Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2022, RV/3100563/2021

Familienbeihilfenanspruch bei krankheitsbedingt verzögertem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die mit Vorlageantrag vom auf die Zeiträume Juli bis September 2019 und Juli 2020 bis März 2021 eingeschränkte Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, Ordnungsbegriff [OB],

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben des Finanzamtes Österreich vom 18. Feber 2021 wurde der Anspruch der Beihilfenbezieherin auf Familienbeihilfe für ihren Sohn [NameSohn] überprüft. Die Beihilfenbezieherin wurde ersucht, das Reifeprüfungszeugnis des Sohnes zu übermitteln und bekannt zu geben, welche weitere Tätigkeit der Sohn ausübe.
Diesem Ersuchen kam die Beihilfenbezieherin durch Rückübermittlung des ergänzten Formulars samt einer Kopie des Reifeprüfungszeugnisses und einer Bestätigung des Wirtschaftsförderungsinstitutes über den Besuch einer dortigen Ausbildung zum [Tätigkeit] nach.

Mit Bescheid vom wurde die für den volljährigen Sohn für den Zeitraum Juli 2019 bis März 2021 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen von der Beihilfenbezieherin zurückgefordert. Dies begründet ausschließlich mit einem Satz, nämlich dass sich der Sohn nicht in Berufsausbildung befunden hätte.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Sohn habe im Mai 2019 die Reifeprüfung abgelegt.
Mit Oktober 2019 habe der Sohn den Zivildienst, der bis Ende Juni 2020 gedauert habe, begonnen.
Danach habe er sich für das Wintersemester 2020/21 zu einem Studium angemeldet und bereits im Juni 2020 ein Studentenzimmer reserviert. Zur Aufnahmeprüfung habe er krankheitsbedingt jedoch nicht antreten können.
Im September 2020 hätte das Finanzamt den Bezug der Familienbeihilfe (covidbedingt) "automatisch" verlängert.
Die Erkrankung habe von Mitte Juni 2020 bis Ende März 2021 angedauert, weshalb er im Herbst und Winter keine andere Ausbildung "antreten" habe können.
Im März 2021 habe der Sohn sodann eine "Alternativausbildung" zum [Tätigkeit] beginnen können. Ein Antrag auf Ausbildungsunterstützung durch das AMS wurde abgelehnt, um eine sonstige finanzielle Unterstützung wurde bisher nicht angesucht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte aus, dass der Sohn nach Ablegung der Reifeprüfung und Ableistung des Zivildienstes von Juli 2020 bis März 2021 Krankengeld bezogen habe. Die im März 2021 begonnene Ausbildung zum [Tätigkeit] stelle keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar, da diese weder die volle noch die überwiegende Zeit des Sohnes in Anspruch nehme.

Daraufhin beantragte die Einschreiterin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Die Ausbildung zum [Tätigkeit] mit 394 Unterrichtseinheiten würde eine vollständige Ausbildung zu einem Beruf und überdies auch einen Lehrberuf darstellen. Der Sohn habe nach dem Zivildienst die Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen. Zur Verzögerung wäre es wegen der Krankheit gekommen. Sie beantrage daher die Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum vor dem Zivildienst (Juli bis September 2019) und ab Juli 2020.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und vertrat weiterhin die Ansicht, dass für den Sohn im Rückforderungszeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der nachfolgend dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den unstrittigen Teilen des vorgelegten Verwaltungsaktes und den darin enthaltenen Beweismitteln.

  1. Der Sohn der Beschwerdeführerin wurde am [GebDat] geboren und war im Rückforderungszeitraum daher bereits volljährig.

  2. Im Juni 2019 legte er die Reifeprüfung erfolgreich ab.

  3. Von bis leistete er den ordentlichen Zivildienst.

  4. Im letzten Monat des Zivildienstes erfolgte eine stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus zur Abklärung von Krankheitssymptomen.

  5. Von bis war der Sohn krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Von bis wurde Krankengeld bezogen (unbestrittene Feststellung in der Beschwerdevorentscheidung).

  6. Für das Wintersemester 2020/21 war der Beginn eines Studiums geplant, ein Antreten zur Aufnahmeprüfung erfolgte krankheitsbedingt nicht.

  7. Mit wurde am Wirtschaftsförderungsinstitut die Veranstaltung "Ausbildung zum [Tätigkeit]" besucht. Diese Veranstaltung umfasste 234 Unterrichtsstunden jeweils an Freitagen von 18:00 bis 22:00h und an Samstagen von 8:30 bis 17:00h. In der Zeit von 4. Mai bis wurde im Rahmen der Ausbildung ein Praktikum über 160 Stunden absolviert. Am wurde diese Ausbildung erfolgreich mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen.

  8. Noch im Oktober 2021 begann der Sohn ein Dienstverhältnis als [Beruf].

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Strittig ist im vorliegenden Fall nach der Einschränkung des Begehrens im Vorlageantrag, ob die Beschwerdeführerin für ihren volljährigen Sohn im Zeitraum Juli bis September 2019 (Monat nach Beendigung der Schulausbildung bis Monat vor Beginn des Zivildienstes) und für den Zeitraum ab Juli 2020 bis März 2021 (Monat nach Beendigung des Zivildienstes bis zum letzten Rückforderungsmonat) Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge hatte.

Dazu ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass

  1. der Sohn seine Schulausbildung im Juni 2019 abgeschlossen hat,

  2. er im Zeitraum Juli bis inklusive September 2019 unstrittig keinerlei Ausbildung absolvierte,

  3. er im Zeitraum Oktober 2019 bis Ende Juni 2020 den Zivildienst ableistete,

  4. er in der Folge bis Ende März 2021 arbeitsunfähig war und Krankengeld bezog und

  5. er anschließend bis Oktober 2021 einen Wochenendkurs zur Ausbildung als [Tätigkeit] besuchte und danach als [Beruf] zu arbeiten begann.

§ 2 Abs 1 FLAG 1967 regelt im Wesentlichen den Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder.

Nach § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Nach § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs 1 lit l sublit aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs 1 lit l sublit aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird.

Für den Zeitraum nach Abschluss der Schulausbildung bis zur Ableistung des Zivildienstes besteht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein ausdrücklich normierter Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl ). In der Literatur (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 120) und der Verwaltungspraxis wird jedoch die Ansicht vertreten, dass ein derartiger Zeitraum durch § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 dann umfasst ist, wenn eine daran anschließende (weitere) Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildienstes begonnen wird.
Für den Zeitraum nach Beendigung des Zivildienstes ab Juli 2020 normiert § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 ausdrücklich einen Anspruch auf Familienbeihilfe (wiederum) unter der Voraussetzung, dass eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es in beiden Fällen auf den frühestmöglichen und auch tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung (gegenständlich nach Ende der Schulausbildung bzw des Zivildienstes) an (vgl dazu ).
Als frühestmöglicher Zeitpunkt gilt dabei in einer streng objektiven Auslegung jener erste Zeitpunkt, zu dem nach Beendigung der Schulausbildung bzw des Zivildienstes die weitere Ausbildung begonnen werden könnte. Wird dieser nicht wahrgenommen, kann ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die gesamte Zwischenzeit nicht entstehen.

Der frühestmögliche Zeitpunkt zu dem die weitere Ausbildung begonnen hätte werden können ist unabhängig davon, ob Anmeldefristen zu beachten, Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmeprüfungen zu bestehen gewesen wären (vgl etwa , und Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 132ff, zu § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967) oder der Ausbildungsbeginn - trotz bestandener Aufnahmeprüfung - alleine an der Limitierung hinsichtlich der TeilnehmerInnen-Anzahl scheitert (vgl dazu neuerlich ).
Daraus ergibt sich, dass persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung in Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird, unbeachtlich sind (vgl dazu neuerlich Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, aaO).
Aus oben Gesagtem ist klar ableitbar, dass - auf Grund der rein objektiven Beurteilung - auch dann kein frühestmöglicher Beginn einer weiteren Ausbildung vorliegt, wenn das Kind "unverschuldet" die Ausbildung erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen kann, wie dies zB ganz einfach mangels eines Lehrplatzes oder ausreichender Studienplätze, aber auch bei einer Erkrankung oder einem Unfall der Fall sein kann.

Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, hätte ihr Sohn geplant, im Herbst 2020 ein Studium zu beginnen, hatte sich für dieses bereits angemeldet und auch eine studienplatznahe Unterkunft angemietet. Es ist somit offenkundig, dass objektiv der Beginn einer weiteren Berufsausbildung (spätestens) im Wintersemester 2020/21 möglich gewesen wäre. Zu einem tatsächlichen Studienbeginn im Herbst 2020 ist es jedoch nicht gekommen.
Dass die Ablegung der Aufnahmeprüfung - wie die Beschwerdeführerin ausführt - krankheitsbedingt nicht erfolgen konnte, ist dabei - wie vorstehend dargelegt - nicht relevant, weil eben auch ein unverschuldet späterer Ausbildungsbeginn nicht unter den Begriff "frühestmöglich" zu subsumieren ist.
Ergänzend sei erwähnt: Im vorliegenden Fall liegt auch keine - grundsätzlich beihilfenwahrenden - krankheitsbedingte Unterbrechung einer bereits begonnenen Berufsausbildung (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 38, unter Verweis auf mwN). Eine derartige Unterbrechung würde voraussetzen, dass die geplante Ausbildung vor der krankheitsbedingten Unterbrechung bereits begonnen wurde, was aber niemals der Fall war.

Damit steht fest, dass der Sohn der Beschwerdeführerin weder im Zeitraum nach Abschluss der Schulausbildung bis zum Beginn des Zivildienstes, noch in der Zeit nach Beendigung des Zivildienstes bis zur Aufnahme der Ausbildung als [Tätigkeit] in Berufsausbildung gestanden ist und auch ein (objektiv betrachtet) frühestmöglicher Beginn (bzw eine frühestmögliche Fortsetzung der Berufsausbildung) nicht vorliegt. Ein Beihilfenanspruch für den Zeitraum nach Abschluss der Schulausbildung bis zum Beginn des Zivildienstes sowie nach Beendigung des Zivildienstes bis zur Aufnahme der Ausbildung als [Tätigkeit] ist daher zu verneinen.

Abschließend ist noch festzuhalten, dass die vom Sohn der Beschwerdeführerin im März 2021 (=letzter vom Rückforderungsbescheid betroffener Monat) begonnene Ausbildung zum [Tätigkeit] in Form eines gesamt 234 Stunden umfassenden "Wochenendkurses" (Freitag 4 Stunden, Samstag 8,5 Stunden) zuzüglich eines 160 Stunden umfassenden Praktikums erfolgte. Aus dem zeitlichen Rahmen ergeben sich durchschnittlich 8 Wochenstunden (234 Gesamtstunden in 29 Wochen) theoretischer Unterricht und für das im Mai 2021 begonnene Praktikum durchschnittlich 9,5 Wochenstunden (160 Gesamtstunden in 17 Wochen).
Nach der Rechtsprechung wohnt einer als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zu qualifizierenden Maßnahme sowohl ein qualitatives als auch ein quantitatives Element inne. Nun mag die vom Sohn ab März 2021 absolvierte kursmäßige Ausbildung zum [Tätigkeit], welche nach danach absolvierter dreijähriger Praxis einen Antritt zur eingeschränkten außerordentlichen Lehrabschlussprüfung nach § 23 Abs 10 BAG ermöglicht, qualitativ möglicherweise als Berufsausbildung anzusehen sein. Eine nähere diesbezügliche Prüfung muss jedoch nicht angestellt werden, da die Bildungsmaßnahme in quantitativer Hinsicht jedenfalls nicht ausreicht.
Für eine Beurteilung einer Bildungsmaßnahme als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 müsste die konkrete Maßnahme nämlich die volle Zeit des Auszubildenden in Anspruch nehmen. Dies ist nach Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 40, der Fall, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden anfällt.
Dies ist im vorliegenden Fall, selbst wenn man von Vorbereitungszeiten im gleichen Ausmaß wie Kurszeiten ausgehen würde, was wohl eine Annahme an der absolut obersten Grenze darstellen würde, keinesfalls erfüllt. Wie oben dargestellt ergeben sich - berechnet auf die Dauer des Kurses - durchschnittlich 8 Wochenstunden Kurszeit. Aber auch wenn man die unterrichtsfreien Kurswochenenden nicht mitberücksichtigt, sondern lediglich die Wochen mit Unterricht betrachtet, beträgt die wöchentliche Kurszeit lediglich 12,5 Stunden.
Damit liegt jedenfalls im März 2021 (=letzter Monat des Rückforderungszeitraumes) eine wöchentliche Beanspruchung des Sohnes durch die Bildungsmaßnahme in einem Ausmaß vor, das die Notwendigkeit hinsichtlich der quantitativen Komponente nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Anspruchszeitraum (§ 10 FLAG 1967 - im Kalendermonat) zu beantworten (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 41, unter Hinweis auf ).
Über das allfällige Vorliegen einer Berufsausbildung in Zeiten, in welchen zeitlich neben dem Kursbesuch noch eine praktische Ausbildung absolviert wurde, was wie oben dargestellt erst ab Mai 2021 der Fall war, hat das Bundesfinanzgericht nicht abzusprechen, da diese Zeiten nicht Gegenstand des bekämpften Bescheides sind.

Durch die Einschränkung der Beschwerde im Vorlageantrag ist die Rückforderung hinsichtlich des Zeitraumes, in dem der Sohn den Zivildienst absolvierte, nicht mehr strittig. Dennoch wird dazu ausgeführt:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl , oder , mwN) die Auffassung, dass die Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 anzusehen ist und daher während der Leistung dieses Dienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach dieser Gesetzesstelle besteht. Die Leistung des Präsenz(Zivil)dienstes beseitigt somit - selbst bei gleichzeitiger Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Berufsausbildung nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 - den Familienbeihilfenanspruch. Auch wenn der Präsenz(Zivil)diener auf Grund einer besonders gelagerten Situation oder durch besonderen Fleiß während der Ableistung seines Dienstes eine Ausbildung (an einer Schule oder Universität) weiterführt oderim Rahmen des Präsenz(Zivil)dienstes Ausbildungen absolviert, besteht bereits deshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe, weil aus den einzelnen Tatbeständen des § 2 Abs 1 lit d, e, f und g FLAG 1967 die - typisierende - gesetzliche Regelung zu entnehmen ist, dass während der Dauer dieses Dienstes (während der die öffentliche Hand ohnedies Versorgungsleistungen erbringt) kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (auch wenn in dieser Zeit gleichzeitig die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt sein sollten).

Wird Familienbeihilfe trotz des Fehlens eines Anspruches vereinnahmt, wurde diese zu Unrecht bezogen. Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ist nach § 26 Abs 1 FLAG 1967 zur Rückzahlung verpflichtet (vgl zB ). Dies unabhängig davon, ob die Beträge an das Kind weitergegeben wurden (vgl ) oder ob diese gutgläubig verbraucht worden sind (vgl ). Auch eine unrichtige Auszahlung, die ausschließlich auf einer Fehlleistung der Abgabenbehörde beruht, steht einer Rückforderung nicht entgegen (vgl Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 16, unter Hinweis auf zB ). Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 ergibt sich nämlich eine rein objektive Rückzahlungspflicht (vgl zB das vorstehend erwähnte Erkenntnis vom ) und sind subjektive Elemente unbeachtlich (vgl Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 12f, und die dort angeführte Judikatur).

Nach § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden. Die obigen Ausführungen zur Familienbeihilfe gelten somit auch für den Kinderabsetzbetrag.

Der Beschwerde konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht auf Grund des festgestellten Sachverhalts entsprechend der oben erwähnten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at