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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2022, RV/7101189/2021

Geschäftsführerhaftung, Nichterbringung eines Gleichbehandlungsnachweises

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klaus Krebs, Kärntner Ring 10, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Baden Mödling vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 272.600,21 herabgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
2017
41.218,20
Körperschaftsteuer
2016
231.382,01


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 273.622,43 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2017
42.240,42
Körperschaftsteuer
2016
231.382,01


Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.

Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass er die Abgaben ohne sein Verschulden nicht habe entrichten können.

Der Bf. sei seit D-1 unbestritten Geschäftsführer der Gesellschaft, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen.

Er sei der Aufforderung (Vorhalt vom ), einen Nachweis zu erbringen, dass die Abgabenbehörde gegenüber den anderen Gläubigern nicht benachteiligt worden sei, nicht gefolgt.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen sei. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die angegebenen Zeiträume sei die Umsatzsteuer vom Bf. teilweise selbstbemessen bzw. ebenso nur teilweise beglichen worden.

Da der Bf. seinen Verpflichtungen schuldhaft nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein wie folgt:

Wie aus dem angefochtenen Haftungsbescheid richtig zu entnehmen sei, sei der Bf. erst seit D-1 Geschäftsführer der G-1. Er habe jene Rechtsgeschäfte, aufgrund welcher der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017 sowie der Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2016 ergangen seien, weder abgeschlossen noch mit diesen irgendetwas zu tun gehabt.

Da die abgabenpflichtige Gesellschaft das Verfahren N-2 beim Handelsgericht Wien verloren habe, sei es für sie letztlich unumgänglich gewesen, im Rahmen der bestehenden Insolvenzvorschriften einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Haftungsverpflichteten (Anmerkung BFG: gemeint wohl Abgabepflichtigen) zu beantragen. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei rechtzeitig gestellt worden. Der Beschluss der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gesellschaft sei auf Antrag der Gemeinschuldnerin und Abgabepflichtigen am D-2 erlassen worden.

Das oben angeführte Urteil des HG Wien sei gegen Ende des Jahres 2018 rechtskräftig geworden, sodass der Insolvenzeröffnungsantrag jedenfalls innerhalb der insolvenzrechtlich beachtlichen Frist von 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit erfolgt.

Das zu N-3 des HG Wien anhängige Insolvenzverfahren sei mit Beschluss vom D-3 beendet worden.

Aufgrund des Verteilungsentwurfes vom D-4 sei am D-5 der Beschluss ergangen, dass dieser genehmigt würde und somit dem Finanzamt ein Betrag von € 8.390,06 zuzukommen habe.

Über darüberhinausgehende Beträge seien keine Beschlüsse ergangen, da damit das Vermögen der Gemeinschuldnerin erschöpft gewesen sei.

Wie aus dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen sei, hafte ein Geschäftsführer entsprechend der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO nur dann, wenn er seine Verpflichtungen schuldhaft verletzt habe.

Da die den oben angeführten Bescheiden zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte bereits vor der Bestellung des Haftungspflichtigen als Geschäftsführer erfolgt seien, könne diesem an der mangelnden Abführung von Abgaben allerdings kein Verschulden treffen, zumal kein liquides Vermögen zu diesem Zeitpunkt (Geschäftsführerbestellung am D-1) mehr vorhanden gewesen sei.

Weiters habe der Haftungspflichtige als Geschäftsführer der Gesellschaft unverzüglich nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH, somit jedenfalls innerhalb der 60-Tagesfrist, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, sodass diesem auch kein Vorwurf gemacht werden könne, wonach er das Insolvenzverfahren verschleppt habe.

Selbst entsprechend der Argumentation des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid, wonach eine schuldhafte Verletzung von Verpflichtungen des Geschäftsführers vorliegen müsse, um diesen für eine Haftung heranziehen zu können, ergebe sich, dass eine Haftung des Haftungspflichtigen für die angeführten Abgaben denkunmöglich und sachlich nicht gerechtfertigt sei.

Ebenso könne dem Haftungspflichtigen keineswegs der Vorwurf gemacht werden, er hätte das Insolvenzverfahren zu spät beantragt, da er diese Handlung unmittelbar nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin beantragt habe.

Als Beweismittel werde auf das Insolvenzverfahren beim HG Wien zu N-3 sowie das Gerichtsverfahren ebenfalls beim HG Wien zu N-2 verwiesen.

Der angefochtene Bescheid möge daher zur Gänze aufgehoben und das Verfahren eingestellt werden.

---//---

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Ergänzung seiner Beschwerde:

Die Vertreter juristischer Personen hätten alle Pflichten des Vertretenen zu erfüllen. Insbesondere hätten sie dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, vorschriftsmäßig entrichtet würden.

Vertreter hafteten mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen, wenn sie an der Nichtentrichtung dieser Abgaben ein Verschulden treffe. Leichte Fahrlässigkeit gelte bereits als Verschulden. Der Bf. werde daher ersucht, die nachfolgenden Fragen sorgfältig und vollständig zu beantworten und durch Vorlage geeigneter Unterlagen, die zu seiner Entlastung dienen könnten, zu belegen.

1. Folgende Abgabenbeträge seien während seiner Vertretungsperiode fällig geworden, aber nicht entrichtet worden:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
2017
42.240,42
Körperschaftsteuer
2016
231.382,01


Es werde um Bekanntgabe ersucht, aus welchen Gründen diese Abgaben zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichtet worden seien. Dies sei gesondert je Abgabenart und Zeitraum zu begründen und zu belegen.

2. Sofern die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichend liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügt habe (je Abgabenart und Zeitraum getrennt), werde der Bf. ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der jeweiligen Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzutun. In dieser Aufstellung müssten alle damaligen Gläubiger der GmbH (auch die zur Gänze bezahlten) sowie alle auf die einzelnen Verbindlichkeiten geleisteten Zahlungen enthalten sein. Außerdem seien alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliege es ihm als Vertreter, Nachweise dafür, wieviel Zahlungsmittel zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Verfügung gestanden seien und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger der Gesellschaft noch Befriedigung erlangt hätten, zu erbringen. Im Falle der Nichterbringung dieser Nachweise müsse das Finanzamt davon ausgehen, dass der Bf. die ihm obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt habe und diese Pflichtverletzung auch kausal für den Abgabenausfall bei der GmbH sei. Unter diesen Umständen hafte er für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB ).

3. Festgehalten werde, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls einige Zeit nach Fälligkeit der Körperschaftsteuer 2016 beantragt worden sei.

4. In der Beschwerde vom sei auf die Verfahren mit den Geschäftszahlen N-2 und N-3 verwiesen worden. Der Bf. werde ersucht, eine Aktenabschrift dieser Verfahren zu übermitteln (insbesondere Urteile, Beschlüsse, Protokolle).

Weiters werde darauf hingewiesen, dass es für das Haftungsverfahren nicht von Bedeutung sei, ob der Bf. jene Rechtsgeschäfte, aufgrund welcher der Umsatzsteuerbescheid 2017 sowie der Körperschaftsteuerbescheid 2016 ergangen seien, abgeschlossen habe.

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In Beantwortung des Ergänzungsersuchens teilte der Bf. mit Schreiben vom mit, dass ihn an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben kein Verschulden treffe.

Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017 sei erst am ergangen, zu einem Zeitpunkt, zu welchem über das Unternehmen bereits das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Der Körperschaftssteuerbescheid vom betreffe das Geschäftsjahr 2016, zu einem Zeitpunkt, zu welchem der Haftungsbeteiligte noch gar nicht Geschäftsführer gewesen sei.

Der Haftungsbeteiligte sei davon ausgegangen, das Verfahren beim Handelsgericht Wien zu N-2 zu gewinnen. Nachdem dies aber nicht der Fall gewesen sei, habe er innerhalb der 60-Tages-Frist nach Rechtskraft dieses Urteils die Insolvenz beantragt. Eine Haftung könne ihn daher keineswegs treffen.

Beweis:

Einsichtnahme in den Akt N-3 Handelsgericht Wien

Deckblatt des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mit Eingangsstempel , ./A

Einsichtnahme in den Akt N-2 Handelsgericht Wien

Vorgelegtes Urteil des Handelsgerichtes Wien vom D-6, zugestellt am D-7, rechtskräftig am D-8, ./B

Es werde darauf hingewiesen, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2017 laut dem Bescheid vom Jahr 2019 an die Masseverwalterin erst 2019 fällig geworden sei und somit den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin kein wie immer geartetes Verschulden an der Nichtabführung dieser Umsatzsteuer treffe.

Die Körperschaftssteuer für das Jahr 2016 habe mangels Liquidität ebenfalls nicht abgeführt werden können, wobei der Haftungsbeteiligte alles unternommen habe, um mögliche liquide Mittel aufzustellen, was jedoch nicht gelungen sei.

Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Körperschaftssteuer 2016, somit Mitte des Jahres 2018, seien keinerlei liquide Mittel für die Bezahlung dieser Forderung vorhanden gewesen. Wäre das Verfahren beim Handelsgericht Wien gewonnen worden, wären durch Kostenersätze liquide Mittel an die Gemeinschuldnerin zurückgeflossen und hätten damit zumindest Teile offener Forderungen beglichen werden können.

Weiters hätten noch Haftrücknachlässe gemäß BTVG in beträchtlicher Höhe bestanden.

Im Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung seien keinerlei inkongruente Zahlungen geleistet worden, es seien auch keine neuen inkongruenten Verbindlichkeiten begründet worden.

Da durch die Rechtskraft des Urteils des Handelsgerichtes Wien und der abweisenden Gerichtsentscheidung damit nicht mehr mit der Zuführung liquider Mittel zu rechnen gewesen sei, habe der Haftungsbeteiligte innerhalb der 60-Tages-Frist, wie oben angeführt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Gemeinschuldnerin beantragt.

Eine frühere Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei keineswegs indiziert gewesen und hätte dem Finanzamt ebenfalls keine Befriedigung ihrer Ansprüche gebracht.

Es werde daher nochmals der Antrag gestellt, das Verfahren einzustellen.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Haftung auf die Körperschaftsteuer 2016 in Höhe von € 225.782,57 eingeschränkt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bf. seit D-1 unbestritten Geschäftsführer der G-1 sei. Über die Gesellschaft sei am D-2 ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden. Mit Beschluss des Handelsgerichtes vom D-9 sei der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Die Verteilungsquote habe 2,42 % betragen. Die haftungsgegenständliche Abgabe sei nunmehr in der Folge bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese betreffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen habe, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen dürfe. Dem Vertreter obliege die konkrete Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegengestanden seien. Bei schuldhafter Pflichtverletzung spreche die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben.

Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausgereicht hätten, es sei denn, er weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten.

Der Körperschaftsteuerbescheid der GmbH für das Jahr 2016 sei am ergangen und habe eine Nachforderung iHv € 237.791,00, welche am zur Zahlung fällig gewesen sei. Die Körperschaftsteuernachzahlung sei aus Immobilienverkäufen der GmbH im Jahr 2016 resultiert, auf Grund deren sich ein steuerpflichtiger Gewinn iHv € 1.263.000,00 ergeben habe.

Trotz entsprechenden Vorhalts sei vom Bf. als zum Zeitpunkt der Fälligkeit verantwortlicher Geschäftsführer der GmbH nicht schlüssig dargelegt worden, weshalb der Zahlungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachgekommen worden sei, zumal sich die Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin laut seinen Angaben erst mit Bekanntgabe des Urteiles des HG Wien Ende des Jahres 2018 ergeben habe.

Das Vorbringen hinsichtlich der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuernachzahlung sei in Hinblick auf den 2016 lukrierten Gewinn nicht nachvollziehbar, zumal auch keine Nachweise für die behauptete mangelnde Liquidität vorgelegt worden seien.

Zwischenzeitig sei im Insolvenzverfahren der Gesellschaft eine Quote von 2,42% ausgeschüttet worden, sodass die Haftung für die Körperschaftsteuerschuld 2018 auf den die Quote übersteigenden uneinbringlichen Betrag einzuschränken gewesen sei.

Da die Zahlungsfrist für die Umsatzsteuernachzahlung 2017 nach Konkurseröffnung (D-2) am gelegen sei, sei dem Vertreter in diesem Zusammenhang keine Verletzung der Zahlungspflicht vorwerfbar, weshalb insoweit der Beschwerde stattgegeben und von der Haftungsinanspruchnahme für die uneinbringliche Umsatzsteuerschuld 2017 abgesehen worden sei.

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen zu halten habe (§ 20 BAO). Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Im gegenständlichen Fall stelle die Haftungsinanspruchnahme die einzige Möglichkeit dar, den bei der GmbH eingetretenen Abgabenausfall einbringlich zu machen, weswegen im gegenständlichen Fall dieser im Interesse der Allgemeinheit gelegenen Zweckmäßigkeitserwägung höhere Gewichtung gegenüber persönlichen Billigkeitserwägungen zuzumessen sei.

Die Haftungsinanspruchnahme erfolge daher spruchgemäß.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass das Finanzamt betreffend seine Zahlungsverpflichtung damit argumentiere, dass dieser seine in den §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO normierten Verpflichtungen schuldhaft verletzt habe. Dies sei unrichtig.

Wie bereits ausgeführt worden sei, habe der Bf. mit den dem Körperschaftsbescheid 2016 zu Grunde liegenden Geschäften nichts zu tun gehabt, sodass ihm diesbezüglich kein Vorwurf gemacht werden könne.

Darüber hinaus sei im Zeitpunkt und danach kein Vermögen in der Gesellschaft mehr vorhanden gewesen. Bereits anlässlich der Bestellung des Bf. zum Geschäftsführer am D-1 habe die Gesellschaft über keine finanziellen Mittel mehr verfügt. Damit sei es weder der GmbH noch dem Bf. möglich gewesen, die Forderung des Finanzamtes betreffend die Körperschaftssteuer 2016 auch nur teilweise zu befriedigen.

Das Finanzamt meine in seiner Beschwerdevorentscheidung, dass der Bf. nicht schlüssig dargelegt habe, weshalb er der Zahlungsverpflichtung der GmbH nicht rechtzeitig nachgekommen wäre. Wie aus dem bisherigen Verfahren zu ersehen sei, habe er sehr wohl dargelegt, dass finanzielle Mittel zum Zeitpunkt und später nicht vorhanden gewesen seien, sodass er auch keinerlei Leistungen an das Finanzamt habe leisten können ("negativa non sunt probatur").

Die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft sei eingetreten, nachdem das Urteil des Handelsgerichtes Wien zu N-2 rechtskräftig geworden sei, da sich zu diesem Zeitpunkt gezeigt habe, dass keinerlei liquide Mittel mehr an die Gesellschaft zurückfließen würden. Dies sei auch der Grund gewesen, entsprechend der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Die vom Finanzamt Österreich argumentierte Haftung des Bf. wäre wohl nur dann durchsetzbar, wenn zum Zeitpunkt der Rechtskraft (Anmerkung BFG: gemeint wohl Fälligkeit) des Körperschaftsbescheides 2016, nämlich am , liquide Mittel im Gesellschaftsvermögen vorhanden gewesen wären, welche es ihm ermöglicht hätten, eine Zahlung an das Finanzamt zu leisten.

Da zu diesem Zeitpunkt jedoch keinerlei liquide Mittel vorhanden gewesen seien, sei auch eine Zahlung nicht möglich gewesen und scheide die Haftung des Bf. aus. Eine schuldhafte Verletzung von Pflichten kann ihm nicht unterstellt werden.

Beweis:

vom Finanzamt Österreich vorzulegende Steuererklärungen und Bilanzen
Einvernahme des Bf.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf., einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen, und brachte ihm Folgendes zur Kenntnis:

Er habe sowohl in seinem Schreiben vom als auch im Vorlageantrag vom vorgebracht, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Fälligkeit der Körperschaftsteuer 2016, dem , über keinerlei liquide Mittel mehr verfügt habe.

Dem widerspreche die Aktenlage, wonach im Insolvenzverfahren, das ohne kostendeckendes Vermögen gar nicht eröffnet (D-2) worden wäre, eine Konkursquote von 2,42% zur Verteilung gelangt sei.

Es werde daher um Vorlage der Kassabücher und betrieblichen Bankkonten sowie des Forderungskontos jeweils für den Zeitraum D-1 bis D-2 ersucht.

Darüber hinaus habe das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung seitens des Bf. unwidersprochen festgestellt, dass sich die Körperschaftsteuernachforderung aus Immobilienverkäufen im Jahr 2016 mit einem steuerpflichtigen Gewinn von € 1.263.000,00 ergeben habe.

Dazu weise auch folgerichtig die Bilanz zum ein Umlaufvermögen von € 1.232.768,57, davon Kassa- und Bankguthaben von € 297.410,94, aus.

Der Bf. werde um Bekanntgabe ersucht, in welcher Höhe dieses Umlaufvermögen, das in der nachfolgenden Bilanz zum nur mehr in Höhe von € 53.354,12 aufscheine, im Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit (D-1) noch vorhanden gewesen sei.

Außerdem sei festzustellen gewesen, dass die Umsatzsteuer 2017 entgegen seiner Rechtsansicht und der des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom Bf. (zur Gänze oder anteilig im Falle der Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises) zu entrichten gewesen wäre, da diese bereits am (daher innerhalb seiner Geschäftsführertätigkeit) fällig gewesen sei. Es komme bei der Umsatzsteuer im Gegensatz zur Körperschaftsteuer nicht darauf an, wann die Abgabe festgesetzt werde bzw. dass eine Zahlungsfrist nach § 210 Abs. 4 BAO daran anschließe, da die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 5 UStG auch bei bescheidmäßiger Festsetzung der Jahressteuer unverändert bestehen bleibe.

Dem Einwand des Bf., dass die Umsatzsteuer 2017 erst nach der Konkurseröffnung festgesetzt worden sei, sei entgegenzuhalten, dass die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2017 am und daher von ihm selbst beim Finanzamt eingebracht worden sei, weshalb die Nachforderung der bereits fälligen Abgabe ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei und hätte entrichtet werden müssen.

Es wird dem Bf. daher nochmals Gelegenheit geboten, den im Rahmen der einem Geschäftsführer auferlegten Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus, in Form einer Gegenüberstellung aller liquiden Mittel und fälligen Verbindlichkeiten (wobei auch die Zug-um-Zug-Geschäfte zu berücksichtigen seien) ab dem jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Konkurseröffnung vorzulegen, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits sowie die Verwendung der vorhandenen Mittel ankomme (auch zur Bezahlung der Zug-um-Zug-Geschäfte).

Weiters werde darauf hingewiesen, dass sich aus dem Vorbringen, dass der Bf. die Rechtsgeschäfte, aufgrund welcher die der Haftung zugrundeliegenden Abgabenbescheide ergangen seien, nicht abgeschlossen habe, nichts gewinnen lasse, weil es für die Haftung des Geschäftsführers nur darauf ankomme, ob er abgabenrechtliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten, schuldhaft verletzt habe. Spätestens im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen (am für die Körperschaftsteuer 2016 und am für die Umsatzsteuer 2017) sei ihm jedenfalls bekannt gewesen, welche Nachforderungen daraus resultiert seien.

Abschließend werde in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die insolvenzrechtlichen Pflichten zur rechtzeitigen Konkursbeantragung nicht zu den abgabenrechtlichen Verpflichtungen zählten, weshalb dem Bf. dieser Umstand auch nicht zur Last gelegt worden sei und der diesbezügliche Einwand somit ins Leere gehe.

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Dazu gab der Bf. mit Schreiben vom folgende Stellungnahme ab:

Es werde mitgeteilt, dass er die vom BFG verlangten Unterlagen nicht beibringen könne, da zwischenzeitig der Steuerberater für das Unternehmen nicht mehr tätig sei und der Bf. selbst über keinerlei Unterlagen aus dem Jahr 2016 und den Anfangsmonaten des Jahres 2017 verfüge.

Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft dann nicht, wenn Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt worden seien als Verbindlichen gegenüber anderen Dritten.

Da der Bf. über keinerlei liquide Mittel verfügt habe, hätten daher weder Finanzamtsschulden noch Verbindlichkeiten Dritter befriedigt werden können. Letztlich habe er sich aus diesem Grunde auch dazu entschlossen, innerhalb der 60-Tagesfrist nach Rechtskraft des - nicht erwarteten, jedoch negativen- Urteiles im Verfahren N-2, HG Wien, die Insolvenz zu beantragen.

Im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit sei der Bf. keine neuen Schulden eingegangen und habe, wie erwähnt, Finanzamtsschulden nicht schlechter behandelt als andere Verbindlichkeiten. Der Geschäftsführer habe Zahlungspflichten nicht schuldhaft verletzen können, da ihm liquide Mittel nicht zur Verfügung gestanden seien.

Das Gericht weise in seinem Vorhalt/ Ersuchen vom darauf hin, dass nach der Aktenlage im Insolvenzverfahren eine Konkursquote von 2,42% zur Verteilung gelangt sei und daher nach Ansicht des BFG liquide Mittel verfügbar gewesen sein müssten.

Dies sei unrichtig. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung seien keine liquiden Mittel vorhanden gewesen.

Um ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, sei es nötig gewesen, dass ein Pauschalbetrag von € 4.000,00 erlegt werde. Diesen Betrag habe die Gemeinschuldnerin erlegt. Die weiteren beiden Beträge laut Schlussrechnung im Insolvenzverfahren seien von der Masseverwalterin einbringlich gemacht worden, und zwar sei am ein Betrag von € 11.272,50 und am ein weiterer Betrag von € 7.977,50 von Dritter Seite erlegt worden, da die Masseverwalterin diese beiden Beträge im Zuge eines Vergleiches habe einbringlich machen können. Der Hintergrund sei, dass zum damaligen Zeitpunkt noch von zwei Käufern bei einem Treuhänder Haftrücklässe für zwei Wohnungskäufe erlegt gewesen seien, welche allerdings durch Gewährleistungsansprüche, welche diese beiden Käufer geltend gemacht hätten, geschmälert worden seien und sei es letztlich der Masseverwalterin gelungen, die beiden oben genannten Beträge einbringlich zu machen.

Aus dieser Schlussrechnung der Masseverwalterin erhelle aber auch, dass entgegen der Meinung des BFG im Zeitpunkt der Fälligkeit der Körperschaftssteuer 2016, dem , keine liquiden Mittel der Gemeinschuldnerin vorhanden gewesen seien.

Die erzielte Konkursquote sei einzig und allein aus Beträgen, die die Masseverwalterin habe einbringlich machen können und die daher auch erst nach Insolvenzeröffnung hätten lukriert werden können, erzielt worden.

Für den Bf. sei daher einerseits aus dem Grunde, dass keine liquiden Mittel vorhanden gewesen seien, eine Zahlung der Körperschaftssteuer 2016 oder der Umsatzsteuer 2017, welche erst nach Insolvenzeröffnung festgestellt worden seien, nicht möglich gewesen und andererseits auch deshalb, da bei einer inkongruenten Zahlung an Dritte, beispielsweise das Finanzamt - wenn Mittel vorhanden gewesen wären - andere Gläubiger schlechter gestellt worden wären, welche Handlungsweise ihm ebenso versagt gewesen wäre.

Dem Geschäftsführer bleibe in einer solchen Situation nichts anderes übrig, als, bei Vorhandensein von Mittel, diese entweder gleichteilig an die Gläubiger zu verteilen, oder, wie im vorliegenden Fall, bei mangelndem Vorhandensein von liquiden Mitteln, eben an niemanden Zahlung zu leisten.

Er wiederhole daher seinen Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom sowie die Einstellung des Verfahrens.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in nachfolgender Höhe fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-9 der über das Vermögen der G-1 am D-2 eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 2,42% aufgehoben und die Gesellschaft am D-10 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Fälligkeit
Nachforderung
Abzüglich 2,42% Quote
aushaftend
Umsatzsteuer
2017
42.240,42
41.218,20
42.240,42
Körperschaftsteuer
2016
237.791,00
232.036,46
231.382,01

Darüber hinaus war die Körperschaftsteuer 2016 auf den aushaftenden Betrag zu beschränken, da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetzt, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist ().

Stellung als Vertreter

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-1 bis zur Konkurseröffnung D-2 Geschäftsführer der GmbH war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Somit oblag dem Bf. die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Aus dem Einwand des Bf., dass wegen eines verlorenen Verfahrens die Insolvenz zu beantragen gewesen sei, lässt sich nichts gewinnen, da es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().

In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass die insolvenzrechtlichen Pflichten zur rechtzeitigen Konkursbeantragung nicht zu den abgabenrechtlichen Verpflichtungen zählen, weshalb dem Bf. dieser Umstand auch nicht zur Last gelegt wurde und der diesbezügliche Einwand somit ins Leere geht.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Dem Vorbringen des Bf., dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Fälligkeit der Körperschaftsteuer 2016, dem , über keinerlei liquide Mittel mehr verfügt habe, widerspricht die Aktenlage, wonach er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das ohne kostendeckendes Vermögen gar nicht eröffnet worden wäre, einen Betrag von € 4.000,00 erlegte. Hingegen war dem Einwand des Bf., dass die Masseverwalterin Forderungen in Höhe von insgesamt € 19.250,00 habe einbringlich machen können, weshalb die erzielte Konkursquote keinen Nachweis über das Vorliegen weiterer liquider Mittel erbringen könne, zu folgen.

Darüber hinaus hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung seitens des Bf. unwidersprochen festgestellt, dass sich die Körperschaftsteuernachforderung aus Immobilienverkäufen im Jahr 2016 mit einem steuerpflichtigen Gewinn von € 1.263.000,00 ergeben habe.

Dazu weist auch folgerichtig die Bilanz zum ein Umlaufvermögen von € 1.232.768,57, davon Kassa- und Bankguthaben von € 297.410,94, aus. In der nachfolgenden Bilanz zum scheint immerhin noch ein Umlaufvermögen in Höhe von € 53.354,12 auf (davon Kassa- und Bankguthaben von € 4.545,35).

Da zudem der Bf. den Ersuchen um Bekanntgabe, in welcher Höhe dieses Umlaufvermögen ab dem Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit (D-1) noch vorhanden gewesen sei, sowie um Vorlage der Kassabücher, der betrieblichen Bankkonten und des Forderungskontos jeweils für den Zeitraum D-1 bis D-2, nicht nachgekommen ist, konnte die Behauptung der völligen Mittellosigkeit mangels Beweiserbringung nicht Erfolg versprechend sein.

Außerdem ist festzustellen, dass die Umsatzsteuer 2017 entgegen seiner Rechtsansicht und der des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom Bf. zu entrichten gewesen wäre, da diese bereits am (daher innerhalb seiner Geschäftsführertätigkeit) fällig war und es bei der Umsatzsteuer im Gegensatz zur Körperschaftsteuer nicht darauf ankommt, wann die Abgabe festgesetzt wird bzw. dass eine Zahlungsfrist nach § 210 Abs. 4 BAO daran anschließt, da die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 5 UStG auch bei bescheidmäßiger Festsetzung der Jahressteuer unverändert bestehen bleibt.

Dem Einwand des Bf., dass die Umsatzsteuer 2017 erst nach der Konkurseröffnung festgesetzt worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2017 am und daher von ihm selbst beim Finanzamt eingebracht wurde, weshalb die Nachforderung der bereits fälligen Abgabe ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannt war und hätte entrichtet werden müssen, da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, wann und ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().

Weiters wird darauf hingewiesen, dass sich aus dem Vorbringen, dass der Bf. die Rechtsgeschäfte, aufgrund welcher die der Haftung zugrundeliegenden Abgabenbescheide ergangen seien, nicht abgeschlossen habe, nichts gewinnen lässt, weil es für die Haftung des Geschäftsführers nur darauf ankommt, ob er abgabenrechtliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten, schuldhaft verletzt hat.

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, keinerlei inkongruente Zahlungen (Zahlungen unter Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes) geleistet zu haben.

Falls er damit zum Ausdruck bringen wollte, im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes gehandelt zu haben, ist ihm zu entgegnen, dass es am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, gelegen gewesen wäre, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch trotz mehrmaliger Aufforderung nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Der Hinweis des Bf., dass er keinen Zugriff auf die geschäftlichen Unterlagen aus dem Jahr 2016 und den Anfangsmonaten des Jahres 2017 habe, da der seinerzeitige Steuerberater nicht mehr für das Unternehmen tätig sei, vermag ihn nicht zu exkulpieren, weil aus diesem Zeitraum auch keinerlei Unterlagen verlangt wurden, sondern lediglich aus der Zeit seiner aufrechten Geschäftsführungstätigkeit (D-1 bis D-2).

Sollte er auch für diesen Zeitraum darüber nicht mehr verfügen, ist der Bf. darauf hinzuweisen, dass es dem Vertreter obliegt, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat (zB und 2008/15/0263), ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind ().

Falls der Bf. zum Ausdruck bringen wollte, ab dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit von Zahlungsschwierigkeiten die Zahlungen gegenüber sämtlichen Gläubigern eingestellt zu haben, hat er mit dieser Vorgangsweise die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen ebenso verletzt, da damit das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet wurde, als keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet wurde ().

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 272.600,21 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101189.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at