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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.05.2022, RV/7101525/2020

Keine Haushaltszugehörigkeit und keine überwiegende Kostentragung der Mutter (bei Heimunterbringung des Kindes)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Mai 2014 bis Oktober 2014 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind Sohn, für den Zeitraum Mai 2014 bis Oktober 2014 von der Beschwerdeführerin (Bf.) zurückgefordert.

Unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 FLAG 1967 und § 26 FLAG 1967 wurde von der belangten Behörde Folgendes begründend ausgeführt:

"Zu Sohn:

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist."

Dagegen brachte die Bf. eine Beschwerde mit folgender Begründung ein:

"Ich möchte die Familienbeihilfe für Sohn auch weiterhin und rückwirkend bis Mai 2014 beantragen. Da ich auch in dieser Zeit sowie nach wie vor für ihn einen großen teil seiner Lebensmittel, Bekleidung und andere Dinge des täglichen Lebens aufkomme."

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:

"Sie haben für Ihren Sohn, Sohn geb. 1992, laufend die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe bezogen. Seit August 2012 lebt Sohn nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit Ihnen und mit Juni 2014 ist er besachwaltet.

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Aufgrund ha Ermittlungen wurde festgestellt, dass sie ab Mai 2014 nicht mehr überwiegend für den Unterhalt vom Sohn aufkommen.

Abverlangte Zahlungsbelege über geleistete Unterhaltszahlungen im Zeitraum 5/2014 bis 10/2014 an Ihren Sohn sowie an die Einrichtung der ***1***, in der Sohn lebt, konnten nicht vorgelegt werden.

Die von Ihnen vorgelegten Aufstellungen und Aufzählungen vermittelten nicht glaubhaft die überwiegende Kostentragung der Lebenshaltungskosten Ihres Sohnes durch Sie.

Laut oben genannter gesetzlicher Bestimmung besteht daher ab Mai 2014 kein Anspruch auf Familienbeihilfe weshalb spruchgemäß zu entscheiden war."

Der Rechtsvertreter der Bf. brachte daraufhin einen Vorlageantrag mit folgender Begründung ein:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Dies wird damit begründet, dass Ermittlungen geführt wurden, welche ergeben hätten, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 05-10/2014 nicht mehr überwiegend für den Unterhalt des Sohnes Sohn ***5*** aufgekommen wäre.

Richtig ist, dass zwar die Wohnungskosten der ***1*** weiterhin vom Fonds Soziales Wien

bezahlt werden, sämtliche andere Kosten, wie Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Freizeitaktivitäten, Elektronik, Telefonkosten etc. weiterhin von der Beschwerdeführerin bezahlt werden.

Die Beschwerdeführerin leistet neben Geldunterhalt auch weiterhin laufend Naturalunterhalt für ihren Sohn Sohn ***5***.

Allein aus der allgemeinen Lebenserfahrung heraus ergibt sich, dass nicht sämtliche Zahlungen durch Belege nachgewiesen werden können, zumal viel Bargeld an den Sohn als Taschengeld ausgehändigt wird.

Der Sohn der Beschwerdeführerin erhält von der geschützten Werkstätte, in welcher er arbeitet und betreut wird, lediglich € 50,00 Taschengeld pro Monat zur freien Verfügung.

Die Beschwerdeführerin kauft ihrem Sohn seit eh und je laufend Kleidung, Schuhe, Dinge des täglichen Lebens sowie auch Lebensmittel.

Sie geht laufend mit ihrem Sohn einkaufen und sorgt auch für eine gute und gemütliche Einrichtung für sein Zimmer in seiner Wohngemeinschaft. Sämtliche in der Wohngemeinschaft vorhandenen Möbel des Sohnes wurden von der Beschwerdeführerin angeschafft und bezahlt.

Die Beschwerdeführerin hat ihrem Sohn beispielsweise auch ein Fahrrad gekauft, damit dieser mobil ist. Auch die laufenden Urlaube und Ausflüge des Sohnes werden weiterhin ausschließlich von der Beschwerdeführerin bezahlt.

Die Beschwerdeführerin hat ihrem Sohn auch ein Handy gekauft und zahlt ihm weiterhin monatlich die Handywertkarten, damit dieser jederzeit erreichbar ist bzw. selbst bei der Beschwerdeführerin anrufen kann.

Insgesamt leistet die Beschwerdeführerin an ihren Sohn weiterhin ein monatliches Taschengeld von mindestens € 150,00.

Dazu kommt laufender Naturalunterhalt in Form von Kleidung, Schuhen, Lebensmittel, Telefon kosten, vorbereitetes Essen etc. in Höhe von mindestens € 350,00 im Monat.

Nachdem die Beschwerdeführerin laufend Ausgaben für ihren Sohn getätigt hatte, was jede Mutter üblicherweise tut, sah sie sich zu keiner Zeit veranlasst, die einzelnen Belege über die getätigten Zahlungen für Lebensmittel, Essen etc. aufzubewahren. Auch für den geleisteten Barunterhalt in Höhe von rund € 150,00 im Monat gibt es keine entsprechenden Belege, zumal dieser Herrn Sohn ***5*** seit eh und je laufend in bar von der Beschwerdeführerin ausbezahlt wird.

Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass über die Ausgaben für eigeneKinder nicht Buch geführt wird, da dafür im Normalfall auch keine Notwendigkeit besteht.

Die Beschwerdeführerin war nie Sachwalterin ihres Sohnes, sondern gesetzliche Vertreterin.

Daher traf und trifft sie auch keine Rechnungslegungspflicht.

Darüber hinaus wusste die Beschwerdeführerin damals gar nicht, dass für ihren Sohn einSachwalter bestellt wurde und hat diese erst viel später davon erfahren, als sie vom bereitsbestellten Sachwalter aufgefordert wurde, Unterlagen des Sohnes zu übergebenbzw. vom Finanzamt aufgefordert wurde, die erhaltene - jedoch für den Sohn verwendeteFamilienbeihilfe - für den Zeitraum 05-10/2014 zurückzubezahlen.

Zum Beweis dieses Vorbringens stellt die Beschwerdeführerin denAntragauf Parteieneinvernahme sowie auf Einvernahme

von Herrn ***2***, Betreuer bei der Wohngemeinschaft ***1***, per Adresse ***1***

WG ***6***,

von Frau ***3***, ***7***, Nachbarin der Beschwerdeführerin

und

von Herrn ***4***, ***8***, Arbeitskollegedes Ehemannes der Beschwerdeführerin.

Alle genannten werden zum Nachweis dafür genannt, dass der Sohn der Beschwerdeführerinregelmäßig im gegenständlichen Zeitraum sowie bis heute zumindest an den Wochenenden bei der Beschwerdeführerin verweilt/verweilte, dort isst/aß, Taschengeld bekommt/bekam sowie dass die Beschwerdeführerin mit dem Sohn einkaufen geht/ging und ihm neben Kleidung, Schuhen, Elektronik auch Dinge des täglichen Lebens kauft/kaufte.

Aus all den genannten Gründen geht eindeutig hervor, dass die Rückforderung der von der Beschwerdeführerin für ihren Sohn Sohn ***5*** bezogenen (erhöhten) Familienbeihilfe für den Zeitraum 05-10/2014 jedenfalls nicht gerechtfertigt ist."

Das Bundesfinanzgericht richtete folgendes Auskunftsersuchen an den Sachwalter des Sohns der Bf.:

"Wieviel betrugen im Jahr 2014 die monatlichen Kosten der Betreuung und Unterbringung bei der ***1*** (welche vom Fonds Soziales Wien getragen wurden)?

Sind in diesen Kosten auch die Kosten der vollen Verpflegung des Sohn enthalten?

Falls nicht, wer kam im Streitzeitraum für die Verpflegungskosten des Sohn ***5*** auf?"

Die Antwort darauf lautete wie folgt:

"1) Wieviel betrugen im Jahr 2014 die monatlichen Kosten der Betreuung und Unterbringung bei der ***1*** (welche vom FSW getragen wurden)?

Laut Akteninhalt ist der Schutzbefohlene seit dem Bewohner der Wohngemeinschaft ***6***.

Laut Schreiben von FSW-Kostenbeitragsverrechnung v. hat der Schutzbefohlene für Leistungen aus der Behindertenhilfe im Jahr 2014 Kostenbeiträge in der Höhe von insgesamt EUR 684,74 bezahlt.

Für das Jahr 2014 wurden für die Leistung "Vollbetreutes Wohnen" nach dem Chancengleichheitsgesetz Wien Verpflegungskostenanteile aus dem Pflegegeldbezug von der Personenversicherungsanstalt in Höhe von monatlich EUR 179,40 an den Fonds Soziales Wien überwiesen. Es wurde nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz ein Taschengeld in Höhe von EUR 122,10 für den Schutzbefohlenen angewiesen.

Beweis: E-Mailschreiben von FSW-Kostenbeitragsverrechnung v. ;

Schreiben von FSW-Kostenbeitragsverrechnung v. .

2) Sind in diesen Kosten auch die Kosten der vollen Verpflegung des Sohn ***5*** enthalten?

Für die Unterbringung in der Leistung Vollbetreutes Wohnen ist laut dem E-Mail-schreiben von FSW Kostenbeitragsverrechnung v. eine volle Verpflegung enthalten.

3) Falls nicht, wer kam im Streitzeitraum für die Verpflegungskosten des Sohn ***5*** auf?

Entfällt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. bezog für ihren Sohn Sohn Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe. Er lebt in einer Einrichtung des ***1*** im 11.Bezirk. Im November 2014 beantragt der Sachwalter von Sohn die Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag auch für den strittigen Zeitraum (Mai 2014 bis Oktober 2014), da er nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter lebt und diese auch (seit Mai 2014) nicht für den Unterhalt aufkommt.

Die Bf. behauptet, für sämtliche Urlaube des Sohnes aufzukommen, sowie ihm ein monatliches Taschengeld in Höhe von € 150,- sowie Naturalien (Essen, Kleidung,...) im Wert von € 350,- monatlich zur Verfügung zu stellen. Belege wurde keine vorgelegt.

Beweiswürdigung

Es ist eine allgemeine Regel, wonach denjenigen, der in einem Antragsverfahren einen Anspruch auf Erlassung eines begünstigenden Aktes geltend macht, die Behauptungslast und Beweislast trifft ().

Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (siehe , ).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweislastregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisseder Beweisaufnahmen (Ritz, BAO6, § 167 Tz 6).

Zur freien Beweiswürdigung gehört insbesondere auch, ob die im Laufe eines Verfahrensgemachten Angaben mit den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmen oder nicht.

Es ist keinesfalls notorisch, dass bei voller Verpflegung und umfassender medizinischer Betreuung durch die Behinderteneinrichtung die Bf. in geforderter Höhe Unterhaltsleistungen erbracht hat, sodass ein Nachweis oder zumindest die Glaubhaftmachung erforderlich ist.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die vorgelegten Behauptungen nicht geeignet sind, Unterhaltsleistungen mindestens in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

Die Bf. hat selbst vorgebracht, keine Nachweise erbringen zu können.

Sie hat es unterlassen, Unterlagen (Rechnungen) wenigstens ab dem Streitzeitraum vollständig und geordnet aufzubewahren, zu dokumentieren und vorzulegen, was Kosten in der beantragten Höhe wenig glaubhaft erscheinen lässt und zum Schluss führt, dass Kosten in der beantragten Höhe nicht angefallen sind.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Bf. ihren Sohn an den Wochenenden verpflegt hat, kann dies der Beschwerde nicht zum Durchbruch verhelfen, da dies betragsmäßig pro Monat weit unter der monatlichen Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag bleibt.

Für die anderen geltend gemachten Positionen wie Taschengeld, Kleidung, Fahrrad, Einrichtungsgegenstände, Handy, Urlaube etc. gelten diese Ausführungen jedenfalls nicht und können diese nicht als glaubhaft gemacht erachtet werden, da derartige Ausgaben nach der allgemeinen Lebenserfahrung stark variieren und daher auf die Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen ist, zumal in diesen Fällen im Regelfall Rechnungen ausgestellt werden und die Vorlage von (nachvollziehbar dargestellten und dokumentierten) Belegen möglich und zumutbar ist.

Dass derartige Rechnungen üblicherweise nicht aufbewahrt werden, wenn antragsgebundene Begünstigungen in Anspruch genommen werden sollen, entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.

Wenn nur einzelne Kleinbetragsrechnungen fehlten und die übrigen Rechnungen vorgelegt worden wären, gelänge die Glaubhaftmachung des Restbetrages (in Höhe der fehlenden Kleinbetragsrechnungen) naturgemäß wesentlich leichter als im vorliegenden Fall, in dem überhaupt keine Nachweise erfolgten, sodass es sich bei den gesamten Beträgen gemäß Aufstellung um bloße Behauptungen handelt, die durch die wenig glaubhaften Ausführungen der Bf. nicht erhärtet werden konnten. Diese Behauptungen sind deshalb wenig glaubhaft, da einerseits die Bf. im Streitzeitraum über kein eigenes Einkommen verfügte. Andererseits hat die Bf. vom vorgeschriebenen monatlichen Pauschalentgelt für Zusatzleistungen an die Betreuungseinrichtung ***1*** im Jahr 2014 in Gesamthöhe von € 1.576,80 nur € 544,20 überwiesen. Taschengeld bekommt der Sohn der Bf. von der Tagesstruktur, die er bei Jugend am Werk besucht.

Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf. für ihren Sohn nicht den monatlichen Unterhalt in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat.

Zum weiteren Vorbringen in der Beschwerde bezüglich geleisteter Verpflegungskosten ist festzuhalten, dass Pflegegeldbezieher der Sohn der Bf. ist und dieser selbst einen Verpflegskostenanteil geleistet hat, welcher EUR 179,40 beträgt.

Ausserdem ergaben die Erhebungen des Bundesfinanzgerichts, dass der Sohn der Bf. im Zuge seiner Unterbringung volle Verpflegung erhält.

Wenn der Rechtsvertreter der Bf. die Einvernahme von Zeugen beantragte, so erachtet das Bundesfinanzgericht eine derartige Einvernahme als nicht zielführend, da das Beweisthema, dass der Sohn der Bf. die Wochenenden bei ihr verbracht hat und dabei auch von ihr verpflegt wurde, vom Bundesfinanzgericht nicht in Abrede gestellt wird. Hinsichtlich des Taschengelds und der behaupteten Einkäufe für den Sohn der Bf. wurden bisher von der Bf. keinerlei Belege vorgelegt. Daher erscheint auch diesbezüglich eine Zeugeneinvernahme nicht zielführend, da diese eine Belegvorlage nicht ersetzen kann.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Nach § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 normiert, dass volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 li.t a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. (bzw. ab des 25.) Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze ausöffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt.

§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:

"Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze ausöffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 und 3)."

Haushaltszugehörigkeit:

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 wird der Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich nach der Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind bestimmt und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf abgestellt, dass die Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (vgl. ).

Voraussetzung für das Vorliegen einer Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Der Sohn der Bf. wohnt in einer vollbetreuten Einrichtung und übernachtet laut Angaben der Bf. regelmäßig jedes Wochenende bei der Bf.

Mehr oder weniger regelmäßige Aufenthalte an den Wochenenden bei den Eltern vermögen an der dauernden nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung jedoch nichts zu ändern (vgl. ).

Bei diesem Sachverhalt kann daher nicht von einer Haushaltszugehörigkeit zur Mutter iSd § 2 Abs. 5 lit. a FLAG gesprochen werden.

Die Fiktion der Haushaltszugehörigkeit nach § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 bei Tragung der Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages, greift im gegenständlichen Fall nicht, da nach den Feststellungen im Sachverhalt die Bf. für ihren Sohn nicht den monatlichen Unterhalt in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat.

Der Sohn der Bf. gilt daher bei dieser im Streitzeitraum auch nicht als haushaltszugehörig.

Da eine Haushaltszugehörigkeit unstrittig nicht vorliegt und eine Tragung der Unterhaltskosten in Höhe von mindestens der erhöhten Familienbeihilfe nicht nachgewiesen wurde, besteht nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Überwiegende Unterhaltsleistung:

Als Alternative zur Haushaltszugehörigkeit sieht das Gesetz einen Familienbeihilfenanspruch auch dann vor, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend trägt und das Kind bei niemandem sonst haushaltszugehörig ist.

Zu den Kosten des Unterhaltes gehören nicht nur die Kosten für die Unterbringung, sondern auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung eines Kindes aufgewendet werden, wie zB Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke. Es ist gleichgültig, ob diese Ausgaben freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen. Diese direkten Unterhaltsleistungen können jedoch nur dann anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden (vgl. Lenneis/Wanke(Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, Rz 148; vgl auch -I/08).

Das Gesetz verlangt die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten, nicht die überwiegende Leistung des - vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dessen weiteren Sorgepflichten - abhängigen (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, EStG§ 33 Anm. 100) Unterhaltes.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hängt die Beurteilung, ob jemand die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab ().

Da die Bf. den Unterhalt für ihren Sohn nicht in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat, ist im Hinblick auf die Kosten der Heimunterbringung in Vollbetreuung, welche durch die öffentliche Hand und das Pflegegeld des Sohnes der Bf. finanziert werden, auszuschließen, dass die Bf. den überwiegenden Unterhalt für den Sohn geleistet hat.

Es besteht daher auch nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung gegenständlicher Rechtsfrage entspricht der Judikatur des VwGH bzw. handelt es sich um Fragen der Beweiswürdigung, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen ist.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at