Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2022, RV/7105143/2019

Säumniszuschläge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***11***, vertreten durch ***1***, ***5***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***12*** (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend ersten Säumniszuschlag 2014 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, ersten Säumniszuschlag 2015 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, ersten Säumniszuschlag 2016 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer sowie ersten Säumniszuschlag 2017 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer alle vom zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

[...]

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Beschwerdefall wurden die den Säumniszuschlagsbescheiden zu Grunde gelegten Stammabgaben für die Jahre 2014 bis 2017 mit Bescheid vom festgesetzt und nicht bis zum gesetzlich festgelegten Fälligkeitstag entrichtet.

Die streitgegegenständlichen ersten Säumniszuschläge wurde in folgender Höhe festgesetzt:

  1. Säumniszuschlag 2014 in der Höhe von 245,49 Euro

  2. Säumniszuschlag 2015 in der Höhe von 696,22 Euro

  3. Säumniszuschlag 2016 in der Höhe von 452,44 Euro

  4. Säumniszuschlag 2016 in der Höhe von 448,04 Euro

In der gegen die Festsetzung der gegenständlichen Säumniszuschläge gerichteten Beschwerde sowie im eingebrachten Vorlageantrag findet sich ausschließlich ein Vorbringen gegen die rechtliche Richtigkeit der Festsetzung der Stammabgaben.

Beweiswürdigung

Der festgestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den seitens der belangten Behörde im Rahmen der Vorlage übermittelten Unterlagen.

In der Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde im Übrigen auch vorgehalten: "Da die Kapitalertragsteuer 2014 - 2017 nicht am Fälligkeitstag entrichtet wurde, wurde zu Recht ein Säumniszuschlag in Höhe von 2 % berechnet." Dem wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht widersprochen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Strittig ist die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen iZm der Haftung für Kapitalertragsteuer gegenüber der Beschwerdeführerin.

Gemäß § 217 Abs 1 BAO sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d leg. cit.), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Gemäß § 217 Abs 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 BAO ausgesetzt ist.

Gemäß § 217 Abs 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 leg. cit. nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213 leg. cit.) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 leg. cit. erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß

a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften und

b) für Nachforderungszinsen (§ 205), soweit nachträglich dieselbe Abgabe betreffende Gutschriftszinsen festgesetzt werden.

Der Säumniszuschlag iSd § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 3 mit Hinweis auf ; ; ; ; , RV/7100645/2015). Insbesondere erfordert die Verwirkung des Säumniszuschlages kein Verschulden des Abgabepflichtigen (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 3 mit Hinweis auf ; ; ; ; bis 0141; ).

Die Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete (bzw nicht rechtzeitig entrichtete) Abgabenschuldigkeit; und zwar unabhängig davon,

• ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 4 mit Hinweis auf ; ; -G/11; ; ),

• ob die Festsetzung rechtskräftig ist (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 4 mit Hinweis auf ; ; BFG , RV//2012; 100 164/2017; ; ),

• ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 4 mit Hinweis auf ; 99/15/0145, 0146; ; ),

• ob die maßgebliche Selbstberechnung der Stammabgabe richtig ist (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 4 mit Hinweis auf Ritz, SWK 2001, S 313; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 644; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 217 Anm 7; ).

Säumniszuschläge sind mit Abgabenbescheid geltend zu machen (; Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 5 mit Hinweis auf ).

Der Säumniszuschlag iSd § 217 BAO setzt eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus; ein Bescheid über einen Säumniszuschlag ist aber auch dann rechtmäßig, wenn die zugrundeliegende Abgabenfestsetzung (Stammabgabe) sachlich unrichtig ist ( mit Hinweis auf ).

Ebenso zB : Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setzt die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraus (Hinweis E , 95/13/0130). Im Fall der Abänderung der formellen Abgabenschuld sind nach den ausdrücklichen Regelungen in der BAO die genannten Nebengebühren abzuändern (§§ 212 Abs 2 ,212a Abs 9 und 221a Abs 2 BAO).

Da nach § 254 BAO der Berufung (Beschwerde) keine aufschiebende Wirkung zukommt, steht der Umstand, dass gegen eine Abgabenfestsetzung - wie im vorliegenden Fall - Beschwerde erhoben worden ist, der Entstehung der Säumniszuschlagsverpflichtung nicht entgegen (). Wird gegen eine vermeintlich unrichtige Abgabenfestsetzung berufen, kann dies im Hinblick darauf, daß dem Rechtsmittel gemäß § 254 BAO keine aufschiebende Wirkung zukommt, die Säumniszuschlagspflicht nicht verhindern ().

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen (vgl. ).

Da Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit, unabhängig davon ist, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, rechtskräftig, mit Beschwerde angefochten oder richtig selbst berechnet wurde, stößt es im Allgemeinen auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn über Beschwerden gegen die Säumniszuschlagsbescheide entschieden wird, obwohl über die gegen die Stammabgabenbescheide gerichteten Beschwerden noch nicht abgesprochen wurde ( mit Hinweis auf sowie ).

Daher sieht der Verwaltungsgerichtshof einzig gegen die Vorschreibung der Stammabgabe gerichtete Vorbringen als ungeeignet zur erfolgreichen Bekämpfung der Festsetzung von Säumniszuschlägen an: Die Ausführungen der Beschwerden, welche sich gegen die dem Säumniszuschlag zu Grunde gelegten Abgaben richten, gehen ins Leere. Die belangte Behörde hatte insofern nicht auf die monierten Abgabenrückstände einzugehen, weil die angefochtenen Bescheide bloß über den Säumniszuschlag abzusprechen hatten, der lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt ( mit Hinweis auf ).

Die Einwendungen betreffend die Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenvorschreibung betrachtet auch das Bundesfinanzgericht als nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der diesbezüglichen Säumniszuschlagsbescheide aufzuzeigen (zB ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).

Da im Beschwerdeverfahren lediglich Einwendungen gegen die Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenvorschreibungen, nämlich (Haftung für) Kapitalertragsteuer, vorgebracht wurden, aber im Übrigen keine Gründe releviert wurden, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit der wegen der nicht rechtzeitigen Abstattung dieser Abgabenvorschreibenden erfolgten Festsetzung der gegenständlichen Säumniszuschläge aufzuzeigen, war die Beschwerde unbegründet.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Im Fall einer nachträglichen Abänderung oder Aufhebung des zugrundeliegenden Abgabenbescheides ist jedoch von Amts wegen insoweit auch der Säumniszuschlag herabzusetzen oder aufzuheben (§ 217 Abs 8 BAO).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall fußt die Entscheidung auf der angegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt und somit eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105143.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at