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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2022, RV/5100554/2021

Halbsatzbegünstigung der Betriebsaufgabe nur bei längerfristiger Einstellung der Erwerbstätigkeit

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0058. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Prof. Dr. Josef Schlager Wirtschaftstreuhand GmbH, Freistädter Straße 307, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz (nunmehr Finanzamtes Österreich ) vom betreffend Einkommensteuer 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid vom bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde die Einkommensteuer entsprechend der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Infolge einer Betriebsaufgabe (einheitlicher Betrieb des Ziviltechnikers und Sachverständigen) wurden Einkünfte in Höhe von 66.187,08 € mit dem Hälftesteuersatz der Besteuerung unterzogen.

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde eine Berichtigung gemäß § 293b BAO zu Bescheid vom durchgeführt.
Bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit wurde nunmehr ein Freibetrag von 7.300,00 € in Abzug gebracht - der Hälftesteuersatz wurde nicht berücksichtigt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde einen Bescheid gemäß § 293b BAO insoweit berichtigen könne, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhen würde. Die Tätigkeit sei per aufgegeben und der Hälftesteuersatz geltend gemacht worden, obwohl ab weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgegangen worden sei und relevante Aktiveinkünfte erzielt worden seien. Die Begünstigung würde demnach nicht zum Tragen kommen.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom eingereicht.
Es wird beantragt, den § 37 Abs. 5 EStG Halbsatz entsprechend dem Erstbescheid zu belassen, wobei sich der Bescheid aufgrund des beschriebenen Sachverhaltes ändere (s. Beilage). Sollte der beantragte Halbsatz nicht gewährt werden, werde wie im Folgebescheid um Berücksichtigung des Freibetrages gebeten.

Aus den dieser Beschwerde angeschlossenen Beilagen würde sich ergeben, dass die Sachverständigenbefugnis sowie die Befugnis als Ziviltechniker mit niedergelegt worden seien. Daraus sei ersichtlich, dass die Tätigkeit aufgegeben worden sei. Es seien nach dem Einnahmen aus zwei Gutachten in Höhe von 2.283,33 € vereinnahmt worden, denen Ausgaben in Höhe von 728,32 € gegenüberstehen würden, und daher ein Gewinn von 1.555,01 € in der Erklärung E1a-PDF-2015 ausgewiesen sei. Die Leistung über 2.283,33 € sei grundsätzlich vor dem erbracht worden, wobei jedoch die Rechnung erst nach Rechtskraft des Gerichtsbescheides ergangen sei. Tatsächlich seien diese Umsätze durch den Übergang von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zur Bilanzierung im Zuge der Betriebsaufgabe in der Aufgabebilanz zu berücksichtigen gewesen. Die bereits vorgelegte Berechnung sei daher gem. § 37 Abs. 5 Z 3 EStG in die Gewinnermittlung aus dem Übergang nunmehr eingebaut worden. Es sei darauf hinzuweisen, dass eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach einem Jahr nicht vorgesehen gewesen und auch nicht erfolgt sei. Für den Beschwerdeführer sei es jedoch aufgrund der Bürgerpflicht, dem Gericht zur Verfügung stehen zu müssen, wenn nicht Befangenheitsgründe vorliegen, eine Verpflichtung gewesen, vom Gericht Aufträge nach einem Jahr zu übernehmen, die auch erklärt seien. Zur Bestimmung des § 37 Abs. 5 Z 3 EStG würde Doralt bereits 2005 ausführen: "Am Rande vermerkt: Was der Gesetzgeber sich dabei gedacht hat, wenn er einerseits eine Umsatzgrenze von 22.000 € und andererseits eine Einkunftsgrenze von 730 € festsetzt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. An welche Tätigkeit hat er dabei gedacht? Ursprünglich dachte man, es sei ein Druckfehler. Auch das zeigt: Das Arbeitsverbot, die Verdienstgrenze sind nicht durchdacht" (Doralt, RdW 2005, S 646f; s. dazu auch Renner, Betriebsaufgabe und -Übertragung eines Freiberuflers, SWK 2018, S 1511).

Hier würde der Gesetzgeber (Parlament) längst reagieren müssen. Es werde auf die Diskussion verwiesen, die Innenminister Kickl ausgelöst hätte.

Beilage:
Übergangsgewinn: 39.781,15 €
Aufgabegewinn: 31.860,94 €

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde der Bericht über die Außenprüfung wiedergegeben (lt. Rückschein erfolgte die Zustellung am ).
Der Beschwerdeführer hätte im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2015 folgende Einnahmen erklärt:
Betriebsaufgabe mit der Branchenkennzahl 71.1 (Architektur- und Ingenieurbüros)
Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit der Branchenkennzahl 74.9 (sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten)

Nach Wiedergabe der bisherigen Bescheide und der Beschwerde, wurde angemerkt, dass der Beschwerdeführer erstmals am vom Gericht kontaktiert worden sei. Der Unternehmer hätte es It. seinen Angaben als seine Bürgerpflicht angesehen, weiterhin dem Gericht zur Verfügung zu stehen, weshalb Ende des Jahres 2015 seine Tätigkeit als Sachverständiger wiederaufgenommen worden sei. Erste betriebliche Handlungen seien Ende des Jahres 2015 getätigt worden (z. B. Studium von Gerichtsakten). Lt. vorliegendem Aktenvermerk sei am der Akt GZ 4509/15 zum Aktenstudium übermittelt worden; die Honorarnote sei im August 2016 (AR 2016/701) erstellt worden.

Das Prozedere einer Bestellung als Sachverständiger würde bei Gericht wie folgt ablaufen: Üblicherweise würde vom Richter eine telefonische Anfrage erfolgen. Wenn keine Ablehnungsgründe vorliegen und der Sachverständige einverstanden sei, werde der Gerichtsakt mit der Bestellungsurkunde geschickt. Eine gerichtliche Bestellung könne nach Auskunft vom Beschwerdeführer - außer bei Vorliegen von Befangenheit oder wenn es zeitlich nicht möglich sei - nicht abgelehnt werden (in diesem Zusammenhang verweise der Steuerberater auf § 353 ZPO bzw. auf ein Erkenntnis des OLG Wien vom ; Sach 1995/3, 44 in dem angeführt werde, dass ein Oberarzt einer Krankenanstalt verpflichtet sei, einem gerichtlichen Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens Folge zu leisten, auch wenn er nicht in einer Sachverständigenliste eingetragen sei).

Für die Ausübung der Sachverständigentätigkeit würden keine speziellen Arbeitsmittel (wie z. B. Software) gebraucht. Ein altes Messgerät sei noch vorhanden, teilweise würden Arbeiten von der Kanzlei des Sohnes durchgeführt und weiterverrechnet (z. B. ER v. über div. Vermessungsdienstleistungen in Höhe von 5.470,80 € inkl. 20% USt). Aus den vorliegenden Gerichtsprotokollen sei ersichtlich, dass die Bestellungen ab März 2016 erfolgt seien, laut Fahrtenbuch seien bereits ab Jänner 2016 betriebliche Fahrten durchgeführt worden. Erste Handlungen zur Wiederaufnahme der Sachverständigentätigkeit seien Ende des Jahres 2015 erfolgt. Der Umsatz aus dieser Sachverständigentätigkeit hätte im Jahr 2016 rd. 19.600,00 € betragen, der Gewinn 10.591,31 €.

Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH unter den Begriff der Erwerbstätigkeit alle Tätigkeiten fallen würden, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen. Mangels gesetzlicher Verankerung von Fristen für begünstigungsschädliche Aufnahmen von Erwerbstätigkeiten würde das BFG alle Erwerbstätigkeiten, die über die normierten Grenzen des § 37 Abs. 5 Z 3 zweiter Satz EStG hinausgehen, sowohl im Jahr der Aufgabe, als auch im Folgejahr als begünstigungsschädlich einstufen ().

Der Beschwerdeführer hätte 2015 zwar seinen Betrieb als Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen und die Sachverständigentätigkeit mit tatsächlich aufgegeben. Laut Auskunft des Beschwerdeführers hätte auch die Absicht bestanden, den Betrieb nicht mehr wiederaufzunehmen und fortan nur mehr Pensionseinkünfte zu beziehen.

Die Tätigkeit als Sachverständiger sei jedoch mit Ende des Jahres 2015 wiederaufgenommen worden. Der Unternehmer hätte allerdings betont, dass die Wiederaufnahme der Sachverständigentätigkeit nie beabsichtigt gewesen sei, es aber seine Staatsbürgerpflicht sei, die Bestellungen anzunehmen. Dieser Grund alleine würde jedoch nicht für die Zuerkennung des Hälftesteuersatzes reichen. Der Abgabepflichtige hätte sich freiwillig wieder zur Aufnahme der Sachverständigentätigkeit gegenüber den Gerichten Ende des Jahres 2015 entschlossen und hätte daraus Einkünfte im Jahr 2016 von über EUR 730,00 erzielt. Eine gesetzliche Verpflichtung, auch nach Pensionierung (und nach Löschung aus der Sachverständigenliste) den Gerichten zur Verfügung zu stehen, würde es It. Ansicht des Finanzamtes nicht geben. Der Sachverständige, der pensioniert sei und nicht mehr in der Liste der Sachverständigen aufscheine, könne nicht vom Gericht zur Wiederaufnahme seiner Tätigkeit gezwungen werden. Wenn aber die Tätigkeit freiwillig wiederaufgenommen werde und daraus relevante Einkünfte erzielt würden (über EUR 730,00 im Aufgabejahr und Folgejahr), so würde der Häftesteuersatz nicht zustehen (vgl. Rz 7322 ESt-RL). Die Voraussetzung für den Hälftesteuersatz sei nämlich, dass alle Tätigkeiten, die als Erwerbstätigkeit anzusehen seien, tatsächlich eingestellt würden. Darunter würden alle entgeltlichen Tätigkeiten fallen, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen. Der Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 5 Z 3 EStG würde daher nicht zustehen.

Der Freibetrag in Höhe von 7.300,00 € werde berücksichtigt.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).

"Es wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.
Zusätzlich wird folgendes vorgebracht:
Die Auftragserteilung zu den Einnahmen 2015 in Höhe von 2.283,33 € erfolgte schon im Jahr 2014 (s. Finanzamt-Vorhaltsbeantwortung vom ). Zu den Einkünften und Umsätzen ab 01/2016 darf darauf hingewiesen werden, dass die Bestellungen jeweils vor dem erfolgten; die Gebührenbestimmungen erfolgten aber erst nach dem . Wenn man vom Gericht als Sachverständiger bestellt wird, bekommt man zuerst den Akt übermittelt, um eine etwaige Befangenheit als Gutachter überprüfen zu können. Ebenso muss man die festgelegten Gebühren überprüfen und mit dem Gericht abstimmen (eventuell Gebührenwarnung). Erst dann kann die Sachverständigentätigkeit aufgenommen werden. Somit wurde die Jahresfrist nach Beendigung bezüglich der Aufnahme einer aktiven Tätigkeit eingehalten. Dass unser Mandant mit der Beendigung im Jahr 2015 eigentlich seine Tätigkeiten einstellen wollte, ergibt sich auch aus seiner Austragung aus der Liste der Sachverständigen mit . Nachdem unser Mandant - wie in der Beschwerde vom ausgeführt- ein ausgewiesener Sachverständiger ist und das Gericht ihn trotz seiner Austragung aus der Liste der gerichtlichen Sachverständigen bestellt hat, hat unser Mandant aus seiner Staatsbürgerpflicht heraus die Bestellung nach den oben erwähnten Befangenheitsprüfungen angenommen. Wir dürfen hier auch auf das Schreiben des Bezirksgerichtes
A vom hinweisen, welches dem Finanzamt direkt vom Gericht zugestellt wurde. Zur Jahresfrist, die aus der Verwaltungspraxis bei Aufnahme einer aktiven Tätigkeit als schädlich betrachtet wird, darf noch auf die kritische Würdigung von Kanduth-Kristen, § 37 Rz. 35 Jakom EStG12, hingewiesen werden. Gesetzlich ist eine derartige Frist nicht verankert und somit wäre aus unserer Sicht auch bei einer Unterschreitung dieser Jahresfrist die Aufnahme der Tätigkeit als Sachverständiger für das Gericht nicht schädlich, da diese Tätigkeit bei der Betriebsaufgabe von unserem Mandanten nicht geplant war und er die Aufträge aus seiner Staatsbürgerpflicht zur Unterstützung eines reibungslosen Ablaufes von Gerichtsverfahren angenommen hat.

Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber mit dem 3. COVID-19-Gesetz (BGBl I 2020/23) auf den Ärztemangel dahingehend reagiert, dass mit § 124b Z 351 EStG für Ärzte, die nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben und ihre Erwerbstätigkeit eingestellt haben, die Möglichkeit geschaffen wurde, trotzdem wieder als Arzt erneut tätig zu werden, ohne hierdurch in eine schädliche Erwerbstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 5 Z 3 EStG zu kommen. Unser Mandant wurde vom Gericht gebeten, trotz Austragung aus der Sachverständigentätigkeit als Sachverständiger Gutachten zu übernehmen, um die gerichtlichen Verfahren nicht hinauszuzögern. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Sachverständiger war nicht geplant und wurde nur in Hinblick auf die Staatsbürgerpflicht wiederaufgenommen. Nachdem im § 37 Abs. 5 Z 3 EStG keine zeitliche Frist normiert ist, stellt die ungeplante Wideraufnahme der gerichtlichen Sachverständigentätigkeit keine schädliche Erwerbstätigkeit dar."

< Schreiben BG A vom :
"Herr Beschwerdeführer hat die Austragung aus der Liste der Sachverständigen mit entsprechend an die Präsidentin des Landesgerichtes W kommuniziert. Auf Grund der hervorragenden Kenntnisse und seiner ausgezeichneten Vorbereitung für Gutachten und Gutachtenserörterungen und nachdem der Beschwerdeführer über die notwendige Expertise für Fragestellungen des Gerichts verfügt und es an Sachverständigen mit entsprechender Erfahrung mangelt, sodass es ansonsten zu Verzögerungen der Verfahren hätte kommen können, wurde der Beschwerdeführer seither trotzdem als Sachverständiger bestellt."

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach umfassender Darstellung der Sach- und Rechtslage wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da der Beschwerdeführer binnen weniger Monate seine Tätigkeit wiederaufgenommen hätte.

Mit Beschluss vom wurden dem Beschwerdeführer seitens des nunmehr zuständigen Richters folgende Anmerkungen und Fragen zu gegenständiger Beschwerde übermittelt:
"1.) Wenn in der Beschwerdeschrift vom angeführt wird, dass die Umsatz- bzw. Einkunftsgrenze nicht nachvollziehbar sei (730,00 €), so ist hierzu anzumerken, dass es sich hierbei um eine gesetzliche Bestimmung handelt, an welche auch das Gericht gebunden ist. Warum diese Grenzen in ihrem Fall nicht zu beachten wäre, kann ich nicht nachvollziehen.

2.) Wenn sie im Vorlageantrag vom anführen, dass es im Zuge der Corona-Pandemie besondere Regeln gegeben hat bzw. gibt, so ist hierzu zu bemerken, dass es eben eine derartige gesetzliche Regelung im Jahr 2015 NICHT gegeben hat. Richtig ist, dass in § 37 Abs. 5 Z 3 keine zeitliche Frist normiert ist. Es gibt hierzu allerdings bereits zahlreiche Judikate hierzu. Ich verweise hier beispielsweise auf das BFG Erkenntnis vom , RV/5100098/2019 welches auch vom VwGH bestätigt wurde (, mwN). "… aktive Erwerbstätigkeit tatsächlich eingestellt hat …… dass diese auf eine gewisse (längerfristige) Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus ausgerichtet ist …"
Über das Veranlagungsjahr hinaus ausgerichtet, würde ich so interpretieren, dass hier jedenfalls ein Zeitraum von einem Jahr umfasst ist. Falls beispielsweise eine Betriebsaufgabe im Jänner eines Jahres vorgenommen werden würde, so würde dies jedenfalls ein Jahr bedeuten (über das Veranlagungsjahr hinaus).

3.) Gegenständlich geht es also meines Erachtens darum festzustellen, ob sie tatsächlich in einem Zeitraum von ungefähr einem Jahr ab Einstellung der gewerblichen Tätigkeit () noch aktive Erwerbseinkünfte über der oben genannten Grenze erhalten haben.

4.) Aus den vom Finanzamt übermittelten Akten sind betreffend aktive Tätigkeiten NACH dem folgende Daten ersichtlich:
< GZ 4509/15: Aktenübersendung durch das Gericht erst im . Lt. Vermerk haben sie diesen Akt am auch erhalten. Das heißt, dass diese Leistung auch erst nach dem erbracht worden sein kann.
< GZ 4397/2012: Verhandlung am mit gesonderter Entlohnung (833,33 € netto) (Leistung also nach dem )
< AR 2015/1102 vom : am 29.7. und am sind noch Unterlagen an Fam.
B geliefert worden (Leistung also nach dem )
< GZ 4511/16: Bestellung als SV am
< GZ 4512/16: Bestellung als SV am
< GZ 1410/16: Bestellung als SV am
< GZ 4516/16: Bestellung als SV am
< GZ 4517/16: Bestellung als SV am
< GZ 4515/16: Bestellung als SV am

< GZ 4511/16: In der AR 2017/501 vom wurde unstrittig als Leistungszeitraum April bis Oktober 2016 angemerkt.

< Kostennote vom (Beilage 1): Ersuche um klare nachprüfbare Darstellung, wann die hier aufgelisteten Leistungen tatsächlich erbracht wurden.

< Kostennote vom (Beilage 2): Ersuche um klare nachprüfbare Darstellung, wann die hier aufgelisteten Leistungen tatsächlich erbracht wurden.

Richtig ist ihre Darstellung, dass nicht der Zahlungsfluss, sondern der tatsächliche Leistungszeitraum maßgeblich ist. Ich ersuche also zu oben angeführten Sachverhalten umfassende und nachprüfbare/überprüfbare Unterlagen zu übermitteln, welche darlegen, dass die Leistungen entgegen den Darstellungen in diesen Unterlagen nicht in zeitlicher Nähe zur Betriebsaufgabe () durchgeführt wurden.

a) Bericht zur Rechnung zu GZ 439/12 vom (Beilage 3)
Verhandlung am (Leistung also nach dem ).
Ersuche um Darstellung, warum diese Leistung nicht dem Zeitraum nach zuzurechnen wäre.

b) Leistungserlöse 2015 (siehe Beilage 4 - ab 7/2015):
Ich ersuche um Vorlage entsprechender Unterlagen (Inhalt, tatsächlicher Leistungszeitraum) zu den markierten (gelb) Geschäftsfällen.

c) Leistungserlöse 2016 (Beilage 5):
Ersuche um Vorlage entsprechender Unterlagen zu den gebuchten Geschäftsfällen - auch zu jenen, bei welchen sie angegeben haben, dass diese Leistungen vor 7/2015 getätigt wurden. Anhand der vorliegenden Unterlagen kann ich diese Darstellung nicht überprüfen.

d) Honorarnote (Beilage 6):
Ersuche um nachprüfbare Unterlagen, welche Tätigkeiten wann vorgenommen wurden.

e) PKW - Kosten 2015 (Konto 6111 ab ) Beilage 7):
Diese Kosten wurden zwar per storniert. Warum wurden aber diese Kosten ursprünglich noch als Betriebsaufwand gebucht, wenn die Betriebsaufgabe bereits am gewesen ist?

f) Fahrtenbuch 2016:
Auch hier sind noch zahlreiche Fahrten angeführt (Jänner 165km; Februar 232km; …). Ersuche um umfassende Darstellung der Zwecke dieser Fahrten.

g) Fragen zu den Protokollen Bezirksgerichte lt. Beilagen (Beilage 8):
Hier wurden sie als Sachverständiger bestellt. Wann haben sie diese Arbeiten tatsächlich durchgeführt? Lassen sich hier Verbindungen zum Fahrtenbuch herstellen (z. B. Rs
C-D E; lt. Fahrtenbuch am Fahrt nach E)?
Ich ersuche auch hierzu um Vorlage aussagekräftiger und nachprüfbarer Unterlagen.

Abschließende Bemerkung:
Mir ist bewusst, dass ich hier umfangreiche Recherchen zu weit zurückliegenden Zeiträumen anfordere. Meines Erachtens ist dies aber notwendig, um eine klare Aussage machen zu können, wann tatsächlich Leistungen erbracht wurden. Sollten sie zu dem Ergebnis kommen, dass im Zeitraum zwischen 7/2015 und ca. 6/2016 tatsächlich Leistungen erbracht und abgerechnet wurden, welche oben genannte Grenze (730,00 €) überschritten haben und sie lediglich beim VwGH die Rechtsfrage des begünstigten Steuersatzes überprüft haben wollen, so würden sich die geforderten Unterlagen erübrigen, da dann nur die Rechtsfrage zu klären wäre, ob bei Erzielen von Umsätzen innerhalb einer gewissen Zeitspanne und bei gerichtlicher Bestellung zu einem Sachverständigen die genannte Begünstigung möglich ist oder nicht. Der Sachverhalt muss aber vorher geklärt sein.
Ich ersuche um Rückmeldung innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens.

Lt. vorliegendem Rückschein wurde dieses Schreiben am tatsächlich zugestellt und in Empfang genommen.

Mit Eingabe vom wurde folgende Stellungnahme hierzu übermittelt:

Ad 1)
Mit dem Hinweis auf die Umsatz- und Einkunftsgrenze des § 37 Abs. 5 Z 3 EStG soll dargelegt werden, dass die gesetzliche Bestimmung nicht durchdacht scheint, ebenso im Hinblick auf die Einstellung der Erwerbstätigkeit.

Ad 2)
Der Hinweis auf die Corona-Pandemie wurde aufgenommen, um darzulegen, dass sich der Gesetzgeber im Zuge der Pandemie bewusst war, dass zur Abwicklung der Pandemie ein zusätzlicher Bedarf an Ärzten notwendig war und diese u.
a. auch aus der Pension zurückgeholt werden mussten. UE hätte es im Sinne der Rechtsprechung des VwGH dieser gesetzlichen Bestimmung nicht bedurft, da die Wiederaufnahme sicherlich nicht geplant war und die Einstellung über eine gewisse Dauer keine zeitliche Komponente - auch nicht im Gesetz geregelt - enthält. Der Gesetzgeber hat uE die Regelung im Zuge der Corona-Pandemie geschaffen, um Unsicherheiten und zukünftige Gerichtsverfahren zu verhindern.

Wenn das Erkenntnis des , dass
- die Einstellung auf eine gewisse (längerfristige) Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus gerichtet und
- eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nicht bereits von vornherein geplant ist, auf unseren Mandanten umgelegt wird, dann wäre uE durch die Veräußerung des Vermessungsingenieursbüros und damit verbunden mit der Zurücklegung der Ziviltechnikerbefugnis sowie der Austragung aus der Liste der Sachverständigen mit der Wille zur Einstellung der Erwerbstätigkeit entsprechend dargelegt. Eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit war zum Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit somit nicht geplant.

Die spätere ungeplante Wiederaufnahme der Tätigkeit als gerichtlicher Sachverständiger erfolgte aufgrund der Kontaktierung der Richter zwecks Erstellung von Gutachten für gerichtliche Verfahren. Wir dürfen hierzu auf das Schreiben von Richter Dr. V hinweisen, der in seinem Schreiben vom darauf hinweist, dass die Bestellung trotz Austragung aus der Sachverständigenliste erfolgt ist, um Verzögerungen bei gerichtlichen Verfahren zu vermeiden. Unser Mandant sah sich damals auch als Sachverständiger mit der ausgewiesenen Expertise für die gerichtlichen Fragestellungen entsprechend aus seiner Bürgerpflicht heraus verpflichtet, der Bitte der Gerichte nachzukommen. Für solche Einzelfälle wird der Gesetzgeber sicherlich keine Sonderregelung wie im Zuge der Corona-Pandemie beschließen, daher ist die zeitliche Komponente zwischen Einstellung der Tätigkeit und Wiederaufnahme der Tätigkeit besonders zu betrachten.

Die Einstellung der Tätigkeit über eine gewisse Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus, ist hinsichtlich dieser Dauer uE im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Hierzu darf auf die Ausführungen in der Literatur u.a. im Jakom (Kanduth-Krister/Laudacher/Lenneis/Marschner/ Peyerl 14. Auflage 2021, S. 1875): "Die Aufnahme einer aktiven Tätigkeit nach erfolgter erstmaliger Einstellung der Erwerbstätigkeit ist nach der Verwaltungspraxis nicht schädl, wenn sie mehr als ein Jahr nach Betriebsveräut|erung/-aufgabe erfolgt und kein innerer Zusammenhang zw der Einstellung und der (Wieder)Aufnahme der Tätigkeit besteht (s ecolex 00, 240; EStR 7322; Quantschnigg/Bruckner ÖStZ 97, 158). Gesetzl ist eine derartige Frist allerdings nicht verankert (abl daher auch Renner taxlex 20, 76), mit Blick auf den nicht bindenden Charakter von RL-Aussagen (s ) uWn die im Sinne der Rechtssicherheit wünschenswert."hingewiesen werden. Eine gesetzliche Regelung wäre sicherlich wünschenswert, aber nachdem diese nicht vorliegt und der VwGH uWn die "gewisse (langerfristige) Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus" nicht zeitlich mit einem Jahr normiert hat und somit uE im begründetet Einzelfall auch unter einem Jahr liegen kann, wäre in diesem Fall bei unserem Mandanten die gesetzliche Bestimmung des § 37 Ab. 5 Z 3 EStG und der Judikatur erfüllt und es liegt keine schädliche Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit vor.

Ad. 3)
Wir dürfen auf unsere Ausführungen in Pkt. 2) verweisen, dass uE der Zeitraum ab der Einstellung der Erwerbstätigkeit bis zur ungeplanten Wiederaufnahme nicht unbedingt ein Jahr betragen muss.

Ad 4)
Wir dürfen auf die Vorhaltsbeantwortung vom hinweisen, in der die Erläuterungen unseres Mandanten hinsichtlich der Leistungserlöse und deren Beauftragung entsprechend dargelegt wurden. Wie im Vorlageantrag ausgeführt, bekommt der Sachverständige vom Gericht den Akt übermittelt und muss eine etwaige Befangenheit prüfen, dann erfolgt die Abstimmung der Gebühr (eventuell Gebührenwarnung) mit dem Gericht und erst dann wird uE die Sachverständigentätigkeit aufgenommen. Ab dann beginnt der Sachverständige mit seinen Tätigkeiten zur Gutachtenserstellung, die in verrechenbaren Leistungen münden.

Zu klären ist uE die Rechtsfrage, wie die zeitliche Frist zwischen Einstellung der Erwerbstätigkeit und ungeplanter Wiederaufnahme einer Tätigkeit im Einzelfall bei Bestellung durch Gerichte zu sehen ist und ob der Schwerpunkt bei der Beurteilung nicht auf die nicht geplante Wiederaufnahme gerichtet werden sollte. Unstrittig ist uE, dass eine Wiederaufnahme der gerichtlichen Sachverständigentätigkeit nach zwölf Monaten zu keiner Versagung der begünstigten Bestimmung des § 37 EStG geführt hätte. Im § 37 Abs. 5 iVm. Abs. 1 EStG wird für die außerordentlichen Einkünfte (Veräußerungs- und Übergangsgewinne) auch nicht auf das Veranlagungsjahr abgestellt, daher stellt sich uE auch die Frage, ob die Einstellung der Erwerbstätigkeit mit der Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG, die bei unserem Mandanten durch die Zurücklegung der Ziviltechnikerbefugnis und die Austragung aus der Sachverständigenliste jedenfalls - auch nach außen hin - auf Dauer ausgerichtet war, durch eine gerichtliche Bestellung als Sachverständiger auch im Veranlagungsjahr nach der Veräußerung des Betriebes verhindert wäre.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat jahrzehntelang einen einheitlichen Betrieb des Ziviltechnikers und Sachverständigen geführt. Mit hat er die Sachverständigenbefugnis niedergelegt und den Betrieb (Ziviltechniker und Sachverständiger) aufgegeben.
Mit Bescheid vom LG W vom wurde erklärt, dass die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger erlischt.

Ebenso wurde mit Bescheid vom festgestellt, dass die dem Beschwerdeführer verliehene Befugnis eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen mit Wirksamkeit vom erloschen ist.

Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bereits älter als 60 Jahre (geb. 1974).

Per wurde ein Übergangs- sowie Aufgabegewinn ermittelt.
Sowohl die Betriebsaufgaben als auch die Berechnung des Übergangs- und Aufgabegewinnes sind unstrittig.

Strittig ist, ob für den Übergangs- sowie Aufgabegewinn der Hälftesteuersatz iSd § 37 anzuwenden ist oder nicht.

Nach Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit hat der Beschwerdeführer bereits beginnend im Jahr 2015 wieder Sachverständigentätigkeiten für verschiedene Gerichte ausgeübt. Obwohl er bereits mit Datum aus der Liste der Sachverständigen entfernt wurde, wurde er trotzdem noch von einzelnen Richtern für Sachverständigentätigkeiten herangezogen.
In seiner Steuererklärung hat er für den Zeitraum 1.7. bis noch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erklärt (1.555,01 €).

Der Beschwerdeführer hat jedenfalls bereits ab Jänner 2016 wieder betrieblich bedingte Fahrten unternommen (siehe Fahrtenbuch).

Richtig ist der Einwand des Beschwerdeführers, dass nach Beendigung seiner unternehmerischen Tätigkeit und Einstellung seines Betriebes () noch Abrechnungen für Arbeiten VOR diesem Zeitpunkt erfolgt sind.
Es ist aber auch klar erkennbar, dass bereits innerhalb kurzer Zeit NACH diesem Zeitpunkt tatsächlich wieder Sachverständigentätigkeiten entgeltlich durchgeführt wurden. Diese sind jedenfalls auch den vorliegenden Konten (Leistungserlöse) ersichtlich.

Beweiswürdigung

Gegenständlicher Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus der vorliegenden Steuererklärung für 2015 aber auch aus den vorliegenden Beschlüssen verschiedener Gerichte und diverser Honorarnoten:

< Honorarnote an Raiba F vom :
- Einladung und Abhaltung einer Grenzverhandlung am
- Grenzwiederherstellungen
SUMME 1.740,00 € (bez. )

< Protokoll BG A (C gegen D)
Zum vermessungstechnischen Sachverständigen wird Beschwerdeführer bestellt.

< Protokoll BG A (G gegen H)
Zum vermessungstechnischen Sachverständigen wird Beschwerdeführer bestellt.

< Protokoll BG A (I gegen J)
Zum vermessungstechnischen Sachverständigen wird Beschwerdeführer bestellt.

< Protokoll BG A
Zum Zivilgeometer für Vermessungswesen wird Beschwerdeführer bestellt.

< Protokoll BG A (K gegen M)
Zum Zivilgeometer wird Beschwerdeführer bestellt.

< Protokoll BG T (L gegen N)
Die Parteien haben keinen Einwand gegen die Person des Sachverständigen Beschwerdeführer

< Protokoll BG A (O gegen P)
Zum ziviltechnischen Sachverständigen wird Beschwerdeführer bestellt.

< Kostennote an BG T vom (Rechtssache Q - S)
Summe 1.400,00 €

< Kostennote an BG A vom (Rechtssache C - D)
Summe 4.500,00 €

Allein aus der Kostennote vom Mai 2016 ist jedenfalls darauf zu schließen, dass die Leistung VOR diesem Zeitpunkt erbracht worden ist. Eine diesbezügliche Leistung VOR dem konnte diesbezüglich ebenfalls nicht in Erfahrung gebracht werden.

Bei einer Bestellung zum Sachverständigen vor Gericht fragt der Richter vorerst telefonisch an, ob allenfalls Ablehnungsgründe vorliegen. In weiterer Folge werden die Gerichtsakten mit der Bestellungsurkunde geschickt.
Diese Vorgangsweise hat der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag vom so dargestellt.
Es besteht also jedenfalls ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der Bestellung zum Sachverständigen und dem tatsächlichen Tätigwerden (beispielsweise in Form des Aktenstudiums).

Diesbezüglich wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom dargestellt, dass der Beschwerdeführer bereits am vom Gericht wieder kontaktiert worden ist. Er hat also bereits Ende des Jahres 2015 seine Tätigkeit als Sachverständiger wiederaufgenommen.

Aus dem vorliegenden Fahrtenbuch ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls ab Jänner 2016 wieder beruflich bedingte Fahrten unternommen hat:
< Jänner 2016: 165 km
< Februar 2016: 232 km
< März 2016: 230 km
< ….

Weiters sind dem vorliegenden Fahrtenbuch Fahrtkosten beispielsweise von W nach U und retour zu entnehmen - Zusammenhang mit Kostennoten des BG T sind hier jedenfalls als möglich zu beurteilen.

Genauso verhält es sich mit den Fahrtkosten nach E (BG A).

Auch im Rahmen der Eingabe vom (Beantwortung des Beschlusses des Richters vom ) konnten diese Darstellungen nicht widerlegt werden. Dass also Leistungen unmittelbar NACH Zurücklegung der einzelnen Befugnisse (also nach dem und jedenfalls auch vor ) tatsächlich erbracht wurden, ist durch die vorliegenden Unterlagen hinreichend nachgewiesen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung sind diese Aufzeichnungen jedenfalls dahingehend zu interpretieren, dass der Beschwerdeführer jedenfalls bereits ab Jänner 2016 wieder beruflich tätig war.

Aus all diesen Beispielen und aktenkundigen Nachweisen ergibt sich für den erkennenden Richter im Rahmen der Beweiswürdigung das klare und unmissverständliche Bild, dass der Beschwerdeführer bereits unmittelbar nach dem wieder erwerbswirtschaftlich tätig gewesen ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei
1. Der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist
2. Der Aufgabe eines Betriebes (Teilbetriebes).

Gemäß Abs.4 leg.cit. ist der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von "7.300 Euro" und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteils am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von "7.300 Euro" übersteigt.

Nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

§ 37 Abs. 5 EStG in der für das Veranlagungsjahr 2016 geltenden Fassung lautet:
"Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000,00 € und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730,00 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind."

Strittig ist im Wesentlichen, ob die vom Beschwerdeführer im Jahr 2015 bzw. 2016 - also NACH Beendigung seiner betrieblichen Tätigkeit per - erzielten Einkünfte aus seiner Sachverständigentätigkeit für die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 2. Satz EStG schädlich sind oder nicht.

Während die Abgabenbehörde davon ausgeht, dass eine erneute Ausübung einer aktiven Erwerbstätigkeit innerhalb kurzer Zeit nach Einstellen einer betrieblichen Tätigkeit der Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung entgegensteht, vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, dass er keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
Gegen diese Ansicht sprechen oben genannten Abrechnungen gegenüber verschiedenen Gerichten, welche ihn als Sachverständigen beauftragt haben - NACH dem .
Der Beschwerdeführer ist weiterhin der Ansicht, dass
- auch eine Erwerbstätigkeit NACH Beendigung einer Tätigkeit sowie
- die Wiederaufnahme einer (anderen) Erwerbstätigkeit im Folgejahr nach Einstellung der gesamten (bisherigen) Erwerbstätigkeit im Vorjahr der Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung nicht entgegensteht.

Voraussetzung für die Altersbegünstigung nach § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 ist die kumulative Erfüllung der beiden Kriterien - Vollendung des 60.Lebensjahres und Einstellung der Erwerbstätigkeit. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Begünstigung und für das Kriterium der Vollendung des 60. Lebensjahres ist die Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG 2019, § 37, Tz. 33).
Im vorliegenden Fall führt der Beschwerdeführer an, dass er seine Erwerbstätigkeit im Jahr 2015 eingestellt hat und in diesem Jahr jedenfalls älter als 60 Jahre alt (geb. 1947) war

Einstellung der Erwerbstätigkeit bedingt die dauerhafte Aufgabe der gesamten Erwerbstätigkeit im Rahmen eines einheitlichen Vorgangs. Ein einheitlicher Vorgang wird angenommen, wenn die Einstellung der Erwerbstätigkeit innerhalb eines angemessenen Abwicklungszeitraumes erfolgt. Einstellen der Erwerbstätigkeit ist so zu verstehen, dass in der Folge keine Erwerbseinkünfte auslösende Tätigkeiten unterhalten werden. (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, aaO, § 37 Tz 33 und Tz 34).

Nach der Rechtsprechung des VwGH fallen unter den Begriff Erwerbstätigkeit alle Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen (vgl. ). Eine Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich bei den betrieblichen und nichtselbständigen Einkünften anzunehmen.

Eine Erwerbstätigkeit liegt nach dem Gesetzeswortlaut trotz "aktiver" Einkünfte aber nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000,00 € und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe 730,00 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Nach Ansicht des BFG ist es unstrittig, dass die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit nach dem (also 2015 und auch 2016 die im § 37 Abs. 5 Z 3 2. Satz EStG normierte Grenze von 730,00 € überstiegen haben.

Für das BFG steht sowohl der Gesetzeswortlaut als auch der Gesetzeszweck einer begünstigungsunschädlichen und somit zulässigen Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit entgegen. Nach Ansicht des BFG sollen nur echte bzw. unwiderrufliche "Beendigungsfälle" - im gegenständlichen Fall: die endgültige altersbedingte Einstellung der Erwerbstätigkeit - steuerlich begünstigt werden.

Ob die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit vom Beschwerdeführer tatsächlich nicht geplant gewesen ist (wie im Vorlageantrag dargestellt), ist nicht von Belang. Tatsache ist, dass er seine Tätigkeit sehr zeitnahe zur Beendigung wiederaufgenommen hat.

Aus der einheitlichen Judikaturlinie des UFS bzw. BFG geht ebenfalls hervor, dass die Einstellung der Erwerbstätigkeit eine dauerhafte Aufgabe der gesamten aktiven Erwerbstätigkeit bedingt (vgl. ; ).

Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit - wie im gegenständlichen Fall nur kurze Zeit nach Einstellung der bisherigen Tätigkeit - schließt für das BFG die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes für den Veräußerungsgewinn aus.

Die für das BFG nicht bindenden EStR 2000 sehen unter Rz 7322 eine begünstigungsunschädliche Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erst nach Ablauf eines Jahres nach Betriebsveräußerung vor. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn verweisen in ihrem Kommentar (EStG18 § 37, Tz 72) darauf, dass eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit eine "geraume Zeit nach der Aufgabe bzw. Veräußerung" zulässig sein soll, wobei als "geraume Zeit" ein Zeitraum von mehr als einem Jahr angenommen wird.

Somit zeigt sich, dass sowohl in der Verwaltungspraxis als auch in der Fachliteratur die Ansicht vertreten wird, dass eine Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Beendigung einer anderen Erwerbstätigkeit innerhalb einer kurzen Zeitspanne der Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG entgegensteht.

Im Folgenden noch Anmerkungen zur Eingabe der steuerlichen Vertretung vom :

Zu ad 1): Ob die gesetzliche Bestimmung des § 37 Abs. 5 Z 3 EStG durchdacht scheint oder nicht, kann gegenständliche Beurteilung nicht beeinflussen. Es ist diese Bestimmung jedenfalls zu beachten, ob sie durchdacht ist oder nicht, ist nicht von Belang.

Zu ad 2): Richtig ist, dass es besondere Regelungen in Bezug auf die Corona-Pandemie gegen hat und auch noch weiterhin gibt. Tatsache ist aber, dass es im Zeitpunkt (im Zeitraum) der streitgegenständlichen Sachverhalte keine derartigen Sonderregelungen gegeben hat. Dass mit den Sonderregelungen der Pandemiesituation auch zukünftige Gerichtsverfahren verhindert werden sollten, kann nicht erkannt werden. Diese Regelung wurde ausschließlich als Reaktion auf die Pandemiesituation geschaffen.
Die Pandemie hat eine Sondersituation in der medizinischen Versorgung geschaffen. Diese vom Beschwerdeführer genannte Bestellung auf Wunsch einzelner Richter kann wohl nicht mit der medizinischen Situation einer Pandemie verglichen werden. Auch wenn rasche gerichtliche Verfahren ein gerechtfertigtes Ziel sind, so stellen diese noch keinesfalls eine einer Pandemie vergleichbare Situation dar.

Richtig ist, dass die Einstellung der Tätigkeit allenfalls im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist. Allerdings ist der gegenständliche Sachverhalt derart klar, dass kein besonderer Einzelfall vorliegt. Die Dauer von ca. einem Jahr wurde bereits oben dargestellt. Ob jetzt die Wiederaufnahme geplant war oder nicht, ist hier nicht von Relevanz. Dies würde allenfalls zu beachten sein, wenn die Wiederaufnahme jenseits der Jahresgrenze getätigt worden wäre. Hier wäre allenfalls die Begünstigung auch zu versagen gewesen, wenn eine konkreter Plan vorgelegen wäre. Dieser Sachverhalt liegt aber gegenständlich nicht vor.

Zu ad 3): Wie bereits ausgeführt, ist die ungeplante Wiederaufnahme nicht von Relevanz. Tatsache ist, dass die Wiederaufnahme der Tätigkeit in enger zeitlicher Nähe zur (geplanten) Einstellung der Tätigkeit vorgenommen wurde.

Zu ad 4): Hierzu wird auf die Beispiele im Beschluss des Richters vom verwiesen. Hierin wurden klare Beispiele von Aufträgen und Rechnungen aufgelistet, welche auf die Tätigkeiten hinweisen.
Gegenständliche Eingabe vom hat diese Darstellungen nicht widerlegen können.

Zur Stellungnahme ist also abschließend nochmals darauf hinzuweisen, dass nicht die nicht geplante Wiederaufnahme (welche hier nicht in Abrede gestellt wird) von Relevanz ist, sondern der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt - nämlich die (Wieder)Aufnahme der Tätigkeit innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes zur (geplanten) Betriebsaufgabe.

Sowohl die Verwaltungspraxis als auch in der Fachliteratur vertreten die Ansicht, dass eine Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Beendigung einer anderen Erwerbstätigkeit innerhalb einer kurzen Zeitspanne der Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG entgegensteht.

Werden ab Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 60 Jahren aus einer Betriebsveräußerung (bzw. Betriebsaufgabe) Veräußerungsgewinne (sowie Übergangsgewinne) erzielt, unterstellt das Gesetz somit im Falle einer damit verbundenen Zurückziehung aus dem bisherigen Erwerbsleben typisierend eine zwangsweise Beendigung der betrieblichen Tätigkeit im Hinblick auf die zu erfolgende Neuordnung des Lebens des Veräußerers angesichts des Pensionsantritts (vgl. ).

Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 5 EStG 1988 ist somit, ob der Beschwerdeführer seine aktive Erwerbstätigkeit (oberhalb der zitierten Geringfügigkeitsgrenze) mit der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe auch tatsächlich eingestellt hat, wobei die Einstellung im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG 1988 jedenfalls verlangt, dass diese auf eine gewisse (längerfristige) Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus ausgerichtet ist (vgl. ).

Der Beschwerdeführer hat bereits im 4. Quartal des Jahres 2015 aber auch zu Beginn des Jahres 2016 neuerlich Sachverständigentätigkeiten durchgeführt und abgerechnet. Somit ist die von der genannten Rechtsprechung geforderte "gewisse (längerfristige) Dauer" keinesfalls erfüllt.

Auch nach dem Gesetzeszweck ist nur die endgültige altersbedingte Einstellung der Erwerbstätigkeit begünstigt.

Gegenständlich kann also im Zeitpunkt des Entstehens des hier strittigen Abgabenanspruchs von einer Einstellung der aktiven Erwerbstätigkeit im oben beschriebenen Sinn nicht ausgegangen werden.

Wie bereits im gem. § 293b BAO berichtigten Bescheid vom richtig dargestellt wurde, ist gegenständlich ein Freibetrag iHv 7.300 € zu berücksichtigen (§ 24 Abs. 4 EStG 1988).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und zweifelsfrei aus dem Gesetz. Eine differenzierte Rechtsprechung ist ebenfalls nicht zu erkennen. Diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100554.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at