Nichtanerkennung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1100038/2020-RS1 | Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (). |
RV/1100038/2020-RS2 | Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ausgeht, ist bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt. Für die Ermittlung der Nutzungsdauer ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis d EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt ist ein derartiges Gutachten daher unmaßgeblich (). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Winkler + Partner Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH & Co KG, Alpstraße 23, 6890 Lustenau, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr "Finanzamt Österreich") vom betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
A. Steuererklärungen, Ergänzungsersuchen, Einkommensteuerbescheide
Am wurden durch Frau ***Bf*** (in der Folge "Beschwerdeführerin" oder "Bf") die Einkommensteuererklärungen für 2016 und 2017 eingereicht. In diesen Erklärungen wurden - unter anderem - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Zusammenhang mit einem (2016) bzw. zwei (2017) Grundstücken erklärt. Die Grundstücke befinden sich in Lustenau (Vermietung ab 2016) bzw. Dornbirn (Vermietung ab 2017). Die Höhe der gemeldeten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung war wie folgt:
2016 - EUR 1.095,43
2017 - EUR 593,05
Mit Schreiben vom wurde seitens des belangten Finanzamtes ein Ersuchen um Ergänzung übermittelt, in dem weitere Informationen (aktueller Mietvertrag, Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten zum Grundstück in Lustenau, Kaufvertrag zum Grundstück in Dornbirn, Nachweise zu geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen, Anlagenverzeichnis) zu den Mietobjekten angefordert wurden.
Dieses Ergänzungsersuchen wurde am durch die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin beantwortet und es wurde - neben anderen Dokumenten - ein Anlageverzeichnis (inkl. Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten) sowie ein Verkehrswertgutachten (inkl. Berechnung der Restnutzungsdauer) des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ***SV*** für das Grundstück in Lustenau vom übermittelt.
Die relevanten Passagen des Verkehrswertgutachtens werden nachfolgend kurz dargestellt:
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3. VerkehrswertDen Gebäudeanteil am Verkehrswert der Liegenschaft ***Lustenau***, schätze ich aufgrund nachfolgender Annahmen und Berechnungen auf:482.472,82 €Die technische Restnutzung des Gebäudes sehe ich Anhand der im Befund festgestellten augenscheinlichen Beeinflussungen der tragenden Konstruktionen auf:50 Jahre |
4. Grundlagen:4.1.Grundbuchsauszug, Beilage 1
4.2.Grundrisspläne, Beilage 2
4.3.Luftbild, Beilage 3
4.4.Flächenwidmungsplan, Beilage 4
4.5.Fotos
4.6.örtl. Besichtigung, am
5. Stichtag der Bewertung:
Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten:
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Verkehrswertschätzung Gebäudeanteil***SV***, | EUR 482.472,82 | |
Fiktive Anschaffungsnebenkosten | ||
Grunderwerbsteuer | 3,5% | EUR 16.886,55 |
Grundbuchseintragung | 1% | EUR 4.824,73 |
fiktive AK gesamt | EUR 504.184,10 | |
ND lt. Gutachten: 50 Jahre | ||
AfA p.a. | 2% | EUR 10.083,68 |
AfA Halbjahr | EUR 5.041,84 | |
Afa 1. Jahr | EUR 5.041,84 |
In den am ergangenen Einkommensteuerbescheiden für 2016 und 2017 wurden - abweichend von den eingereichten Einkommensteuererklärungen - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 2.363,11 (2016) bzw. EUR 8.691,09 (2017) angesetzt. Begründend wurde für beide Jahre wie folgt ausgeführt:
Hinsichtlich der in der Einkommensteuerklärung 2017 geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen wurde im Einkommensteuerbescheid 2017 zusätzlich wie folgt ausgeführt:
B. Beschwerde, Beschwerdevorentscheidung
Mit Schreiben vom wurde seitens der Beschwerdeführerin bzw. ihrer steuerlichen Vertretung Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 eingebracht.
Angefochten wurde lediglich die Höhe der bescheidmäßig festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Begründend wurde - im Wesentlichen - ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des belangten Finanzamtes die Begründung des Gutachtens für den Ansatz einer erhöhten AfA sehr wohl ausreichend sei. Dies ergebe sich aus der Formulierung des Gutachtens, in dem als die Restnutzungsdauer beeinflussende Faktoren die Beeinträchtigungen von Fundament und Dach angeführt seien. Da Fundament und Dach zu den wesentlichsten Bestandteilen von Gebäuden gehören, seien derartige Beeinträchtigungen jedenfalls auch für die Nutzungsdauer eines Gebäudes maßgeblich.
Außerdem sei der im Jahr 2017 erfolgte Austausch des Heizkessels nicht als Instandsetzungsaufwand, sondern als Instandhaltungsaufwand zu beurteilen. Dies daher, da der reine Austausch des Heizkessels noch zu keiner wesentlichen Erhöhung des Nutzungswertes des Gebäudes führe. Die Kosten seien daher sofort abzugsfähig.
Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 zum Teil Folge gegeben. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:
[…]
Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Das Gesetz geht daher bei Mietgebäuden grundsätzlich von einer Nutzungsdauer von rund 67 Jahren aus. Diese Nutzungsdauer gilt in gleicher Weise für neu errichtete wie für in gebrauchtem Zustand angeschaffte Gebäude. Ein höherer Afa-Satz (kürzere Nutzungsdauer) kommt - auch wenn das Gebäude in gebrauchtem Zustand angeschafft worden ist bzw in gebrauchtem Zustand erstmalig zur Vermietung verwendet wird - nur dann in Betracht, wenn aufgrund des Bauzustandes eine durch ein Gutachten nachzuweisende kürzere Restnutzungsdauer anzunehmen ist. Eine schlüssige Ermittlung der im Einzelfall anzusetzenden kürzeren Restnutzungsdauer setzt ein Eingehen auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes voraus. Enthält ein Gutachten keinen nachvollziehbaren Bezug zwischen Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer, ist es als Nachweis einer geringeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer ungeeignet, ohne dass es weiterer Ermittlungsschritte der Behörde bedarf ( 2001/13/0162).
Im von der Beschwerdewerberin (Bw) vorgelegten Gutachten vom über die Verkehrswertschätzung des vermietungsgegenständlichen Objekts werden hinsichtlich der Restnutzungsdauer zwei Faktoren angeführt. Zu einer Feuchteeinwirkung im Fundamentbereich wird angeführt, dass diese auf Undichtheiten im Fundamentbereich hindeuten. Weiters habe die ansonsten wasserdichte Betonwanne höchstwahrscheinlich aufgrund der Pilotierung und der stetig wechselnden Grundwasserspiegel leichte Setzungen, wodurch Risse in der tragenden Bodenplatte mit zukünftig steigender Tendenz unvermeidbar seien. Inwieweit die Holzpiloten "im Trockenen" seien, sei nicht festgestellt worden. Als zweiter Faktor wird eine Feuchteeinwirkung im Dachbereich angeführt, wobei die Konstruktion mit dem Hartfaserunterdach in Kombination mit der für den damaligen Stand der Technik üblichen Verarbeitung der luftdichten Gebäudehülle, als beeinflussender Faktor für die Durchfeuchtung zu sehen sei. Die Schubrisse im Dachbereich würden auf eine leichte Anfeuchtung der Holzkonstruktion hindeuten, wodurch die gewöhnliche Lebensdauer der tragenden Holzkonstruktion beeinträchtigt sei.
Insgesamt stellt das Gutachten mit diesen Ausführungen keinen konkreten Bezug zwischen der angesetzten Restnutzungsdauer von 50 Jahren und dem festgestellten Bauzustand her. Hinsichtlich der angeführten Feuchteeinwirkung im Kellergeschoss werden lediglich Vermutungen etwaiger Ursachen, welche allenfalls mit dem Fundament in Zusammenhang stünden, angeführt. Inwieweit dies jedoch die angenommene Restnutzungsdauer von 50 Jahren anstelle der gesetzlich normierten 67 Jahre bedingt, geht aus den Ausführungen nicht hervor bzw wird kein kausaler Zusammenhang hergestellt. Hinsichtlich der Feuchteeinwirkung im Dachbereich werden ebenso mögliche Ursachen, wie die dem damaligen Stand der Technik entsprechende Dachkonstruktion bzw eine mögliche, leichte Anfeuchtung der Holzkonstruktion, genannt. Dabei wird jedoch ebensowenig ein nachvollziehbarer Bezug zur angenommenen Nutzungsdauer von 50 Jahren hergestellt, bzw eine Verkürzung der gesetzlich angenommenen Nutzungsdauer begründet.
Darüber hinaus wurden Schäden wie Risse und Feuchtigkeit richtigerweise bereits bei der Ermittlung des Sachwerts des Objekts berücksichtigt. Derartige Mängel sind grundsätzlich behebbar und beeinträchtigen daher nicht zusätzlich zu einem allfälligen Reparaturaufwand die Restnutzungsdauer des Gebäudes. An Absetzung für Abnutzung werden daher im Jahr 2016 für das Gebäude 3.781,38 und für die Einrichtung 28,90, gesamt 3.810,28, und im Jahr 2017 für das Gebäude 7.562,76 und für die Einrichtung 57,80, gesamt 7.620,56, angesetzt.
Gemäß § 28 Abs 2 EStG sind bei Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, Instandsetzungsaufwendungen gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt abzusetzen. Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. Der Nutzungswert des Gebäudes wird beispielsweise dann erhöht, wenn wesentliche Teile des Gebäudes ausgetauscht und modernisiert werden, ohne dass infolge Änderung der Wesensart des Gebäudes Herstellungsaufwand gegeben ist.
Beim Austausch der Heizungsanlage, insbesondere in Zusammenhang mit deren Modernisierung, handelt es sich um den Austausch eines wesentlichen Teils des Gebäudes und daher grundsätzlich um Instandsetzungsaufwand. Mit dem Austausch des Heizkessels wird jedenfalls das Kernstück der Heizung erneuert, jedoch kann im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen von Instandsetzungsaufwand aufgrund der Höhe der Investition von € 5.960,- angenommen werden, dass sich dadurch der Nutzungswert des Gebäudes nicht wesentlich erhöht bzw die Nutzungsdauer nicht wesentlich verlängert hat (vgl RV/0363-K/05). Dem Beschwerdebegehren wird daher in diesem Punkt stattgegeben.
C. Vorlageantrag
Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde mit Schreiben vom ein Vorlageantrag eingebracht. Begründend wird zunächst auf das Beschwerdevorbringen verwiesen und zusätzlich ausgeführt:
Eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer ist durch ein Gutachten über den Bauzustand schlüssig und nachvollziehbar darzulegen. Die Ermittlung setzt ein Eingehen auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes voraus (EStR Rz. 6444; 2002/15/0192).
Mit dem Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ***SV*** vom wurden diese Voraussetzungen erfüllt. Der Sachverständige hat den Bauzustand des Gebäudes beschrieben. Insbesondere wurden die Faktoren, welche die Restnutzungsdauer des Gebäudes beeinflussen dargelegt. Es wird im Gutachten festgestellt, dass diese dargelegten Beeinflussungen der tragenden Konstruktionen Auswirkungen auf die technische Restnutzung des Gebäudes haben.
Mit den Ausführungen des Gutachtens sind daher die Erfordernisse für die Annahme einer kürzeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer erfüllt. Steuerpflichtige können sich auf die Richtigkeit von Gutachten verlassen, die von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen erstellt werden. Eine Nutzungsdauer von 50 Jahren kann daher angenommen werden und es steht daher eine jährliche AfA in Höhe von 2% der Anschaffungskosten zu
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdesache wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom mit Wirkung ab in die Geschäftsabteilung des erkennenden Richters übertragen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin vermietet seit September 2016 ein in Lustenau gelegenes Einfamilienhaus. Im Zusammenhang mit dieser Vermietung wird von der Bf bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die streitgegenständlichen Jahre eine Absetzung für Abnutzung in Höhe von 2% der fiktiven Anschaffungskosten berücksichtigt. Dieser Abschreibungssatz weicht vom gesetzlich vermuteten Abschreibungssatz (1,5% gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988) ab und wird auf ein Gutachten des Sachverständigen ***SV*** gestützt, in welchem eine Nutzungsdauer von 50 Jahren festgestellt wird. Das Gutachten ist mit datiert, als Bewertungsstichtag ist der angeführt. Das Finanzamt erachtet den Nachweis der geringeren Nutzungsdauer durch das Gutachten als nicht erbracht und beantragt die Berücksichtigung des gesetzlichen AfA-Satzes.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem elektronisch vorgelegten Akteninhalt, insbesondere aus dem Verkehrswertgutachten bzw. dem Parteienvorbringen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
A. Rechtliche Grundlagen
§ 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 in der für die Beschwerdejahre maßgeblichen Fassung lautet:
8. Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein abnutzbares Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:
[…]
c)Wird ein zum nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu Grunde zu legen.
d)Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Ohne Nachweis eines anderen Aufteilungsverhältnisses sind von den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes 40% als Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden. Dies gilt nicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, an Hand geeigneter Kriterien (z. B. Lage, Bebauung) abweichende Aufteilungsverhältnisse von Grund und Boden und Gebäude im Verordnungswege festzulegen.
B. Erwägungen
Mit der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 stellt der Gesetzgeber die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt. Die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch Vorlage eines schlüssigen Sachverständigengutachtens zu erbringen ist ().
Maßgeblich für eine höhere AfA im außerbetrieblichen Bereich ist idR die technische und nicht die wirtschaftliche Nutzungsdauer (). Gründe für eine kürzere Gebäudenutzungsdauer können z. B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme darstellen ().
Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (). Dies schließt ziffernmäßige Berechnungen mit ein, die nicht nur die Ausgangswerte, sondern auch konkrete Überlegungen samt Berechnungsmethoden enthalten (BFG, , RV/5100393/2013). Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis d EStG 1988 [Anmerkung des erkennenden Richters: in den streitgegenständlichen Jahren § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a bis c EStG 1988] ergebenden Zeitpunkt zu ermitteln. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in seinem Erkenntnis vom , 99/13/0221, ausgeführt, dass ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ausgeht, bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt sei. Für die Ermittlung der Nutzungsdauer ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis d EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt ist ein derartiges Gutachten daher unmaßgeblich ().
Zukünftige Verhältnisse dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sich diese im gegenwärtigen Zeitpunkt bereits verlässlich voraussagen lassen (zB der konkret bevorstehende Abbruch des Gebäudes, ; ).
Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, wurde das Gutachten, auf das die Bf die Nutzungsdauer von 50 Jahren stützt, am erstellt. Als Bewertungsstichtag ist der angegeben. Der Bewertungsstichtag liegt somit nahezu 2 Jahre nach dem Beginn der Vermietungstätigkeit im September 2016.
Gemäß der obig zitierten Rechtsprechung des VwGH muss aus einem Gutachten, damit es für den Nachweis einer kürzeren als der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer schon dem Grunde nach tauglich ist, die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes ab dem sich aus § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a bis c EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt hervorgehen. Im Falle des hier einschlägigen § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 müsste das Gutachten somit die Nutzungsdauer ab September 2016 (d.h. dem Beginn der erstmaligen Vermietung) angeben. Da dies nicht der Fall ist und auch sonst keinerlei Ausführungen enthalten sind, die auf den Zustand des Gebäudes zu Beginn der Vermietungstätigkeit (d.h. September 2016) schließen lassen, ist das Gutachten gemäß der Rechtsprechung des VwGH schon aus diesem Grund methodisch verfehlt und somit unmaßgeblich.
Selbst wenn man von diesem Umstand absieht, ist das Gutachten nach Ansicht des erkennenden Richters nicht dazu geeignet, eine kürzere Nutzungsdauer als jene laut gesetzlicher Vermutung nachzuweisen.
Entsprechend der Judikatur des VwGH (siehe oben) muss ein Gutachten einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen. Überdies dürfen zukünftige Verhältnisse nur insoweit berücksichtigt werden, als sich diese in der Gegenwart bereits verlässlich voraussagen lassen (siehe ebenfalls oben).
Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass im Gutachten seitens des Sachverständigen explizit festgehalten wurde, dass beim Ortstermin keine Baustoff- oder Bauteilprüfung vorgenommen wurde. Vielmehr wurde berücksichtigt, was bei der Besichtigung erkennbar war. Eine in die Tiefe gehende Analyse der im Gutachten angeführten Mängel bzw. deren Ursachen wurde somit nicht durchgeführt. Zusätzlich sind im Gutachten keine Ausführungen zum Gesamtzustand des Gebäudes enthalten. Lediglich im Bereich der Berechnung des Verkehrswertes wurde ein Abschlag für Schäden in Höhe von 3% vorgenommen.
Die auf die Schätzung der Restnutzungsdauer entfallenden Passagen des vorgelegten Sachverständigengutachtens sind relativ knapp gehalten und hauptsächlich als Vermutungen formuliert (arg. "deutet hin"; "höchstwahrscheinlich") bzw. wurden gewisse Parameter überhaupt nicht im Detail untersucht (arg. "nicht festgestellt").
Im Abschnitt "Feuchteeinwirkungen im Fundamentbereich" wird ausgeführt, dass die ansonsten wasserdichte Betonwanne aufgrund der Pilotierung höchstwahrscheinlich leichte Setzungen hat und somit Risse in der tragenden Bodenplatte unvermeidbar sind. Nicht festgestellt wurde, inwieweit die Holzpiloten "im Trockenen" sind.
Dass feuchtebedingte Risse in der tragenden Bodenplatte zu wesentlichen Schäden führen können, wird durch den erkennenden Richter keineswegs bestritten. Allerdings wurde das Gutachten - wie bereits unter Verweis auf die Angaben des Sachverständigen im Gutachten festgehalten - ohne Prüfung des Baustoffes bzw. der Bauteile und damit ohne tiefergehende Untersuchung/Analyse dieser Problematik erstellt. Die diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten verbleiben daher (notwendigerweise) auf einer oberflächlichen Ebene. Es fehlen detaillierte und durch weitere Untersuchungen der Bodenplatte unterfütterte Argumente, aus denen auf eine verringerte Nutzungsdauer geschlossen werden kann.
Aus dem Gutachten ergeben sich weiters keine derzeit bestehenden negativen Auswirkungen auf die Statik des Gebäudes. Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung begnügt sich das Gutachten mit dem Hinweis, dass Risse in der tragenden Bodenplatte (mit zukünftig steigender Tendenz) unvermeidbar sind. Die Auswirkungen dieser Risse (Sanierungsbedarf, mögliches Gefährdungspotential, etc.), soweit diese verlässlich voraussagbar sind, werden nicht thematisiert. Ebenso bleibt unklar, ob den Rissen bzw. zumindest deren Auswirkungen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand entgegengewirkt werden könnte.
Im Abschnitt "Feuchteeinwirkung im Dachbereich" wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die gewählte Ausführung als Faktor für die Durchfeuchtung zu sehen ist und dass die Schubrisse im Dachbereich jedenfalls auf eine leichte Anfeuchtung der (tragenden) Holzkonstruktion hinweisen, wodurch deren gewöhnliche Lebensdauer beeinträchtigt wird.
Auch in diesem Bereich bleiben die Ausführungen des Sachverständigen oberflächlich und es lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen, welche Auswirkungen die festgestellten Risse bzw. die leichte Anfeuchtung auf den derzeitigen Zustand des Gebäudes haben. Auch in die Zukunft reichende Ausführungen betreffend die Auswirkung des festgestellten Mangels (soweit diese verlässlich getätigt werden können) bzw. etwaiger Maßnahmen zur Behebung dieses Mangels sind unterblieben.
Unter dem Strich bleiben die Ausführungen im vorgelegten Gutachten zu allgemein und es lässt sich insbesondere nicht erkennen, wie die festgestellten Mängel zu der konkret festgestellten Nutzungsdauer von maximal 50 Jahren führen. Im Gutachten ist lediglich der nachfolgend angeführte Passus enthalten.
"Anhang der obigen augenscheinlichen Erscheinungen und deren Auswirkungen sehe ich die technische Restlebensdauer des Objektes bei max. 50 Jahre."
Das vorgelegte Sachverständigengutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung (vgl. etwa ). Im Falle des Abgehens von diesem Gutachten sind allerdings die Gründe darzulegen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung, ein Gegengutachten erstellen zu lassen. Die Gründe, weshalb das Gutachten aus Sicht des erkennenden Richters nicht geeignet ist, eine kürzere als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer nachzuweisen, wurden oben dargestellt.
Auf Basis der obigen Ausführungen war die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis stützt sich auf den klaren Wortlaut des Gesetzes sowie die obig zitierte Rechtsprechung des VwGH. Es liegt somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, die Revision war daher nicht zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Gerner in BFGjournal 2022, 269 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100038.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at