Die mit der Anschaffung eines Ergometers verbundenen Aufwendungen stellen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 dar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
a) Erklärung:
Die Beschwerdeführerin beantragte in ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenVeranlagung 2020 unter anderem die Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung in Höhe von 749,67 Euro eines von ihr angeschafften Ergometers (Kaufpreis 2.249,00 Euro) als außergewöhnliche Belastung.
b) Einkommensteuerbescheid:
Im Einkommensteuerbescheid vom wurde die Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten des Ergometers mit der Begründung versagt, die Aufwendungen für den Heimtrainer stellten Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 dar und könnten daher steuerlich keine Berücksichtigung finden. Die geltend gemachten Aufwendungen seien weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung in Sinne des Einkommensteuergesetzes.
c) Beschwerde:
In der fristgerecht eingebrachten als Einspruch titulierten Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, im Rahmen der Kosten für außergewöhnliche Belastung habe sie auch den Ankauf eines Ergometers in der Höhe von € 2.249,00 geltend gemacht.
Diesen brauche sie, weil ihre Knochen im Beckenbereich wegen der Strahlentherapie in Kombination mit Chemotherapie derart geschädigt worden seien, dass beide oberen Schambeinäste gebrochen seien, der Oberschenkelhals eine durchgehende Fissur erlitten habe und sie beidseits Insuffizienzfrakturen der Massa Lateralis habe, alles belgeitet von Knochenmarksödemen. Wegen der extremen Knochenschädigung würden diese Frakturen nur sehr langsam heilen und seien noch immer nicht verheilt. Am habe der Beschwerdeführerin ihr behandelnder Arzt geraten, zur Mobilisierung ein Ergometer zu kaufen. Die Möglichkeiten, extern eines zu benützen, seien durch Sperren coronabedingt unmöglich gemacht worden. Zudem sei die Beschwerdeführerin nur mit Krücken und Rollstuhl mobil gewesen. Das Ergometer benütze sie nach wie vor, um ihre Mobilität zu verbessern und Muskeln aufzubauen.
d) Beschwerdevorentscheidung:
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass "Krankheitskosten" nur dann zu einer außergewöhnlichen Belastung führen könnten, wenn diese Kosten im direkten Zusammenhang mit einer Krankheit stünden und aus medizinischen Gründen zur Heilung und Linderung der Krankheit nachweislich notwendig und erforderlich seien. Diese Voraussetzungen könnten durch eine vor Antritt einer Therapie oder durch eine vor dem Ankauf von Hilfsmitteln ausgestellte ärztliche Verordnung oder durch den Umstand eines Kostenersatzes durch die Sozialversicherung nachgewiesen werden.
Auch wenn die Therapien bzw. Heilmittel der Gesundheit und dem Wohlbefinden förderlich gewesen seien, aber die gesetzlichen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 nicht erfüllten, da es an der Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit fehle, könnten die beantragten Aufwendungen für das Ergometer keine Anerkennung finden.
e) Vorlageantrag:
Die Beschwerdeführerin erhob neuerlich Einspruch, welcher als fristgerecht eingebrachter Vorlageantrag zu behandeln ist. Darin führt sie aus, sie habe ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2020 neben der Rechnung des Ergometers vom auch eine ärztliche Verordnung beigelegt. Dieses Ergometer diene nicht ihrem Wohlbefinden, sondern sei dringend für ihre "Remobilisierung" nach einer Ruhigstellung von 4 Monaten nötig gewesen. Im November 2019 habe sie zahlreiche Frakturen im Beckenbereich und am Oberschenkelhals erlitten, da ihre Knochen durch eine Strahlentherapie kombiniert mit Chemotherapie erheblich geschädigt worden seien.
Durch diese Therapien seien die Knochen dauerhaft geschädigt, die Frakturen würden daher auch nur äußerst langsam heilen. Bei der letzten Untersuchung 2021 seien sie noch immer zu sehen gewesen. Es bestehe daher ständig eine erhöhte Bruchgefahr. Um einer Verschlechterung der Knochensituation vorzubeugen, müsse sich die Beschwerdeführerin einer dauernden medikamentösen Behandlung unterziehen, regelmäßige Physiotherapie in Anspruch nehmen und auf Kräftigung ihrer Muskulatur achten.
Vom behandelnden Arzt und der Physiotherapeutin im Krankenhaus sei ihr im März 2020 dringend geraten worden, für ihre beginnende Mobilisierung nach einer mehrmonatigen Ruhigstellung ein Ergometer zu erwerben. Dieses habe sie am letzten Einkaufstag vor einem lange andauernden Lockdown am gekauft. Es sei das letzte noch verfügbare Gerät im Geschäft gewesen.
Die Frakturen stünden sehr wohl in Zusammenhang mit den Grunderkrankungen der Beschwerdeführerin. Die außergewöhnlichen Kosten durch die Anschaffung eines Ergometers seien daher dringend erforderlich gewesen.
f) Vorlagebericht:
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und hielt im Vorlagebericht fest, die Beschwerdeführerin habe diverse Kosten nachgewiesen, die im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung im Magendarmtrakt erwachsen seien. Die Anschaffung eines Ergometers sei von der behandelnden Allgemeinmedizinerin im Verordnungsweg zur "Remobilisierung" erbeten worden, eine Kostenübernahme durch die Kasse sei nicht evident.
Da der Ausgabe der Beschwerdeführerin ein Gegenwert in Form des Ergometers gegenüberstehe, sei keine Vermögensminderung sondern eine bloße Vermögensumschichtung eingetreten. Da es sich bei einem Ergometer auch nicht um ein Wirtschaftsgut handle, dass nur für den eigenen persönlichen Gebrauch angeschafft werde und grundsätzlich für jemand anderen keinen Nutzen habe, wie z.B. Prothesen, Brillen, Hörhilfen bzw. solche Wirtschaftsgüter, die wegen ihrer spezifischen Beschaffenheit nur für Behinderte verwendet werden könnten (wie etwa Rollstühle), liege schon mangels einer vermögensvermindernden Ausgabe keine außergewöhnliche Belastung vor.
Es sei unbestritten und offenkundig ist, dass die Beschwerdeführerin den Hometrainer - wie in der Beschwerde ausgeführt - verwende. Auch bei einem Behinderten seien die Kosten für die Anschaffung eines Hometrainers allerdings keine außergewöhnliche Belastung, selbst wenn die Benützung dieses Hometrainers auf Anraten eines Arztes erfolge. Der Hometrainer stelle nämlich ein auch für andere Personen nutzbares Wirtschaftsgut dar. Da zahlreiche Personen derartige Geräte etwa zur Erhaltung oder Erlangung allgemeiner Fitness, aus Trainingsgründen oder auch aus medizinischen Gründen (etwa zur Vermeidung oder Beseitigung von Übergewicht) verwenden würden, mangle es auch am Merkmal der Außergewöhnlichkeit.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Bei der Beschwerdeführerin wurde infolge einer Krebserkrankung im Magen-/Darmbereich der Grad ihrer Behinderung mit 80 % festgesetzt. Aufgrund ihrer Behinderung entstanden der Beschwerdeführerin außergewöhnliche Belastungen. Da sie nach einer Radiochemotherapie wegen dieser Krebserkrankung an einer sekundären Osteoporose mit Insuffizienzfrakturen leidet, verordnete ihr ihre Wahlärztin für Allgemeinmedizin am ein Ergometer zur "Remobilisierung nach Ruhigstellung bei Insuffizienzfrakturen bei sekundärer Osteoporose" . Die Beschwerdeführerin erwarb am ein ***Ergometer*** um einen Kaufpreis in Höhe von 2.249,00 Euro. Dabei handelt es sich um ein gewöhnliches Fitnessgerät, für das auch keine Ersatzleistung der Aufwendungen durch einen Sozialversicherungsträger übernommen wurde.
In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte die Beschwerdeführerin Kosten der Abschreibung für Abnutzung in Höhe von 749,67 Euro, was einer von ihr angenommenen Nutzungsdauer von drei Jahren entspricht.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen sowie folgender Beweiswürdigung:
Die ***Sportfachgeschäft***, in deren Fachgeschäft das Ergometer von der Beschwerdeführerin gekauft wurde, bewirbt dieses Gerät folgendermaßen:
"Ergometer sind zu Recht so beliebte Fitnessgeräte: Das Training ist besonders einfach, es ist komfortabel und gelenkschonend und die Geräte sind sehr platzsparend. Ergometertraining funktioniert im Prinzip wie Fahrradfahren, zunächst wird der Sattel richtig eingestellt, dann aufgesessen und in die Pedale getreten - je nach Ausstattung des Fahrradergometers lassen sich nun noch verschiedene Programme einstellen oder die Sitzposition ändern. Ergometer richten sich an eine breite Zielgruppe an Heimsportlern: Sie eignen sich zum Abnehmen genauso gut wie zum Verbessern der Kondition oder der Spitzengeschwindigkeit. Dank des gelenkschonenden Rundlaufs und des fein einstellbaren Widerstands sind sie auch nach Verletzungen oder Phasen längeren Sportverzichts perfekt für den Wiedereinstieg ins Training geeignet."
Daraus ist ersichtlich, dass das Ergometer für eine Vielzahl von Heimsportlern ein brauchbares Fitnessgerät darstellt und in keiner Weise an die spezielle Erkrankung der Beschwerdeführerin angepasst ist.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 34 EStG 1988 normiert unter der Überschrift "Außergewöhnliche Belastung" - soweit im gegenständlichen Fall von Bedeutung - Folgendes:
"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) …
(5) …
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- …
- …
- …
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
(7) …
(8) …"
Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs. 6 EStG 1988 einen Abzug auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes. Dazu gehören u.a. Mehraufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung des Abgabepflichtigen, soweit diese damit in Zusammenhang stehende, pflegebedingt erhaltene Geldleistungen (zB ein Pflegegeld) übersteigen (§ 34 Abs. 6 Teilstrich 5 EStG1988). Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann festgelegt werden, unter welchen Umständen solche Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung zudem ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf das Pflegegeld zu berücksichtigen sind.
Die zu § 34 Abs. 6 EStG1988 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 91/1998 idF BGBl II 416/2001, nennt in § 4 nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung als neben dem Pflegegeld voll abzugsfähig. Hat eine Abgabepflichtige Aufwendungen durch ihre eigene körperliche oder geistige Behinderung, für welche eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 25% festgestellt wurde, sind derartige Kosten nach dieser Verordnung ohne Kürzung um Pflegegeldbezüge zu berücksichtigen, soweit die Ausgaben nachgewiesen werden.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind Kosten einer Heilbehandlung Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie in Zusammenhang mit der Behinderung stehen, allenfalls Krankentransportkosten oder Fahrtkosten sowie Kosten für ärztlich verordnete Maßnahmen, die der Heilung oder zumindest Linderung oder Stabilisierung einer Krankheit dienen.
Für die steuerliche Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist es erforderlich,
- dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert,
- dass die Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung nachweislich in direktem Zusammenhang mit der Krankheit steht und
- dass die Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung nachweislich eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt.
Die Nichtabziehbarkeit privater Ausgaben und Aufwendungen nach § 20 EStG 1988 gilt nicht für die außergewöhnliche Belastung. Außergewöhnliche Belastungen können schon bestimmungsgemäß nur Kosten der Lebensführung betreffen (vgl. , VwSlg 7751/F; Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG20, Rz 11)
Wird ein langlebiges Wirtschaftsgut angeschafft, dessen Kosten ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung in Betracht kommen (etwa die Anschaffung eines Elektromobils durch einen Behinderten, vgl. ), sind die Ausgaben sofort abziehbar. Die Vorschriften über die AfA (§§ 7, 8 und 16 EStG 1988) gelten im Rahmen der Bestimmungen zur außergewöhnlichen Belastung nicht. Bei Aufwendungen für steuerlich abzugsfähige Hilfsmittel von Menschen mit Behinderung ist auf Grund des Abflussprinzips eine AfA nicht möglich (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG20, Rz 17 und die dort angeführte Literatur).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb entsprechend der Gegenwerttheorie nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (vgl. , vgl. auch Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 54. Lfg [März 2013], § 34 Abs. 1 EStG 1988 Tz 6, und die dort zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs). Mit dem im § 34 EStG 1988 verwendeten Tatbestandsmerkmal "Belastung" ist der Gegenwertgedanke auch legistisch verankert.
Als Belastungen sind daher nach ständiger Rechtsprechung nur solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg.], Kommentar zum EStG20 Rz 19/1 und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
Die Gegenwerttheorie kommt dann nicht zum Tragen, wenn ein neu geschaffenes Wirtschaftsgut nur eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit hat. Unter diese Ausnahme fallen Wirtschaftsgüter, die nur für den eigenen persönlichen Gebrauch angeschafft werden (z.B. Prothesen, Seh- oder Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifischen Beschaffenheit nur für Behinderte (wie z.B. Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. ; oder , zur Anschaffung eines Elektromobils als Fortbewegungsmittel bei Gehbehinderung; sowie Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG20, Rz 19/2)
Der BFH verneint eine außergewöhnliche Belastung, wenn die Mehraufwendungen auch für andere Personen von Wert sein können und damit eine gewisse Marktfähigkeit besitzen (BFH , III B 103/06, NV 2007, 891). So sind Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows beispielsweise nicht als außergewöhnliche Belastung iSd § 33 dEStG zu berücksichtigen (BFH , VI R 42/13, BStBl II 2014, 931).
Das Bundesfinanzgericht stellt zwar nicht in Abrede, dass das streitgegenständliche Ergometer der Kräftigung der Muskulatur der Beschwerdeführerin im Bereich der beeinträchtigten Knochen zuträglich ist und zur "Remobilisierung nach Ruhigstellung bei Insuffizienzfrakturen bei sekundärer Osteoporose" (vgl. Verordnung der behandelnden Ärztin vom ) geeignet ist. Die - wenn auch durch die Schädigung der Knochen im Beckenbereich der Beschwerdeführerin motivierte - Anschaffung dieses Fitnessgerätes ändert aber nichts daran, dass dem Aufwand ein Gegenwert gegenübersteht.
Bei dem streitgegenständlichen Fitnessgerät handelt es sich - nach der wiedergegebenen Beschreibung des Händlers - um einen handelsüblichen Gebrauchsgegenstand, der für jedermann nutzbar ist, und nicht nur für die Beschwerdeführerin - im Hinblick auf ihre Behinderung - verwendbar ist. Normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, stellen keine "Hilfsmittel" im Sinne des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, dar (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35, Rz 67, Stand , rdb.at, mwN).
Das Fitnessgerät weist auch keine behindertenspezifischen Adaptierungen bzw. Zusatzfunktionen auf, was von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet wurde. Es handelt sich um einen marktgängigen Gebrauchsgegenstand, der von jedermann in einem gut sortierten Sportgeschäft erworben werden kann.
Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Ergometer um kein speziell für die Behinderung adaptiertes, sondern für Heimsportler allgemein geeignetes Fitnessgerät handelt, konnten die Kosten dafür nicht als außergewöhnliche Belastung in Abzug gebracht werden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da über die zu beurteilende Rechtsfrage, ob die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Ergometers als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
Verweise | BFH , III B 103/06 BFH , VI R 42/13 Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG20, Rz 17 Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 54. Lfg [März 2013], § 34 Abs. 1 EStG 1988 Tz 6 Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg.], Kommentar zum EStG20 Rz 19 Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35, Rz 67 Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG20, Rz 11 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101403.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at