Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2022, RV/7200087/2018

Zollschuldentstehung nach Art.202 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 dritter Anstrich ZK

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Roland Kier, Kärntner Ring 6 Tür Mezzanin, 1010 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Wien vom , Zl: ***1***, betreffend Festsetzung der Zollschuld gemäß Art.202 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 dritter Anstrich ZK und Festsetzung von Verzugszinsen gemäß Art.114 Abs.2 UZK zu Recht erkannt:

Dier Spruch des bekämpften Bescheides wird insoweit abgeändert, als dass anstatt der Verzugszinsen gemäß Art.114 Abs.2 UZK die Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG in gleicher Höhe festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Vorhalt gemäß´Art.22 Abs.6 ZK vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin,( Bf.), mit, dass Erhebungen des Zollamtes Wien, als Finanzstrafbehörde erster Instanz, ergeben hätten, dass sie im Zeitraum bis 2.600 Stück (=13 Stangen) Zigaretten der Marke Marlboro Gold und 200 Stück (=1 Stange) Zigaretten der Marke Marlboro als Hehlerin von B.T,(fortan B.T), vorschriftswidrig erworben habe, was eine Zollschuldvorschreibung in voraussichtlicher Höhe von € 604,28 (= € 110,48 an Zoll; € 132,68 an Einfuhrumsatzsteuer, € 361,12 an Tabaksteuer) nach sich ziehe. Zudem wären, gemäß Art.114 Abs.2 ZK, für den Zeitraum ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen zu berechnen.

Die, dieser Feststellung, zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisse würden sich auf eine, von der Staatsanwaltschaft Graz angeordnete Telefonüberwachung gegen Z.T, (fortan Z.T.), B. T. und andere stützen, die vom Zollamt Graz, als Finanzstrafbehörde erster Instanz, im Zeitraum bis durchgeführt worden sei, und auf die niederschriftliche Einvernahme der Bf. , das rechtskräftige Urteil des LG für Strafsachen Wien vom , Zahl: ***2***, betreffend Z. T. , B. T. und andere, sowie auf zahlreiche geständigen Einvernahmen anderer Zigarettenabnehmer von Z.T., B.T., und andere.

Die Bf. wurde aufgefordert, zu diesem Vorhalt eine Stellungnahme, innerhalb der Frist von dreißig Tagen, ab Zustellung dieses Schreibens, abzugeben.

Am langte beim Zollamt Wien ein, als Einspruch bezeichnetes, Schreiben der Bf, ein.

Bei der Hausdurchsuchung seien keine, von ihr verkauften oder geschmuggelten, Zigaretten gefunden worden; lediglich fünf Packungen Zigaretten zu ihren Eigengebrauch, die sie in Österreich gekauft habe. Es seien lediglich 5 Stangen Zigaretten gefunden worden, die aber nicht in den Beweisen aufgenommen worden seien. Sie ersuchte um Einsicht in, die im Vorhalt genannten, Beweismittel. Sie habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, und ersuche um Erlass der verhängten Strafe.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Bf. mit, dass ein Einspruch gegen den o.a. Vorhalt nicht zulässig sei. Bezüglich ihres Antrages auf Akteneinsicht werde Sie ersucht, sich mit dem, im o.a. Vorhalt mit Telefonnummer bezeichneten Sachbearbeiter in Verbindung zu setzten, und sie wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ihr rechtlicher Vertreter bereits Akteneinsicht genommen habe und sämtliche Protokolle, betreffend die Durchführung der Telefonüberwachung, sowie die Niederschrift über ihre Einvernahme als Beschuldigte erhalten habe.

Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf. die Zollschuld gemäß Art.202 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 dritter Anstrich ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG, idF bis , im Betrag von € 110.48 an Zoll, €132,68 an Einfuhrumsatzsteuer, € 361,12 an Tabaksteuer, sowie Verzugszinsen idHv € 33,92 fest.

Durchgeführte Ermittlungen des Zollamtes Wien, als Abgabenbehörde erster Instanz, hätten ergeben, dass die Bf. im Zeitraum März 2015 bis Juni 2015 2.600 Stück (= 13 Stangen) der Marke Marlboro Gold Original Long bzw. Beyond+ sowie 200 Stück Zigaretten (= 1 Stange ) der Marke Marlboro 10 mg bzw. Marlboro Blend 29 in der Europäischen Union von B. T. erworben habe, obwohl sie wusste , oder aufgrund der Aufmachung und des unverhältnismäßig geringen Kaufpreises dieser Waren hätte wissen müssen, dass diese Zigaretten zuvor im Schmuggelwege vorschriftswidrig in das Gebiet der Europäischen Union verbracht worden sind.

Die Bemessungsgrundlagen sowie die Berechnung der Eingangsabgaben seien aus dem beiliegenden Berechnungsblatt ersichtlich, wobei mangels Vorliegens von Rechnungspreisen die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 Bundesabgabenordnung iSd Art.31 ZK idF bis amtlich geschätzt worden seien.

Der Vorschreibung der Verzugszinsen legte die belangte Behörde die Bestimmung des Art. 214 Abs.1 ZK zu Grunde.

Dagegen erhob die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu unter Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Entscheidung nach Verfahrensergänzung, im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Das Zollamt habe mit der Begründung des bekämpften Bescheides gegen seine Verpflichtung verstoßen, in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie in ihrem Bescheid ausgegangen ist, und worauf sich die getroffenen Feststellungen im Einzelnen stützen ().

Mit dem bloßen Hinweis auf Verfahrensergebnisse werde dieser Verpflichtung nicht genüge getan.

Es sei aus der Begründung des bekämpften Bescheides nicht nachvollziehbar, wo die vorgeworfenen Tathandlungen stattgefunden haben, wie die Behörde auf die, ihr zur Last gelegten Zigarettenmenge gekommen ist, und wie sie die Berechnung vorgenommen hat.

Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Der, in der Begründung des bekämpften Bescheides aufgezeigte, Sachverhalt, stütze sich auf die vom bis zum durchgeführte Telefonüberwachung des Handys B. T. sowie auf amtliche, im bekämpften Bescheid aufgezeigten Ermittlungsergebnisse. Die würden ergeben, dass die Bf. die, im bekämpften Bescheid festgestellten, Mengen an Zigaretten bei B.T. bestellt und auch bekommen habe. Diese Umstände seien der Bf. bereits anlässlich ihrer Einvernahme als Beschuldigte am und im Zuge der beantragten und gewährten Akteneinsicht bekannt gegeben worden.

Außerdem stellte die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides fest, dass für Fälle, in denen eine Zollschuld nach Art.202 bis 203 ZK bis zum entstanden ist, statt Säumniszinsen nach Art.114 Abs.2 UZK eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs.1 ZollR-DG festzusetzen sei.

In der Folge stellte die Bf., durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht -unter Hinweis auf ihr Beschwerdevorbringen-einen Vorlageantrag gemäß § 264 Abs.1 BAO. Das Bundesfinanzgericht, (BFG), möge über ihre Beschwerde entscheiden.

Das BFG hat hierzu erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Artikel 202 ZK lautet:

"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder

b) wenn eine solche Ware, die sich in einer Freizone oder einem Freilager befindet, vorschriftswidrig in einen anderen Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft verbracht wird.

Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.

(3) Zollschuldner sind:

- die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat;

- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln;

- die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war."

Art.214 Abs.2 ZK lautet:

"Kann der Zeitpunkt, in dem die Zollschuld entsteht, nicht genau bestimmt werden, so ist für die Bestimmung der für die betreffende Ware geltenden Bemessungsgrundlage der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Zollbehörden feststellen, dass diese Ware sich in der Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen."

§ 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) lautet:

"Das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex), gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist."

§ 108 Abs. 1 ZollR-DG idF BGBl. I Nr. 180/2004 lautet:

"Entsteht außer den Fällen des Abs. 2 eine Zollschuld nach den Artikeln 202 bis 205 oder 210 oder 211 ZK oder ist eine Zollschuld gemäß Artikel 220 ZK nachzuerheben, dann ist eine Abgabenerhöhung zu entrichten, die dem Betrag entspricht, der für den Zeitraum zwischen dem Entstehen der Zollschuld und dem der buchmäßigen Erfassung, bei Nacherhebung gemäß Art. 220 ZK zwischen der Fälligkeit der ursprünglich buchmäßig erfassten Zollschuld und der buchmäßigen Erfassung der nachzuerhebenden Zollschuld, an Säumniszinsen angefallen wäre. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Zollbehörde selbst ein überwiegendes Verschulden an der Entstehung der Zollschuld oder an der Nacherhebung oder am entstandenen Nebenanspruch trifft. § 80 Abs. 1 ist sinngemäß anwendbar. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Verwaltungsabgaben nach § 105 bleibt unberührt."

§167 Bundesabgabenordnung, (BAO), lautet:

"(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."

Sachverhalt:

Nach Einsichtnahme in die Telefonüberwachungsprotokolle des Zollamtes Graz, Nr. 127 vom , Nr.285 vom , Nr.459 vom , Nr.680 vom , Nr.799 vom , Nr.911 vom 29.04,2015, Nr.1 vom , Nr.12 vom 30.05,2015, Nr.254 vom , Nr.351- Nr.353 vom , Nr.359 vom , Nr.614 vom , Nr.618-Nr. 631 vom , Nr.649 vom , Nr.675 vom . Nr. 949 vom , Nr.1092 vom , betreffend die Überwachung des Handys der B.T, in das o.a. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , sowie in die Niederschrift des Zollamtes Wien, als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Zahl: ***3***, über die Einvernahme der Bf., als Verdächtigte, wird im gegenständlichen Verfahren nachstehender Sachverhalt als erwiesen angesehen:

Die Bf. hat von B.T. in Wien, Zigaretten, die zuvor in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeschmuggelt worden waren, im Wissen um diesen Einfuhrschmuggel erworben; und zwar

am ; 2 Stangen der Marke Marlboro Gold Original Long bzw. Beyond (weiße Packung)

am : 5 Stangen der o.a. Marken

am 2 Stangen o.a. Marken

am : 4 Stangen der o.a. Marken., sowie

am : 1 Stange der Marke Marlboro 10 mg bzw .Marlboro Blend 29 (rote Packung)

Beweiswürdigung:

Nach den Einlassungen der Bf. im Beschwerdeverfahren ist es-aufgrund des Begründungsinhaltes des verfahrensgegenständlichen Bescheides- nicht als erwiesen anzusehen, dass sie den, vom Spruch des bekämpften Bescheides, umfassten, zollschuldrechtlichen Tatbestand verwirklicht hat.

Dazu war zu erwägen:

Wer vorschriftswidrig verbrachte Waren erwirbt oder in unmittelbaren oder mittelbaren Besitz nimmt, der ist beim Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen im Zeitpunkt des Erwerbs oder des Erhalts der Waren ebenfalls Zollschuldner.

Somit war im gegenständlichen Verfahren festzustellen, ob als erwiesen anzusehen ist, dass die Bf. einfuhrabgabenpflichtige Zigaretten, die vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, erworben oder in Besitz gehabt hat, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbes oder des Erhalts dieser Zigaretten-aufgrund der gegebenen Kaufumstände (vgl. FG Hbg.v IV 265/02) wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind. Sohin war zu überprüfen, ob die Bf. tatsächlich den Tatbestand des Art.202 Abs.1Buchst.a und Abs.3 dritter Anstrich ZK verwirklicht hat.

Aus den o.a. Telefonüberwachungsprotokollen gehen eindeutig Gespräche bzw. SMS-Nachrichten zwischen B.T und der Bf. hervor, in denen die Bf. ausnahmslos erfragt, ob B.T. "Boro" "weissen Kaffee" " roten, weichen Kaffe" oder "weissen Wein "hat. Wenn B.T diese Fragen bejaht geht es darum wie viele davon B.T. für die Bf. bereitstellt kann und wann die Bf. zu B.T kommt, um diese Waren abzuholen.

So fragt die Bf. B.T. am , ob sie zu Hause ist, weil sie verbeikommen möchte um "zwei weisse Boro" abzuholen, was B.T. bejaht.

Am ersucht die Bf. B.T., ihr fünf von den "Weissen" zurückzulegen, und sagt am , um 13:06: 37 h ihr Kommen in fünf Minuten zu; womit B.T. einverstanden ist.

Am informiert B.T. die Bf, dass sie zwei "weisse Kaffee" habe und fragt die B.T., ob sie jetzt kommen werde, um sie abzuholen, was die Bf. zusagt.

Am vereinbaren die beiden, dass die Bf. bei B.T. für einen "roten weichen Kaffee "vorbeikommt, nachdem die Bf. davor angefragt hatte, ob "weicher roter Kaffee" bei B.T. zu haben sei.

in mehreren Telefongesprächen vom vereinbaren die Gesprächspartnerinnen, dass B.T für die Bf. "vier weisse" Kaffee in der "***4***" bereithält und dass es am besten sein werde, wenn Bf. am nächsten Tag bei B.T. vorbeischaut. Am nächsten Tag () vereinbaren sie, dass die Bf. nach 17:00 bei B.T. sein werde.

B.T. ist mit dem o.a.-mittlerweile rechtskräftigen Urteil des LG für Strafsachen Wien-u.a. für schuldig befunden worden, als Mitglied einer Bande, im Zeitraum August 2012 bis November 2015 6.029,200 Stück Zigaretten diverser Sorten bosnischer und serbischer Herkunft, hinsichtlich welcher teilweise durch ***5***, teilweise durch nicht näher bekannte Mittäter zuvor ein Schmuggel (§ 35 FinStrG), durch Z. T., ***6***, ***7*** und ***8*** eine Abgabenhehlerei (§ 37 FinStG) und durch alle angeführten Personen eine Abgabenhinterziehung aufgrund einer nicht angemeldeten Einfuhr von im Inland nicht versteuerten Zigaretten zu gewerblichen Zwecken (§ 33 Abs.1 FinStrG) begangen wurde, in Wien in Empfang genommen und bis zum Weiterverkauf bzw. Eigenkonsum gelagert zu haben. Laut diesem Urteil wohnte B.T.im Tatbegehungszeitraum in ***9*** Wien, ***10***

Vor diesem Hintergrund aus, ist nicht davon auszugehen, dass B.T. in Wien zu den, in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung angeführten, Zeiträumen, zollredliche, ordnungsgemäß verzollte und versteuerte Waren (z.B. besonders gerösteten Kaffee) an die Bf. zu einem Freundschaftspreis weiterverkaufte oder gar unentgeltlich an die Bf. weitergegeben hatte.

Es liegt auf der Hand, dass es B.T., als Mitglied einer Bande, darum gegangen ist, durch den Verkauf von unverzollten und unversteuerten Zigaretten serbischer und bosnischer Herkunft-weit unter den dafür üblichen Handelspreis-sich und den anderen Bandenmitgliedern ein laufendes Einkommen zu verschaffen. Dass in den o.a abgehörten Gesprächen nie konkreter Kaufpreis genannt worden ist, vermag daran nichts zu ändern.

Die Bf. hat gleich wie B.T. bei den vorstehend dargestellten, Telefongesprächen für die, verhandelten Zigaretten Decknamen wie "Boro","weissen Kaffee", "roten, weichen Kaffee" oder "weissen Wein" verwendet. Diese Vorgangsweise zeigt, dass sich die Bf. aufgrund der gegebenen Umstände (die Zigaretten sind von einer Privatperson zu einem deutlich niederen als den üblichen Einzelhandelspreis Preis verhandelt worden) -im Klaren darüber gewesen ist, Schmuggelzigaretten-sohin vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte, und daher unverzollte und unversteuerte Zigaretten- zu kaufen. So kaufte sie von B.T.13 Stangen Zigaretten der Marke Marlboro, die in einer überwiegend weißen Packung im Handel erhältlich sind (Marlboro Gold Original Gold Long bzw. Beyond) ; daher die verwendeten Decknamen:"weisser Kafee, weisser Wein"; und 1 Stange Zigaretten der Marke Marlboro, die in einer überwiegend roten Schachtel im Handel erhältlich sind,(Marlboro 10 mg bzw. Marlboro Blend 29); daher der verwendete Deckname "weicher, roter Kaffee". Die Verwendung der Decknamen war als (untauglicher) Versuch anzusehen, im Falle einer behördlichen Entdeckung (straf)rechtliche Folgen hintanzuhalten.

Aufgrund der aufgezeigten Beweismittel sieht das BFG-in Anwendung des im Abgabenverfahren anzuwendenden Grundsatzes der freien Beweiswürdigung, wonach es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die eine überragende Wahrscheinlichkeit an sich hat und alle anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ( z.B. ; ,2011/16/0011: ,2009/17/0132) -es als erwiesen an, dass die Bf. im Zeitraum Ende März 2015 bis einschließlich Juni 2015 insgesamt 13 Stangen (= 2.6000 Stück) Zigaretten der Marke Marlboro Gold Original Long bzw.Beyond sowie 1 Stange (= 200 Stück) Zigaretten der Marke Marlboro 10 mg bzw. Marlboro Blend von B.T in Wien, zu einem niederen, als den handelsüblichen Preis angekauft hat, obwohl sie wusste, dass diese Zigaretten in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeschmuggelt sohin vorschriftswidrig verbracht worden sind. Somit hat sie den, ihr im bekämpften Bescheid vorgeworfenen, zollschuldrechtlichen Tatbestand verwirklicht.

Die Berechnung der, auf diesen Zigaretten lastenden Abgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer, Tabaksteuer) sowie des Nebenanspruches war den Berechnungsblättern zu entnehmen, die, dem, in Streit gezogenen, verfahrensgegenständlichen, dem rechtlichen Vertreter der Bf. ordnungsgemäß zugestellten, Abgabenbescheid beigeschlossen sind, und einen Bestandteil dieses Bescheides bilden.

Da -wie in solchen Fällen üblich-kein Rechnungspreis (Zollwert) vorhanden war, war dieser nach Maßgabe des Art. 31 iVm § 184 BAO auf Grundlagen von in der europäischen Gemeinschaft verfügbaren Daten (bei der belangten Behörde aufliegenden Preislisten) zu ermitteln. Dazu ist festzustellen, dass jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist. (, , Ro 2014/13/0022)) Wer zur Schätzung Anlass gibt, und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die, mit jeder Schätzung verbundene, Ungewissheit hinnehmen. (z.B. bis 0122).

Daraus, dass die Bf, anlässlich ihrer Einvernahme als Verdächtigte, vor dem Zollamt Wien, als Finanzstrafbehörde erster Instanz, jede Frage, die ihr, im Hinblick auf eine allfällige Verwirklichung des zollschuldrechtlichen Tatbestandes nach Art.202 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 ZK, gestellt worden ist (z.B. Frage nach dem Kaufpreis der verfahrensgegenständlichen Zigaretten), mit "Dazu mache ich keine Angaben" beantwortet hat, vermochte sie nichts für sich zu gewinnen.

Die Bf. legte dem Gericht keine Beweismittel-auf der Ebene der vorstehend angeführten- vor, welche die Annahme der Verwirklichung des genannten zollschuldrechtlichen Tatbestandes in Zweifel ziehen könnten.

Zur spruchgemäßen Abänderung von Verzugszinsen (nach Art. 114 Abs.2 UZK) auf Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG ist festzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt mit Erkenntnis , fest:

"Die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015 erfolgte Novellierung u.a. des § 108 ZollR-DG zielt auf die Anpassung der Rechtslage an den am in Kraft getretenen Zollkodex der Union - UZK ab; dass zwischen der Aufhebung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG und dem In-Kraft-Treten des UZK, namentlich seines Art. 114 Abs. 2, eine Legisvakanz für Abgabenerhöhungen beabsichtigt war, ist nicht ersichtlich. Im Hinblick darauf ist die Übergangsbestimmung des § 120 Abs. 1v ZollR-DG in der Fassung des AbgÄG 2015 dahingehend auszulegen, dass die Aufhebung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG mit nur für jene Sachverhalte gelten soll, die ab diesem Zeitpunkt verwirklicht würden, jedoch § 108 Abs. 1 ZollR-DG für vor dem verwirklichte Sachverhalte seine Maßgeblichkeit behalten soll; mit diesem Ergebnis wird die Annahme eines unter dem Blickwinkel der Abgabenerhöhung sanktionslosen Zeitraumes bis zur vollen Wirksamkeit der entsprechenden Bestimmung des Art. 114 Abs. 2 UZK vermieden"

Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese höchstgerichtlichen Feststellungen folgendes:

Da die genauen Zeitpunkte der vorschriftswidrigen Verbringungen, iSd Art.202 Abs.2 ZK, nicht feststellbar waren, wurden, iSd Art 214 Abs.2 ZK, als Zeitpunkte der Zollschuldentstehung die Tage, an denen die Ankäufe der Schmuggelzigaretten erfolgten (, , der , der und der ) zu Recht herangezogen. Da diese Zeitpunkte alle vor dem liegen, waren keine Verzugszinsen, sondern eine Abgabenerhöhung nach § 108Abs.1 ZollR-DG in gleicher Höhe vorzuschreiben; wobei die Säumniszeiträume gemäß § 80 Abs.2 ZollR-DG, jeweils die Zeit vom 15. eines Monats bis inclusive den 14.Tag des Folgemonats zu veranschlagen waren. (Siehe Berechnungsblatt)

Aus den aufgezeigten Gründen erfolgte die Erlassung des bekämpften Abgabenbescheides zu Recht und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 114 Abs. 2 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 202 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7200087.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at