Widerruf Beigebung eines Verfahrenshelfers nach Eröffnung Schuldenregulierungsverfahren mit Fremdverwaltung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über den Antrag der Verfahrenshilferechtsanwältin ***RA*** auf Widerruf des mit Beschluss vom bewilligten Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshelfers, VH/7400001/2021, im Verfahren gegen den Haftungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen vom , MA ***4*** des Antragstellers ***BF***, nunmehr vertreten durch den Masseverwalter ***1***, folgenden Beschluss:
Die Verfahrenshilfe wird gemäß § 292 Abs. 13 der Bundesabgabenordnung (BAO) widerrufen.
Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien wird hiervon gemäß § 292 Abs. 10 BAO benachrichtigt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem Antragsteller ***Bf1*** die Beigebung eines Verfahrenshelfers für das Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen vom , MA ***4***, gemäß § 292 BAO bewilligt und der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien hiervon gemäß § 292 Abs. 10 BAO benachrichtigt.
Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien wurde Frau ***RA***, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, zur Verfahrenshilfeanwältin bestellt.
Gegen den Haftungsbescheid (MA ***4***) brachte die Verfahrenshilfeanwältin am eine Bescheidbeschwerde ein.
Über das Vermögen des ***Bf1*** wurde zu AZ ***2*** ein Schuldenregulierungsverfahren mit Fremdverwaltung (Bekanntmachung ) eröffnet und ***3***, Rechtsanwalt in 1070 Wien, zum Masseverwalter bestellt.
Die Beschwerdevorentscheidung des Magistrats vom wurde am (ausschließlich) dem Masseverwalter zugestellt.
Mit gegenständlichem Antrag vom (eingelangt am ) beantragt die Verfahrenshilfeanwältin die Enthebung von Ihrer Funktion als Verfahrenshelferin. Begründet bringt sie dabei vor, dass nach der herrschenden Rechtsprechung der Insolvenzverwalter im anhängigen Verfahren selbst Parteistellung (UFS RV/0663-G07; VwGH 2001/10/0076) habe, dem Schuldner fehle es an einer solchen und komme diesem keine Verfügungsbefugnis mehr über sein Vermögen zu. Dem Antrag beigelegt war der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom , ein Auszug aus der Ediktsdatei sowie ein Mail des Masseverwalters vom samt Beschwerdevorentscheidung. Da der Beschwerdeführer keine Eigenverwaltung über sein Vermögen und auch keine Parteistellung im Verfahren habe, sei eine anwaltliche Vertretung nicht mehr notwendig.
Rechtslage
§ 292 der Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"(1) Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.
(3) Einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist die Verfahrenshilfe insoweit zu bewilligen,
1. als die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(4) Ein wirtschaftlich Beteiligter (Abs. 3 Z 1) ist eine Person, auf deren Vermögenssphäre sich der Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht ganz unerheblich auswirkt und bei der es - auch aus diesem Grund - als zumutbar angesehen werden kann, von dieser Person eine Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen.
(5) Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.
(6) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Für Verfahren über Maßnahmenbeschwerden (§ 283) und über Säumnisbeschwerden (§ 284) ist der Antrag beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde bei der Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung.
(7) Der Antrag kann gestellt werden
1. ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll bzw.
2. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat bzw.
3. nach Ablauf der für Säumnisbeschwerden nach § 284 Abs. 1 maßgebenden Frist.
(8) Der Antrag hat zu enthalten
1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3),
2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,
4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.
(9) Ein bei der Abgabenbehörde vor Vorlage der Bescheidbeschwerde eingebrachter Antrag ist unter Anschluss der Verwaltungsakten unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(10) Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.
(11) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hat mit Beschluss den Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt zu bestellen, dessen Kosten die Partei nicht zu tragen hat. Wünschen der Partei über die Auswahl der Person des Wirtschaftstreuhänders oder Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Von der Bestellung sind die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht zu verständigen.
(12) Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (§ 243, § 283), des Vorlageantrages (§ 264) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt diese Frist mit dem Zeitpunkt, in dem
1. der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw.
2. der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Partei zugestellt wurde, von neuem zu laufen.
(13) Die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist vom Verwaltungsgericht zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht mehr gegeben sind oder wenn das Vorhandensein der Voraussetzungen auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben der Partei zu Unrecht angenommen worden ist.
(14) Der Bund hat der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag jährlich spätestens zum 30. September für die im abgelaufenen Kalenderjahr erbrachten Leistungen der nach Abs. 11 bestellten Wirtschaftstreuhänder und Rechtsanwälte eine angemessene Pauschalvergütung zu zahlen, deren Höhe durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen festzusetzen ist. Die Festsetzung hat anhand der Anzahl der jährlichen Bestellungen und des Umfanges der erbrachten Leistungen zu erfolgen."
Erwägungen
§ 292 Abs 13 BAO sieht den zwingend (vgl. Ritz, BAO6, § 292 Tz. 65) auszusprechenden Widerruf der Verfahrenshilfe vor,
wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht mehr gegeben sind oder
wenn das Vorhandensein der Voraussetzungen auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben der Partei zu Unrecht angenommen worden ist.
Wurde über das eigene Vermögen eines Haftungspflichtigen das Konkursverfahren eröffnet, so richtet sich ein auf § 9 BAO und § 80 BAO gegründeter Haftungsanspruch gegen das in Konkurs verfangene Vermögen des Haftungspflichtigen, sodass nur der Masseverwalter eine (Verwaltungsgerichtshof)beschwerde einbringen kann (vgl. ).
Aus dem Zusammenhalt der Bestimmung der §§ 1, 3 bis 8 und 81 bis 83 der Insolvenzordnung ergibt sich, dass der Masseverwalter für die Zeit seiner Bestellung hinsichtlich der Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners ist. (Hinweis auf E vom , 1295/57, VwSlg 1190 F/1959).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Masseverwalter für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse der Gemeinschuldnerin beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin iSd § 80 BAO. Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle der Gemeinschuldnerin, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt (UFSG vom , RV/0663-G/07).
Die Stellung des Antragstellers im Rechtsmittelverfahren kommt daher von Gesetzes wegen dem Masseverwalter zu; eine Vertretungstätigkeit der für den Antragsteller zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwältin kommt daher zwischenzeitig nicht mehr in Betracht (vgl. ). Auch in einem Verwaltungsverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Nur der Masseverwalter ist insoweit auch zur Ergreifung von Rechtsmitteln einschließlich des außerordentlichen Rechtsbehelfes der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde berechtigt (Hinweis auf B , 2125/64, VwSlg 3239 F/1965).
Durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung liegt die Voraussetzung für den Widerruf der Verfahrenshilfe vor.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist die zu klärenden Rechtsfrage einerseits durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, zudem ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig. Somit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 292 Abs. 13 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | VwGH, 2001/10/0076 -G/07 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:VH.7400002.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at