Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2022, RV/5100302/2021

Behindertengerechter Badezimmerumbau als außergewöhnliche Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom und betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 bis 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden, zu entnehmen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2014außergewöhnliche Belastungen aus dem Titel der Behinderung seiner Tochter ***NameKind***, geb. 2001, darunter unter anderem Kosten für den behindertengerechten Umbau des Badezimmers und WC's.
Diese beantragten Kosten beliefen sich auf folgende Höhe (Beträge in €):


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2012
2013
2014
Beantragte Kosten aus Behinderung/ ***NameKind*** insgesamt
13.624,16
14.036,08
7.056,15
Davon Umbau/Badezimmer
7.547,26
8.628,05
1.638,76

2. Über Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom brachte der Bf am Aufstellungen und Belege über die zusätzlichen Kosten für seine Tochter bei.

3.a. Mit weiterem Ergänzungsersuchen vom teilte das Finanzamt dem Bf mit, dass aus den vorgelegten Rechnungen nicht hervorgehe, dass diese Aufwendungen ausschließlich für den behindertengerechten Umbau eines Bades und WC's vorgenommen worden seien. Aufgrund der verlegten m2 und der Dauer (2 Jahre) des Projekts könne nicht darauf geschlossen werden. Es werde um Vorlage einer erneuten Aufstellung über Aufwendungen, welche ausschließlich aufgrund der Behinderung der Tochter getätigt worden seien, ersucht. Weiters seien Fotos vor und nach dem Umbau vorzulegen.
3.b. Mit Antwortschreiben vom legte der Bf eine Aufstellung der jährlichen Umbaukosten für ein behindertengerechtes Bad und WC vor. Weiters führte er Folgendes aus:
Zur Anmerkung "geht nicht hervor, dass diese Aufwendungen ausschließlich für den behindertengerechten Umbau eines Bades…":Zeitgleich seien auch zwei Rohbauzimmer am anderen Ende des Hauses in Kinderzimmer ausgebaut worden. Durch das Entkernen von Bad und WC seien auch andere Bereiche geschädigt worden und hätten ausgetauscht oder instandgesetzt werden müssen. Es sei jede Rechnung geteilt bzw. zugeordnet worden. Belege ohne Bezug zum Bad seien nicht dabei. Bei der Aufstellung 2012 sei ein Fehler passiert, dort reduziere sich der Gesamtbetrag um 350 €.
Zur Anmerkung "Aufgrund der verlegten m2":Diese könne nicht nachvollzogen werden; es werde um konkrete Angabe der Rechnung und Position gebeten (manche Baustoffe würden versetzt zwei Schichten übereinander verlegt werden/Verschnitt).
Zur Anmerkung "und der Dauer (2 Jahre) des Projektes":Es sei richtig, dass es bis zur endgültigen Fertigstellung (Türen) 2 Jahre gedauert habe. Bei genauerer Betrachtung sei aber alles nach einem Jahr nutzbar gewesen. Es sei diese Zeit unangenehm gewesen, aber es sei nur nach verfügbarem Budget gebaut worden - ohne Bankkredit oder Zuschüsse.
Zur Anmerkung "weiters sind Fotos, die vor und nach dem Umbau getätigt wurden, vorzulegen":Fotos vor dem Umbau gebe es keine. Es sei ein Bad, wie es eben in den 90er-Jahren üblich gewesen sei, gewesen, in Blauweiß, noch sehr schön, ohne Macken, aber leider immer weniger geeignet, je älter ***NameKind*** geworden sei. Fotos nach dem Umbau lägen bei.
Das WC sei wesentlich kleiner (in Durchmesser und Länge) als der Standard und viel niedriger montiert als vorher, der Kleinwüchsigkeit von
***NameKind*** angepasst.

Beigelegt waren Aufstellungen über die einzelnen in den Jahren 2012 bis 2014 aus dem Titel der Behinderung der Tochter konkret geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen.

4. Im Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurden an nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen insgesamt -8.673,31 € anerkannt. Darin enthalten waren Kosten aus dem behindertengerechten Umbau von Bad und WC iHv 4.077,11 € (anstatt, wie beantragt, 7.191,26 € = abzüglich 350,00).
In der Begründung wurde neben Ausführungen zu Korrekturen bei den im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht strittigen Aufwendungen wie Fahrtkosten, Pflegebedarf etc. zum behindertengerechten Bad- und WC-Umbau angemerkt, dass nur der behindertengerechte Mehraufwand berücksichtigt hätte werden können. Standardmäßige Ausführungen seien von den Anschaffungskosten in Abzug zu bringen. Laut vorgelegten Belegen und Fotos sei nur ein behindertengerechter Mehraufwand bei der Badewanne zu erkennen. Es könnten daher die Kosten der Badewanne (abzüglich einer Standardbadewanne) und die dazugehörigen anteiligen Fliesen- und Einbauarbeiten berücksichtigt werden. Die übrigen Sanierungsaufwendungen seien unter Aufwendungen für Wohnraumschaffung und-sanierung berücksichtigt worden.
Tatsächlich wurden im Einkommensteuerbescheid anstatt der beantragten Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung iHv 3.636,46 € solche iHv 7.106,61 € (Differenz = 3.470,15 €) berücksichtigt.

5. In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom ersuchte der Bf um betragsmäßige Aufgliederung der Korrekturen und nahm zu den "Umbaukosten für behindertengerechte sanitäre Anlagen/Bad", wie folgt, Stellung:
Die durch den Umbau geschaffenen sanitären Anlagen würden nur einen eingeschränkten Verkehrswert aufweisen, zumal im Falle einer späteren Veräußerung der Wohnung/Hauses mit keiner angemessenen Abgeltung der Umbaukosten zu rechnen sei. Es seien daher die Umbaukosten in vollem Umfang als "Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach Verordnung über außergewöhnliche Belastungen" zu berücksichtigen.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde abgewiesen. In der zugehörigen Bescheidbegründung wurde zunächst darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten analog zur Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom berücksichtigt worden seien, und die entsprechenden Daten angeführt, sodass in Summe Fahrtkosten für 8.922 km berücksichtigt worden seien. Weiters wurden die berücksichtigten Apothekenrechnungen dargelegt und auf die übrigen beantragten Aufwendungen eingegangen (Windeln, Ausgaben für Nahrung).
Bei den Badsanierungskosten sei als außergewöhnliche Belastung nur der anteilige Wert für die behindertengerechte Badewanne berücksichtigt worden. Dieser setze sich, wie folgt, zusammen:Rechnung ***U1*** Bad v. € 4.100,00 abzüglich Kosten für normale Badewanne geschätzt € 1.000,00 (Mehraufwand iHv € 3.100,00 sei nur steuerlich absetzbar), die Rechnung der Fa. ***U2*** v. iHv € 927,11 und Fa. ***U3***, Rechnung v. Bauschutt anteilig € 50,00. Bei den übrigen Ausgaben handle es sich um eine Badsanierung, welche unter den Sonderausgaben berücksichtigt worden sei. Als außergewöhnliche Belastung könnten nur Aufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung berücksichtigt werden. Die übrigen Ausgaben beträfen keine außergewöhnlichen Sanitär- und Einrichtungsgegenstände, daher könnten diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

7. In seinem Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2012 an das Bundesfinanzgericht vom wendete der Bf Folgendes ein:
Die Kosten für den Umbau des Bades/Sanitäre Anlagen (SA) zu einem behindertengerechten Bad seien nur zum Teil mit 4.077,11 € berücksichtigt worden.
Der Umbau zum behindertengerechten Bad/SA sei ausschließlich aufgrund der Behinderung der Tochter erfolgt. Bad und sanitäre Anlagen seien auf keinen Fall sanierungsbedürftig gewesen!
Um die behindertengerechte Badewanne unterzubringen, habe sie an anderer Stelle eingebaut werden müssen, was zur Folge gehabt habe, dass alles versetzt, angepasst und neu gemacht habe werden müssen. Dadurch sei es notwendig geworden, auch andere Bereiche wie zB den Flur aufzubrechen, um zB Strom, Wasser, Kanal ordnungsgemäß anschließen zu können. Leider würden bei Umbauarbeiten auch immer andere angrenzende Bereiche wie Böden/Türen/Einbauten durch Materialtransport, Stemmarbeiten und dgl. beschädigt bzw. in Mitleidenschaft gezogen. Daher habe man sich entschlossen, diese angrenzenden, beschädigten Bereiche zu sanieren. Die dafür entstandenen Kosten seien nicht in die Umbaukosten Bad/SA aufgenommen worden. Da die meisten Materialien und Arbeitsleistungen bei den Rechnungen für beide Gewerke (Bad/SA - Instandsetzung angrenzender Bereiche) verwendet worden seien, seien die Rechnungen nach Zuordnung der einzelnen Rechnungspositionen prozentuell aufgeteilt worden.
Es seien daher die Kosten für den Umbau des Bades/SA in vollem Umfang als "nachgewiesene Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach Verordnung über außergewöhnliche Belastungen" zu berücksichtigen, da im Falle einer späteren Veräußerung des Objektes kein Käufer bereit wäre, einen angemessenen Preis für ein Bad mit geflickten, unterschiedlichen Fliesen (Fliesen nur im Bereich der Badewanne wie im Bescheid begründet) bzw. ebenso bei beschädigten angrenzenden Bereichen zu bezahlen. Im Gegenteil, es würde sogar eine Preisminderung darstellen. Außerdem stelle es für einen Durchschnittsbürger keinen Mehrwert dar, da das vorhandene Bad keinesfalls sanierungsbedürftig gewesen sei. Ebenfalls wertmindernd wäre es gewesen, die in Mitleidenschaft gezogenen angrenzenden Bereiche nur notdürftig instand zu setzen, was aber nicht relevant sei, da die angefallenen Kosten als Sonderausgaben beantragt und auch berücksichtigt worden seien.
Weiters werde auf den vorangegangenen Schriftverkehr und die Beschwerdeausführungen verwiesen.

8. Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurden an nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen insgesamt 5.392,95 € anerkannt. Darin enthalten waren Kosten aus dem behindertengerechten Umbau von Bad und WC iHv 1.022,63 € (anstatt, wie beantragt, 8.628,05 €).
Die Begründung war gleichlautend wie jene für 2012.
Anstatt der beantragten Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung iHv 9.673,22 € wurden solche iHv 13.865,58 € (Differenz = 4.192,36 €) berücksichtigt.

9. Auch in der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom ersuchte der Bf um betragsmäßige Aufgliederung der Korrekturen. Zu den "Umbaukosten für behindertengerechte sanitäre Anlagen/Bad" nahm er wie bereits in seiner Beschwerde betreffend 2012 Stellung.

10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde abgewiesen. In der zugehörigen Bescheidbegründung wurde zunächst darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten analog zur BFG-Beschwerdeentscheidung vom berücksichtigt worden seien, und die entsprechenden Daten angeführt.Bei den Badsanierungskosten sei als außergewöhnliche Belastung nur der anteilige Wert für die behindertengerechte Badewanne berücksichtigt worden. Dieser setze sich, wie folgt, zusammen:20% von der Rechnung der ***U4*** v. , die Lagerhausrechnung v. iHv 17,53 € und die Rechnung der Fa. ***U2*** v. iHv 480,05 €.
Bei den übrigen Ausgaben handle es sich um eine Badsanierung, welche unter den Sonderausgaben berücksichtigt worden sei. Als außergewöhnliche Belastung könnten nur Aufwendungen berücksichtigt werden, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung stünden. Bei den übrigen Ausgaben handle es sich um keine außergewöhnlichen Sanitär- und Einrichtungsgegenstände, daher könnten diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

11. In seinem Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2013 an das Bundesfinanzgericht vom wendete der Bf Folgendes ein:
Die Kosten für den Umbau des Bades/SA zu einem behindertengerechten Bad seien nur zum Teil mit 1.022,62 € berücksichtigt worden.
Die folgende Begründung war ident mit jener laut Vorlageantrag betreffend 2012. Ergänzt wurde, dass zudem keine Fliesenlegerverlegungsarbeiten der Fa. **U5*** berücksichtigt worden seien, obwohl in der Bescheidbegründung die "dazugehörigen anteiligen Fliesenarbeiten" erwähnt seien.

12. Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurden an nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen insgesamt 3.963,58 € anerkannt. Darin enthalten waren Kosten aus dem behindertengerechten Umbau von Bad und WC iHv 0,00 € (anstatt, wie beantragt, 1.638,76 €).
Eine diesbezügliche Begründung fand sich im Bescheid nicht. Anstatt der beantragten Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung iHv 3.090,12 € wurden solche iHv 4.728,88 € (Differenz = 1.638,76 €) berücksichtigt.

13. Auch in der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom ersuchte der Bf um betragsmäßige Aufgliederung der Korrekturen und Begründung. Zu den "Umbaukosten für behindertengerechte sanitäre Anlagen/Bad" nahm er wie bereits in seinen Beschwerden betreffend 2012 und 2013 Stellung.

14. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde abgewiesen. In der Begründung wurde zunächst darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten analog zur BFG- Beschwerdeentscheidung vom berücksichtigt worden seien, und die entsprechenden Daten angeführt. Für das Kalenderjahr 2014 hätten keine behinderungsbedingten Aufwendungen bei der Badezimmersanierung erkannt und somit keine außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden können. Die als Sanierungskosten anzuerkennenden Aufwendungen würden unter den Sonderausgaben unter Wohnrauschaffung bzw. -sanierung berücksichtigt.

15. In seinem Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2014 an das Bundesfinanzgericht vom wendete der Bf Folgendes ein:
Die Kosten für den Umbau des Bades/Sanitäre Anlagen (SA) zu einem behindertengerechten Bad seien nicht berücksichtigt worden.
Der Umbau zum behindertengerechten Bad/SA sei aufgrund der Behinderung der Tochter erfolgt. Das Bad/SA/Türen seien auf keinen Fall sanierungsbedürftig gewesen!
Nachdem die vorhandenen Türen im Bad/SA zu schmal gewesen seien, seien die Türöffnungen größtmöglich verbreitert und neue Türen mit maximaler Breite für einen barrierefreien Zugang eingebaut worden.Diese Kosten für den Umbau des Bades/SA seien daher in vollem Umfang zu berücksichtigen. Außerdem stelle es für einen Durchschnittsbürger keinen Mehrwert dar, da das vorhandene Bad/SA/Türen keinesfalls sanierungsbedürftig gewesen sei. Weiters werde auf den vorangegangenen Schriftverkehr und die Beschwerde verwiesen.

16. Mit Vorlagebericht vom wurden die gegenständlichen Beschwerden vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf Abweisung zur Entscheidung vorgelegt.
Der Bf habe die Kosten für den behindertengerechten Umbau des Badezimmers für seine Tochter ***NameKind***, geb. 2001, als außergewöhnliche Belastung beantragt. Für ***NameKind*** werde seit Geburt erhöhte Familienbeihilfe und Pflegegeld bezogen.
Es werde die Abweisung der Beschwerde beantragt, da bei einem behindertengerechten Bad- und WC-Umbau nur der behindertengerechte Mehraufwand berücksichtigt werden könne. Standardmäßige Ausführungen (wie zB der Einbau einer normalen Badewanne mit Dusche) seien von den Anschaffungskosten in Abzug gebracht worden. Laut vorgelegten Belegen sei nur ein behindertengerechter Mehraufwand bei der Badewanne zu erkennen. Dazugehörige anteilige Fliesen- und Einbauarbeiten seien berücksichtigt worden. Die übrigen Sanierungsaufwendungen würden unter Aufwendungen für Wohnraumschaffung anerkannt.

17. Anlässlich eines Telefonates vom der zuständigen Richterin des Bundesfinanzgerichtes mit dem Bf wurde diesem die Abhaltung eines Erörterungstermines zwecks Erörterung der Sach- und Rechtslage vorgeschlagen. Der Bf ersuchte, aus Zeitgründen von einem solchen abzusehen. Es wurde um schriftliche bzw. telefonische Klärung gebeten.

18. Mit Schreiben vom wurde dem Bf vom Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die Entscheidungspraxis von Unabhängigem Finanzsenat und Bundesfinanzgericht (siehe zB ) mitgeteilt, dass im Zusammenhang mit der Beurteilung, inwieweit bei einem behindertengerechten Badumbau außergewöhnliche Belastungen vorlägen, zu prüfen sei, ob verlorener Aufwand (= Wert des Altzustandes, der aufgrund der Adaptierung zerstört werden müsse) vorläge, wie hoch die Mehrkosten der Sonderausstattung infolge der Behinderung gegenüber der Standardausstattung seien (= Differenzbetrag der Einrichtung) und wie hoch die Mehrkosten der Adaptierung seien (= besondere Kosten, die aufgrund der behindertengerechten Ausstattung angefallen seien).
Es wurde daher um Beantwortung von Fragen ersucht, die vom Bf mit Schreiben vom folgendermaßen beantwortet wurden:
1) Zur Frage nach dem konkreten Errichtungszeitpunkt des alten Badezimmers und allfälligen noch vorhandenen Nachweisen über Zeitpunkt und Kosten:
Das Badezimmer/WC sei 1999 fertiggestellt worden (Badewanne, Fliesen, Mörtel etc.). Es sei für damals ein schönes Bad/WC mit üblicher Ausstattung gewesen. Die meisten Rechnungen aus dieser Zeit seien nicht mehr vorhanden, eine vorgefundene Fliesenrechnung sei aber eindeutig zuzuordnen. Möglichweise sei seine vorherige Zeitangabe "Neunzigerjahre" falsch gewesen. Eine Rechnung vom über den Ankauf der Fliesen war beigelegt.
2) Zur Frage nach der Art der Behinderung der Tochter:
Die Tochter leide an einem EEC-Syndrom in der ausgeprägtesten Form. Lippen-Kiefer Gaumenspalte, Spalthände und -füße, Gehirnbalkenamnäsie (daher auch geistig behindert), inkontinent, hörbehindert, Kleinwuchs, Fehlstellungen an der ganzen Knochenstruktur … all das in der ausgeprägtesten Form.
Infolge ihrer Behinderung (auch Gehbehinderung) sei sie nicht in der Lage, die Körperpflege selbständig durchzuführen, sie müsse gewaschen, gebadet und geduscht werden. Wegen fortschreitendem Alter und Gewicht sei der Einbau einer behindertengerechten Badewanne mit Einstiegstür notwendig gewesen, die auch groß genug gewesen sei, um sie beim Duschen zu unterstützen. Der Austausch der Türen auf die maximale Breite sei erfolgt, um den Zugang mit diversen Gehhilfen und Begleitung zu ermöglichen. Seit 2017 sei die Tochter nur mehr mit dem Rollstuhl mobil.
3) Zum Ersuchen um Bekanntgabe der Aufwendungen, die generell durch die Erneuerung von Bad und WC angefallen waren, und jenen, die allein durch die Notwendigkeit von Einbau und Versetzung der Badewanne, Einbau eines speziellen WC's und die Verbreiterung der Türen bedingt waren:
Alle Aufwendungen seien zwangsläufig wegen des Einbaus der behindertengerechten Badewanne bzw. der sanitären Anlagen notwendig geworden. Die Versetzung der Badewanne habe eine Kettenreaktion ausgelöst, Wasserleitungen, Kanalrohre, Stromleitungen, Heizung etc. hätten anders verlegt werden müssen. Der Spülkasten im WC habe herausgestemmt und ein neuer tiefer gesetzt, die Türrahmen herausgerissen und andere eingesetzt werden müssen. Dabei sei alles zerstört worden. Eine Aufteilung sei nicht möglich. Es wäre nicht möglich gewesen, bei Weglassen eines Gewerkes diesen Einbau durchzuführen und dabei den selben Standard bezüglich Aussehen und Nutzen im Vergleich zu vorher herzustellen.
4) Zur Frage nach der Breite der alten Türen und zur Erneuerung der Türstöcke:
Die alten Türen seien 58-60 cm breit gewesen. Die Bauarbeiten seien in Eigenleistung durchgeführt worden. Es seien nur die benötigten Baumaterialien (Überlager, Mörtel, Verbrauchsmaterialien …) geltend gemacht worden. Natürlich seien auch die Türstöcke erneuert worden. Zusätzlich hätte auch die Überlager ausgetauscht/verlängert werden müssen. In der Rechnung werde der Türstock als "Stockfutter samt Falz und Zierverkleidung" bezeichnet.
5) Zur Frage nach der Notwendigkeit des Einbaus einer Fußbodenheizung im Zusammenhang mit dem Einbau der behindertengerechten Badewanne:
Wegen des erhöhten Wärmebedürfnisses seiner Tochter infolge geringer Bewegung sei eine Fußbodenheizung mit Rohrschlangen, auch in den Wänden, eingebaut worden. Der E-Strich habe wegen Versetzung der Wanne komplett erneuert werden müssen.
Wegen des erhöhten Platzbedarfes der behindertengerechten Badewanne sei kein Platz mehr für einen groß genug dimensionierten Heizkörper gewesen. Um zumindest die gleiche Ausstattung wie beim alten Bad unterzubringen (Handtuchradiator), sei auf Anraten des Installateurs eine Fußbodenheizung mit zusätzlicher Wandverlegung eingebaut worden.
6) Zu den Fragen nach dem Grund der Anschaffung neuer Einrichtungsgegenstände, Beleuchtungen und Heizkörper, dem Wert der alten und dem Vorteil der neuen Gegenstände sowie nach der Notwendigkeit der Anschaffung neuer Gegenstände wegen der Behinderung der Tochter:
a. Durch die Maße der behindertengerechten Badewanne habe dies an anderer Stelle als bisher eingebaut werden müssen. Das Bad habe daher zwangsläufig neu gestaltet werden müssen. Alles habe auf einen anderen Platz müssen; Anschlüsse, Leitungen und Abflüsse seien neu verlegt worden. Bestehende Möbel, Waschbecken etc. hätten nicht mehr verwendet werden können.
b. Bad und WC seien voll nutzungsfähig gewesen. Ohne Notwendigkeit eines behindertengerechten Bades und WC's wäre nicht umgebaut worden. Die vorherigen Anlagen hätten denselben Nutzungswert wie jetzt gehabt. Es sei von keiner Vermögensumschichtung auszugehen.
c. Die Tochter müsse nicht mehr über den Badewannenrand gehoben werden (Türe), die Größe des integrierten Duschbereiches erleichtere das Duschen erheblich (täglich mehrmals Ganzkörperpflege wegen Inkontinenz). Durch den kleineren Durchmesser des WC-Sitzes habe das Gesäß eine größere Auflagefläche und durch die geringere Höhe habe sie jetzt mit den Füßen Kontakt zum Boden. Daher kippe sie nicht mehr nach vorne oder hinten und müsse nicht mehr balancieren bzw. gehalten werden. Das erleichtere das Harn- und Stuhltraining erheblich.
d. Die behindertengerechte Badewanne habe wegen ihrer Größe an einer anderen Stelle eingebaut werden müssen. Folglich hätte auch Heizungs-, Licht-, Wasser- und Abflusskonzept geändert werden müssen und hätten die vorhandenen Badmöbel, Handtuchradiator, Lampen etc. nicht mehr verwendet werden können. Ein Handtuchradiator sei auch zuvor vorhanden gewesen (in anderer Form) und sei notwendig gewesen, um noch eine zusätzliche Wärmequelle (auch mit Strom) zur Verfügung zu haben (Sommer), um vorgewärmte Handtücher für den erhöhten Wärmebedarf zu haben. Ein Weglassen dieses Radiators hätte eine Wertminderung und einen Komfortverlust gegenüber vorher bedeutet. So sei es auch bei den alten, nicht passenden Möbeln etc. gewesen. Sie hätten zuvor angepasst werden müssen, was ebenfalls mit Kosten verbunden gewesen wäre. Am Ende wäre es zu einer geflickten, unschönen Situation gekommen und wäre der Wert des neuen Bades unter dem Wert des alten gelegen.
7) Zur Frage nach der Benutzung des WC's auch durch andere Familienmitglieder sowie zur Montage eines zweiten:
Das WC sei auch von den anderen Familienmitgliedern benutzt worden. Es sei zu diesem Zeitpunkt kein zweites montiert worden. Der zweite WC-Sitz laut Rechnung vom (128,80 €) sei nicht Teil der Beschwerde und müsse herausgerechnet werden.

19.1. Mit Schreiben vom wurden die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens beim Bundesfinanzgericht dem Finanzamt zur Kenntnis übermittelt. In dem Schreiben wurde der Vertreterin der belangten Behörde, wie mit ihr im Vorfeld auch telefonisch besprochen, die Übermittlung einer von der Richterin aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens verfassten Aufstellung der geltend gemachten Aufwendungen samt angemerkten Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes als Diskussionsgrundlage in Vorbereitung des Erkenntnisses angekündigt.
19.2. Mit Mail vom selben Tag wurde der Vertreterin des Finanzamtes die angekündigte Aufstellung über die Zuordnung der beantragten außergewöhnlichen Belastungen im Zusammenhang mit dem behindertengerechten Bad- und WC-Umbau übermittelt. Darin waren die beantragten Aufwendungen in Anlehnung an die UFS-Entscheidung , RV/0274-L/03, den Positionen "verlorener Aufwand", "Mehrkosten der Behinderung" und "mittelbare Maßnahmen, die aufgrund des behindertengerechten Umbaus angefallen sind" zugeordnet worden. Angefügt wurden auch zwei Ausdrucke über Internet-Recherchen zur gewöhnlichen bzw. wirtschaftlichen Nutzungsdauer einzelner Güter.
19.3. Anlässlich eines Telefonates vom teilte die Vertreterin der belangten Behörde mit, dass gegen die grundsätzliche Zuordnung der Aufwendungen laut Darstellung keine Einwände bestünden.

20.1. Im Zuge von Telefonaten am 30. und gab der Bf zur Frage nach der Qualität der alten Türen an, dass diese vorwiegend aus Spanplatten bestanden hätten, die alte Badewanne sei mit einer Duschwand versehen gewesen. Die Dämmung sei zwecks Wärmehaltung notwendig gewesen. Die Fußbodenheizung sei auch noch teilweise die Wände hochgezogen worden. Die Annahme einer Nutzungsdauer für die Fliesen von mindestens 30 Jahren (laut Aufstellung 20 Jahre) wäre seiner Ansicht nach jedenfalls angemessen. Er ersuchte nach Erörterung der vom Bundesfinanzgericht erstellten Aufstellung über die Zuordnung der geltend gemachten Aufwendungen und Mitteilung der sich daraus ergebenden Höhe der anzuerkennenden außergewöhnlichen Belastungen aus dem Titel des behindertengerechten Bad- und WC-Umbaus für die einzelnen Jahre, von einer schriftlichen Zusendung abzusehen, da er diese Zuordnung jedenfalls akzeptiere.
20.2. Die Aktenvermerke über die Telefonate mit dem Bf wurden der Vertreterin der belangten Behörde am zur Kenntnis übermittelt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen 2012 bis 2014 aus dem Titel der Behinderung seiner 2001 geborenen Tochter ua außergewöhnliche Belastungen für den behindertengerechten Umbau von Bad und WC.
Die Tochter ist geistig und körperlich behindert und benötigt aufgrund bestehender Inkontinenz täglich eine mehrmalige Körperpflege, bei der sie unterstützt werden muss.
Im Jahr 2012 ersetzte der Bf daher die in dem seit 1999 bestehenden Bad seines Wohnhauses vorhandene normale Badewanne mit Duschwand durch eine größere mit Einstiegs- und Duschtüren. Aufgrund der nunmehrigen Größe der Wanne musste diese an anderer Stelle angebracht werden, wodurch der Großteil der Fliesen zerstört wurde. Außerdem waren Anschlüsse, Verrohrungen etc. anzupassen, wurde wegen mangelnder Platzverhältnisse eine Fußbodenheizung eingebaut und waren Einrichtungsgegenstände sowie Beleuchtung großteils zu erneuern. Außerdem wurde im WC ein WC-Sitz mit kleinerem Durchmesser niedriger angebracht und der Spülkasten tiefer gesetzt. Dies war aufgrund der Kleinwüchsigkeit der Tochter notwendig geworden. Wegen der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit und Notwendigkeit der Hilfestellung durch andere Personen bzw. Benützung von Hilfsmitteln (Spaltfüße, ab 2017 Rollstuhl) wurden Bad- und WC-Tür von 60 cm auf 70 cm verbreitert, um ein leichteres Betreten der Räume zu gewährleisten. Die Arbeiten erstreckten sich über die Jahre 2012 bis 2014, da sie nur nach finanziellen Möglichkeiten ohne Kreditaufnahme durchgeführt wurden.
Der Bf machte in den einzelnen Jahren aus diesem Titel konkret folgende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend, die vom Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden, wie folgt, anerkannt wurden (Beträge in €):

2012:


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Produkt
Gesamtrechnung
Davon geltend gemacht in *)
Davon geltend gemacht in €
Anerkannt
Bauschuttentsorgung
269,04
50%
134,50
Putz/Vorspr. Kantenschienen
88,83
32%
28,25
Installationsmaterial
169,36
30%
50,80
Unterputzelektromat.
98,94
40%
39,57
Putzgrundierung
39,00
100%
39,00
Abflussrohre
45,52
100%
45,52
Thermomörtel
30,53
100%
30,53
Zement/Putz/Spachtelm.
76,91
50%
38,45
Boden/Innenwand
Dämmung
471,27
40%
188,40
Verblendplatte
11,30
100%
11,30
Elektromaterial
45,68
100%
45,68
Heizung Wasser WC/Bad
Install. Pro
3.130,96
38%
1.189,90
Baustoffe
72,49
54%
39,57
Behindertengerechte
Badewanne
4.100,00
100%
4.100,00
3.100,001)
Putz
18,96
100%
18,96
Bauchemie
46,88
100%
46,68
Dämmung Badewanne
36,18
100%
36,18
Heizung Wasser WC/
Bad Install.
927,11
100%
927,11
927,11
Baumat. Isolierputze
41,10
30%
12,33
Abflussrohre, Diverses
103,29
100%
103,29
Installationsmaterial
143,03
50%
71,51
Bauschutt/anteilig
50,002)
7.197,53
4.077,11

*) Die prozentmäßige Aufteilung durch den Bf ergab sich aufgrund der Zuordnung der Aufwendungen im Verhältnis der Baumaßnahmen für den behindertengerechten Bad- und WC-Umbau zu den Baumaßnahmen betreffend andere Räumlichkeiten
1)Abzug Standardbadewanne mit Dusche = 1.000,00
2)Anteiliger Bauschutt = 50,00 €
Gesamtfläche/Umbau ca. 43 m2 = Bad 7,91 m2 + WC 2,31 m2 + KZ 13,33 m2 + SZ 19,40 m2
Der Rest der Aufwendungen iHv 3.470,15 wurde als Sonderausgaben für Wohnraumsanierung berücksichtigt.

2013:


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Produkt
Gesamtrechnung
Davon geltend gemacht in %
Davon geltend gemacht in €
Anerkannt
Kleinmaterial
4,04
100%
4,04
Klebespachtel/ Blitzmörtel
23,41
100%
23,41
Wasserübergang
11,30
100%
11,30
Kleinmaterial
7,98
100%
7,98
Installationsmat.
49,59
100%
49,59
Dispersion
27,00
100%
27,00
Verblendeplatte
17,53
100%
17,53
17,53
Installationsmat.
6,70
100%
6,70
Montage Armaturen
480,05
100%
480,05
480,05
Fliesen
2.625,25
100%
2.625,25
525,051)
Bögen/Rohre/Abstreifer
79,98
60%
49,98
Verlegung Fliesen
2.072,00
100%
2.072,00
Einrichtung
1.382,94
100%
1.382,94
Sanitär/Mischer/Ventile
1.254,41
100%
1.254,41
Silikon
8,85
100%
8,85
Heizkörper/Zubehör
474,00
100%
474,00
Beleuchtung
133,02
100%
133,02
8.628,05
1.022,63

1) Entspricht 20% von 2.625,25 an anteiligen Fliesen im Badewannenbereich
Der Rest der Aufwendungen, soweit sie von einem befugten Unternehmer verursacht worden waren, wurde als Sonderausgaben berücksichtigt: 4.192,36 (= 2.072,00 + 8,85 + 2.100,21/75%-Anteil Fliesen + 11,30).

2014:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Produkt
Gesamtrechnung
Davon geltend gemacht in %
Davon geltend gemacht in €
Anerkannt
Türen
1.628,92
100%
1.628,92
Silikon
9,84
100%
9,84
1.638,76
0,00

Diese Aufwendungen wurden als Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung berücksichtigt.
Die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2014 sind gegen die Kürzungen der beantragten Aufwendungen für behindertengerechten Bad- und WC-Umbau als außergewöhnliche Belastungen durch das Finanzamt gerichtet.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet vor allem auf den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten Aktenteilen, darunter die unter dem Punkt "Verfahrensgang" dargestellten Bescheide (Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2014 sowie Beschwerdevorentscheidungen), Schriftsätze des Bf's (Beschwerden, Vorlageanträge).

Über Ersuchen des Finanzamtes hatte der Bf auch Aufstellungen über die von ihm geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen aus dem Titel des behindertengerechten Bad- und WC-Umbaus sowie sämtliche diesbezüglichen Belege vorgelegt (siehe Punkte 2 und 3/ Verfahrensgang). Auch diese Unterlagen wurden dem Bundesfinanzgericht elektronisch übermittelt.

In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens des Bundesfinanzgerichtes vom (siehe Punkt 18/Verfahrensgang) erläuterte der Bf darüber hinaus die Art der Behinderung der Tochter. Weiters teilte er mit, dass das alte Bad konkret im Jahr 1999 fertiggestellt worden sei, und belegte dies durch eine Fliesenrechnung vom . Schließlich begründete er den größeren Umfang der Arbeiten (Versetzung der Badewanne - dadurch bedingt Änderungen der Anschlüsse, Verrohrungen etc. sowie Notwendigkeit der umfangreichen Fliesenerneuerung; Tiefersetzen des WC's wegen Kleinwüchsigkeit der Tochter) und den Bedarf der Erneuerung von Gegenständen auf die im Sachverhalt dargestellte Weise (geringe Platzverhältnisse infolge größerer Badewanne). Auch den Bedarf nach Verbreiterung der Türen erläuterte der Bf glaubhaft.

Bezüglich weiterer Erwägungen zur Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.2. dieses Erkenntnisses, die verständnishalber im Zusammenhang mit den Erwägungen zur rechtlichen Beurteilung darzustellen waren, verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsgrundlagen/Allgemeines:

Gemäߧ 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines
unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Die Berechnung dieses Selbstbehaltes ist in Abs. 4 dargestellt.

Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs. 6 EStG 1988einen Abzug ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes.
Dazu gehören u.a.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festgelegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach
§ 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 EStG 1988 sieht für den Fall von behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines Steuerfreibetrages vor. Gemäß § 35 Abs. 5 EStG 1988 können an Stelle dieses Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung (§ 34 Abs. 6 EStG 1988) geltend gemacht werden.

Die auf § 34 und § 35 EStG 1988 gestützteVerordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 416/2001 idF BGBl II 430/2010, (VO außergewöhnliche Belastungen)ordnet - auszugsweise - Folgendes an:

Nach § 4 VO außergewöhnliche Belastungensind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 5 VO außergewöhnliche Belastungen lautet folgendermaßen:
"(1) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen. …."

Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ergibt sich, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel, die durch die Behinderung eines (unterhaltsberechtigten) Kindes veranlasst sind, ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes und ohne Anrechnung von pflegebedingten Geldleistungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind ().

Unter Aufwendungen für Hilfsmittel iSd § 4 VO außergewöhnliche Belastungen sind laut , generell auch behinderungsbedingte Ein- und Umbauten in Gebäuden zu verstehen. Es bedarf allerdings eines unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zugrunde liegt. Soweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den geltend gemachten tatsächlichen Kosten und der die Behinderung begründenden Krankheit nicht dargelegt wird, ist eine Berücksichtigung unter Außerachtlassung des Selbstbehalts ausgeschlossen (Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 35 Rz 13; Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 (2018), § 35 Tz 9; ; ).

  1. Erwägungen:

Dass im gegenständlichen Fall ein unmittelbarer, ursächlicher Zusammenhang zwischen Sanierung bzw. Umbau von Badezimmer und WC, insbesondere der Ersetzung der Badewanne durch eine barrierefreie Badewanne mit Dusche, und der Behinderung der Tochter des Bf's, für die unstrittig erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird, besteht, war zwischen den Parteien unstrittig.

Strittig war jedoch das Ausmaß der durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988 beurteilt werden können.

Hierzu wurden folgende Erwägungen angestellt:

3.2.1. Unter Belastungen iSd § 34 EStG 1988 sind nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (zB mwN).

Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung kann dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. ; ). Eine Wohnung erfährt in der Regel durch eine behindertengerechte Ausgestaltung keine Wertsteigerung. Muss aber realistischerweise davon ausgegangen werden, dass behinderungsbedingte Aufwendungen für die Wohnung bei einer unterstellten Verwertung dieser Wohnung nicht abgegolten werden, dann kann von der Schaffung eines Gegenwertes nicht ausgegangen werden (, unter Verweis auf , VfSlg 16.839).

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass das Haus des Bf's über ein voll funktionsfähiges Badezimmer und WC verfügte, welche Räume Ende der Neunziger-Jahre des letzten Jahrhunderts (1999) fertiggestellt worden waren. Ebenso steht außer Streit, dass der Einbau einer behindertengerechten Badewanne samt Dusche wegen der Behinderung der Tochter notwendig geworden war. Im Zuge dieses Einbaus wurden aber weitere Baumaßnahmen vorgenommen, hinsichtlich welcher einerseits zu prüfen war, inwieweit sie zwangsläufig durch die Behinderung der Tochter bedingt oder einer generellen Sanierung zuzuschreiben waren. Andererseits war entsprechend der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen, inwieweit die Maßnahmen zu Aufwendungen führten, die zu einem Gegenwert führten und bei unterstellter Verwertung des Gebäudes abgegolten würden.

Der Bf brachte vor, dass die neue (behindertengerechte) aus Platzgründen innerhalb des Badezimmers an anderer Stelle eingebaut habe werden müssen. Dass dies auch Aufwendungen für entsprechende Installationen und die Versetzung der Anschlüsse zur Folge hatte, war logisch nachvollziehbar. Davon, dass diese Aufwendungen zwangsläufig zufolge der Behinderung erwachsen waren, war daher aus objektiver Sicht jedenfalls auszugehen. Von einem dadurch erlangten Gegenwert konnte aber in diesem Zusammenhang nicht ausgegangen werden, da in objektiver Betrachtungsweise anzunehmen ist, dass der potentielle Erwerber eines Objektes bei seinen Kaufüberlegungen kaum die Lage der Badewanne innerhalb des Bades, sondern vielmehr den Zustand und die Ausstattung des Bades insgesamt berücksichtigen wird.
Des Weiteren ist dem Bf in seinen Ausführungen nicht entgegenzutreten, wenn er behauptet, dass die Versetzung der Badewanne zwangsläufig die Verfliesung des gesamten Raumes zur Folge hatte, um kein wertminderndes Flickwerk zu erhalten. Gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass durch die Erneuerung der Fliesen der insgesamte Zustand des Bades verbessert wurde und bei einem potentiellen Erwerber im Falle der Verwertung der Wohnung durchaus zur Bereitschaft geführt hätte, dies durch einen entsprechend höheren Preis abzugelten. Insofern musste von einem Gegenwert der Neuverfliesung ausgegangen werden.
Der Bf hat in diesem Zusammenhang eingewendet, dass das Ende der Neunziger-Jahre errichtete Bad noch voll funktionsfähig gewesen und ohne die behinderungsbedingte Notwendigkeit der Änderung nicht erneuert worden wäre. Diesem Umstand ist dadurch Rechnung zu tragen, dass dem durch die Neuverfliesung erlangten Mehrwert des Bades der verlorene Aufwand aus der Zerstörung des Altbestandes an Fliesen mit dessen Zeitwert gegenüberzustellen ist.

In den Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates und sind schlüssig und den Denkgesetzen menschlicher Logik folgend nachvollziehbar jene Komponenten dargestellt, die basierend auf den dargestellten Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes als außergewöhnliche Belastungen infolge eines behindertengerechten Badumbaus anfallen.

Als außergewöhnliche Belastungen sind zufolge dieser Entscheidungspraxis konkret folgende Mehraufwendungen absetzbar:

  1. Verlorener Aufwand (= Zeitwert des Altzustands, der aufgrund der Adaptierung zerstört werden musste);

  2. Mehrkosten der Einrichtung (= Differenz der höheren Kosten der behindertenbedingten Sonderausstattung gegenüber der üblichen Standardausstattung);

  3. Mehrkosten der Adaptierung (= durch den behindertengerechten Umbau erforderliche mittelbare Maßnahmen bzw. Kosten für Arbeiten, die aufgrund der behindertengerechten Ausstattung angefallen sind, zB Abriss bzw. Versetzung von Wänden, Verbreiterung der Tür, Fliesenarbeiten, Abrisskosten der alten Einrichtung - siehe ).

3.2.4. Umgelegt auf die gegenständlich vom Bf für die einzelnen Jahre 2012 bis 2014 geltend gemachten Aufwendungen führte dies zu folgenden Ergebnissen:

2012:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Produkt
Gesamt-rechnung
Davon geltend gemacht in %
Davon geltend gemacht
in €
Davon
anerkannt
bisher
lt. FA
Anerkennung
NEU
lt. Erkenntnis
Bauschuttentsorgung
269,04
50%
134,50
134,501)
Putz/Vorspr. Kantenschienen
88,83
32%
28,25
28,251)
Installationsmaterial
169,36
30%
50,80
50,805)
Unterputzelektromat.
98,94
40%
39,57
39,571)
Putzgrundierung
39,00
100%
39,00
39,001)
Abflussrohre
45,52
100%
45,52
45,521)
Thermomörtel
30,53
100%
30,53
30,531)
Zement/Putz/Spachtelm.
76,91
50%
38,45
38,451)
Boden/Innenwand
Dämmung
471,27
40%
188,40
188,401)
Verblendplatte
11,30
100%
11,30
11,301)
Elektromaterial
45,68
100%
45,68
45,681)
Heizung Wasser WC/Bad
Install. Pro
3.130,96
38%
1.189,90

745,174)
Baustoffe
72,49
54%
39,57
39,571)
Behindertengerechte
Badewanne
4.100,00
100%
4.100,00
3.100,002)
3.580,002)
Putz
18,96
100%
18,96
18,961)
Bauchemie
46,88
100%
46,68
46,681)
Dämmung Badewanne
36,18
100%
36,18
36,181)
Heizung Wasser WC/
Bad Install.
927,11
100%
927,11
927,11
927,113)
Baumat. Isolierputze
41,10
30%
12,33
12,331)
Abflussrohre, Diverses
103,29
100%
103,29
103,291)
Installationsmaterial
143,03
50%
71,51
71,511)
Bauschutt/anteilig
50,001)
7.197,53
4.077,11
6.232,80

1) Anmerkung 1:
Die Stemm-, Verlegungs- und Putzarbeiten wurden, wie vom Bf auch in seiner Vorhaltsbeantwortung vom bekräftigt, durch die Versetzung der Badewanne, die wegen der Behinderung der Tochter erfolgen musste, notwendig. Ein potentieller Erwerber des Hauses hätte hierfür nichts extra bezahlt und ist insofern kein Gegenwert entstanden. Die Arbeiten sind vom Bf schon von vornherein aliquot, dh vom Ausmaß her auf Bad und WC entfallend in Ansatz gebracht worden.
Bei den verbleibenden Aufwendungen handelte es sich um Mehrkosten der Adaptierung, dh durch erforderliche mittelbarere Maßnahmen bedingte Kosten, die aufgrund des behinderungsbedingten Umbaus notwendig geworden waren.
Der anstatt der vom Bf tatsächlich geltend gemachten Beträge iHv insgesamt 980,52 € vom Finanzamt geschätzte Posten "Bauschutt/anteilig" (50,00 € - siehe Schluss der Tabelle) entfällt wegen Anerkennung der tatsächlichen Beträge.
2) Anmerkung 2:
Vom Finanzamt wurden nach Abzug der geschätzten Kosten für eine Standardbadewanne mit Dusche iHv 1.000,00 € Mehrkosten für behindertengerechte Sonderausstattung iHv 3.100,00 € anerkannt.
Hinzu kommt der verlorene Aufwand der Altbadewanne. Laut Vorhaltsbeantwortung vom wurde das Bad 1999 eingerichtet, die Nutzungsdauer einer Badewanne beträgt laut Internetrecherchen zwischen 20 und 30 Jahren (Tabellen zur wirtschaftlichen Lebensdauer - siehe zB https://www.promietrecht.de; https://tammgmbh.com) . Orientiert man sich an den Kosten für eine Standardbadewanne von 1.000,00 € und einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren, so verbleibt ein verlorener Aufwand von 480,00 € (1.000,00 : 25 x 12 Jahre Restnutzungsdauer). Summe = 3.100,00 € + 480,00 € = 3.580,00 €
3) Anmerkung 3:
Die Installationskosten/Bad wurden als mittelbare Maßnahmen im Zusammenhang mit dem behindertengerechten Umbau bereits vom Finanzamt anerkannt.
4) Anmerkung 4:
Gesamtfläche/Umbau ca. 42,95 m2 = Bad 7,91 m2 + WC 7,91 m2 + KZ 13,33 m2 + SZ 19,40 m2
Fußbodenheizung laut Rechnung für 43 m2 = 3.130,96 €
Bad und WC = 10,22 m2 - das entspricht 23,8 % von 42,95 m2
23,8 % von 3.130,96 € = 745,17 € - Fußbodenheizung im Bad wegen Versetzung bzw. Vergrößerung der Badewanne nötig, da kein Heizkörper mehr Platz hatte --> behinderungsbedingte Maßnahme

2013:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Produkt
Gesamt-
rechnung
Davon
geltend gemacht
in %
Davon
geltend
gemacht
in €
Anerkannt
bisher
lt. FA
Anerkennung
NEU
lt. Erkenntnis
Kleinmaterial
4,04
100%
4,04
4,041)
Klebespachtel/ Blitzmörtel
23,41
100%
23,41
23,411)
Wasserübergang
11,30
100%
11,30
11,301)
Kleinmaterial
7,98
100%
7,98
7,981)
Installationsmaterial
49,59
100%
49,59
49,591)
Dispersion
27,00
100%
27,00
27,001)
Verblendeplatte
17,53
100%
17,53
17,53
17,532)
Installationsmaterial
6,70
100%
6,70
6,701)
Montage Armaturen
480,05
100%
480,05
480,05
480,052)
Fliesen
2.625,25
100%
2.625,25
525,05
1.400,133)
Bögen/Rohre/Abstreifer
79,98
60%
49,98
49,981)
Verlegung Fliesen
2.072,00
100%
2.072,00
2.072,004)
Einrichtung
1.382,94
100%
1.382,94
414,885)
Sanitär/Mischer/Ventile
1.254,41
100%
1.254,41
330,146)
Silikon
8,85
100%
8,85
8,851)
Heizkörper/Zubehör
474,00
100%
474,00
223,477)
Beleuchtung
133,02
100%
133,02
0,008)
8.628,05
1.022,63
5.127,05

1) Anmerkung 1:
Die Stemm-, Verlegungs- und Putzarbeiten (insgesamt 188,85 €) wurden, wie vom Bf auch in seiner Vorhaltsbeantwortung vom bekräftigt, durch die Versetzung der Badewanne, die wegen der Behinderung der Tochter erfolgen musste, notwendig. Ein potentieller Erwerber des Hauses hätte hierfür nichts extra bezahlt und ist insofern kein Gegenwert entstanden. Die Arbeiten sind vom Bf schon von vornherein aliquot, dh vom Ausmaß her auf Bad und WC entfallend in Ansatz gebracht worden. Bei den verbleibenden Aufwendungen handelte es sich um Mehrkosten der Adaptierung, dh erforderliche mittelbarere Maßnahmen, die aufgrund des behinderungsbedingten Umbaus notwendig geworden waren.
2) Anmerkung 2:
Wie auch bereits im Erstbescheid so gewürdigt, sind diese Arbeiten durch die Versetzung der Badewanne und damit behinderungsbedingt ohne weiteren Gegenwert entstanden (behinderungsbedingter Mehraufwand).
3) Anmerkung 3:
Vom Finanzamt wurden 20% der Kosten für Fliesen als auf den Bereich der Badewanne entfallend anerkannt.
Dem Bf ist zuzugestehen, dass aufgrund der mit der behinderungsbedingten Versetzung der Badewanne und der Absenkung des WC's verbundenen Umbauarbeiten so viel an Fliesenmaterial zerstört wurde, dass Badezimmer und WC neu verfliest werden mussten. Andererseits liegt es auf der Hand, dass dadurch der Wert dieser Räume gestiegen und dadurch ein Gegenwert geschaffen worden ist. Ein potenzieller Erwerber des Gebäudes wäre bereit gewesen, für ein erneuertes, neu verfliestes Bad und WC mehr zu bezahlen als für einen fast 15 Jahre alten Altbestand. Bad und WC waren erstmals im April 1999 verfliest und somit im Jahr 2013 (Neuverfliesung im März 2013) bereits 14 Jahre genutzt worden. Wie sich aufgrund von Internetrecherchen ergibt, beträgt die durchschnittliche Nutzungsdauer von Fliesen zwischen 20 und 40 Jahren (https://www.promietrecht.de ; https://tammgmbh.com). Die Annahme einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 30 Jahren erschien daher auch als der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend als angemessen.
Bei Schätzung des verlorenen Aufwandes durch Zerstörung des Fliesenaltbestandes ist der verlorene Wert so zu ermitteln, dass basierend auf den Anschaffungskosten der Neuverfliesung und einer Gesamtnutzungsdauer ein aliquoter Abschlag für die bereits abgelaufene Nutzungsdauer zu berücksichtigen und der Zeitwert zu ermitteln ist.
Im gegenständlichen Fall bedeutet das:
Kosten/Fliesen = 2.625,25 : 30 x 14 = 1.225,12 Altersabschlag; Zeitwert = verlorener Aufwand = 2.625,25 - 1.225,12 = 1.400,13
4) Anmerkung 4:
Die Kosten der Verlegung der Fliesen waren aufgrund der behinderungsbedingten Versetzung der Badewanne notwendig geworden und sind ebenso wie etwa Tischlerarbeiten im Zusammenhang mit der behinderungsbedingten Verbreiterung von Türstöcken den mittelbaren Maßnahmen bzw. besonderen Kosten der behinderungsgerechten Adaptierung ohne Gegenwert zuzuordnen (siehe ).
5) Anmerkung 5:
Der Bf gab in seiner Vorhaltsbeantwortung an, dass aufgrund der Versetzung der Badewanne die bisherige Einrichtung teilweise keinen Platz mehr gefunden und nicht mehr gepasst habe, weshalb sie samt Beleuchtung und Handtuchradiator erneuert habe werden müssen. Dass eine neuwertige Einrichtung den Wert des Badezimmers erhöht, liegt auf der Hand. Insofern wurde hierduch ein Gegenwert geschaffen. Als außergewöhnliche Belastung ist aber der Wert des verlorenen Aufwandes in Form des zum Austauschzeitpunkt vorhandenen Wertes des Altbestandes anzusetzen, der durch den behinderungsbedingten Austausch zerstört wurde.
Auch bei Möbeln beträgt die durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer cirka 20 Jahre. Nimmt man hilfsweise den Neuwert der angeschafften Einrichtung an und setzt man einen Altersabschlag für die bisherige Nutzungsdauer von 14 Jahren an, so ergibt sich Folgendes:
1.382,94 : 20 x 14 = 968,06 = Altersabschlag
Verlorener Aufwand = 1.382,94 - 968,06 = 414,88 €
6) Anmerkung 6:
Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Armaturen und WC-Becken liegt laut Internetrecherchen bei 15, maximal 20 Jahren. Bei den Produkten laut Rechnung handelte es sich offensichtlich um handelsübliche Standardprodukte, die keiner behindertengerechten Sonderausstattung entsprachen. Die Anschaffung von Standardprodukten führt zu einem Gegenwert. Es konnte somit auch hier nur der durch Zerstörung des noch funktionsfähigen Bestandes entstandene verlorene Aufwand in Ansatz gebracht werden.
Von der Rechnung abzuziehen war laut Bf ein zweiter WC-Sitz (128,28 € + 20% USt = 153,94 €). Es ergibt sich daher ein Gesamtbetrag laut Rechnung von 1.100,47 €.
Bei Annahme einer maximalen Gesamtnutzungsdauer von 20 Jahren und einem Altersabschlag für 14 Jahre beträgt der verlorene Aufwand 330,14 €.
7) Anmerkung 7:
Die Kosten für Badheizkörper (Handtuchradiator) samt Heizstab und Anschlussgarnitur laut Rechnung/***U6*** GmbH vom betrugen insgesamt 419,00 €. Bei Annahme einer durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauer von 30 Jahren für Heizkörper ergibt sich ein verlorener Aufwand gegenüber dem aufgrund der Badewannenversetzung nicht mehr benutzungsfähigen Heizkörper (Restnutzungsdauer 16 Jahre) in Höhe von 223,47 €.
8) Anmerkung 8:
Der neu angebrachte LED-Strahler war zweifellos wegen Versetzung der Badewanne zu montieren. Allerdings wird auch dadurch ein Gegenwert erzielt. Die durchschnittliche Nutzungsdauer für Innenraum-Beleuchtungskörper liegt laut Internetrecherchen zwischen 5 und 8 Jahren. Den Beleuchtungskörpern konnte, auch wenn sie noch funktionstüchtig waren, kein tatsächlicher Verkehrswert mehr beigemessen werden. Es konnte somit auch kein verlorener Aufwand mehr entstehen.

2014:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Produkt
Gesamt-rechnung
Davongeltend gemacht in %
Davongeltend gemacht
in €
Anerkannt
bisher
lt. FA
Anerkennung
NEU
lt. Erkenntnis
Türen
1.628,92
100%
1.628,92
558,49
Silikon
9,84
100%
9,84
9,84
1.638,76
0,00
568,33

Die nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannten Aufwendungen wurden vom Finanzamt als Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung berücksichtigt.

Anmerkung:
Der Bf legte in seiner Vorhaltsbeantwortung vom glaubhaft dar, dass die vormals 58-60 cm breiten Türen für Bad und WC behinderungsbedingt verbreitert werden mussten. Die Bauarbeiten wurden in Eigenregie durchgeführt. Es fielen die Kosten für die Türen (nunmehr 70 cm) samt Türstock (in der Rechnung als "Stockfutter samt Falz und Zierverkleidung" bezeichnet) an.
Auch die neuen Türen begründen einen Mehr- bzw. Gegenwert. Der verlorene Aufwand bemisst sich wiederum am Zeitwert der Türen, die durch den behinderungsbedingten Umbau zerstört werden mussten. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Türen (vorwiegend Spanplatten) beträgt laut unwidersprochen gebliebenen Internetrecherchen rund 25 Jahre. Der geschätzte Neuwert der schmäleren Türen beträgt in Anlehnung an den Wert der neuen Türen 1.396,22 € (1.628,92 : 70 cm x 60 cm). Bei einem Altersabschlag für 15 Jahre (1999 - 2014) beträgt der Zeitwert bzw. verlorene Aufwand 558,49 €.
Der Anfall von Kosten für Silikon im Zusammenhang mit der behindertengerechten Erneuerung konnte als glaubhaft angenommen werden.

3.2.5. Die sich aus dem Titel der nachgewiesenen Kosten der Behinderung der Tochter ergebenden außergewöhnlichen Belastungen waren aufgrund obiger Ausführungen gegenüber den Beträgen laut angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2012 bis 2014 folgendermaßen abzuändern (Beträge in €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Kosten/Behinderung Tochter insgesamt
lt. Erstbescheid
8.673,31
5.392,95
3.963,58
- Kosten/Umbau
lt. Erstbescheid
-4.077,11
-1.022,63
-0,00
+ Kosten/Umbau
lt. Erkenntnis
+6.232,80
+5.127,05
+568,33
Kosten/Behinderung Tochter insgesamt laut Erkenntnis

10.829,00

9.497,37

4.531,91

3.2.6. Die vom Finanzamt den Sonderausgaben zugeschlagenen Differenzen waren entsprechend den oben dargestellten Änderungen bei den außergewöhnlichen Belastungen, wie folgt, zu korrigieren (Beträge in €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Sonderausgaben lt. angef. Erstbescheid
7.106,61
13.865,58
4.728,88
- Differenz lt. FA
-3.470,15
-4.192,36
-1.638,76
+ Differenz lt. Erkenntnis
+964,73
+3.501,00
+1.070,43
Sonderausgaben laut Erkenntnis

4.601,19

13.174,22

4.160,55

3.2.7. Insgesamt war dem Beschwerdebegehren sohin teilweise stattzugeben und waren die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2014 jeweils entsprechend abzuändern.

Zum Abspruch über die Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei seiner Entscheidung an den Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes zur Berücksichtigung behinderungsbedingter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (). Inwieweit durch den behindertenbedingten Umbau tatsächlich als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigender Aufwand entstanden ist, ist jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende sachliche Geschehen zu beurteilen. Das gegenständliche Erkenntnis war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Beilagen: 3 Berechnungsblätter (Einkommensteuer 2012, 2013 und 2014)

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at