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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2022, RV/5101039/2019

Objektiv frühestmöglicher Beginn einer Berufsausbildung - Humanmedizin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Stephan in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs nunmehr Finanzamt Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 04.2018-10.2018 Sozialversicherungsnummer ***Nr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom kam es bei der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf.) zur Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum 04/2018 bis 10/2018, da der Sohn der Bf. nicht als ordentlicher Hörer an einer Universität aufgenommen worden sei.

In der gegen diesen Bescheid von der Bf. eingebrachten Beschwerde vom wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Sohn der Bf. im Frühjahr 2018 seinen Zivildienst beendet habe und im Juli 2018 die Aufnahmeprüfung an der ***Uni1*** zwar bestanden habe, er aber mangels verfügbarem Platz abgewiesen worden sei. In der Folge habe er sich im September 2018 einer Aufnahmeprüfung an der privaten ***Uni2*** unterzogen und wurde für das Wintersemester 2019/2020 aufgenommen.

Er hätte sich theoretisch auch schon für das Wintersemester 2018/2019 an der ***Uni2*** anmelden können - der Fristenlauf und das Verfahren dafür sei im Jahr 2018 durch die ***Uni2*** so gelegt worden, dass eine Parallelbewerbung an der privaten und der öffentlichen Universität erstmals verunmöglich worden sei - der neue Ausbildungsvertrag der ***Uni2*** verpflichte einen Kandidaten der absagt zu einer Pönale von EUR 25.000,00. Aus diesem Grund sei eine Parallelbewerbung unzumutbar gewesen.

Das FLAG erlaube die Leistung von Familienbeihilfe wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen worden sei. Durch die Aufnahmesituation an der ***Uni1*** und die erstmalige Verunmöglichung der Parallelbewerbung öffentlich/privat sei eine Lücke bis zur Berufsausbildung entstanden die unvermeidbar gewesen sei. Der frühestmögliche Zeitpunkt zur Aufnahme des Studiums der Humanmedizin liege somit im September 2019.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe bis Oktober sei eine Doppelbestrafung für diese Wartezeit - es würde dem Rechtsempfinden eher entsprechen die übliche Lücke ausbezahlt zu bekommen und das Zusatzjahr nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde nach einer einleitenden Wiedergabe des Wortlautes der Bestimmung des § 2 Abs 1 lit b und d FLAG 1967 ausführlich wie folgt rechtlich ausgeführt:

"Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, wurde § 2 Abs. 1 lit d FLAG geändert. Bis zur Gesetzesänderung bestand Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisteten. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung wurde im Zuge der Gesetzesänderung die Altersgrenze für den Bezug der Familienbeihilfe vom vollendeten 26./27. Lebensjahr auf das vollendete 24./25. Lebensjahr gesenkt. Im Zuge dessen entfiel auch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit d FLAG, Familienbeihilfe unabhängig von einer Berufsausbildung des Kindes für drei Monate nach dem Abschluss der Berufsausbildung zu gewähren. DenGesetzesmaterialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 ist zu entnehmen, dass ein"Auffangtatbestand" geschaffen werden sollte, damit während der Zeit zwischeneiner Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keineLücke entstehen sollte. Damit sollte insbesondere die Zeit zwischen der Matura (im Mai/Junieines Jahres) und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums (im Herbst) abgedeckt werden.Eine Ausweitung dieses Zeitraumes über drei Monate hinaus war vom Gesetzgeber nichtbeabsichtigt.

So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0057, zu § 2 Abs. 1 lit e FLAGfestgestellt, dass das Risiko für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeitlichvorgestaffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, solchen Berufsausbildungen, welchekeinen unbeschränkten Zugang haben, immanent ist. Die Möglichkeit, eine bestimmtegewünschte Berufsausbildung zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt zu beginnen, war auchim Jahr 1980 zur Zeit der Schaffung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG bereits fallweise von einerBewerbung, von einem Auswahlverfahren und von einer Zulassung zur Ausbildung oder voneiner Aufnahme in eine Ausbildungseinrichtung abhängig. Beschränkungen des Zugangs zueiner Berufsausbildung - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung gefordertenLeistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - durch die Zahl der zuvergebenden Ausbildungsplätze, mögen zwar im Streitzeitraum des Jahres 2017 weit mehrverbreitet gewesen sein als im Jahr 1980, waren aber auch aus der Sicht des Gesetzgebers desJahres 1980 bereits vorhersehbar und nicht auszuschließen. Fälle, in denen zwar dergewünschte und angestrebte Beginn der frühestmögliche nach dem Ende des Präsenz- oderAusbildungs- oder Zivildienstes ist, der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung aber wegender erwähnten Beschränkung später erfolgt, oder Fälle, in denen die iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAGfrühestmögliche Berufsausbildung zwar gewünscht und angestrebt wird, aber dieser Wunschnach einem Aufnahme- oder Bewerbungsverfahren tatsächlich nicht oder nicht zumfrühestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt werden kann, bilden daher keine planwidrige Lücke, diedurch Ausdehnen des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG auch auf jene Fälle (durchAnalogie) geschlossen werden müsste.

Der Beginn einer weiteren Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt ist nachobjektiven Kriterien zu beurteilen. So wäre im vorliegenden Fall ein Studienbeginn (einesanderen Studiums) bereits im Wintersemester 2018 möglich gewesen. Ein Abstellen des"frühest möglichen Zeitpunkts" auf das gewünschte oder angestrebte Studium kann dem Gesetznicht entnommen werden. So hat der Gesetzgeber den Begriff "eine weitere Berufsausbildung"verwendet. Wäre es Wille des Gesetzgebers, den "frühest möglichen Zeitpunkt" auf dasgewünschte oder angestrebte Studium oder auf die gewünschte oder angestrebteBerufsausbildung abzustellen, hätte er dies auch klar zum Ausdruck gebracht.

Da die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe nicht vorliegen, weil eine(weitere) Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde, ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Mit Eingabe vom stellte die Bf. einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin wurde ausgeführt:

"Mein Sohn ***S*** beginnt nun im September 2019 mit dem Studium der Humanmedizin - ein Ausbildungsvertrag der ***Uni2*** liegt vor. Bis dahin hatte er einen Hürdenlauf zu absolvieren:

Aufnahmsprüfung Juli 2018 an der ***Uni1*** (bestanden aber aus Platzmangel abgewiesen),
Aufnahmsprüfung August 2019 an der
***Uni2***, Zusage auf Studienplatz 2019. Die Bedingungen der
Aufnahmsprüfungen erlaubten es nur auf genau einer öffentlichen Uni im Juli anzutreten (hier: Wien), die

***Uni2*** hatte ihre Bewerbungen für Plätze im September 2019 früher gelegt und erstmals mit einer verbindlichen Zusage verknüpft - samt Pönale von EUR 25.000 bei Absage (Studium an der Öffentlichen). Deswegen hatte ***S*** zuerst die ***Uni1*** versucht, und dann erst die ***Uni2***.

Der Fristenlauf und das Verfahren hat eine Parallelbewerbung an privater und öffentlicher Universität in2019 erstmals verunmöglich, die dadurch entstandene Lücke bis zur Berufsausbildung war unvermeidbar.Die Rückforderung der Familienbeihilfe bis Oktober ist eine Doppelbestrafung für diese Wartezeit- es würde meinem Rechtsempfinden eher entsprechen die übliche Lücke ausbezahlt zu bekommen und das Zusatzjahr nicht. Dementsprechend fordere ich die Aufhebung des Bescheides und die Zuerkennung der KB bis September 2018."

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Bf. hat ihren Wohnsitz im Bundesgebiet. Der im Jahr 1998 geborene und im streit-gegenständlichen Zeitraum somit bereits volljährige Sohn der Bf. schloss im Juni 2017 die Schulausbildung mit Ablegung der Reifeprüfung ab. Von bis absolvierte er den Zivildienst.

Am wurde die Aufnahmeprüfung für das Studium der Humanmedizin an der ***Uni1*** für das Studienjahr 2018/2019 absolviert. Der Sohn der Bf. bestand die Aufnahmeprüfung wurde aber mangels freier Ausbildungsplätze nicht aufgenommen.

Das Aufnahmeprozedere an der ***Uni2*** (in der Folge kurz: ***Uni2***) für den Bachelor-Studiengang Humanmedizin für das Studienjahr 2018/2019 startete mit einer Online-Bewerbung (Frist: bis ) und dem daran anschließenden Auswahlverfahren, das nicht fix an einem Termin durchgeführt wurde, sondern sich über ein halbes Jahr erstreckte. Den Studienplatzwerber/innen wurde ein individueller Termin zum Eignungstest, Gruppen-Assessment und einem Bewerbungsgespräch laufend ab Jänner 2018 zugewiesen.

Der Sohn der Bf. absolvierte die Aufnahmeprüfung an der ***Uni2*** erst im September 2018 und ihm wurde daher ein Studienplatz erst für das Wintersemester 2019/2020 zugesagt, welchen er auch mit Unterzeichnung des Ausbildungsvertrages annahm und im Wintersemester 2019/2020 mit dem Studium begann. Laut § 6 des Ausbildungsvertrages der ***Uni2*** war bei Rücktritt vom Vertrag nach dem 31.7. eines Jahres eine Pönale iHv € 25.000 fällig. Dies war auch der Grund, warum sich der Sohn der Bf. für das Wintersemester 2018/2019 nicht gleichzeitig für beide Universitäten beworben hatte.

Ein Beginn des Studiums Humanmedizin an der ***Uni2*** im Wintersemester 2018/2019 wäre möglich gewesen, wenn bereits im April 2018 (also nach Absolvierung des Zivildienstes) mit dem Aufnahmeverfahren (Online-Bewerbung) begonnen worden wäre.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen der Bf.

Zu den Aufnahmevoraussetzungen der ***Uni2*** im Studienjahr 2018/2019 siehe ***Uni2***

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

…………..e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird.

Eine mit § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 vergleichbare Regelung enthält § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967.

Die zu § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 ergangene Judikatur zur Frage des frühest möglichen Zeitpunktes des Beginns der Berufsausbildung ist mutatis mutandis auch auf § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 anwendbar und umgekehrt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rechtliche Erwägungen

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Sohn der Bf. die Berufsausbildung zum Arzt frühest möglich im Sinne der zitierten Gesetzesstellen begonnen hat.

Die Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals "zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen" hat sich am Bestimmtheitsgebot des rechtsstaatlichen Grundsatzes (Art 18 B-VG) zu orientieren, wonach eine gesetzliche Vorschrift einen soweit bestimmbaren Inhalt haben muss, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann (, unter Verweis auf ua; Lenneis/Wanke, FLAG 2. Auflage, § 2 Rz 132).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die weitere Berufsausbildung nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung etwa wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu erst später erfolgt, oder wenn ein zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlicher Aufnahmetest oder eine Aufnahmeprüfung nicht bestanden wird. Damit ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG 1967 nicht erfüllt. Dabei ist es unerheblich, ob mangels hinreichender Qualifikation etwa auf Grund eines negativen Testergebnisses bei der Bewerbung oder lediglich infolge Platzmangels diese Berufsausbildung eben nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG 1967 begonnen wird (; und ).

Der Sohn der Bf. bestand die Aufnahmeprüfung an der ***Uni1*** wurde aber mangels freier Ausbildungsplätze nicht aufgenommen.

Erst danach bewarb er sich bei der ***Uni2***. Die ONLINE-Bewerbungsfrist für das Studienjahr 2018/2019 für die ***Uni2*** war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen. Eine Bewerbung war nur mehr für das Studienjahr 2019/2020 möglich. Nach absolviertem Aufnahmeverfahren im September 2018 erhielt er dort ab dem Wintersemester 2019/2020 einen Studienplatz.

Somit wurde die beabsichtigte Berufsausbildung nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen.

Maßgeblich ist, wie auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2018/16/0048 zum Ausdruck brachte, ob das ins Auge gefasste und schließlich auch tatsächlich begonnene Studium zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Der frühestmögliche Zeitpunkt ist somit jener, zu dem die Ausbildung begonnen hätte werden können, unabhängig davon, ob Anmeldefristen zu beachten, Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmeprüfungen zu bestehen gewesen wären (vgl. z.B. ).

Persönliche, oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen oder diese fortgesetzt wird, sind jedoch unbeachtlich und gewähren keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke,FLAG, Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, § 2, Tz 132 und ).

Unzweifelhaft handelt es sich bei der Bevorzugung einer bestimmten öffentlichen Universität und das nicht in Kauf nehmen wollen einer Pönalzahlung an der ***Uni2***, um solche "persönlichen Gründe", die zwar durchaus verständlich sind, bei der Beurteilung des objektiv frühestmöglichen Zeitpunktes des Studienbeginns aber nach der obzitierten h.g. Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben haben. Dies deshalb, weil die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG eine Ausnahme von der allgemeinen Regel normiert, dass keine Familienbeihilfe gebührt, wenn sich ein volljähriges Kind nicht in Ausbildung befindet (von weiteren gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen). Diese Bestimmung ist daher eng auszulegen.

Sie kann nicht so verstanden werden, dass der Zeitraum, für den Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, beliebig erstreckt werden kann, wenn die Aufnahme für ein Wunschstudium mit limitierter Teilnehmerzahl nicht beim ersten Versuch erfolgt.

Hätte sich der Sohn der Bf. bereits zum frühestmöglichen Termin, nämlich ab April 2018, dem Aufnahmeverfahren an der ***Uni2*** unterzogen, hätte er bei positivem Ausgang dieses Verfahrens bereits im Wintersemester 2018/2019 mit dem Studium beginnen können.

Der Sohn der Bf. hat das Studium der Humanmedizin an der ***Uni2*** nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt i.S. des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 begonnen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, weil durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt ist, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. e FLAG für einen Elternteil nur dann entsteht, wenn das nunmehr vom Kind betriebene Studium zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Ob jedoch diese Voraussetzung vorliegt, ist eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu lösende reine Sachverhaltsfrage.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101039.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at