Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2022, RV/7300024/2018

Abweisung eines Antrages auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung; Durch einmaligen Fehler einer zuverlässigen Kanzleikraft wurde Strafverfügung versehentlich nicht weitergeleitet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RA Mag. Dr. Andreas Schuster, Liechtensteinstraße 22A/I/12, 1090 Wien, über die Beschwerden des Bestraften vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger nunmehr: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom , Strafnummer ***001*** betreffend
1) Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung des Finanzamtes Baden Mödling (Rechtsnachfolger nunmehr: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom (erstangefochtener Bescheid) und
2) Zurückweisung des Einspruches vom wegen Versäumung der Einspruchsfrist in Folge Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages (zweitangefochtener Bescheid) zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird stattgegeben, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung bewilligt, wodurch der Einspruch gegen die Strafverfügung rechtzeitig eingebracht wurde.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer ***Bf1*** (=Bf.) durch seinen Verteidiger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 Finanzstrafgesetz (FinStrG) verbunden mit der Erhebung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger nunmehr: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom , SN ***002*** und führte wie folgt aus:

"A.) Ich bin Geschäftsführer der ***X-GmbH***, gegen welche als Verband vom Finanzamt Baden Mödling als Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 143 FinStrG die Strafverfügung vom Strafnummer ***002*** erlassen und über den Verband eine Geldstrafe in Höhe von € 2.800 und Aufforderung zum Kostenersatz in Höhe von € 280,00 verhängt wurde.

Gegen diese Strafverfügung wurde von meinem umseits ausgewiesenen Vertreter als Bevollmächtigter des Verbandes mit Schriftsatz vom Einspruch erhoben.

B.) Am Freitag, erhielt der Rechtsvertreter der ***X-GmbH*** die Stellungnahme der Amtsbeauftragten des Finanzamtes zur StrafNr ***002***, in welcher unter der Überschrift B) Sachverhalt im vorletzten und letzten Absatz auf dieser Seite die Amtsbeauftragte ausführt, dass hinsichtlich des Geschäftsführers Herrn ***Bf1*** und auch gegen den Verband Firma ***X-GmbH*** mit Strafverfügungen vom Strafen von jeweils Euro 2.800,00 ausgesprochen wurden (Seiten 30-32 des Strafaktes).

Die Amtsbeauftragte führte weiters aus, dass betreffend die Strafverfügung des Verbandes rechtzeitig Einspruch erhoben und ein Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat gestellt worden sei. Gegen die Strafverfügung des Herrn ***Bf1*** sei kein Rechtsmittel eingebracht worden.

Durch diese Stellungnahme der Amtsbeauftragten, welche dem Verteidiger des Verbandes am zugestellt wurde, habe ich erstmals erfahren, dass lediglich gegen die Strafverfügung gegen den Verband ein Einspruch erhoben wurde, nicht jedoch gegen die an mich erhobene Strafverfügung, welche gemäß § 28a Abs 2 FinStrG rechtliche Voraussetzung für eine Verbandshaftung für jene gegen mich als Organ des Verbandes in meiner Tätigkeit für den Verband verhängten Geldstrafen nach dem VbVG iVm dem FinStrG ist.

Nunmehr habe ich auch eine Zahlungsaufforderung des Finanzamtes für die Begleichung der Geldstrafe samt Kostenersatz, datiert mit , vom Finanzamt Baden Mödling zur Abgabenkontonummer ***16*** erhalten (Beilage VF), sodass ich nicht bloß über den Verband, sondern über die an mich gerichtete Zahlungsaufforderung erfahren habe, dass gegen meine Strafverfügung kein Einspruch erhoben worden sein dürfte.

Ich habe daher umgehend meine steuerliche Vertretung, die ***A-GmbH*** davon in Kenntnis gesetzt und um Aufklärung ersucht sowie diese aufgefordert, alle Schritte zusetzen, um diesen Fehler zu beheben und meinem umseits ausgewiesenen Vertreter die gegen mich gerichtete Strafverfügung wie auch die Zahlungsaufforderung mit dem Ersuchen derVornahme aller rechtlichen Schritte zur Aufhebung dieses Zahlungsbefehls und Einstellung desFinanzstrafverfahrens weiterzuleiten.

C.) Ich habe die mir zugestellten Strafverfügungen vom unmittelbar nach Erhalt inder mich und den Verband in Abgabensachen vertretenden Steuerberatungskanzlei ***A-GmbH***, ***Adr***, abgegeben und um die Erhebung desEinspruchs gegen die Zahlungsbefehle entsprechend der abgegebenen Rechtfertigung ersucht.

Aus Versehen wurde von der ***A-GmbH*** lediglich die Strafverfügung gegen den Verband an meinenVerteidiger weitergeleitet.

Die Recherchen der ***A-GmbH*** ergaben, dass irrtümlich die beiden Strafverfügungen als identeAusfertigung betreffend ein und denselben Strafausspruch in den Akt eingelegt wurden unddaher nur eine weitergeleitet wurde, weshalb auf der gegen mich ergangenen Strafverfügungauch kein Eingangsstempel der ***A-GmbH*** aufscheint (Beilage ./G) sondern nur auf jener gegenden Verband. Anschließend wurden die beiden Strafverfügungen zusammengeheftet und fieldaher nicht auf, dass es sich nicht um eine sondern um zwei unterschiedliche Strafverfügungen handelt.

D.) § 167 Absatze (1) bis (4) bestimmen:

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung inden vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet undglaubhaft macht, dass er durchein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Fristeinzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen.Dass dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sichnur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei derFinanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht gestellt werden, je nachdem, ob die Frist bei derFinanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht wahrzunehmen war oder dort die Verhandlung stattfindensollte. Diese sind auch jeweils zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das Bundesfinanzgericht entscheidetmit Beschluss. War die Frist beim Spruchsenat wahrzunehmen oder sollte die Verhandlung vor dem Spruchsenatstattfinden, entscheidet der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller die versäumte Handlung gleichzeitig mit demWiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Die Behörde, die über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden hat, kann diesem aufschiebendeWirkung beilegen.

Ich habe die beiden Strafverfugungen umgehend nach Erhalt an meine steuerliche Vertretung übergeben mit dem Auftrag, einen Einspruch dagegen zu erheben.

Die Frist zur Erhebung des Einspruchs beträgt 1 Monat ab Zustellung der Strafverfügung. DieseFrist ist jedenfalls im Februar abgelaufen.

Ich konnte nicht erwarten und war es unvorhersehbar, dass meine steuerliche Vertretung, die ***A-GmbH***, lediglich die Strafverfügung gegen den Verband an meinenumseits ausgewiesenen Verteidiger mit dem Ersuchen um Erhebung des Einspruchsweiterleitet. Ich war daher auch nicht in der Lage, dieses Unterbleiben der Erhebung desEinspruchs gegen die an meine Person gerichtete Strafverfügung zu erkennen oder zuverhindern.

Aus einem minderen Grad des Versehens ist der ***A-GmbH*** der bislang nicht vorgekommene Fehlerunterlaufen, dass zwei Strafverfügungen mit identem Strafvorwurf (gegen mich als Geschäftsführer und gegen den Verband als Haftungsträger nach dem VbVG, wobei dieStrafnummer insofern ident ist, als lediglich die letzte Ziffer mit der Ordnungsnummer andersist) als eine zusammengeheftet wurden und die Weiterleitung der zweiten an meinenVerteidiger unterblieben ist.

Ein solcher Fehler ist der ***A-GmbH*** bislang nicht unterlaufen und ist dieser Fehler auch nichtaufgefallen, bis eben zum Erhalt der Stellungnahme der Amtsbeauftragten bzw Zustellung derZahlungsaufforderung des Finanzamtes betreffend meine Strafe.

E.) Durch die Versäumung dieser Einspruchsfrist erleide ich insofern einen gravierendenRechtsnachteil, dass gegen mich eine Geldstrafe rechtkräftig verhängt ist und ich damitnunmehr finanzstrafrechtlich vorbestraft bin, dadurch meine finanzstrafrechtlicheUnbescholtenheit beseitigt ist.

Darüber hinaus erleidet auch der Verband einen Rechtsnachteil, da seine Verteidigungsposition durch die gegen mich als Geschäftsführer des Verbandes rechtskräftig verhängte Geldstrafe geschwächt ist.

Zugleich mit diesem Antrag auf Wiedereinsetzung erhebe ich den innerhalb der versäumtenFrist unterbliebenen Einspruch gegen die Strafverfügung (siehe Punkt III.).

Ich stelle daher gemäß § 167 FinStrG den höflichen

ANTRAG
auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit den Rechtswirkungen des § 168 FinStrG sowie damit verbunden den weiteren

ANTRAG
diesem Wiedereinsetzungsantrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 167 Abs 4 FinStrG
beizulegen ….."

Zugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung wurde ein Einspruch gegen die Strafverfügung vom eingebracht sowie ein Antrag auf Einstellung bzw. um Fällung eines Erkenntnisses durch den Spruchsenat gestellt.

Mit Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde vom wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß § 167 FinStrG gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden könne, wenn der Antragsteller glaubhaft mache, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Unvorhersehbar sei ein Ereignis dann, wenn es sich dem Einflussbereich der Partei entziehe (), unabwendbar wenn sein Eintritt vom Willen der Partei nicht verhindert werden könne ().

Rechtlich sei es ohne Belang, ob die Frist aus einem Verschulden der Partei oder des Parteienvertreters versäumt worden sei. Der Auftraggeber bleibe für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages an seinen Vertreter verantwortlich, weil er es sei, der nach dem Gesetz oder den Verwaltungsvorschriften die Frist zu wahren habe. Aber auch das Verschulden des Vertreters gehe zu Lasten der von ihm vertretenen Partei.

Mit weiterem Bescheid vom erfolgte die Zurückweisung des Einspruchs, da die Zustellung der Strafverfügung durch Hinterlegung am erfolgt und damit der Einspruch vom verspätet bei der Abgabenbehörde eingebracht worden sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden frist- und formgerechte Beschwerden vom mit folgendem Inhalt:

"Ich erhebe gegen
1.) den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , StrafNr
***001***, meinem umseits ausgewiesenen Rechtsvertreter zugestellt am , mit welchem mein Antrag vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 FinStrG wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung des Finanzamtes Baden Mödling vom , StrafNr ***001***, abgewiesen wurde (erstangefochtener Bescheid) und

2.) den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , StrafNr ***001***, meinem umseits ausgewiesenen Rechtsvertreter zugestellt am , mit welchem mein mit obigem Antrag verbundener Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , StrafNr ***001***, wegen Versäumung der Einspruchsfrist infolge Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages zurückgewiesen wurde (zweitangefochtener Bescheid) innerhalb der bis offenen Frist gemäß § 150 FinStrG iVm § 243 ff BAO

BESCHEIDBESCHWERDE

an das Bundesfinanzgericht in Wien und fechte den erstangefochtenen und den zweitangefochtenen Bescheid jeweils zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften an verbunden mit dem

ANTRAG,

das Bundesfinanzgericht wolle das Verfahren beider Beschwerden in einem Verfahren zusammenziehen und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst entscheiden, der Beschwerde gegen beide angefochtenen Bescheide Folge geben, diese Bescheide beheben und dem Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 167 FinStrG stattgeben und infolge der Stattgabe den mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundenen Einspruch für rechtzeitig erhoben und somit rechtswirksam erklären und anordnen, dass das ordentliche Verfahren nach den Bestimmungen der §§ 115 ff FinStrG infolge rechtzeitiger Erhebung des Einspruchs durchgeführt werde.

Der Antrag wird wie folgt begründet:

I. Sachverhalt:

A.) Mit Schriftsatz vom habe ich den Antrag auf Wiedereinsetzung inden vorigen Stand gemäß § 167 FinStrG wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom , StrafNr: ***001***, unddamit verbunden und somit zugleich die versäumte Rechtshandlung in der Erhebung desEinspruchs gegen diese Strafverfügung vorgenommen. Mit dieser Strafverfügung wurde über mich als Geschäftsführer der ***X-GmbH*** wegen einerFinanzordnungswidrigkeit eine Geldstrafe in Höhe von € 2.800,00 verhängt und zumErsatz der Verfahrenskosten in Höhe von € 280,00 verpflichtet.

Mit Strafverfügung des Finanzamtes Baden Mödling vom , StrafNr ***002***, wurde wegen dieser Finanzordnungswidrigkeit über die von mir alsGeschäftsführer vertretene ***X-GmbH*** als Verbandsverantwortlicheebenfalls eine Geldstrafe in gleicher Höhe verhängt und Kostenersatz in gleicher Höheaufgetragen. Der Verband hat fristgerecht dagegen Einspruch erhoben und wurde dasordentliche Verfahren eingeleitet, in welchem auch ein Antrag auf mündlicheVerhandlung vor dem Spruchsenat gestellt worden ist.

B.) Ich habe die mir zugestellten Strafverfügungen vom unmittelbar nachErhalt in der mich und den Verband in Abgabensachen vertretendenSteuerberatungskanzlei ***A-GmbH***, ***Adr***,abgegeben und um die Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügungenentsprechend der abgegebenen Rechtfertigung ersucht.

C.) Durch die Stellungnahme der Amtsbeauftragten des Finanzamtes und die meinerSteuerberatung zugestellten Zahlungsaufforderung des Finanzamtes Baden Mödling fürdie Begleichung meiner Geldstrafe samt Kostenersatz, wurde mir (zu meiner großen Überraschung) bekannt, dass die gegen mich gerichtete Strafverfügung in Rechtskrafterwachsen ist.

Die Recherchen der ***A-GmbH*** ergaben, dass irrtümlich die beiden Strafverfügungen alsidente Ausfertigung betreffend ein und denselben Strafausspruch in den Akt eingelegtwurden und daher nur eine weitergleitet wurde, weshalb auf der gegen mich ergangenen Strafverfügung auch kein Eingangsstempel der ***A-GmbH*** aufscheint (im Akt inneliegend als Beilage ./G), sondern nur auf jener gegen den Verband. Anschließend wurden diebeiden Strafverfügungen zusammengeheftet und fiel daher nicht auf, dass es sich nichtum eine, sondern um zwei, wenn auch nur geringfügig unterschiedliche Strafverfügungen handelt.

D.) Ich konnte nicht erwarten und war es daher unvorhersehbar, dass meinesteuerliche Vertretung lediglich die Strafverfügung gegen den Verband an meinenumseits ausgewiesenen Verteidiger mit dem Ersuchen um Erhebung des Einspruchs weiterleitet. Ich war daher auch nicht in der Lage, dieses Unterbleiben der Erhebung desEinspruchs gegen die an meine Person gerichtete Strafverfügung zu erkennen oder zuverhindern, vielmehr war ich ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass der Einsprucherhoben wurde.

E.) Der langjährigen und diesbezüglich bestens geschulten Mitarbeiterin der ***A-GmbH*** ist ein solcher Fehler bislang nicht unterlaufen, dass zwei Strafverfügungen mit identemStrafvorwurf und identer Strafe (Strafnummer unterscheidet sich lediglich in der letztenZiffer der Ordnungsnummer) als eine zusammengeheftet wurden und die Weiterleitungder zweiten (im Irrglauben, es handle sich um dieselbe Strafverfügung) an meinenVerteidiger unterblieben ist.

Ein solcher Fehler ist der ***A-GmbH*** bislang nicht unterlaufen und ist dieser Fehler auchnicht aufgefallen, bis eben zum Erhalt der Stellungnahme der Amtsbeauftragten bzwZustellung der Zahlungsaufforderung des Finanzamtes betreffend meine Geldstrafe.

Durch die Versäumung dieser Einspruchsfrist erleide ich insofern einen gravierendenRechtsnachteil, dass gegen mich eine Geldstrafe rechtkräftig verhängt ist und ich damitnunmehr finanzstrafrechtlich vorbestraft bin, dadurch meine finanzstrafrechtlicheUnbescholtenheit beseitigt ist.

Darüber hinaus erleidet auch der Verband einen Rechtsnachteil, da seineVerteidigungsposition durch die gegen mich als Geschäftsführer des Verbandesrechtskräftig verhängte Geldstrafe geschwächt ist.

Ich habe unverzüglich nach Erkennen dieser Versäumnis gemäß § 167 Abs 3 FinStrGzugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung den innerhalb der versäumten Fristunterbliebenen Einspruch gegen die oben näher bezeichnete Strafverfügung erhobenund die dort enthaltenen Anträge gestellt.

II. Rechtsrüge

A.) Die belangte Behörde hat den Wiedereinsetzungsantrag mit demerstangefochtenen Bescheid abgewiesen und den zugleich mit demWiedereinsetzungsantrag erhobenen Einspruch infolge Versäumung der Einspruchsfristmit dem zweitangefochtenen Bescheid zurückgewiesen. Die Zurückweisung desEinspruchs mit dem zweitangefochtenen Bescheid ist daher die Folge der Klärung derVorfrage über die Wiedereinsetzung in den Stand der versäumten Einspruchsfrist imerstangefochtenen Bescheid, sodass diese beiden Verfahren zusammengezogen werden können.

B.) In der Begründung für die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung im erstangefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, dass ein Ereignis dannunvorhersehbar ist, wenn es sich dem Einflussbereich der Partei entzieht und dannunabwendbar ist, wenn sein Eintritt vom Willen der Partei nicht verhindert werden kann.

Auf ein Verschulden der Partei oder des Parteienvertreters an der Fristversäumniskomme es nicht an.

C.) Dieser Rechtsmeinung ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshofnach seiner nunmehrigen ständigen Rechtsprechung unter Ereignis iSd § 167 FinStrG jedes Geschehen versteht, also nicht nur einen Vorgang der Außenwelt, sondern aucheinen psychischen Vorgang wie Vergessen, Verschreiben, sich irren, usw [Reger/Judmaier/Kalcher/Kurocki, FinStrG Bd 24 (2016) § 167 Rz 2 mwNw).

Von einem hier beachtlichen Geschehen kann aber nur dann gesprochen werden, wennes sich um ein nicht im Voraus Berechenbares bzw Unüberwindliches handelt, mitdessen Eintritt normalerweise nicht gerechnet werden muss, weil es nur selten eintritt.

Ereignisse, mit denen mehr oder minder regelmäßig zu rechnen ist, sind keineEreignisse, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen [Reger/Judmaier/Kalcher/Kurocki,FinStrG Bd 24 (2016) § 167 Rz 3 mwNw).

D.) Wie im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt handelte es sich bei diesem Versäumnis um ein einmaliges und nicht vorhersehbares Ereignis, das auf einem ebensoeinmaligen Irrtum einer langjährigen und bestens geschulten Mitarbeiterin in derSteuerberatungskanzlei zurückzuführen ist, mit dessen Auftreten weder ich noch ein mitden Erfahrungen eines Durchschnittsmenschen ausgestatteter Beobachter rechnenkonnte, weil es sich um eine einmalig aufgetretene Fehlleistung handelt.

Mich trifft an diesem Irrtum, der letztlich zur Versäumung der Einspruchsfrist geführthat, keinerlei Verschulden. Ich habe die Steuerberatungskanzlei mit der Erhebung des Einspruchs beauftragt und ist nicht nur aus meiner Erfahrung mitnach den Erfahrungen einesDurchschnittsmenschen nicht damit zu rechnen, dass ein solcher Fehler unterläuft.

E.) Seit dem AbgÄG 1987 (BGB1 1987 Nr 312) steht entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde der Bewilligung einer Wiedereinsetzung ein minderer Grad desVersehens nicht mehr entgegen, wobei der mindere Grad des Versehens nach derRechtsprechung des VwGH der leichten Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGBgleichzusetzen ist [Reger/Judmaier/Kalcher/Kurocki, FinStrG Bd 24 (2016) § 167 Rz 4mwNw). Der Antragsteller auf Wiedereinsetzung darf somit nicht "auffallend sorglos"gehandelt haben. Eine solche auffallend sorglose Handlungsweise meinerseits liegt nachdem Sachverhalt nicht vor.

Der Irrtum der Steuerberatungskanzlei stellt auch bei Anlegung eines strengerenMaßstabs, wie er bei Parteienvertretern angelegt werden könnte, lediglich einen minderenGrad des Versehens dar, da es sich um ein erstmaliges und auch einmaliges Verseheneiner langjährig mit diesen Aufgaben betrauten und bestens geschulten Mitarbeiterinhandelte, welches ihr bislang nicht unterlaufen ist.

F.) Somit stellt auch bei Anlegen eines strengeren Sorgfaltsmaßstabs ein einmaligerSorgfaltsverstoß noch keine auffallende Sorglosigkeit dar, die einen oftmaligen undgravierenden Verstoß von Sorgfaltspflichten voraussetzt. Ein solcher Verstoß liegt hiernicht vor, sodass der Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist kein Hindernisentgegensteht, somit dem Wiedereinsetzungsantrag von der belangten Behördestattzugeben gewesen wäre, aus welchem Grund der erstangefochtene Bescheidaufzuheben ist.

Bei Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages ist die Frist zur Erhebung des Einspruchsgewahrt und der zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Einspruch alsrechtzeitig zu qualifizieren, aus welchem Grund auch der zweitangefochtene Bescheidaufzuheben ist, weil ein Fristversäumnis dann nicht mehr vorliegt und damit der von derBehörde im zweitangefochtenen Bescheid angeführte einzige Zurückweisungsgrundweggefallen ist, somit die Rechtsfolgen einer rechtzeitigen Erhebung des Einspruchseintreten…."

Mit weiterer Eingabe vom verzichtete der Bf. auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und führte ergänzend aus:

"Im hier gegenständlichen Beschwerdeverfahren handelt es sich um die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde vom , StrafNr ***001***, welche mit gleichem Inhalt auch gegen die ***X-GmbH*** als den von mir vertretenen Verband erlassen wurde.

Während die gegen den Verband erlassene Strafverfügung nach Erhebung des Einspruches außer Kraft trat und das Finanzstrafverfahren nachfolgend vom Spruchsenat rechtskräftig eingestellt wurde, konnte ich gegen die inhaltlich gleichlautende gegen mich gerichteten Strafverfügung keinen Einspruch erheben, weil die von mir beauftragte und mit Zustellvollmacht ausgestattete Steuerberatungskanzlei, zu deren Händen beide Strafverfügungen gleichzeitig zugestellt wurden, trotz intern vorhandenen Kontrollsystems übersehen hat, dass es sich nicht um eine, sondern um zwei Strafverfügungen handelte, die zwar den gleichen Inhalt und Aussehen aufweisen, jedoch an unterschiedliche Adressaten (Verband und Geschäftsführer des Verbandes) gerichtet sind.

Trotz dem in der Steuerberatungsgesellschaft organisatorisch eingerichteten internen Kontrollsystem, wonach der/die Vorgesetzte der die Post entgegennehmenden Sekretärin nochmals die eingehenden Poststücke dahingehend zu prüfen hat, ob allenfalls einzuhaltende Fristen korrekt vorgemerkt wurden, ist dieser Fehler auch der/dem Vorgesetzten nicht aufgefallen, andernfalls er/sie in gleicher Weise Vorsorge für die Einhaltung der Frist zur Erhebung des Einspruches getroffen hätte, wie es auch bei der anderen Strafverfügung geschehen ist. Offensichtlich können auch Kontrollorganen solche Fehler unterlaufen, wobei dieser eine Vorfall nicht den Schluss zulässt, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die Möglichkeit der fristgerechten Wahrung von Rechtsmittelfristen nicht sichergestellt sei (). Ein weiterer Vorfall gleicher Art ist nicht bekannt.

Die Entschuldbarkeit des einmaligen Fehlers des/der Vorgesetzten als kontrollierendes Organ darf aber nicht dazu führen, dass lediglich meine Person die Folgen daraus zu tragen hätte. Ich halte meine Anträge daher aufrecht.

Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 167 Abs 3 FinStrG, in eventu ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt."

Auch das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde verzichtete auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Über die Beschwerde wurde erwogen:

Mit Strafverfügungen des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger nunmehr: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom wurden gegen den Bf. als Geschäftsführer der Firma ***X-GmbH*** eine Geldstrafe und gegen den Verband ***X-GmbH*** eine Verbandsgeldbuße wegen Finanzvergehen gemäß § 49 (1) a FinStrG von jeweils € 2.800,00 ausgesprochen. Betreffend die Strafverfügung gegen den Verband wurde mit Schriftsatz vom rechtzeitig Einspruch erhoben und ein Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat gestellt. Gegen die Strafverfügung des Bf. wurde innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Rechtsmittel eingebracht.

Mit Zustellung der Spruchsenatsanzeige betreffend die Firma ***X-GmbH*** an den Verteidiger des Verbandes sowie einer Zahlungsaufforderung betreffend die Geldstrafe an den Bf. erlangte dieser davon Kenntnis, dass eine bereits rechtskräftige Geldstrafe gegen ihn als Geschäftsführer der ***X-GmbH*** vorlag.

In der Folge wurde mit Schreiben vom ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom eingebracht. Begründend wurde vorgebracht, dass die dem Beschuldigten zugestellten Strafverfügungen unmittelbar nach Erhalt an den steuerlichen Vertreter - Steuerberatungskanzlei ***A-GmbH******A-GmbH*** - übergeben wurden und um Erhebung von Einsprüchen ersucht worden sei. Aus Versehen sei von der ***A-GmbH*** lediglich die Strafverfügung gegen den Verband an den rechtlichen Vertreter - Mag. Dr. Andreas Schuster - weitergeleitet worden. Die Recherchen der ***A-GmbH*** hätten ergeben, dass irrtümlich die beiden Strafverfügungen als idente Ausfertigung angesehen und daher nur eine weitergeleitet wurde. Dies sei auch der Grund, weshalb auf der Strafverfügung betreffend den Bf. kein Eingangsstempel der ***A-GmbH*** Kanzlei aufscheine.

Der ***A-GmbH***, insbesondere der langjährigen und diesbezüglich bestens geschulten Mitarbeiterin sei der bislang nicht vorgekommene Fehler unterlaufen, dass zwei Strafverfügungen mit identem Strafvorwurf (gegen den Bf. und gegen den Verband als Haftungsträger nach dem VbVG, wobei die Strafnummer insofern ident sei, als lediglich die letzte Ziffer mit der Ordnungsnummer anders ist) als eine zusammengeheftet wurden und die Weiterleitung der zweiten an den Verteidiger des Bf. unterblieben sei. Dieser Fehler sei auch trotz intern vorhandenen Kontrollsystems nicht aufgefallen, bis eben zum Erhalt der Stellungnahme der Amtsbeauftragten bzw. Zustellung der Zahlungsaufforderung des Finanzamtes betreffend die Geldstrafe an den Bf.

Zur Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

§ 167 Abs. 1 FinStrG: Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, daß er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

§ 167 Abs. 2 FinStrG: Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht gestellt werden, je nachdem, ob die Frist bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht wahrzunehmen war oder dort die Verhandlung stattfinden sollte. Diese sind auch jeweils zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das Bundesfinanzgericht entscheidet mit Beschluss. War die Frist beim Spruchsenat wahrzunehmen oder sollte die Verhandlung vor dem Spruchsenat stattfinden, entscheidet der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag.

§ 167 Abs. 3 FinStrG: Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Als Ereignis im Sinne des § 167 Abs 1 FinStrG ist jedes Geschehen, also nicht nur ein Vorgang der Außenwelt, sondern auch ein psychischer Vorgang, wie Vergessen, Verschreiben, sich irren, anzusehen ( Slg 9024/A, verstärkter Senat, vom , 414/80, vom , 11/0122, 0158/80, vom , 16/3857/80, 81/16/0027, vom , 81/11/0105-0107, vom , 83/11/0143, vom , 83/17/0178, 0179, 0180, 0185, und vom , 94/16/0164).

Ein solches Ereignis ist dann als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte ( Slg 9024/A, verstärkter Senat, vom , 414/80, vom , 11/0122, 0158/80, vom , 16/3857/80, 81/16/0027, vom , 85/06/0003, vom , 85/16/0032, vom , 82/06/0177, vom , 93/16/0020, vom , 98/16/0051, vom , 98/15/0028, vom , 2000/16/0637).

Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, so zwar, dass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (-0171, und vom , 93/16/0020).

Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es durch den Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte (vgl Slg 9024/A, verstärkter Senat, vom , 85/16/0032, vom , 86/10/0169-0171, vom , 93/16/0020, vom , 98/16/0051, vom , 2000/16/0637, und vom , 2004/16/0096), auch wenn er dessen Eintritt voraussah (vgl ).

Das Geschehen muss von solcher Art sein, dass es sich unter Zugrundelegung der Erfahrungen eines Durchschnittsmenschen der Voraussehbarkeit entzieht, oder es muss unabwendbar sein, dh es muss von einer solchen Art sein, dass es bei der Anwendung der normalerweise erreichbaren Mittel nicht abgewendet werden kann. Ein Ereignis ist dann nicht unabwendbar, wenn es durch eine entsprechende Sorgfalt und Kontrolle ausgeschlossen werden kann (). Ein dem Rechtsvertreter widerfahrenes Ereignis stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens gehandelt hat (). Handlungen und das Verschulden des Vertreters einer Partei sind dem Vertretenen zuzurechnen (, VwSlg 8.612/F, und vom , 2008/16/0034). Der Parteienvertreter selbst ist für die Berechnung einer Frist (etwa für ein Rechtsmittel) verantwortlich; er hat ihre Vormerkung anzuordnen und die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen seiner Aufsichtspflicht zu überwachen (, und vom , 2004/16/0198).

Dem Verschulden der Partei selbst an der Fristversäumung ist ein Verschulden des Vertreters, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen gleichzuhalten. Führt das Fehlverhalten anderer Personen, etwa das von Angestellten, zu einer Fristversäumung, so ist zu prüfen, ob der Parteienvertreter (oder die Partei selbst) dadurch ein schuldhaftes Verhalten gesetzt hat, dass er (oder sie) eine ihm (oder ihr) auferlegte Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist (). Dabei ist durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auch auszuschließen sind. Der Vertreter hat ein wirksames Kontrollsystem vorzusehen, das im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet ist ( und vom , 2013/16/0196).

Rein mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, kann der Vertreter der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen (). Fehler durch zuverlässige Angestellte einer Kanzlei im rein manipulativen Bereich können zur Wiedereinsetzung führen (, und vom , 2008/16/0140). Allerdings muss ein Kontrollsystem bestehen, solche Fehler zu verhindern ().

Insbesondere geht der Verwaltungsgerichtshof in stRsp davon aus, dass lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen werden kann und bei solcher manipulativen Tätigkeit der sonst verlässlichen Kanzleikraft ihr Versehen/Verschulden kein Verschulden des Vertreters begründet, sofern nicht ein eigenes Verschulden des RA hinzutritt.

Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, sei dem rechtlichen Vertreter nicht zuzumuten, will man seine Sorgfaltspflichten nicht überspannen (ua. ). Die weisungswidrige Nichtvorlage eines fristgebundenen Schriftstücks an den rechtlichen Vertreter müsse als manipulative Tätigkeit angesehen werden. In solchen Fällen sei das Verschulden der sonst verlässlichen Kanzleiangestellten dem Verschulden des rechtlichen Vertreters nicht gleichzusetzen. Entscheidend sei allein, dass der rechtliche Vertreter durch klare Weisungen an ein verlässliches Kanzleipersonal dafür Sorge trägt, dass ihm die Schriftstücke tatsächlich zukommen; wird eine solche Weisung verletzt und konnte der rechtliche Vertreter im Hinblick auf das bisherige dienstliche Verhalten seines Mitarbeiters mit der Befolgung der Weisung rechnen, so könne aus der einmaligen Missachtung einer solchen Weisung ein Verschulden des Vertreters nicht abgeleitet werden (u.a. ).

Ein Vertreter mit einem ordnungsgemäßen Kanzleibetrieb darf sich sohin im Allgemeinen darauf verlassen, dass sein Kanzleipersonal die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Eine Überwachung auf Schritt und Tritt ist nicht notwendig. Bei manipulativer Tätigkeit wie etwa Kuvertierung, Beschriftung eines Kuverts oder der Postaufgabe, ist nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes, sofern nicht ein eigenes Verschulden des Steuerberaters hinzutritt, das Verschulden der sonst verlässlichen Kanzleiangestellten einem Verschulden des Steuerberaters nicht gleichzusetzen.

Ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ist sohin dann auszuschließen, wenn die Kanzleiorganisation des Vertreters, insbesondere durch die Auswahl und Überwachung zuverlässigen Personals ordnungsgemäß ist. Gegenständlich konnte der Steuerberater im Hinblick auf das bisherige dienstliche Verhalten seiner Mitarbeiterin mit der ordnungsgemäßen Weiterleitung der Schriftstücke rechnen, sodass ein Verschulden des Vertreters nicht abgeleitet werden kann.

Im Wiedereinsetzungsantrag wurde das Vorliegen einer tauglichen Büroorganisation für die Wahrnehmung der Fristen durch die Steuerberatungskanzlei dargelegt und dargetan, dass der langjährigen und diesbezüglich bestens geschulten Mitarbeiterin der bislang nicht vorgekommene Fehler unterlaufen sei, dass zwei Strafverfügungen mit identem Strafvorwurf (gegen den Bf. und gegen den Verband als Haftungsträger nach dem VbVG, wobei die Strafnummer insofern ident sei, als lediglich die letzte Ziffer mit der Ordnungsnummer anders ist) als eine zusammengeheftet wurden und die Weiterleitung der zweiten an den Verteidiger des Bf. unterblieben ist. Das einmalige Versehen der bislang zuverlässigen Kanzleibediensteten trotz intern vorhandenen Kontrollsystems stellt daher für den berufsmäßigen Parteienvertreter und damit für den Bf. sohin ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar.

Zur Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödlingals Finanzstrafbehörde vom betreffend Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung:

Die Zustellung der Strafverfügung erfolgte durch Hinterlegung am . Der Antrag auf Wiedereinsetzung vom wurde bei der Finanzstrafbehörde binnen der gemäß § 167 Abs. 3 FinStrG vorgegebenen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses - die Stellungnahme der Amtsbeauftragten wurde dem Verteidiger des Verbandes am zugestellt - rechtzeitig eingebracht. Infolge Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages ist damit die Frist zur Erhebung des Einspruchs gewahrt und der zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Einspruch als rechtzeitig eingebracht zu werten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher ausgeschlossen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 167 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7300024.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at