestätigt wird.

In der "dubiosen" Personalgestellung ist es üblich, dass das Nettolohnsystem angewandt wird; d.h. es werden Vereinbarungen über Nettostundenlöhne getroffen, obwohl offiziell nach Mindestkollektiv angemeldet und abgerechnet worden ist. Die Differenz zwischen vereinbarten Nettolohn und Kollektivvertrag wird über "Schwarzzahlungen" in bar ausbezahlt.

Die Anwendung des Nettolohnsystems funktioniert nur im Zusammenhang mit dem Zukauf von Schein- bzw. Deckungsrechnungen. Durch diese Vorgehensweise wird dem Unternehmer (Rechnungsempfänger) ermöglicht, sein Eigenpersonal nur nach Kollektivvertrag zu entlohnen und durch die fingierten Rechnungen den tatsächlichen Lohnbedarf der Arbeiter durch Schwarzgeldzahlungen zu decken.

Um diese Geschäftsfälle den prüfenden Behörden als tatsächliche Geschäftsfälle darzustellen bzw. nachzuweisen, wird von den inkriminierten Firmen angeboten, die jeweiligen Rechnungssummen auf das Konto des Rechnungsausstellers zu überweisen.

Die auf diese Weise überwiesenen Geldbeträge werden in weiterer Folge fast ausnahmslos wieder in bar vom jeweiligen Konto abgehoben und an den Käufer der jeweiligen Schein-bzw. Deckungsrechnung in bar unter Abzug einer einbehaltenen Provision (zwischen 4 und 10 %) an den Rechnungskäufer rückübermittelt (Kick back Zahlungen).

Außerdem hat der Unternehmer neben dem lukrierten Schwarzgeld einen immensen "Wettbewerbsvorteil" bei der Rekrutierung von Facharbeitern und "gutem" Personal, indem er dieses aufgrund der Ersparnis von Lohn- bzw. Lohnnebenkosten "unterpreisig" anbieten kann. Und auch für die Dienstnehmer erscheint diese Vorgehensweise erstrebenswert, da sie einerseits geringere Lohnabgaben haben und andererseits stellen die zu "niedrigen" Lohnzettel oft die Basis für Lohnexekutionen, diverse Beihilfen und Förderungen dar.

Nachdem sich der Beschuldigte ***V*** über den gesamten Prüfungszeitraum dubioser Subunternehmen bedient, welche in Betrugskreisläufen eingebunden sind und in diesen Verfahren das sog. "Nettolohnsystem" gängige Praxis ist, ist davon auszugehen, dass ***V*** dieses "System" auch für sich in seinen Unternehmen übernommen bzw. angewendet hat.

Der beschriebene Verdacht erhärtet sich eben durch die anonymen Aussagen und Aussage des ehemaligen Arbeiters. Diese bestätigen, dass nach vorher vereinbarten Stundensatz und tatsächlich geleisteten Stunden abgerechnet wird und nicht nach Laufmeter fertiggestellter Rohrleitungen, wie auf den Eingangsrechnungen darstellt bzw. abgerechnet. Der ehemalige Mitarbeiter der ***B-GmbH*** gibt weiters an, dass er ca. 200 Stunden im Monat arbeite und dass ihm ein Lohn von ca. € 3.000,00 zustünde, er jedoch mit "Mindestlohn" angemeldet sei und den Rest in bar "schwarz" ausbezahlt bekomme.

Diese Vorgehensweise sei von Anfang an mit ***V*** vereinbart gewesen.

Aus einer bereits oben erwähnten anonymen Anzeige geht hervor, dass der Beschuldigte ***V*** wöchentlich nach Wien fährt und dort "Schwarzgeld" abhole.

Dass es zu Kick-back Zahlungen kommt bzw. kam konnte anhand von Kontoauszügen eines Subunternehmers der ***B-GmbH***, nämlich der ***R*** GmbH für den Zeitraum Juli 2017 bis Jänner 2018 festgestellt werden.

Der Verantwortliche beider Firmen, ***V*** konnte für kein Fremdleistungsunternehmen genaue Aufzeichnungen über die einzelnen Mitarbeiter und/oder die erbrachten Leistungen bzw. Stundenaufzeichnungen vorweisen. Es wurden lediglich allgemeine Unterlagen wie die Werkverträge, Passkopien der Geschäftsführer, UID-Nummer- Abfragen sowie die entsprechenden Eingangsrechnungen vorgelegt.

Aus den Rahmenbedingungen zum Werkvertrag zwischen ***C-GmbH*** und der ***B-GmbH*** vom ist z.B. ersichtlich, dass ein Wochenbuch zu führen wäre, in dem die durchgeführten Leistungen zu beschreiben sind. Diese wöchentlichen Eintragungen sind/wären vom Montageleiter des Auftraggebers (***C***) zu unterzeichnen. Außerdem wird der Auftragnehmer (***B-GmbH***) verpflichtet, die erforderliche Infrastruktur, Maschinen, Werkzeuge und Verbrauchsmaterial selbst beizubringen. Bei Subvergaben durch den Auftragnehmer (***B-GmbH***) hat eine vorherige Anmeldung und schriftliche Freigabe durch den Auftraggeber (***C***) zu erfolgen. Keiner dieser genannten "Vertragsbestandteile" konnte vorgewiesen werden.

Im Zuge einer Betriebsbesichtigung am ***VA*** Gelände, wurde der Prüferin erklärt, dass sämtliche Schweißer, welche für die Firma ***C-GmbH*** tätig werden, auch jene die für ein Subunternehmen arbeiten, einen Schweißtest bei der Fa. ***C-GmbH*** absolvieren müssen. In diesem Zusammenhang werden Personenblätter mit den dementsprechenden Sicherheitsanweisungen erstellt. Diese Personenblätter für die ***B-GmbH*** wurden der Prüferin vorgelegt. Auffallend ist, dass zu diesem Zeitpunkt nur Personenblätter vom "eigenen" Personal der ***B-GmbH*** vorhanden waren und kein Personal von Fremdleistungsunternehmen (Subunternehmen) der ***B-GmbH***.

1.2. Die sicherzustellenden Abgabenansprüche wurden wie folgt ermittelt:

Nachdem es laut Aussage des Beschuldigten keine Stundenaufzeichnungen bzw. sonstige Aufzeichnungen der Subunternehmer gibt und somit von der Abgabenbehörde die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, ergibt sich die Verpflichtung gem. § 184 BAO die Grundlagen der Abgabenerhebung zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Behörde grundsätzlich frei, wobei im Einzelfall jener Methode der Vorzug zu geben ist, die zur Erreichung des Ziels, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint.

Lohnabgaben:
Ausgehend von der Zeugenaussage des ehemaligen Mitarbeiters der
***B-GmbH*** und von Erfahrungswerten in dieser Branche wird von einem monatlichen Nettogehalt von € 3.000,00 ausgegangen (50% offiziell und 50% in bar als Schwarzzahlung). Dieses monatliche Nettogehalt wird auf ein Jahresgehalt unter Berücksichtigung der offiziell angemeldeten Monate der gesamten Arbeiter hochgerechnet.

Als Hochrechnungsfaktor für die Lohnsteuer (Progression) wurden 40% im Schätzungswege herangezogen, abzüglich der laut Buchhaltung geleisteten Lohnsteuer.

Die so ermittelte netto Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer, wurde nach Umrechnung auf ein Jahresbruttogehalt als Grundlage für den DB herangezogen (2016: 4,5%; 2017-4,1%; 2018-3,9%; 2019:3,9%). Der laut Buchhaltung bereits geleistete DB wurde in die Berechnung miteinbezogen.

Körperschaft- und Kapitalertragsteuer:
Ausgehend davon, dass es sich bei den Personalaufwendungen laut Buchhaltung nur um die 50%ige offizielle Gehaltszahlung handelt und der gleiche Betrag nochmals in bar als Schwarzzahlung geleistet wurde, werden die bisher geltend gemachten Fremdleistungsaufwendungen um diese Schwarzzahlungen sowie einer 4%igen Provision gekürzt. Der so ermittelte Differenzbetrag wird sowohl der Körperschaft- als auch der Kapitalertragsteuer unterzogen.

Diesbezüglich wird auf die Beilage verwiesen

2. Gefährdung und wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung:

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, kann die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen (§ 232 BAO).

Auf die laufende Rechtsprechung zum § 232 BAO, insbesondere jedoch das Erkenntnis des (ZI: 89/13/0047, ÖStZB 1990, Seite 328) wird in diesem Zusammenhang verwiesen, worin es unter anderem heißt:

"Wie aus dieser Gesetzesbestimmung hervorgeht, sind Sicherstellungsmaßnahmen im Wege eines Sicherstellungsauftrages innerhalb des im § 232 Abs 1 BAO umschriebenen Zeitraumes zulässig, wenn eine Gefährdung oder Erschwerung der nachfolgenden Einbringung von Abgaben begründet zu befürchten ist. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden ua bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der AbgPfl auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden, ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des AbgPfl, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der AbgBeh die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (Reeger - Stoll, Kommentar zur BAO, 769 und Stoll, BAO, 577 und die dort angeführte Jud)."

Die Beschuldigte ***Bf1*** ist 30%ige Gesellschafterin und auch Angestellte der ***B-GmbH***. ***Bf1*** ist in das wirtschaftliche Geschehen des Unternehmens voll eingebunden, da sie sowohl für die Buchhaltung als auch für die allgemeinen Büroarbeiten zuständig ist. Außerdem hat sie das Rechnungs- und Bankwesen über und ist bei allen Firmenkonten zeichnungsberechtigt. Weiters ist davon auszugehen, dass ***Bf1*** aufgrund des Naheverhältnisses zum Hauptbeschuldigten ***V*** (Lebensgefährte), die Machenschaften des ***V*** kennt und bei seinen Malversationen zur Abgabenhinterziehung beiträgt.

Zusätzlich zum Verdacht der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b FinStrG besteht aufgrund der "ausländischen" Wurzeln - so lebt der Schwiegervater der Beschuldigten in Serbien - die Gefahr, dass Vermögenswerte ins Ausland verschoben werden könnten, um sie dem Zugriff der Finanzbehörde zu entziehen. Außerdem erfolgte bereits eine Verschleppung von Vermögen. So ist nur die Lebensgefährtin und in diesem Verfahren ebenfalls Beschuldigte, ***Bf1*** alleinige Eigentümerin der 2016 um € 250.000,00 erworbenen Liegenschaft und dem anschließend errichteten Einfamilienhaus. In diesem Haus lebt ***Bf1***, ihr Lebensgefährte ***V*** und die beiden gemeinsamen Kinder. Das Einfamilienhaus ist mit € 256.000,00 belastet. Laut Pfandurkunde ist ***V*** der Kreditnehmer. Diese Vorgehensweise wird üblicherweise deshalb angewandt um den Geschäftsführer einer GmbH als vermögenlos darzustellen und um bei eventuellen Haftungsansprüchen der ebenfalls vermögenslosen Gesellschaft gegenüber der Abgabenbehörde, den Zugriff auf etwaiges Vermögen zu unterbinden.

Im vorliegenden Fall ist die Einbringung der zu erwartenden Abgabennachforderungen der ***B-GmbH*** für die Zeiträume 2016 bis 2019 gefährdet, bzw. die Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben zu befürchten, weil zum derzeitigen Zeitpunkt der Abgabenbehörde kein verwertbares Firmenvermögen, sowie kein offizielles Vermögen des haftenden Geschäftsführers ***V*** zur Abdeckung der zu erwartenden Abgabennachforderung bekannt ist.

Es sind somit die objektiven Tatbestandsmerkmale als erfüllt anzusehen, die die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages im Sinne des § 232 BAO notwendig erscheinen lassen.

Nur durch einen raschen Zugriff auf das vorhandene Vermögen der ***Bf1*** kann die Abgabenbehörde einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung begegnen. Aus diesem Grund war ein Bescheid-Sicherstellungsauftrag zu erlassen.

Die im Sicherstellungsauftrag angeführten Abgaben wurden dabei wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aufwandskürzung nach BP
Kürzung Aufwand Fremdleistungen bisher
1.900.000,00
2.250.000,00
3.100.000,00
1.900.000,00
Hinzurechnung Aufwand f. "Schwarzzahlungen"
1.512.000,00
1.920.000,00
2.640.000,00
1.560.000,00
4 % Provisionsaufwand
60.480,00
76.800,00
105.600,00
62.400,00
Differenz/Gewinnerhöhung
327.520,00
253.200,00
354.400,00
277.600,00
Gewinnerhöhung nach BP
327.520,00
253.200,00
354.400,00
277.600,00
KÖST
81.880,00
63.300,00
88.600,00
69.400,00
Verdeckte Ausschüttung
327.520,00
253.200,00
354.400,00
277.600,00
KEST
90.068,00
69.630,00
97.460,00
76.340,00


Gegen diesen Sicherstellungsauftrag richtet sich die vom steuerlichen Vertreter am eingebrachte Beschwerde, in der ausgeführt wurde wie folgt:

1. Vollmachtsbekanntgabe: ***StB*** stellt sich als steuerlicher Vertreter der Frau ***Bf1*** vor. ***StB*** beruft sich auf die erteilte Vollmacht.

2. Beantragt wird jedenfalls die Zustellung aller Verständigungen und Bescheide an den ausgewiesenen Parteienvertreter.

3. Gegen den Bescheid (Sicherstellungsauftrag) des Finanzamtes LINZ vom , E-Nr.: ***8*** erhebt ***Bf1*** das Rechtsmittel der

Beschwerde.

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Sicherstellungsauftrages und Einstellung des Verfahrens gegenüber ***Bf1***, geb. ***2***.

Gleichzeitig wird eine Vorgangsweise nach § 212a Abs. 1 letzter Satz BAO beantragt.

4. Da im gerichtlichen Finanzstrafverfahren eine Verteidigung durch einen Steuerberater nicht möglich ist, wurde für die Erhebung der Beschwerde ***RA*** betraut. Im Abgabenverfahren ist aber der ***StB*** der steuerliche Vertreter.

5. Bestritten wird - wie bereits in der Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung - der Vorwurf der Beitragstäterschaft der Frau ***Bf1*** und alle auf diesem Vorwurf beruhenden Anordnungen gegen ***Bf1***.

Ausgangspunkt für die Erlassung der Anordnungen der StA LINZ war der Anlassbericht der Steuerfahndung Team 07 vom . Der Inhalt des Anlassberichtes wurde als Substrat für den relevanten Sachverhalt übernommen, wobei aber eine gravierende Fehlinterpretation vorliegen dürfte.

Die wider die Aktenlage erhobenen Vorwürfe (Fahrten nach Wien mit dem Lebensgefährten, um Schwarzgeld zu beschaffen; ***Bf1*** sei Steuerberaterin, woraus sich erschließen lasse, sie kenne sich aus), werden zwar im Sicherstellungsauftrag nicht wiederholt, aber auch die dort angeführten Argumente sind nicht haltbar. Nachweislich war Frau ***Bf1*** in ihrem Leben erste zwei Mal in Wien - wobei einmal lediglich eine Fahrt zum Flughafen Schwechat hier includiert ist. Eine zweite Fahrt liegt Jahre zurück und betraf ein familiäres - freundschaftliches Treffen mit Bekannten - hier ein dienstliches Treffen zu unterstellen ist eine nicht haltbare bösartige Unterstellung.

6. Wenn man unter dem Begriff "Buchhaltung" das Sammeln der Belege versteht, so wäre das richtig, den Rest erledigt die StB-Kanzlei ***StB***. Dorthin werden die Belege gesammelt gebracht, dies von ***Bf1***. Dies entspricht einem normalen geordneten Buchhaltungsablauf wie dies bei allen Unternehmen welche die Buchhaltung erstellen lassen gegeben ist-darin kann kein dubioses Verhalten abgeleitet werden.Die Zeichnungsberechtigung über die Konten wird nicht bestritten und entspricht ebenfalls einem normalen Geschäftsbetrieb und kann ebenfalls nicht als dubiose Handlung gesehen werden; bleibt als einziges Argument die Lebensgemeinschaft mit ***V***, die für ein Strafverfahren wohl ohne Belang ist. Dubiose oder strafbare Handlungen alleine aus dieser Tatsache abzuleiten würde unserer Ansicht nach reine Sippenhaftung bedeuten.

Mangels verwertbarer und objektivierbarer Beitragshandlungen der ***Bf1*** (aus dem Akt lässt sich valide nichts ableiten, außer der vorhandenen nicht nachweisbaren Vermutungen) ist die angeordnete Sicherstellung nicht nachvollziehbar.

Welche Beitragshandlungen lassen sich schlüssig nachvollziehen, selbst wenn man die Lebensgemeinschaft in den Mittelpunkt stellt?

Das Sammeln der Belege und Übermittlung an den Steuerberater bedeutet nicht, dass ***Bf1*** in die wirtschaftlichen Belange voll eingeweiht ist, wenn man bedenkt, dass lediglich die beiden Aktenvermerke und die Niederschrift vor der Polizei ***9*** Basis für die Zwangsmaßnahmen waren.

Der Hinweis, ***Bf1*** würde "bei seinen Malversationen zur Abgabenhinterziehung beitragen" klärt die Frage nicht, welche TATHANDLUNGEN der ***Bf1*** vorliegen, woraus dieser Schluss gezogen werden kann. Das Schreiben von Rechnungen und die Kontozeichnung sind nur dann dolos, wenn Anhaltspunkte vorliegen würden (valide, beweisbar), dass ***Bf1*** voll in das Geschehen eingeweiht war. Ergänzend hier auch noch die Feststellung das Frau ***Bf1*** niemals in Verhandlungen mit anderen Firmen beteiligt war, noch hatte sie darauf irgendwelchen Einfluss.

Dazu der VwGH 2010/16/0181 vom :
"Bezieht sich der Schuldspruch auf einen sonstigen Tatbeitrag im Sinne des § 11 letzter Fall FinStrG, so ist im Spruch des Erkenntnisses daher zum Ausdruck zu bringen, worin der Tatbeitrag bestanden hat. (Im vorliegenden Fall wird im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar angeführt, wozu der Beschwerdeführer beigetragen habe. Durch welches Verhalten dies geschehen sei, hat die belangte Behörde im Spruch der Entscheidung jedoch unerwähnt gelassen.)"

Auch soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Geldmittel, über die Frau ***Bf1*** verfügt nachweislich nicht aus dem Firmenvermögen stammen, und sogar die Geldmittel dem Finanzamt bereits im Jahr 2016/2017 nachweislich offen gelegt wurden. Die Kontoauszüge - zum nochmaligen Nachweis - wurden bereits in den letzten Tagen der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Aus all diesen Belegen ergibt sich zweifelsfrei die Herkunft der Gelder bzw. dass diese nicht aus dem Firmenvermögen stammen.

7. Völlig daneben ist die Argumentation des Finanzamtes, dass der Vater des ***V*** in Serbien wohnt und daher die Gefahr bestehe, Vermögenswerte werden ins Ausland verschafft.

Wäre diese Argumentation hinfällig, wenn er in Österreich wohnt und das Bargeld unter dem Kopfpolster deponiert?

Logischerweise müsste der Vater des ***V*** Haus und Hof in Serbien verlassen, nach Österreich übersiedeln, damit dieses Argument wegfällt, irreal.

Gleiches gilt für die Argumentation des Hauserwerbes, wobei das Haus von ***Bf1*** erworben wurde, die Kredithaftung liegt bei ***V***.

Unbedacht blieb dabei, dass die Kindeseltern nicht verheiratet sind, sodass der Vater logischerweise für seine beiden Kinder Vorsorgen will, indem eben die Kindesmutter Hauseigentümerin wird - zumal auch Gelder aus einem Wohnungsverkauf der Mutter von Frau ***Bf1*** zum Ankauf verwendet wurden.

Dass bei einer Beteiligung von 70 % eine raschere Tilgung der Kreditschuld möglich ist als bei 30 %, ist klar. Sollte aber die Lebensgemeinschaft (aus familiären Gründen) beendet werden, so können die Kinder im Haus bleiben.

8. Abschließend noch ein Wort zur Frage des Ermessens:

Die vom Finanzamt verwendeten Begründungen lassen die Rechtswidrigkeit derErmessensübung deswegen erkennen, weil die familiären Beziehungen (Lebensgemeinschaft, Wohnort des Vaters des Lebensgefährten) zur Haftungsbegründung herangezogen werden, obwohl diese Argumentation eigentlich eine Scheinbegründung darstellt.

Dazu kommt, dass der Ermessensfehlgebrauch dadurch qualifiziert ist, dass nicht im Geringsten angedeutet ist, worin der TATBEITRAG bestanden hätte. Es wird nach Argumenten gesucht, die eine Beitragstäterschaft erklären ließen, man findet nichts, daher der Rückgriff auf die familiären Beziehungen.

9. Eine Vorgangsweise nach § 212 a Abs. 1 letzter Satz BAO wird deswegen beantragt, weil die Durchsetzung des Sicherstellungsauftrages einen unwiederbringlichen Nachteil bewirken würde.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Ein Sicherstellungsauftag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre (ua. ).

Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind (ua. ).

Die Staatsanwaltschaft Linz führt seit zu ***5*** ein Ermittlungsverfahren ua. gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachts des Verbrechens des Abgabenbetruges nach § 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG iVm § 33 Abs 1 FinStrG vor BGBl I 62/2019, der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG idF vor BGBl I 62/2019 und des Verbrechens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung nach § 153d Abs 1 und 3 StGB.

Die Voraussetzung der Anhängigkeit eines (gerichtlichen) Finanzstrafverfahrens ist daher gegeben.

Zur Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe wird im Sicherstellungsauftrag ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin bzw. Angestellte der ***B-GmbH*** für die Buchhaltung als auch für die allgemeinen Büroarbeiten zuständig ist. Außerdem habe sie das Rechnungs- und Bankwesen über. Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin daher in Kenntnis der sogenannten Scheinrechnungen (Deckungsrechnungen) war.

Die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung liegt nach der Judikatur ua., dann vor, wenn der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben ist, sowie die Einkommens- und Vermögenswerte auf eine Gefährdung schließen können (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 232, Rz 5). Diesbezüglich ist auf die Ausführungen betreffend Besitzverhältnisse und Hypothekarbelastungen im Sicherstellungsauftrag zu verweisen.

Hinzuweisen ist - dies vor allem im Zusammenhang mit der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben - der Umstand, dass im gesamten Zeitraum des Bestehens der ***B-GmbH*** dem Abgabenkonto keine offene Gewinnausschüttung und dementsprechend keine KESt-Anmeldung zu entnehmen ist. Dass die Geldmittel der Beschwerdeführerin It. Beschwerdevorbringen nicht aus Gesellschaftsmittel stammen würden, mag zwar der Staatsanwaltschaft "zum nochmaligen Nachweis" vorgelegt worden sein, im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens wurde dem Finanzamt jedoch keine entsprechenden Unterlagen übermittelt.

Die Begründung des gegenständlichen Sicherstellungsauftrages lässt zweifellos erkennen, dass die Gefährdung bzw. Erschwerung der Eindringlichkeit der Abgaben schon durch den zugrundeliegenden Sachverhalt sowie der Gestaltung der Geschäfte (Deckungsrechnungen) vorliegt, zumal offensichtlich danach getrachtet wurde, den tatsächlich steuerlich relevanten Sachverhalt zu verschleiern. Wie im Sicherstellungsauftrag ausgeführt war der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages kein verwertbares Vermögen der ***B-GmbH*** bzw. dessen Geschäftsführer zur Abdeckung der zu erwartenden Abgabennachforderungen bekannt.

In Zusammenschau mit den der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages bekannten Vermögen der Primärschuldnerin, des Geschäftsführers als potentiell Haftenden sowie der Beschwerdeführerin selbst ergeben sich daher ausreichend Gründe von einer Gefährdung bzw. wesentlichen Erschwerung der Einbringung auszugehen.

Dass die im Sicherstellungsauftrag aufgeschlüsselten Abgaben nicht entstanden sein sollten, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht. Es erübrigen sich daher diesbezügliche Ausführungen.

Zur Ermessensübung ist auszuführen, dass nach Abwägung der Umstände die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages notwendig erschienen ist, zumal nur durch raschen Zugriff auf das vorhandene Vermögen der Beschwerdeführerin dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgabe entsprochen werde, und somit der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung entgegenzutreten war.

Dagegen richtet sich der als "Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom " bezeichnete Vorlageantrag vom . Darin wurde vorgebracht:

Richtig ist, dass gem. §323 BAO die Behörde "kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den in Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpft, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§226BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen..."

Fakt ist, dass gegenüber der Mandantschaft bis heute nicht gelungen ist, einen sachlichen Beweis über die Beitragstäterschaft vorzulegen. Richtig ist, dass unsere Mandantin bei der Firma ***B-GmbH*** zwar gearbeitet hat, aber nie bei irgendwelchen finanziellen Transaktionen beteiligt war. Nicht einmal eine faktische Geschäftsführereigenschaft ist bis dato nachgewiesen - und kann auch nicht nachgewiesen werden, da wie bereits erwähnt, unsere Mandantin nie in irgendeiner Form an der Geschäftsgebarung beteiligt war. Es steht bis dato nicht einmal fest, ob die ***B-GmbH*** irgendeinen Rechtsbruch begangen hat aus dem sich Abgaben knüpfen könnten. Auch hierzu hat sich bis dato kein Anhaltspunktergeben.

Es wird hier eine Art "Sippenhaftung" betrieben - und zwar aus dem Umstand heraus - dass Frau ***Bf1*** die Lebenspartnerin des Geschäftsführers ist.

In der Bescheidbegründung wird weiters ausgeführt, "es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass nicht erst nach der Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist, und gewichtige Anhaltspunkte für die Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwernisse ihrer Einbringung gegeben sind ().

Demnach wird durch den Gerichtshof gefordert, dass die Abgaben dem Grunde nach entstanden sind - was hier eindeutig bestritten wird - da die Schuld unserer Mandantin keinesfalls gegeben ist - und das eine Gefährdung der Einbringung gegeben sein muss - auch hier ist anzuführen, dass weder eine Gefährdung vorliegt, und das sogar Sparguthaben der beiden Söhne gepfändet wurden. Darüber hinaus wird hier angeführt, dass bis jetzt - mehr als ein Jahr seit der Durchführungder Beschlagnahme noch immer nicht feststeht, welche Abgaben geschuldet werden. Die pauschale Verdächtigung, dass mehr als 600.000,-- Euro aus der Gebarung der ***B-GmbH*** sind reine Fantasiezahlen die durch nichts belegt werden können.

Weiters wird in der Bescheidbegründung wie folgt ausgeführt:

Zur Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe wird im Sicherstellungsauftrag ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin bzw. Angestellte der ***B-GmbH*** für die Buchhaltungals auch für die allgemeinen Büroarbeiten zuständig ist. Es wird betont, dass betreffend die Beteiligung unserer Mandantin ein Beratungsfehler seitens des vorhergehenden Steuerberaters gegeben ist, der ihr dazu angeraten hat. Fakt ist, dass unsere Mandantin nie in die finanziellen Gebarungen der ***B-GmbH*** eingebunden war.

Richtig ist, dass Frau ***Bf1*** die Belegsammlung der Firma überhatte, und dass sie die Buchhaltungsunterlagen für den Steuerberater sortiert und übergeben hat. Unrichtig ist daher, dass sie die Buchhaltungüberhatte bzw. unrichtige Daten übergeben hat. Ihre Verantwortung für den allg. Bürodienst erschöpfte sich in der Sammlung von Daten, Rechnungen und Personalverrechnung.

Eine weiterführende Verantwortung wird bestritten - und lässt sich auch aus der Aktenlage weder ableiten noch verifizieren. Es gibt kein einziges Schriftstück - wonach unsere Mandantin zu irgendeiner Zeit mit den Geschicken der ***B-GmbH*** irgendwie verstrickt wäre. Sie war auchnie an irgendwelchen Sitzungen beteiligt oder auch nur anwesend.

Es wird seitens der Behörde auch gerügt, dass keine offenen Ausschüttungen und keine KEST - Anmeldungen abgegeben wurden - und das aufgrund einer Deckungsrechnung der Sachverhalt sich zweifellos erkennen lässt, dass eine Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben schon durch den zugrunde liegenden Sachverhalt sowie aus der Gestaltung der Geschäfte vorliegt - so ist dem Entgegen zu halten, dass sich aufgrund der vorliegenden - bereits vor der Bescheiderlassung - der Sachverhalt aufgeklärt wurde. Eine Deckungsrechnung bei unserer Mandantin hat gezeigt, dass sämtliche Zahlungen - auch die von ihren Söhnen - sich durch Belege nachweisen lassen, bzw. ordentliche Nachweise samt Belegen (Bankunterlagen) erbracht wurden.

Sohin zeigt sich, dass die Geschäftsgebarung unserer Mandantin sich in jeder Phase nachweisen lässt und mit der ***B-GmbH*** in keinem wie immer gearteten Zusammenhang steht. Eventuelle Abgaben die die ***B-GmbH*** betreffen - sind in keinem Zusammenhang mit unserer Mandantin zu ersehen.

Letztlich wird durch den Schriftenverfasser gerügt, dass die Abgabenbehörde ausführt:"dass nach Abwägung der Umstände die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages notwendig erschien" ohne jedoch auch nur einen einzigen Grund anführt- weshalb oder aus welchen Umständen die Erlassung eines Sicherstellungauftrages gegen unsere Mandantin notwendig wäre.

Folgt man der Argumentation des Finanzamtes - wird durch diese angeführt, dass der Vater des Beschuldigten - des Herrn ***V*** - in Serbien wohnt und daher die Gefahr besteht, dass Vermögenswerte ins Ausland verschafft werden - dem ist entgegenzuhalten, dass der Vater des Beschuldigten des Herrn ***V*** - nie - kein einziges Mal auch nur irgendwie in Erscheinung getreten ist und daher nicht als Argument für die Ermessensentscheidung auch nur irgendwie angeführt werden kann.

Es verbleibt noch der Hinweis, dass kein Tatbeitrag unserer Mandantin in irgendeinem Zusammenhang gegeben ist und auch nicht nachgewiesen werden konnte. Selbst die Steuerfahndung konnte - außer Pauschalverdächtigungen - bis dato keinerlei Beweise über eine Beteiligung vorlegen.

Zusammenfassend wir nochmals auf folgende Umstände hingewiesen:
Unsere Mandantin hat mit der Gebarung der
***B-GmbH*** nichts zu tun; ihr Verhältnis betraf lediglich allgemeine Bürotätigkeiten die nichts mit der finanziellen Gebarung der ***B-GmbH*** zu tun hatten.

Die Deckungsrechnung unserer Mandantin hat ihre Redlichkeit bewiesen, und jede ihr vorgeworfene Zahlung lückenlos nachgewiesen.

Die Haftung ihrerseits kann als "Sippenhaftung" bezeichnet werden, sie ist lediglich die Lebenspartnerin des Geschäftsführers, hier wird seitens der Abgabenbehörde keine Differenzierung vorgenommen.

Letztlich wird der Antrag gestellt - sämtliche Aktenteile der Steuerfahndung dem Berufungssenat vorzulegen - zur Bestätigung der Richtigkeit der hier gemachten Ausführungen,da sich daraus zweifelsfrei ergibt, dass sämtliche ihr zuzurechnenden finanziellen Gebarungen der Wahrheit entsprechen und sich kein Zusammenhang mit finanziellen Transaktionen der ***B-GmbH*** ergeben. Ihre Beteiligung am Unternehmen ***B-GmbH*** entstand lediglich aufgrund eines Beratungsfehlers durch den vorherigen Steuerberater.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben. Weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag werde die Anhängigkeit eines finanzstrafrechtlichen Verfahrens in Abrede gestellt. Das Bestehen bzw. die Höhe der vom Sicherstellungsauftrag umfassten Abgaben würden in der Beschwerde nicht thematisiert. Zum Einwand, dass die Beschwerdeführerin lediglich aufgrund eines Beratungsfehlers an der ***B-GmbH*** beteiligt sei, werde ausgeführt, dass dieser Umstand im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Sicherstellungsauftrag nicht relevant erscheine. Voraussetzung für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages gem. § 232 Abs. 3 BAO sei unter anderem die Anhängigkeit eines Finanzstrafverfahrens, nicht eine wie auch immer geartete Gesellschafterstellung.

Unter Bezugnahme auf diese Beschwerdevorlage führte der steuerliche Vertreter in einer Stellungnahme vom aus:

Es wird auf die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdevorlage verwiesen, wobei nochmals betont wird, dass eine Beitragstäterschaft weder erwiesen noch durch irgendwelche Beweise gesichert ist.

Die Beitragstäterschaft basiert lediglich auf nicht erwiesenen - rein fingierten Annahmen seitens der Finanzorgane (Amt für Betrugsbekämpfung).

Im Einzelnen wird daher wie folgt angeführt:

Dass Frau ***Bf1*** an der Gesellschaft beteiligt ist, basiert auf einem Rechtsakt der ihr weder vom Notar vorgelesen wurde, noch wurde sie durch den damaligen Steuerberater aufmerksam gemacht. Es ist im normalen Wirtschaftsleben völlig widersinnig eine Beteiligung von 30 Prozent einzugehen - und damit aus den Vorzügen einer Dienstnehmereigenschaft ausgeklammert zu werden. Es erfolgte kein Beratungsgespräch durch den Wirtschaftstreuhänder, sie wurde lediglich angewiesen zu unterschreiben.

Unabhängig davon bezieht die Behörde ihre Informationen (siehe Akt) aus dem 2. Zwischenbericht gem. §100 Abs 2 Z 3 StPO vom obwohl es wesentliche Neuerungen gibt, bzw. wesentliche Neuerungen vorliegen. So wurden die gegenständlichen Eingaben des ***StB*** nicht verarbeitet, noch die zahlreichen Zeugenaussagen - die der Behörde vorliegen und die Herkunft der Gelder lückenlos nachweisen. Fakt ist, dass sämtliche Geldmitteln - die Frau ***Bf1*** zuzuordnen sind aus anderen Geldquellen und nicht von der ***B-GmbH*** stammen. Wie bereits erwähnt, stammen diese aus völlig anderen Quellen und wurden im Einzelnen (jede von der Finanz in Frage gestellte Geldüberweisung) nachgewiesen.

Dass Frau ***Bf1*** ihre Funktion als Dienstnehmerin vollbrachte wird keinesfalls bestritten, sehr wohl jedoch ihre Beteiligung an irgendeiner Straftat. Wie - ebenfalls bereits mehrmals darauf hingewiesen - war sie für die Lohnverrechnung (auf Anweisung des Herrn ***V***) zuständig, indem sie die ihr mitgeteilten Stunden an die Lohnverrechnung weitergeleitet hat. Auch hat sie Ausgangsrechnungen geschrieben - ebenfalls im Auftrag des Herrn ***V*** und hat Bankzahlungen vorgenommen, die ihr im Einzelnen beauftragt wurden. Weitere Tätigkeiten hat sie nicht vollbracht - also die Arbeiten einer ganz normalen Angestellten erledigt. Sie war weder in irgendeiner Form der Entscheidungsfindungeingebunden- nochhatte sie irgendeinen Einfluss auf die Geschäftsgebarung.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass kein einziges Schriftstück vorliegt welches gegenteiliges zur Annahme berechtigen würde.

Fakt ist auch, dass die in der anonymen Anzeige vorgebrachten Wien Fahren, etc. nie stattgefunden haben undsie nie mit irgendwelchen Vollmachten für die ***B-GmbH*** ausgestattet war. Sie war lediglich eine Angestellte der ***B-GmbH***; etwas anderes lässt sich aus dem gesamten Strafakt nichtableiten. Die anonymen Anzeigen führensich selbst ad absurdum.

Auch die von der Staatsanwaltschaft behauptete inkriminierenden Sachverhalte, die auf einem Laptop vorgefunden wurden, erweisen sich nicht als stichhaltig; ohne hier auf Einzelheiten einzugehen bzw. sich auf den Inhalt des Laptops einzulassen, ist Tatsache und Fakt, dass Frau ***Bf1*** den Laptop nie in irgend einem Zusammenhang mit der ***B-GmbH*** verwendet hat - er war ausschließlich im Einsatzbereich des Herrn ***V*** und ihr - der Frau ***Bf1*** - gar nicht zugänglich.

Die gesamte Beitragstäterschaft wird aufgrund der Tatsache abgeleitet, dass sie in einer Partnerschaft - Lebensgemeinschaft - mit dem Hauptbeschuldigten Herrn ***V*** sich befindet.

Wir bitten daher um Entscheidungentsprechend der aktuellen Aktenlage und den tatsächlichenGegebenheiten.

Nachdem der für die Erledigung der gegenständlichen Beschwerde zuständig gewesene Richter in den Ruhestand versetzt worden ist, wurde aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters zuständig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Firma ***B-GmbH*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Geschäftsführer war ***V***, der auch 70 % der Stammeinlage geleistet hatte. Die Beschwerdeführer hielt die restlichen 30 % der Gesellschaftsanteile.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom das Konkursverfahren eröffnet. Die Gesellschaft ist infolge dieser Konkurseröffnung aufgelöst.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom wurde über das Vermögen des ***V*** das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet.

Am erging ein Sicherstellungsauftrag über 3,377.878,00 € an die Gesellschaft und am ergingen ein Sicherstellungsauftrag betreffend Abgaben im selben Ausmaß an den Geschäftsführer der Gesellschaft sowie der verfahrensgegenständliche Sicherstellungsauftrag an die Beschwerdeführerin.

Aufgrund des letztgenannten Sicherstellungsauftrages erfolgten entsprechende Pfandrechtsvormerkungen auf den im Alleineigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaften KG ***X***, EZ ***10*** (***BF1-Adr***) und KG ***X***, EZ ***11***.

In dem vom steuerlichen Vertreter in seiner Stellungnahme vom zitierten zweiten Zwischenbericht der Steuerfahndung vom wird zu diesen Liegenschaften - unwidersprochen - festgehalten, dass die Beschwerdeführerin dieses Doppelgrundstück am um den Betrag von 250.000,00 € erworben hat. Im Anschluss sei ein Einfamilienhaus errichtet worden. Der geschätzte Wert dieses Hauses belaufe sich auf ca. 420.000,00 €.

Als vorrangiges Pfandrecht wird im Grundbuch eine Höchstbetragshypothek von 256.000,00 € aus der Pfandurkunde vom ausgewiesen. Nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Finanzamtes im Sicherstellungsauftrag wird in dieser Pfandurkunde der Geschäftsführer der Gesellschaft und Lebensgefährte der Beschwerdeführerin (***V***) als Kreditnehmer ausgewiesen.

Ferner wurde aufgrund des Sicherstellungsauftrages ein Guthaben der Beschwerdeführerin auf ihrem Abgabenkonto in Höhe von 969,00 € sicherungsweise gepfändet und auf Verwahrung gebucht. Das Guthaben resultiert aus einer am antragsgemäß durchgeführten Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 2020 und Folgejahre auf Null.

Die Sicherstellungsaufträge ergingen im Zuge des seit von der Staatsanwaltschaft Linz zur Zahl ***5*** geführten Ermittlungsverfahrens gegen ***V*** und die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach § 39 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. c FinStrG iVm § 33 Abs. 1 FinStrG idF vor BGBl I 62/2019, der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG idF vor BGBl I 62/2019 und des Verbrechens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung nach § 153d Abs. 1 und 3 StGB.

Grundlage für das von der Staatsanwaltschaft Linz geführten Ermittlungsverfahrens waren umfangreiche Erhebungen der Steuerfahndung. Dabei wurden die im Sicherstellungsauftrag angeführten und oben wörtlich zitierten Feststellungen getroffen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Im Wesentlichen wurden dabei Schwarzlohnzahlungen festgestellt, die durch Deckungs- bzw. Scheinrechnungen verschleiert werden sollten. Das Finanzamt hat dabei im angefochtenen Bescheid detailliert das Betrugsschema dargestellt und auch die Beweismittel angeführt, auf welche sich die getroffenen Feststellungen stützen (anonyme Anzeigen, Zeugeneinvernahme eines namentlich genannten ehemaligen Arbeiters, festgestellte Kick-back Zahlungen auf Kontoauszügen eines Subunternehmers, Nichterfüllung der Rahmenbedingungen zum Werkvertrag zwischen der Auftraggeberin und der ***B-GmbH***, Feststellungen im Zuge einer Betriebsbesichtigung). Ferner wurde im Sicherstellungsauftrag die Ermittlung der sicherzustellenden Abgabenansprüche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach eingehend und nachvollziehbar dargestellt.

Im Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Sicherstellungsauftrages verfügte ausweislich der vorgelegten Akten des Finanzamtes die Beschwerdeführerin neben den beiden oben angeführten Liegenschaften über kein im Exekutionsweg (zur Sicherstellung) greifbares Vermögen. Die Staatsanwaltschaft Linz hatte bereits am gemäß §§ 109 Z 1 lit b, 110 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StPO iVm § 207a FinStrG iVm §§ 379 Abs 3 Z 3, 382 Abs 1 Z 7 EO die Sicherstellung durch Drittverbot dergestalt angeordnet, dass ***V*** und ***Bf1*** sowie allfälligen weiteren Verfügungsberechtigten jede Verfügung über das gesamte Guthaben unter anderem auf folgenden Bankkonten untersagt wurde:

IBAN: ***12*** (lautend auf ***Bf1*** mit einem Guthaben per in Höhe von EUR 100.269,97),

IBAN: ***13*** (lautend auf ***Bf1*** mit einem Guthaben per in Höhe von EUR 100.269,97),

IBAN: ***14*** (lautend auf ***Bf1*** mit einem Guthaben per in Höhe von EUR 40.597,81)

IBAN: ***15*** (lautend auf ***Bf1*** mit einem Guthaben per in Höhe von EUR 16.575,25).

Dass die Beschwerdeführerin über kein weiteres sicherungsweise pfändbares Vermögen verfügte, hat auch ihr steuerlicher Vertreter im Insolvenzverfahren der Gesellschaft vorgebracht. Auf dem Verrechnungskonto bestand eine Forderung der Gesellschaft gegen die Beschwerdeführerin in Höhe von 17.738,91 €. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft forderte die Beschwerdeführerin zur Zahlung dieses Betrages auf. In seinem dritten Bericht vom hält der Insolvenzverwalter dazu fest: "Der Insolvenzverwalter hat von Herrn ***StB*** ein Schreiben (undatiert) erhalten, worin mitgeteilt wird, dass die Gesellschafterin ***Bf1*** derzeit vermögenslos ist und sohin eine Begleichung der Forderung unmöglich ist. Weiters sind aufgrund der vorliegenden Beschlagnahme aller Geldmittel, insbesondere der Sparbücher, derzeit keine finanziellen Mittel vorhanden."

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten, den Eintragungen im Grundbuch sowie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres steuerlichen Vertreters.

In der Beschwerde wurden die Beitragstäterschaft der Beschwerdeführerin bestritten, die Ausführungen des Finanzamtes zur Gefährdung der Einbringlichkeit kritisiert und die Ermessensübung gerügt. Diese Punkte sind im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erörtern (siehe dazu unten).

Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend festgestellt hat, wurde in der Beschwerde dagegen nicht vorgebracht, dass die im Sicherstellungsauftrag aufgeschlüsselten Abgabenansprüche nicht entstanden wären. Erstmals im Vorlageantrag wurde dazu ansatzweise, wenn auch völlig unsubstantiiert Vorbringen erstattet. Es wurde lapidar behauptet, es stehe "bis dato nicht einmal fest, ob die ***B-GmbH*** irgendeinen Rechtsbruch begangen hat aus dem sich Abgaben knüpfen könnten". Ferner wurde ausgeführt, dass "mehr als ein Jahr seit der Durchführung der Beschlagnahme noch immer nicht feststeht, welche Abgaben geschuldet werden", und die angeführten Abgabenansprüche in Höhe von mehr als 600.000,00 € "reine Fantasiezahlen die durch nichts belegt werden können" wären. Tatsächlich hat das Finanzamt im angefochtenen Bescheid - wie bereits oben ausgeführt - detailliert das Betrugsschema dargestellt und auch die Beweismittel angeführt, auf welche sich die getroffenen Feststellungen stützen, sowie die Ermittlung der sicherzustellenden Abgabenansprüche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach eingehend und nachvollziehbar dargestellt. Mit dem bloßen Behauptungscharakter aufweisenden Vorbringen im Vorlageantrag werden keine Zweifel an der Richtigkeit der fundierten Ermittlung der voraussichtlichen Abgabenansprüche geweckt.

Gleiches gilt für die Stellungnahme vom . Auch dort wird in erster Linie die Beitragstäterschaft der Beschwerdeführerin bestritten (siehe dazu unten). Im Übrigen hat bereits das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Verfahren keine Unterlagen vorgelegt worden wären, wonach die sichergestellten Geldmittel der Beschwerdeführerin nicht aus Gesellschaftsmitteln stammen würden. Solche Unterlagen wurden auch der Stellungnahme vom nicht angeschlossen. Sofern mit dem im Vorlageantrag gestellten (und an das Finanzamt gerichteten) Antrag, "sämtliche Aktenteile der Steuerfahndung dem Berufungssenat vorzulegen", auch ein Antrag auf Beischaffung der Akten der Steuerfahndung beabsichtigt gewesen sein sollte, wurde dieser Beweisantrag untauglich gestellt, weil die Angabe verabsäumt worden war, aus welchen konkreten Bestandteilen des beizuschaffenden Aktes sich ergeben soll, dass sämtliche der Beschwerdeführerin "zuzurechnenden finanziellen Gebarungen der Wahrheit entsprechen und sich kein Zusammenhang mit finanziellen Transaktionen der ***B-GmbH*** ergeben" würde (vgl. mit Hinweis auf ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage

§ 232 BAO normiert:

(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:

a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;

b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;

c) den Vermerk, daß die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;

d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden.

§ 233 BAO bestimmt:

(1) Der Sicherstellungsauftrag ist Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren.

(2) Auf Grund eines Sicherstellungsauftrages hat das Gericht auf Antrag der Abgabenbehörde ohne Bescheinigung der Gefahr und ohne Sicherheitsleistung die Exekution zur Sicherstellung des Abgabenbetrages bis zu dessen Vollstreckbarkeit zu bewilligen. Der Sicherstellungsauftrag kann zusammen mit der Verständigung von der gerichtlichen Exekutionsbewilligung zugestellt werden.

§ 11 BAO lautet:

Bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden haften rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.

Erwägungen

1) Allgemeines

Der Sicherstellungsauftrag und das daran anknüpfende Sicherungsverfahren gemäß §§ 232, 233 BAO haben das Ziel, dem Abgabengläubiger die Möglichkeit einzuräumen, bereits ab Entstehen der Abgabenschuld, aber noch vor Vollstreckbarkeit ein Pfandrecht zu sichern, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgebend ist (Unger/Tanzer/Rzeszut (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First zu § 232 BAO Rz 1 mit Hinweis auf ).

Ein Sicherstellungsauftrag ist aber kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden (vgl. , , jeweils mwN). Für die Feststellung des Sachverhaltes genügt die auf konkrete Umstände gestützte Vermutung, ohne dass bereits der Nachweis erbracht werden muss ().

Gefährdungen oder Erschwerungen im Sinne des § 232 Abs. 1 BAO werden unter anderem bei drohendem Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden, ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ( mit Hinweis auf ).

Dabei hat sich das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag auf die Überprüfung zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren ( mit Hinweis auf ).

Eine Haftung nach § 11 BAO im Zusammenhang mit vorsätzlichen Finanzvergehen kommt erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung in Betracht. Bis zur Verurteilung des Täters sind jedoch oftmals keine liquiden Mittel mehr vorhanden. Nach § 232 Abs. 3 BAO ist eine Sicherstellung bereits ab Anhängigkeit eines Strafverfahrens zulässig. Ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren ist mit der ersten Verfolgungshandlung anhängig (§ 14 Abs. 3 FinStrG), ein gerichtliches Strafverfahren ist anhängig, wenn gerichtliche Ermittlungen bzw. Vorerhebungen geführt werden. Eine Sicherstellung gemäß § 232 BAO kann hierbei nur jenen Betrag umfassen, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden. Soweit der Verdächtige schließlich nicht verurteilt wird, sind die vorgenommenen Sicherstellungsmaßnahmen von Amts wegen aufzuheben (Unger/Tanzer/Rzeszut (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First zu § 232 BAO Rz 22 und 23, jeweils mwN).

2) Entstehung des Abgabenanspruches

Es wurde bereits oben im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung und der Beweiswürdigung festgestellt, dass und welche gewichtigen Anhaltspunkte für das Entstehen der im Sicherstellungsauftrag angeführten Abgabenansprüche und deren Höhe vorlagen. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die Beschwerdeführerin trat den Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerde gar nicht und im Vorlageantrag nur unsubstantiiert entgegen. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden, ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, sondern genügt für die Feststellung des Sachverhaltes die auf konkrete Umstände gestützte Vermutung, ohne dass bereits der Nachweis erbracht werden muss.

3) Sicherstellungsauftrag an einen potenziell gemäß § 11 BAO Haftenden

Sinn und Zweck einer solchen Sicherstellung wurden bereits oben erläutert. Dabei ist zu beachten, dass eine Haftung gemäß § 11 BAO erst ab Heranziehung eines rechtskräftig verurteilten Beitragstäters mittels Haftungsbescheid besteht. Erst ab diesem Zeitpunkt ist der Beitragstäter auch Haftungsschuldner. Bis zu diesem Zeitpunkt kommt er lediglich als Haftungsschuldner in Betracht und ist damit nur potenzieller Haftungsschuldner. Der Spruch des angefochtenen Sicherstellungsauftrages war daher insofern - lediglich präzisierend - abzuändern.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , B 259/13 und B 267/13, keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen geäußert, dass ein solcher Sicherstellungsauftrag bereits vor Entstehung eines Haftungsanspruches nach § 11 BAO ab Anhängigkeit des Strafverfahrens erteilt werden kann. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Auslegung, dass in den Fällen eines anhängigen Finanzstrafverfahrens gegen einen im Falle eines späteren Schuldspruches in diesem Verfahren dann nach Eintritt der Rechtskraft dieses Schuldspruches gemäß § 11 BAO Haftenden ein Sicherstellungsauftrag nach § 232 Abs. 3 BAO erlassen werden kann ().

Die Anhängigkeit eines gerichtlichen Strafverfahrens ist im gegenständlichen Fall unstrittig. Das Schwergewicht des Vorbringens der Beschwerdeführerin wurde auf die Behauptung gelegt, dass diese keinen Beitrag zu vorsätzlichen Finanzvergehen der Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführer geleistet habe.

Dieser Einwand wurde auch bereits im Zuge des gerichtlichen Strafverfahrens erhoben. Das Oberlandesgericht Linz hat diesen Einwand in seinem Beschluss vom , ***16*** u.a., im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin bestand bereits im Zeitpunkt der Anordnungen der Staatsanwaltschaft Linz am ein begründeter Tatverdacht ("gegründete Wahrscheinlichkeit"), dass die Zweitbeschuldigte ***Bf1*** zu den dem Erstbeschuldigten angelasteten Straftaten beigetragen habe, nicht nur weil sie Kommanditistin der am gegründeten und mit gelöschten ***A-GmbH*** mit einer Einlage von EUR 10.000,00 war und aktuell 30%ige Gesellschafterin der mit Gesellschaftsvertrag vom gegründeten ***B-GmbH*** (S 8,9 in ON 2) ist, sondern nach dem Anlassbericht der Steuerfahndung vom auch jeweils als deren Angestellte für die Buchhaltung und für allgemeine Büroarbeiten (so auch für das Rechnungs- und Bankwesen) zuständig und bei allen Firmenkonten zeichnungsberechtigt gewesen sei (vgl S 7 in ON 2). Dieser Tatverdacht basiert nach diesem Bericht der Steuerfahndung Linz auf einer Betriebsprüfung und den sich aus dem Steuerakt bis dahin ergebenden Daten (vgl idS auch NS ***Bf1*** vom , S 9ff in ON 23). Für die Beurteilung der der Beschwerdeführerin angelasteten (Beitrags-)Tathandlungen ist vor allem erheblich, dass die bei beiden Unternehmen angestellten Arbeiter lediglich nach Kollektivvertrag entlohnt wurden und die Differenz zu den tatsächlich wesentlich mehr geleisteten Arbeitsstunden "schwarz" ausbezahlt worden sei, wobei das dafür und für privat unversteuert ausgezahlte Kapitalerträge notwendige Bargeld durch Aufnahme von (gekauften) Scheinrechnungen (Verrechnung mit Barzahlung ohne tatsächliche Leistungserbringung durch Subunternehmen) als Fremdleistungsaufwendungen im buchhalterischen Rechenwerk der ***A-GmbH*** in den Kalenderjahren 2014 und 2015 in Höhe von etwa EUR 2.000.000,00 und im Rechenwerk der ***B-GmbH*** in den Jahren 2016, 2017 und 2018 in Höhe von etwa EUR 7.100.000,00 beschafft worden sei (S 11 in ON 2). Bei lebensnaher Beurteilung des Anfangstatverdachts ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin die Lebensgefährtin des Erstangeklagten und Mutter der gemeinsamen Kinder ***K1*** und ***K2***) ist (vgl S 3ff in ON 20), sodass auch mit Blick auf die Inhaber der von den Rechtsmitteln betroffenen Konten und die Zeichnungsberechtigungen von ***Bf1*** (bezogen auf die Konten bei der ***Bank***) nicht nur ihr bloßes Mitwissen, sondern die erhebliche Einbindung der für das Rechnungs- und Bankwesen beider Unternehmen zuständigen Beschwerdeführerin in die dem Erstangeklagten angelasteten Straftaten dringend indiziert ist.

Dieser im Zeitpunkt der angefochtenen staatsanwaltschaftlichen Anordnungen bereits gegebene Tatverdacht wird auch durch den 1. und 2. Zwischenbericht der Steuerfahndung Linz vom und vom (ON 22 und 23) nachhaltig erhärtet, weil sich daraus ergänzend ergibt, dass die Beschwerdeführerin nicht nur für das Rechnungswesen, die Büroarbeiten, die Zahlungsanweisungen auf den von den Rechtsmitteln betroffenen Konten und die An- und Abmeldung der Dienstnehmer zuständig gewesen sei, sondern auch umfassend über die von den Dienstnehmern der ***A-GmbH*** und der ***B-GmbH*** tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, ungeachtet der davon abweichenden, von der Beschwerdeführerin selbst vorgenommenen (geringeren) Gehaltsauszahlungen, informiert gewesen sein soll (vgl S 35ff in ON 23)."

Das Bundesfinanzgericht teilt diese Einschätzung des Oberlandesgerichtes Linz. Im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages waren daher ausreichende Anhaltspunkt vorhanden, welche die Annahme einer Beitragstäterschaft der Beschwerdeführerin begründet haben.

Sollte es im gerichtlichen Finanzstrafverfahren dagegen zu keiner rechtskräftigen Verurteilung der Beschwerdeführerin als Beitragstäterin kommen, scheidet auch die Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 11 BAO aus und sind - wie bereits oben erläutert - die vorgenommenen Sicherstellungsmaßnahmen von Amts wegen aufzuheben.

4) Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Sicherstellung der voraussichtlich vorsätzlich hinterzogenen Abgabenansprüche in Höhe von insgesamt 636.678,00 € in das Vermögen der Beschwerdeführerin angeordnet. Es kommt daher darauf an, ob aus der wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin und den sonstigen Umständen des gegenständlichen Falles geschlossen werden konnte, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erschien.

Es wurde oben unter Punkt II.1. festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages außer den dort genannten beiden Liegenschaften über kein im Exekutionsweg zur Sicherstellung greifbares Vermögen verfügt hat. Sämtliche liquiden Mittel der Beschwerdeführerin waren bereits gerichtlich zur Sicherstellung gepfändet. Der steuerliche Vertreter hat im Insolvenzverfahren der Gesellschaft auf die völlige Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin hingewiesen. Bei dieser Sachlage war ein rascher sicherungsweiser Zugriff der Abgabenbehörde auf die Liegenschaften geboten.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Einbringung der Abgaben sowohl bei der Gesellschaft als auch bei ihrem Geschäftsführer gefährdet erscheint. Die Gesellschaft ist insolvent, und ihr ehemaliger Geschäftsführer befindet sich im Schuldenregulierungsverfahren. Der Feststellung des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid, dass (zum damaligen Zeitpunkt) der Abgabenbehörde kein verwertbares Firmenvermögen, sowie kein "offizielles" Vermögen des (potenziell) haftenden Geschäftsführers zur Abdeckung der zu erwartenden Abgabennachforderung bekannt war, trat die Beschwerdeführerin nicht entgegen.

5) Ermessen

Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen (vgl. ). Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen ().

Ein solcher Ausnahmefall lag gegenständlich nicht vor, vielmehr war aus den oben unter Punkt 4 angeführten Gründen ein rascher sicherungsweiser Zugriff des Abgabengläubigers auf die Liegenschaften der Beschwerdeführerin geboten.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100689.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at