Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.06.2022, RV/7103688/2019

Unterhaltsabsetzbetrag bei teilweiser Unterhaltsleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Vertr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer, in der Folge als Bf. bezeichnet, erzielte im Jahre 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und brachte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für dieses Jahr, in der er u.a. die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages für seine drei Kinder beantragte, am auf elektronischem Weg beim Finanzamt ein.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 am und versagte in diesem die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages mit der Begründung, dass sich die Kinder des Bf. laut Aktenlage im gemeinsamen Haushalt mit diesem befunden hätten.

In der mit Schreiben vom gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wies der Bf. zunächst darauf hin, dass er sich noch im Scheidungsverfahren befinde und mit Februar 2017 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und in die Eigentumswohnung in der Adresse1, übersiedelt sei. Aufgrund der noch ungeklärten Familienverhältnisse habe der Bf. diese Adresse vorläufig als Nebenwohnsitz angegeben, obwohl seit Februar 2017 getrennte Haushalte geführt worden seien.

Seit April 2017 habe der Bf. gemäß den Kontoauszügen Unterhaltszahlungen für seine drei Kinder geleistet. Im Dezember 2017 sei noch eine Nachzahlung für die Monate 02-12/2017 getätigt worden, da sich der Bf. von dessen Rechtsanwältin den gesetzlichen Anspruch für das gesamte Jahr habe berechnen lassen. Der Bf. ersuche daher, den Unterhaltsabsetzbetrag für die drei Kinder für die Monate 02-12/2017 anzuerkennen.

Der Bf. legte seiner Beschwerde u.a. Kopien von Zahlungsnachweisen dafür, dass er für seine drei Kinder im Jahre 2017 Unterhaltszahlungen iHv insgesamt Euro 9.970,00 leistete, sowie eine Bestätigung aus dem Zentralen Melderegister, aus der hervorgeht, dass er seit dem an der im vorletzten Absatz erwähnten Adresse nebenwohnsitzlich gemeldet ist, bei.

Das Finanzamt erließ am eine abändernde - Anerkennung des im bekämpften Bescheid nicht zum Ansatz gebrachten Kirchenbeitrages - Beschwerdevorentscheidung in der es dem vom Bf. beantragten Unterhaltsabsetzbetrag mit der Begründung, dass einem Steuerpflichtigen ein solcher nur für Kinder zustehe, die nicht zu seinem Haushalt gehörten und für die weder ihm noch seinem (Ehe) Partner der Kinderabsetzbetrag (Auszahlung mit der Familienbeihilfe) gewährt werde, die Anerkennung versagte. Laut eines aktuell erstellten Auszuges aus dem Zentralen Melderegister sei der Bf. mit dessen Ehegattin sowie dessen drei Kindern bis zum an der gemeinsamen Wohnadresse Adresse2, unter dem Titel Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet gewesen. Aus diesem Grund stehe, wie bereits im angefochtenen Erstbescheid begründet, der Unterhaltsabsetzbetrag nicht zu.

Im dagegen am eingebrachten Vorlageantrag führte der Bf. aus, dass er sich im Jahre 2017 in einem Scheidungsverfahren befunden habe und daher mit Februar 2017 in seine Eigentumswohnung in der Adresse1, gezogen sei. Aufgrund der damals noch ungeklärten Familienverhältnisse, habe der Bf. diese Adresse vorläufig als Nebenwohnsitz und nicht als Hauptwohnsitz angegeben. Seit Februar 2017 seien allerdings getrennte Haushalte geführt worden. Seit April 2017 habe der Bf. regelmäßige Unterhaltszahlungen für seine drei Kinder geleistet. Im Dezember sei noch eine Nachzahlung für die Monate 2-12/2017 getätigt worden, da sich der Bf. von seiner Rechtsanwältin den gesetzlichen Anspruch für das gesamte Jahr habe berechnen lassen.

Der Unterhaltsabsetzbetrag sei in der BVE mit der Begründung, dass der Bf. laut ZMR noch an der Familienadresse (adresse2) einen Hauptwohnsitz gemeldet gehabt habe, nicht zuerkannt worden. Gemäß RZ 795 LStR 2002 sei die polizeiliche Meldung nur ein Indiz für eine Lebensgemeinschaft und der Steuerpflichtige habe das Gegenteil nachzuweisen. Bereits in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 seien der Sachverhalt dargelegt und die Zahlungsflüsse der Unterhaltszahlungen nachgewiesen worden. Auf den Kontoauszügen sei eindeutig ersichtlich, dass die Zahlungen an die Mutter der Kinder (Mutter), mit dem Überweisungstext "Unterhalt Kind1, Kind2 und Kind3", gegangen sei.

Im Anhang werde die Bestätigung der Post über einen seit bestehenden und immer wieder verlängerten Nachsendeauftrag an den neuen Wohnsitz in der adresse1, welcher - zusätzlich zu den im Anhang zur Beschwerde übermittelten Nachweisen (Meldezettel, Aufstellung und Kontoauszüge zu den Unterhaltszahlungen) - als eindeutiger Nachweis für das Vorliegen getrennter Haushalte diene, übermittelt.

Der Bf. könne somit nachweisen, dass er tatsächlich von 02-12/2017 Unterhaltzahlungen geleistet habe und dass getrennte Haushalte geführt worden seien (Meldung eines neuen Wohnsitzes und Nachweis des tatsächlichen Umzuges an die neue Adresse durch den Nachsendeauftrag bei der Post). Demzufolge stehe dem Bf. auch der Unterhaltsabsetzbetrag für die Monate 02-12/2017 für seine drei Kinder iHv Euro 1.445,40 zu.

Aus den dem Vorlageantrag beigelegten Nachsendeauftragskopien geht hervor, dass der Bf. am einen diesbezüglichen Antrag bei der Post stellte und dass, soweit dies den beschwerdegegenständlichen Zeitraum betrifft, ab dem ein Nachsendeauftrag, in dem als bisherige Anschrift des Bf. die Adresse Adresse2, und als neue Anschrift des Bf. die Adresse Adresse1, aufschienen, vorlag.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde des Bf. dem BFG zur Entscheidung vor und führte in der diesbezüglichen Stellungnahme u.a. aus, dass sich aus dem gesamten Akteninhalt ein geleisteter Unterhaltsbetrag in Höhe von Euro 9.970,00 ergäbe. Da aufgrund der Regelbedarfsätze zumindest ein Unterhalt von Euro 12.474,00 zu zahlen (EUR 378,00 pro Kind, 11 Monate) gewesen wäre, könne der Unterhaltsabsetzbetrag nicht in voller Höhe berücksichtigt werden.

Der zu leistende Unterhalt für zwei Kinder, für 11 Monate, betrage Euro 8.316,00. Dieser Betrag decke sich in den tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen des Bf. Ein geleisteter Betrag von EUR 1.654,00 entfiele dann noch auf das dritte Kind. Dieser Betrag decke die Unterhaltszahlung des dritten Kindes noch für rund vier Monate ab. Für die restlichen sieben Monate stehe dem Bf. der Unterhaltsabsetzbetrag lediglich für zwei Kinder zu. Das ergäbe einen Unterhaltsabsetzbetrag im Gesamtausmaß von Euro 1.036,60. Daher sei der Beschwerde teilweise Folge zu geben.

Mit Vorhalt vom gab das BFG dem Bf. unter Hinweis auf den in Kopie beigelegten Vorlagebericht bekannt, dass eine iSd Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2017, § 33 Rz 50, von diesem unter Heranziehung der von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Jugendwohlfahrt bekannt gegebenen Regelbedarfsätze vorgenommene Kontrollrechnung ergeben habe, dass im vorliegenden Fall für das Jahr 2017 ein Unterhaltsabsetzbetrag iHv insgesamt Euro 1.022,00 - Summe der 2017 insgesamt geleisteten Unterhaltszahlungen 2017 Euro 9.970,00 ergibt pro Kind Euro 3.323,33, darin sind die Regelbedarfsätze für das Kind kind2 von Euro 378,00 für den Zeitraum 2-6/2017 sowie von Euro 385,00 für den Zeitraum 7-12/2017 insgesamt für acht Monate, für das Kind kind3 von Euro 446,00 für den Zeitraum 2-6/2017 sowie von Euro 454,00 für den Zeitraum 7-12/2017 insgesamt für sieben Monate und für das Kind kind1 von Euro 331,00 den Zeitraum 2-6/2017 sowie von Euro 337,00 für den Zeitraum 7-12/2017 insgesamt für neun Monate gedeckt, daraus ergibt sich ein UAB für die ersten sieben Monate iHv jeweils Euro 131,40, für den achten Monat iHv Euro 73,00 sowie für den neunten Monat iHv Euro 29,20 - zu berücksichtigen sei und forderte den Bf. um diesbezügliche Stellungnahme auf.

In der Folge gab die steuerliche Vertreterin des Bf. mit Schreiben vom bekannt, dass dieser mit einem Unterhaltsabsetzbetrag von Euro 1.022,00 für das Jahr 2017 einverstanden sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:

Der Bf., Vater von drei Kindern, verließ im Zuge eines im Jahre 2017 noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahrens im Februar 2017 den gemeinsamen Haushalt an der Wohnadresse Adresse2, und zog seine Eigentumswohnung an der Adresse Adresse1. Die drei gemeinsamen Kinder verblieben bei der Kindesmutter. Für diese leistete der Bf. im Jahre 2017 betreffend des Zeitraumes 2/2017 bis 12/2017 Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt Euro 9.970,00.

Die Feststellung, wonach der Bf. im Februar 2017 den gemeinsamen Haushalt verließ und danach seinen Wohnsitz an der Adresse Adresse1, hatte, beruht auf dem glaubhaften diesbezüglichen Vorbringen des Bf. sowie auf der Tatsache, dass der Bf. der Post am einen Nachsendeauftrag, in dem diese Adresse als neue Anschrift aufschien, erteilte. Hinsichtlich des Umstandes, wonach der Bf. in der Beschwerde ausführte, dass er diese Adresse vorläufig als Nebenwohnsitz angegeben habe, ist anzumerken, dass die polizeiliche Meldung für die Frage des Wohnsitzes nicht entscheidend (vgl. , ) ist. Demnach ist die polizeiliche Meldung über einen Wohnsitz einer Person allenfalls ein Indiz, nicht jedoch ausschlaggebend für die Frage, wo diese tatsächlich lebt.

Die Feststellung, wonach der Bf. im Jahre 2017 betreffend des Zeitraumes 2/2017 bis 12/2017 Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt Euro 9.970,00 für seine Kinder leistete, geht aus den o.e., Bezug habenden Kontoauszügen hervor.

Im Übrigen ist der festgestellte Sachverhalt unstrittig.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Nach Feststellung des obigen Sachverhaltes hat das BFG über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:

Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ein Unterhaltsabsetzbetrag von Euro 29,20 monatlich zu, wenn

sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

das Kind nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) undfür das Kind weder ihm noch seiner jeweils von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partnerin Familienbeihilfe gewährt wird. Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von Euro 43,80 und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils Euro 58,40 monatlich zu.

Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung wird in der Rechtspraxis anhand der sog. Prozentsatzmethode, das heißt unter Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes auf das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten, ermittelt. Zur Feststellung des Bedarfes des Kindes dienen bestimmte, nach dem Alter des Kindes abgestufte Regelbedarfssätze zwischen 200,00 Euro und 558,00 Euro (Werte 2016/2017) sowie zwischen 204,00 Euro und 569,00 Euro (Werte 2017/2018). Der maximale Unterhalt soll das 2- bis 2,5-Fache des Regelbedarfs nicht überschreiten (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 18, § 33 Tz 65).

Die konkrete Höhe der jeweiligen Unterhaltsverpflichtung ergibt sich primär aus einer behördlichen Festsetzung wie einem vor der Jugendwohlfahrtsbehörde abgeschlossenen Unterhaltsvergleich oder einem Gerichtsurteil, sonst aus einer außerbehördlichen oder -gerichtlichen Einigung (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG16, § 33 Tz 67/1; LStR 2002, Tz 800).

Wurde die Höhe der Unterhaltsverpflichtung weder durch eine Behörde oder ein Gericht noch durch einen Vertrag festgelegt, dürfen nach der Verwaltungspraxis die von den Gerichten festgelegten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden (vgl. LStR 2002, Rz 800 bis 801; Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 33 Tz 67/1; ; , RV/0089-G/08; vgl. aber auch Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 33 Rz 48, wonach der Geldunterhalt grundsätzlich nach der Prozentsatzmethode zu ermitteln ist und der Regelbedarf lediglich als Orientierungshilfe dient). Werden unvollständige Zahlungen oder Zahlungen unter den Regelbedarfssätzen geleistet, dann ist der Absetzbetrag nur für so viele Monate zu gewähren, wie rechnerisch die volle Unterhaltszahlung ermittelt werden kann. In diesem Fall erfolgt eine rechnerische Monatsumrechnung. Eine aliquote Zuerkennung für einen nicht voll durch die Zahlungen gedeckten Monat ist nicht möglich (vgl. ; ).

Im vorliegenden Fall ist der Unterhaltsabsetzbetrag für das Jahr 2017 in Ansehung des vorstehend Gesagten sowie in Ansehung der Höhe der vom Bf. in diesem geleisteten Unterhaltszahlungen iHv insgesamt Euro 1.022,00 zu gewähren. Hinsichtlich der Ermittlung dieses Betrages wird auf die obige diesbezügliche Darstellung des Vorhaltes des verwiesen.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor. Vielmehr handelte es sich um eine Frage der Beweiswürdigung, die der Revision nicht zugänglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: ein Berechnungsblatt

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103688.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at