Festsetzung von Aussetzungszinsen auch bei überlanger Verfahrensdauer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch V, R sowie die fachkundigen Laienrichter L1 und L2 in der Beschwerdesache B, vertreten durch V, über die Beschwerde des Abgabepflichtigen vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich
1. vom , Steuernummer 123, über die Festsetzung von Aussetzungszinsen in der Höhe von 22.146,12 € und
2. vom , Steuernummer 123, über die Festsetzung von Aussetzungszinsen in der Höhe von 2.183,87 €
nach der am in Anwesenheit des Vertreters des Finanzamtes, F, sowie der Schriftführerin S, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt setzte mit dem Bescheid vom gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) im gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommenen Verfahren die Einkommensteuer für das Jahr 2010 mit 671.299,10 € (Nachforderung 514.156 €) sowie mit dem Bescheid vom gleichen Tag Anspruchszinsen in der Höhe von 43.504,28 € fest.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. durch seine steuerliche Vertreterin das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Berichtigung des Bescheides in zwei Punkten.
Im Punkt 4. der Beschwerde wurde die Aussetzung der Einhebung eines Teilbetrages der Einkommensteuer in der Höhe von 445.284,33 € sowie der Anspruchszinsen in der Höhe von 37.676,84 € gemäß § 212a BAO beantragt.
Das Finanzamt bewilligte mit dem Bescheid vom antragsgemäß die Aussetzung der Einhebung.
In der Sache gab das Finanzamt der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 teilweise statt und setzte mit der Beschwerdevorentscheidung vom die Einkommensteuer 2010 mit nunmehr 653.301,40 € fest.
Am gleichen Tag verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 und setzte Aussetzungszinsen in der Höhe von 5.601,72 € fest. Der Ablaufbescheid hinsichtlich der ausgesetzten Anspruchszinsen erging am ; die diesbezüglichen Aussetzungszinsen wurden mit 503,97 € festgesetzt.
Im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2010 vom beantragte die steuerliche Vertreterin des Bf. unter Punkt 5. die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 2010 (427.267,34 €), der Anspruchszinsen 2018 (36.154,01 €) sowie der Aussetzungszinsen (6.105,69 €).
Das Finanzamt bewilligte mit dem Bescheid vom antragsgemäß die Aussetzung der Einhebung.
Nach Ergehen des Erkenntnisses des , in dem der Einkommensteuerbescheid 2010 wie in der Beschwerdevorentscheidung abgeändert und die Einkommensteuer mit 653.301,40 € festgesetzt wurde, verfügte das Finanzamt mit den Bescheiden vom 07.12. und den Ablauf der Aussetzung der Einhebung und setzte mit den hier angefochtenen Bescheiden vom und vom Aussetzungszinsen in der Höhe von 22.146,12 € (für die Einkommensteuer von 427.267,34 €) bzw. 2.183,87 € (für Aussetzungszinsen von 5.601,72 € und Anspruchszinsen von 36.657,98 €) fest.
Gegen diese Bescheide erhob die Bf. durch ihre steuerliche Vertreterin das Rechtsmittel der Beschwerde mit folgendem Wortlaut:
1. Sachverhalt
Die Aussetzungszinsen wurden aufgrund der Erledigung der Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht festgesetzt.
Es wird eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in diesem Zusammenhang eingebracht werden.
Die Aussetzungszinsen wurden nun für einen weiteren Zeitraum von bis zum bzw. festgesetzt.
2. Antrag zur Abänderung
Wir beantragen die Bescheide im Hinblick auf unseren eingebrachten Antrag auf Nachsicht entsprechend abzuändern.
Die Zinsen sollten für einen angemessenen Zeitraum eines Beschwerdeverfahrens in Höhe von insgesamt EUR 2.955,11 festgesetzt werden, die überlange Verfahrensdauer sollte unserem Mandanten nicht angelastet werden.
3. Begründung
Als Begründung führen wir an, dass im Bescheid die Aussetzungszinsen für die überlange Verfahrensdauer vorgeschrieben wurden. Die vorliegende lange Verfahrensdauer von rund 5 Jahren führt zu einer anormalen Belastungswirkung für unseren Mandanten. Denn wäre das Verfahren innerhalb angemessener Zeit abgeschlossen worden, wären nicht Aussetzungszinsen in dieser Höhe angefallen. Das Verfahren dauerte - gerechnet von der Einbringung der Beschwerde im Februar 2017 bis zum letztlich ergangenen BFG Erkenntnis vom , eingelangt am - fast fünf Jahre. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den eingebrachten Antrag auf Nachsicht.
4. Antrag gemäß § 205 BAO
Wir beantragen die Festsetzung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO für die zu Unrecht eingehobenen Abgaben im Falle der Stattgabe unserer Beschwerde.
5. Aussetzung gem. § 212 BAO
Wir beantragen für einen Betrag von EUR 27.480,57 an Aussetzungszinsen die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der Beschwerde und verweisen zur Begründung auf unsere vorgebrachte Beschwerde.
6. Für den Fall der Vorlage
Für den Fall der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über unsere Beschwerde beantragen wir die Entscheidung durch den gesamten Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht. ……
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde unter Verweis auf Ritz, BAO6, § 236, Tz 13 ab, wonach die Einhebung von Aussetzungszinsen auch bei einer langen Dauer des Rechtsmittelverfahrens nicht sachlich unbillig sei.
Gegen die Beschwerdevorentscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom gemäß § 264 BAO:
1. Sachverhalt
Mit Prüfungsauftrag vom hat bei unserem Mandanten eine Außenprüfung gem. § 147 BAO begonnen. Am wurde der Zeitraum auf das Jahr 2008 ausgeweitet. Geprüft wurde damit die Einkommensteuer der Jahre 2008 bis 2013. Die Außenprüfung erstreckte sich über rd. 25 Monate, somit fast 2 Jahre. Mit Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung, eingelangt am , wurde die Außenprüfung formal abgeschlossen.
Aufgrund der im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 am neu erlassen. Weiters wurden mit Bescheid vom Anspruchszinsen für das Jahr 2010 festgesetzt. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 wurde am Beschwerde erhoben und die Aussetzung der Einhebung beantragt, welche auch bewilligt wurde.
Am erging die Beschwerdevorentscheidung seitens des Finanzamtes. Weiters wurden mit Bescheiden vom und Aussetzungszinsen iHv EUR 6.106,69 festgesetzt. Unserer Beschwerde wurde nur teilweise stattgegeben, weshalb am ein Vorlageantrag eingebracht wurde. Die darin beantragte mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat fand rd. 3,5 Jahre später, am , statt.
Mit Erkenntnis vom , zugestellt am , hat das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde vom entschieden. Folglich wurden die Einkommensteuer 2010 sowie die Anspruchszinsen 2010 fällig gestellt und mit Bescheid vom und , eingelangt am 15. bzw. , weitere Aussetzungszinsen iHv EUR 22.146,12 festgesetzt.
Gegen das Erkenntnis vom wurde unsererseits zwischenzeitlich eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Darüber hinaus wurde am gegen die eben genannten Bescheide über die Festsetzung von Aussetzungszinsen Beschwerde erhoben sowie ein Antrag auf Nachsicht gestellt. Die Beschwerden gegen die Aussetzungszinsen wurden nun mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Nachsicht wurde ebenso mit Bescheid vom , zugestellt am , abgewiesen. Eine Beschwerde wurde diesbezüglich ebenfalls eingebracht.
2. Antrag zur Abänderung
Wir beantragen die Bescheide im Hinblick auf unsere eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten entsprechend abzuändern.
Ausgehend von einer angemessenen Verfahrensdauer von 6 Monaten (im Hinblick auf die Bestimmung des § 284 BAO), wären Aussetzungszinsen für maximal diesen Zeitraum gerechtfertigt. Dies entspräche somit Aussetzungszinsen iHv EUR 2.955,12 für 6 Monate und nicht Aussetzungszinsen für fast 60 Monate.
Wir beantragen daher die Aussetzungszinsen mit EUR 2.955,12 festzusetzen.
3. Begründung
Als Begründung führen wir an, dass die im Bescheid festgesetzten Aussetzungszinsen für eine überlange Verfahrensdauer vorgeschrieben wurden. Die vorliegende lange Verfahrensdauer von rund 5 Jahren führt zu einer anormalen Belastungswirkung für unseren Mandanten. Das Verfahren dauerte - gerechnet von der Einbringung der Beschwerde im Februar 2017 bis zum letztlich ergangenen BFG Erkenntnis vom , eingelangt am - fast fünf Jahre. Hinsichtlich der weitergehenden Begründung verweisen wir auf unsere beiliegende Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung der Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom , zugestellt am .
4. Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Wir beantragen die Entscheidung durch den gesamten Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht. …..
In der zitierten Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung der Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten führte der Bf. - neben wortgleichem Vorbringen - weiters aus:
Den Tätigkeitsberichten vom Unabhängigen Finanzsenat und Verwaltungsgerichtshof aus dem Jahr 2011 zufolge, betrug die durchschnittliche Erledigungsdauer beim Unabhängigen Finanzsenat 29 Monate (gegenüber 19 Monaten im Jahr 2007). Die Verfahrensdauer im gegenständlichen Verfahren dauerte damit doppelt so lange. Sogar der EUGH bestätigt in diversen Fällen eine Nachsicht bei langer Verfahrensdauer mit der Begründung, dass es dem Abgabepflichtigen nicht zumutbar ist so lange auf eine Entscheidung zu warten und dies einer Unbilligkeit gleichkommt (, DEURING, Appl 15746/06 - abrufbar www.echr.coe.int).
Gemäß § 284 BAO kann eine Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht beim Verwaltungsgerichtshof Säumnisbeschwerde erheben, wenn diese nicht innerhalb von 6 Monaten tätig wird. Diese Regelung soll ein faires Verfahren ermöglichen und eine lange Verfahrensdauer vermeiden. Die Frist von 6 Monaten ist gesetzlich geregelt. Ausgehend von einer angemessenen Verfahrensdauer von 6 Monaten, wären Aussetzungszinsen für maximal diesen Zeitraum gerechtfertigt. Dies entspräche somit Aussetzungszinsen iHv EUR 2.955,12 für 6 Monate und nicht Aussetzungszinsen für fast 60 Monate.
Unser Mandant hatte zum Zeitpunkt des neu ergangenen Einkommensteuerbescheides 2010 Anfang 2017 nicht ausreichend liquide Mittel, um die gesamte Abgabenschuld von damals EUR 557.679,26 zur Gänze zu begleichen. Rund 3 Jahre zuvor hat er die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anteile rückgekauft und somit einen Großteil seiner finanziellen Mittel damit gebunden. Eine Begleichung der gesamten Abgabenschuld wäre nur mit einem allfälligen Verkauf von Vermögensgegenständen denkbar gewesen. Sämtliche Beschwerden /Anträge wurden unsererseits stets zeitnah und ohne Verzögerung bei den entsprechenden Behörden/Gerichten eingebracht. Im Vertrauen auf eine zeitnahe Erledigung des Verfahrens (im Hinblick auf die in § 284 BAO gesetzlich festgelegten 6 Monate), hat sich unser Mandant im Jahr 2017 bewusst für eine teilweise Aussetzung der Abgabe (beantragte Aussetzung damals EUR 482.961,17) entschieden. Im gegenständlichen Fall erging die abweisende Entscheidung nicht 6 Monate sondern 60 Monate später. Das Verfahren dauerte also 10-Mal solange als vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehen. Mit festgesetzten Aussetzungszinsen iHv EUR 30.435,68 (rd. 7% der Abgabenschuld) für einen letztendlich (aufgrund einer Beschwerdevorentscheidung zu Gunsten unseres Mandanten reduzierten) ausgesetzten Betrages von EUR 427.267,34 hat unser Mandant bei seiner Entscheidung im Jahr 2017 niemals gerechnet. ……
Mit dem Bescheid vom wies das Finanzamt die beantragte Nachsicht in der Höhe von 27.480,57 € als unbegründet ab. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Finanzamt mit der Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Zu der am abgehaltenen, vom Bf. beantragten mündlichen Verhandlung ist dieser nicht erschienen.
Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der eine überlange Verfahrensdauer keine sachliche Unbilligkeit auslöst. Daraus ergebe sich, dass auch die Festsetzung der Aussetzungszinsen rechtskonform sei. Im Übrigen hätte der Bf. die Möglichkeit gehabt, einen Fristsetzungsantrag einzubringen. Er beantrage die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 212a BAO lautet auszugsweise:
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. …..
(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus. …..
(9) Für Abgabenschuldigkeiten sind
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,
Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.
Sache des gegenständlichen Verfahrens ist die Festsetzung von Aussetzungszinsen für die vom Bf. im Schriftsatz vom (Vorlageantrag gemäß § 264 BAO betreffend Einkommensteuer 2010) im Punkt 5. beantragte und vom Finanzamt antragsgemäß gewährte Aussetzung der Einhebung der folgenden Abgaben: Einkommensteuer 2010 427.267,34 €, Anspruchszinsen 36.154,01 € und Aussetzungszinsen 6.105,69 €.
Nach Ergehen des das Einkommensteuerverfahren abschließenden Erkenntnisses des , verfügte die Abgabenbehörde mit den Bescheiden vom (hinsichtlich Einkommensteuer 2010) und vom (hinsichtlich Anspruchs- und Aussetzungszinsen) den Ablauf der Aussetzung der Einhebung und setzte mit den hier angefochtenen Bescheiden vom gleichen Tag Aussetzungszinsen in der Höhe von 22.146,12 € (hinsichtlich Einkommensteuer 2010) und 2.183,87 € (hinsichtlich Anspruchs- und Aussetzungszinsen) fest.
Begründet wurde die Beschwerde gegen die Festsetzungsbescheide mit der überlangen Verfahrensdauer des Einkommensteuerverfahrens, die zu einer anormalen Belastungswirkung des Bf. geführt habe. Auf den parallel zur Beschwerde eingebrachten Nachsichtsantrag wurde verwiesen.
Die beantragte Nichtfestsetzung eines Großteils der verfahrensgegenständlichen Aussetzungszinsen kann nicht mit dem Hinweis auf einen parallel zur Beschwerde eingebrachten Nachsichtsantrag begründet werden. Die vorgebrachte anormale Belastungswirkung des Bf. durch die überlange Verfahrensdauer ist nicht in diesem, sondern im Nachsichtsverfahren zu prüfen.
Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden (, mit Zitierung von Vorjudikatur).
Gemäß § 212a Abs. 9 BAO sind Aussetzungszinsen für die Dauer des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes, der zufolge § 212a Abs. 5 BAO mit dem Ablauf der Aussetzung endet, zu entrichten. Eine Bedachtnahme auf die für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unbedingt notwendige oder angemessene Zeit kommt nach der dargestellten Rechtslage ebenso wenig in Betracht () wie die beantragte Festsetzung von Aussetzungszinsen für nur sechs Monate unter Hinweis auf § 284 BAO. Selbst wenn ein Beschwerdeverfahren unangemessen lange dauert, sieht das Gesetz die Vorschreibung von Aussetzungszinsen für die gesamte Dauer des Beschwerdeverfahrens vor ().
Der Aussetzungsantrag vom bewirkte die Hemmung von Einbringungsmaßnahmen durch die belangte Behörde. Aussetzungszinsen stellen ein Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub dar, der vom Bf. jederzeit hätte beendet werden können.
Der Bf. ist Akademiker, steuerlich vertreten und auf seinem Abgabenkonto wurden bereits für die Aussetzung der Einkommensteuer und der Anspruchszinsen im Zeitraum zwischen der Einbringung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid am und der Beschwerdevorentscheidung vom Aussetzungszinsen in der Höhe von 5.601,72 € und 503,97 € festgesetzt. Dem Bf. war daher bekannt, dass im Fall der Aussetzung der Einhebung - für die er sich nach eigenen Angaben bewusst entschieden hat - Zinsen zu entrichten sind.
Soweit der Bf. mit einer zeitnahen Erledigung seines Vorlageantrages betreffend die Einkommensteuer 2010 (innerhalb von sechs Monaten) rechnete, ist darauf hinzuweisen, dass die Einbringung eines Fristsetzungsantrages gemäß § 38 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 291 Abs. 1 BAO an den Verwaltungsgerichtshof sechs Monate nach der Einbringung des Vorlageantrages durch den steuerlich vertretenen Bf. jederzeit möglich gewesen wäre. Welche Hindernisse der Einbringung eines Fristsetzungsantrages entgegen standen, wird nicht näher ausgeführt.
Stellt der Bf. einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung von Aussetzungszinsen und wird darin gerügt, dass über die Beschwerde gegen die Abgabenbescheide nicht zeitgerecht entschieden wurde, und dass es nur dadurch zu der Höhe der Aussetzungszinsen gekommen ist, so ist aus § 291 BAO, nach dessen Abs. 1 das Verwaltungsgericht verpflichtet ist, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, für den Bf. selbst dann nichts zu gewinnen, wenn die ungewöhnlich lange Dauer des Beschwerdeverfahrens - ungeachtet der Kompliziertheit des Sachverhaltes und des Umfanges der erforderlichen Ermittlungen - auch auf ein schuldhaftes Verhalten des Bundesfinanzgerichtes zurückzuführen sein sollte.
Gemäß § 212a Abs. 9 BAO sind nämlich Aussetzungszinsen für die Dauer des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes, der zufolge § 212a Abs. 5 BAO mit dem Ablauf der Aussetzung (oder ihrem Widerruf) endet, zu entrichten. Die für die Zulässigkeit eines Fristsetzungsantrages erforderliche Frist gemäß § 38 VwGG ist daher, wie bereits ausgeführt, für das Ausmaß der zu entrichtenden Aussetzungszinsen nicht maßgebend. Auch eine Bedachtnahme auf die für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unbedingt notwendige oder angemessene Zeit kommt nicht in Betracht (vgl. ; ).
Da die Festsetzung von Aussetzungszinsen nicht im Ermessen der Abgabenbehörde steht (Arg. § 212a Abs. 9 BAO: "Für Abgabenschulden sind … Aussetzungszinsen … zu entrichten"), erfolgte die Abweisung des Antrages, die Aussetzungszinsen auf einen Betrag von 2.955,12 € herabzusetzen, durch das Finanzamt zu Recht.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge der Festsetzung von Aussetzungszinsen im Fall einer antragsgemäß gewährten Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO ergibt sich aus der eindeutigen Gesetzeslage. Zur Festsetzung von Aussetzungszinsen selbst im Fall (über-)langer Verfahrensdauer liegt die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH vor. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung wurden nicht aufgeworfen, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100831.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at