Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2022, RV/5101038/2021

Studienwechsel nach dem vierten Semester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind ******, VNR: *******, für die Zeiträume Oktober 2019 bis März 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom richtete das Finanzamt folgenden Vorhalt ("Ersuchen um Ergänzung") an die Beschwerdeführerin (Bf.):
"Ergänzungspunkte:
(Kopien genügen, sofern nicht ausdrücklich ein Original verlangt wird)
Ihre Tochter
****** hat laut Aktenlage das im Oktober 2017 begonnene Biologie Studium beendet. Wurde dieses Studium abgeschlossen oder abgebrochen? Wenn das Studium abgeschlossen wurde, legen Sie bitte die entsprechende Urkunde vor. Sollte das Studium abgebrochen worden sein: gibt es einen Anrechnungsbescheid? Wenn ja, bitte vorlegen.
Laut Aktenlage lebt Ihre Tochter nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt. Wie hoch sind die fixen monatlichen Kosten Ihrer Tochter und wer trägt diese in welcher Höhe? Bitte legen Sie eine Aufstellung mit Angabe, wer welche Kosten in welcher Höhe trägt und Unterschrift Ihrer Tochter bei.
"

Am beantwortete die Bf. das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes wie folgt:
"In dem Ersuchen um Ergänzung wurden Fragen zum Studium meiner Tochter ****** gestellt, die dem Finanzamt längst bekannt sind. Nach telefon. Rücksprache mit Fr. ***XY*** vom Info-Center im FA **** wurde mir das bestätigt: sie hat im Unterschied zur Kollegin ***AB*** vom FA ***** alle Eingaben betreff meiner Tochter (Studienbestätigungen usw.) im Akt gefunden - alles wurde immer termingerecht abgegeben und gesehen."

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die für die Zeiträume Oktober 2019 bis März 2021 für das Kind ******, VNR: *******, bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag im Ausmaß von insgesamt 4.383,00 Euro unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) zurück.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Bf. ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und eine Familienleistung daher nicht ausgezahlt werden könne.
Die Familienbeihilfe stehe unter folgenden Voraussetzungen zu (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG 1992):
- Das Studium sei nicht mehr als zwei Mal gewechselt worden.
- Das Studium sei vor dem dritten gemeldeten Semester gewechselt worden.
Bei einem Studienwechsel nach dem dritten gemeldeten Semester stehe Familienbeihilfe dann zu, wenn die absolvierten Semester aus dem Vorstudium zur Gänze angerechnet worden seien (§ 17 StudFG 1992). Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führe, bestehe erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert worden seien wie im vorigen (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in Verbindung mit § 17 StudFG 1992).
Da trotz Aufforderung weder ein Anrechnungsbescheid vorgelegt, noch ein Nachweis über die überwiegende Kostentragung durch die Bf. erbracht worden sei, habe die Rückforderung zu erfolgen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . Die Bf. bringt darin vor, es treffe nicht zu, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Es sei ihr zweimal telefonisch zugesichert worden, dass dem Finanzamt alle Unterlagen zum Studium ihrer Tochter vorliegen würden und sie diese nicht noch einmal einreichen müsse.

Mit Schreiben vom richtete das Finanzamt folgenden weiteren Vorhalt ("Ersuchen um Ergänzung") an die Bf.:
"Ergänzungspunkte:
(Kopien genügen, sofern nicht ausdrücklich ein Original verlangt wird)
Ihre Tochter
****** hat das im Oktober 2017 begonnene Biologiestudium laut Telefonat vom mit Ende des Sommersemesters 2019 abgebrochen. Seit Oktober 2019 wird das Veterinärstudium als Hauptstudium betrieben. Dies führte zu einem schädlichen Studienwechsel nach dem 3. inskribierten Semester, einer Wartezeit von 4 Semestern und zum Wegfall bzw. Rückforderung der Familienbeihilfe. Die Wartezeit kann sich verkürzen, wenn aus dem Vorstudium ECTS-Punkte angerechnet wurden.
Ihre Tochter lebt nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit Ihnen. Sollte Ihre Tochter nicht in einem Studentenwohnheim wohnen, legen Sie bitte eine Aufstellung der fixen monatlichen Lebenshaltungskosten Ihrer Tochter mit Angabe, wer diese in welcher Höhe trägt, bei. Bitte auch die entsprechenden Nachweise beilegen.
Trotz intensiver Recherche konnten die Unterlagen:
* Anrechnungsbescheid aus dem vorigen Studium
* Nachweis überwiegende Kostentragung durch Sie als Antragstellerin
im Akt nicht gefunden werden.
Über Ihre Beschwerde kann nur ordnungsgemäß entschieden werden, wenn die bereits mit Schreiben vom angeforderten und mit diesem Schreiben nochmalig erbetenen Unterlagen nachgereicht werden.
"

Am beantwortete die Bf. das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes wie folgt:
"Anbei die angeforderten Unterlagen zur Anrechnung der Zeiten aus dem Vorstudium (siehe Seite 4 von 5 unten). Zur Aufstellung der monatlichen Lebenserhaltungskosten: diese betragen durchschnittlich ca. 1000 € im Monat für Wohnungsmiete/Essen/Kleidung/Semesterticket/Zugtickets für Heimfahrten/Arztkosten/Kleidung/Studienunterlagen usw.
Die Kosten werden gemeinsam vom Kindesvater und mir getragen. Die Familienbeihilfe erhält meine Tochter immer auf ihr eigenes Konto.
"

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Behörde aus:
Bei einem Studienwechsel nach dem dritten gemeldeten Semester stehe Familienbeihilfe dann zu, wenn die absolvierten Semester aus dem Vorstudium zur Gänze angerechnet worden seien (§ 17 Studienförderungsgesetz 1992).
Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führe, bestehe erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert worden seien wie im vorigen (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992).
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) würden Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, zu deren Haushalt das Kind gehöre. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.
Mit Bescheid vom habe das Finanzamt für das Kind ****** zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2019 bis März 2021 mit der Begründung zurückgefordert, dass ein schädlicher Studienwechsel nach dem dritten inskribierten Semester vorliege und keine Haushaltsgemeinschaft mit der Antragstellerin bestehe. Gegen diesen Bescheid sei form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben worden.
Im Zuge dieser Beschwerde sei ein Nachweis vorgelegt worden, aus dem ersichtlich sei, dass aus dem vorher betriebenen Bachelorstudium Biologie 7,5 ECTS-Punkte auf das nunmehr betriebene Studium Veterinärmedizin angerechnet worden seien.
Die fehlende Haushaltsgemeinschaft sei nicht in Abrede gestellt worden. Ein ausdrücklich erbetener Nachweis der überwiegenden Kostentragung durch die Beschwerdeführerin fehle bis dato.
Auch wenn sich die Wartezeit durch die Anrechnung der im vorigen Studium erworbenen 7,5 ECTS-Punkte um ein Semester verkürze (= Familienbeihilfenanspruch wieder ab März 2021), könne aufgrund der fehlenden Haushaltszugehörigkeit und des fehlenden Nachweises der überwiegenden Kostentragung durch die Beschwerdeführerin der Beschwerde nicht stattgegeben werden.

Mit der über FinanzOnline eingebrachten Eingabe vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Zur Begründung brachte die Bf. im Wesentlichen vor, dass sie nunmehr ohne weitere Begründung eine Mitteilung über den Wegfall der Familienbeihilfe erhalten habe, obwohl sie das Ersuchen um Ergänzung beantwortet und die geforderten Unterlagen nachgereicht habe.

Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.), ******, studierte ab dem Wintersemester 2017/2018 bis zum Sommersemester 2019 Biologie an der Universität Wien. Im Wintersemester 2019/2020 begann sie das Diplomstudium Veterinärmedizin an der Universität Wien. Ihr wurden aus dem Biologiestudium Prüfungen im Umfang von 7,5 ECTS angerechnet.
Die Bf. bezog für ihre Tochter im Zeitraum Oktober 2019 bis März 2021 Familienbeihilfe in Höhe von 3.331,80 Euro und Kinderabsetzbeträge in Höhe von 1.051,20 Euro.

Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

Rechtslage

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (nachfolgend: FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) …

Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt (§ 10 Abs. 1 FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 gebührt für einen Monat Familienbeihilfe nur einmal.

Folgende Regelungen des § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG 1992) idF BGBl. I Nr. 54/2016 sind für den vorliegenden Fall von Bedeutung:

"§ 17.

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."

4. Rechtliche Beurteilung

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben u.a. Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die sich in Berufsausbildung befinden, wobei auch ein Studium - bei entsprechendem Studienerfolg - als Berufsausbildung den Familienbeihilfenanspruch begründet.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 StudFG 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG vor, wenn die/der Studierende das von ihr/ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt ( mwN).

Unstrittig ist, dass die Tochter der Bf. im Oktober 2019 nach vier Semestern des Bachelorstudiums Biologie an der Universität Wien zum Diplomstudium Veterinärmedizin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien wechselte.

Nachdem feststeht, dass die Tochter der Bf. das Studium gewechselt hat, ist § 17 StudFG anzuwenden.

Mit dem Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b 10. Satz FLAG 1967 ist der Begriff "günstiger Studienerfolg" im Sinne des § 17 StudFG auch für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung vorliegt, maßgeblich.

Kein günstiger Studienerfolg und damit ein für den Anspruch auf Familienbeihilfe "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 vor, wenn das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt wird.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Studienwechsel nach vier Semestern erfolgte. Dieser Studienwechsel fällt somit unter § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992.

Wird ein Studium nach dem dritten inskribierten Semester - wie hier beim Biologiestudium - gewechselt, bedeutet dies nach § 17 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 StudFG 1992 und § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, dass für das Folgestudium grundsätzlich keine Familienbeihilfe zusteht, solange das vorangegangene Studium gedauert hat. Diese "Wartezeit" beträgt im vorliegenden Fall vier Semester, da das vorangegangene Biologiestudium vier Semester (Wintersemester 2017/2018, Sommersemester 2018, Wintersemester 2018/2019, Sommersemester 2019) gedauert hat.

Eine Anrechnung von Vorstudienzeiten für das zuvor betriebene Bachelorstudium Biologie wurde im Ausmaß von 7,5 ECTS-Punkten vorgenommen.
Diese Anrechnung bewirkt, dass sich gemäß § 17 Abs. 3 StudFG 1992 die Wartezeit im neuen Studium um ein Semester (bei Anerkennung von 1 - 30 ECTS-Punkten ein Semester, vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 101) verkürzt.

Im Beschwerdefall besteht daher bei dem nach dem Sommersemester 2019, somit nach dem vierten inskribierten Semester tatsächlich erfolgten Studienwechsel gemäß § 17 Abs. 3 StudFG 1992 für die ersten drei Semester (d.h. bis einschließlich Wintersemester 2020/2021) des neu gewählten Studiums Veterinärmedizin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ein Familienbeihilfenanspruch bestünde somit wieder ab dem Sommersemester 2021. Das Finanzamt vertritt jedoch die Auffassung, dass dem Familienbeihilfenanspruch der Bf. auch die Regelungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 entgegenstehen.

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruches primär (§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967) auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind und subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf ab, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (vgl. ).

Die Tochter der Bf. ist nach den Eintragungen im Zentralen Melderegister seit mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet; in der Zeit von bis in ***Adr1***, und seit in ***Adr2***.

Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich die Tatsache einer nachgewiesenen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung ().

Die Bf. behauptet nicht, dass sie im beschwerderelevanten Zeitraum von Oktober 2019 bis März 2021 bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihrer Tochter geteilt hätte (Haushaltszugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz iVm. § 2 Abs. 5 FLAG 1967)

Auch eine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten durch die Bf. war für das Bundesfinanzgericht aus nachstehenden Gründen nicht feststellbar.

Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Um beurteilen zu können, wer die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, sind zunächst die tatsächlichen monatlichen Kosten, die für den Unterhalt des Kindes aufgewendet werden, zu ermitteln. Monatsbezogenheit deshalb, weil gesetzlicher festgelegter Anspruchszeitraum, wie sich aus § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 ergibt, der Monat ist. Zu den Unterhaltskosten gehören alle Kosten zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes entsprechend § 140 ABGB, also insbesondere die Kosten der Nahrung, der Bekleidung, der Wohnung mit Licht und Heizung, der Körperpflege, der ärztlichen Behandlung, der Heilmittel und der Pflege in Krankheitsfällen, einer Erholungsreise, des Unterrichtes und der Berufsausbildung, der Befriedigung angemessener geistiger Bedürfnisse und Unterhaltungen und vieles mehr. Diese Kosten sind grundsätzlich unter Mitwirkung des Familienbeihilfenwerbers konkret zu ermitteln.

Ob eine Person die Unterhaltskosen für ein Kind überwiegend trägt, hängt nun einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der in diesem Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab.

Wenn Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden können, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen; der Steuerpflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen u.ä. begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder eine (ihn treffende) gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht, II7, Tz. 1301).

Wenn die Feststellung, dass eine Anspruchsvoraussetzung vorliegt, nicht getroffen werden kann, geht dies daher zu Lasten der Bf., die die Zuerkennung der Familienbeihilfe beantragte.

Dass die Bf. ihre Tochter finanziell unterstützte, wird auch vom Finanzamt nicht in Abrede gestellt. Es wäre aber an der Bf. gelegen, dem zweimaligen Ersuchen des Finanzamtes nachzukommen und die Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ihr Kind darzulegen und ausreichend zu belegen sowie geeignete Nachweise für ihre Unterhaltszahlungen vorzulegen, zumal sie in ihrem über FinanzOnline eingebrachten Schreiben vom in Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom auch angab, dass die Unterhaltskosten für ihre Tochter im Ausmaß von durchschnittlich 1.000,00 Euro pro Monat gemeinsam von ihr und dem Kindesvater getragen werden.

Vor diesem Hintergrund kann es daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass das Finanzamt im Beschwerdezeitraum eine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten durch die Bf. verneinte.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 13, mit Anführung der VwGH-Judikatur).

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kommt es nur darauf an, ob die Bf. die in Rede stehenden Beträge zu Unrecht erhalten hat. Dem Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt.

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Aus den angeführten Gründen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 erfüllte.
Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Auch die im gegenständlichen Fall zu klärende Rechtsfrage des Anspruches auf Gewährung von Familienbeihilfe im Falle eines Studienwechsels nach dem dritten Studiensemester wurde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise ; ) entschieden, sodass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zulässig ist.

Linz, am

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