Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2022, RV/7400161/2021

Qualifikation eines Tablets als Wettterminal?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Moser, Wächtergasse 1/11, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Wettterminalabgabe für Februar 2020 nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass im Zuge einer Kontrolle an der Adresse ***1***, zwei betriebsbereit aufgestellte Tablets festgestellt worden seien, die für den Monat Februar 2020 nicht ordnungsgemäß zur Wettterminalabgabe angemeldet gewesen seien. Die Tablets, die nach Durchführung eines Probespiels als Wettterminals einzustufen gewesen seien, seien vorläufig beschlagnahmt und abtransportiert worden. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, die Anmeldung zur Wiener Wettterminalabgabe binnen zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens nachzuholen.

Der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin führte in seiner Stellungnahme vom aus, die Beschwerdeführerin habe gegen den Beschlagnahmebescheid fristgerecht eine Beschwerde eingebracht. Es sei nicht nur gegen die Beschwerdeführerin ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden, sondern auch gegen eine weitere Person; die Behörde sei sich offenbar nicht sicher, wer der "Aufsteller" der Wettterminals sei.

Außerdem handle es sich bei den beschlagnahmten Tablets nicht um Wettterminals, sondern um handelsübliche Tablets, auf welchen - ein Internetzugang vorausgesetzt - jede Seite angesurft werden könne. Die Mitarbeiter der belangten Behörde hätten selbständig die Seite "lemon7.club" eingegeben, ohne dass es im Lokal oder auf den Tablets Werbung, Icons, Links o. ä. für diese Webseite gegeben hätte.

Bereits im Zuge früherer Schwerpunktaktionen am sei das "Cafe C" überprüft worden. Dabei hätte nicht nachgewiesen werden können, dass die Beschwerdeführerin als Mitunternehmerin unbefugt eine Wetttätigkeit ausgeübt habe. Dennoch sei am eine neuerliche behördliche Überprüfung erfolgt, bei welcher sich im Gegensatz zum Vorjahr nicht einmal ein Aufladeautomat im Lokal befunden habe, sondern lediglich zwei betriebsbereite Tablets. Inwieweit die behauptete Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Mitunternehmerin nunmehr eher nachweisbar sei, sei nicht ersichtlich.

Dem Beschlagnahmebescheid sei auch nicht zu entnehmen, ob die belangte Behörde Gäste beobachtet hätte, die auf einem der beiden Tablets Wetten platziert hätten oder ob dies von Mitarbeitern des Magistrats vorgenommen worden sei.

Sollten die "Probewetten" von Mitarbeitern des Magistrats vorgenommen worden sein, so fehle es im Beschlagnahmebescheid an einer Begründung, warum ausgerechnet die Seite "lemon7.club" ausgewählt worden sei, zumal es im gesamten Lokal keinen Hinweis auf diese Seite gegeben habe.

Die weiters im Beschlagnahmebescheid als Wettequipment angeführten 11 Member Cards jeweils mit der Bezeichnung nxbet.com, die jedoch offenbar in den gegenständlichen Tablets nicht beschlagnahmt worden seien, würden auf eine völlig andere Seite hindeuten; der Bezug zu "lemon7.club" sei daher nicht nachvollziehbar.

Aus dem Beschlagnahmebescheid ergebe sich kein Hinweis, dass auch auf der Seite nxbet.com Probebespielungen durchgeführt worden seien. Es sei auch nicht angeführt, ob diese Membercards im Gastraum oder im nicht öffentlich zugänglichen Bereich aufgefunden worden seien.

Die Beschwerdeführerin bestreite daher, dass es sich bei den beiden Tablets um Wettterminals gehandelt habe.

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin für den Monat Februar 2020 eine Wettterminalabgabe in Höhe von 700,00 Euro sowie ein Verspätungszuschlag in Höhe von 70,00 Euro vorgeschrieben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zwei Wettterminals gehalten, die jedoch nicht zur Wettterminalabgabe angemeldet worden seien. Laut einer amtlichen Feststellung vom seien an der Adresse ***1***, zwei Wettterminals in Form von Tablets betriebsbereit vorgefunden worden. Bei Überprüfung dieser Tablets habe sich gezeigt, dass auf die Internetseite "lemon7.club" häufig zugegriffen worden sei. In einer Lade sei ein aktiver Zugangscode (Benutzername und Passwort) für dieses Portal vorgefunden worden. Da dieser Account über ein Guthaben verfügt habe, hätten auf beiden Tablets Probewetten abgeschlossen werden können. Da die für den Betrieb erforderliche Bewilligung gemäß § 3 Wiener Wettengesetz nicht vorgelegen sei, seien die beiden Tablets vorläufig beschlagnahmt worden.

Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom lediglich moniert, dass es sich bei den beanstandeten Wettterminals um handelsübliche Tablets mit Internetzugang gehandelt habe. Sie habe aber nicht ihre Lokalinhabereigenschaft bestritten, weshalb ihr die Wettterminalabgabe als Lokalinhaberin und Gesamtschuldnerin bescheidmäßig vorzuschreiben sei.

Dem Einwand, bei den beanstandeten Wettterminals habe es sich um handelsübliche Tablets mit Internetzugang gehandelt, sei zu entgegnen, dass Gegenstand der Wettterminalabgabe das Halten eines Wettterminals zum Abschluss eines Wettvertrages sei. Den Testpersonen sei mit dem im Lokal vorhandenen Equipment die Teilnahme an einer unmittelbaren Wette (der Abschluss eines unmittelbaren Wettvertrages) ermöglicht worden.

Die Steuerpflicht entstehe allein auf Grund der Erfüllung eines Steuertatbestandes; ein anhängiges Strafverfahren sei getrennt vom Abgabenverfahren zu sehen und die Abgabenfestsetzung sei unabhängig von jeglichem Verschulden.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der rechtsfreundliche Vertreter nach Einwendungen betreffend den Beschlagnahmebescheid und Zitat des § 2 Wiener Wettterminalabgabegesetz aus, es möge zwar allenfalls eine vorhandene Internetleitung bzw. ein WLAN-Anschluss eine Datenleitung im Sinne des § 2 Wiener Wettterminalabgabegesetz darstellen, keinesfalls liege aber eine Verbindung mit einer Buchmacherin bzw. einem Buchmacher oder einer Totalisateurin bzw. einem Totalisateur vor.

In den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes Ra 2018/02/0031, Ra 2018/02/0275 und 2013/17/0415 sowie im Erkenntnis des sei die Wettterminalabgabe für Tablets vorgeschrieben worden, auf denen entweder die Wettsoftware installiert oder ein direkter Link zur Wettseite angebracht gewesen sei.

Im gegenständlichen Fall seien jedoch auf den beiden Tablets weder eine Wettsoftware installiert noch irgendein Link, Shortcut oder sonstiger Hinweis auf eine Wettseite angebracht gewesen. Es habe auch an jeglicher Möglichkeit einer Einkommenserzielung der Beschwerdeführerin gefehlt. Bei den beiden Tablets habe es sich daher um keine Wettterminals, sondern um handelsübliche Tablets zum Internetsurfen gehandelt.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Begriff "Wettterminal" umfasse das Halten von Geräten zum Zweck der direkten Wettvermittlungen/Wettabschlüsse, wobei die Geräte selbst im WWAG nicht technisch spezifiziert, sondern lediglich einer Steuer unterworfen würden. Es erfolge somit weder eine Einschränkung auf die Verwendung bestimmter Geräte noch eine Einschränkung hinsichtlich der Verwendung der Geräte zu einem ausschließlichen Zweck. Steuerobjekt sei nicht der Wettabschluss oder die Wettvermittlung, sondern das Halten eines Gerätes.

Bei der Überprüfung des Webbrowserverlaufes der im Zuge einer Schwerpunktaktion an der Adresse ***1***, vorgefundenen Tablets habe sich gezeigt, dass auf die Internetseite "lemon7.club" häufig zugegriffen worden sei. In einer Lade sei ein aktiver Zugangscode für das Portal "lemon7.club" vorgefunden worden. Da dieser Account über ein Guthaben verfügt habe, hätten auf beiden Tablets Probewetten abgeschlossen werden können.

Da die Internetseite "lemon7.club" auch unter Favoriten auf dem Tablet verlinkt gewesen sei, im Lokal ein aktiver Zugangscode vorhanden und Guthaben aufgeladen gewesen sei, sei eine Inbetriebnahme der Tablets für Kunden bzw. für die Testpersonen am ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Es habe somit ein betriebsbereites Halten vorgelegen, um die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen.

Es sei richtig, dass der Besitz von Membercards und das rein private Wetten auf Online-Wettseiten legal sei. Würden aber die Tablets jedem potentiellen Kunden zur Verfügung gestellt und würde mit dem vorhandenen professionellen Equipment jedenfalls die Teilnahme an einer unmittelbaren Wette ermöglicht, sei dieser Einwand nicht zielführend. Dies umso mehr, als für private Wetten nicht zwei Tablets für ein- und dieselbe Person notwendig seien.

Mit Schreiben vom beantragte der rechtsfreundliche Vertreter die Vorlage der Beschwerde zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Einholung der in der Beschwerde angeführten Beweismittel an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde gemäß § 269 Abs. 2 BAO aufgetragen, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts jene Person, die bei der Begehung am auf den im Lokal in ***1***, vorgefundenen Tablets Probewetten durchführte, als Zeuge einzuvernehmen und ihr folgende Fragen zur Beantwortung vorzulegen:

  1. Wo befanden sich die beiden Tablets beim Betreten des Lokals?

  2. Konnten die Tablets ohne Zutun eines Angestellten/einer Angestellten für die Durchführung der Probewetten verwendet werden?

  3. Befand sich im Lokal ein Hinweis auf die Möglichkeit, die Tablets für das Platzieren von Wetten zu verwenden?

  4. Wie erlangte der Beamte den Zugangscode zur Internetseite "lemon7.club"? Wo genau befand sich dieser Zugangscode? Wurde er ihm von einem/einer Angestellten ausgehändigt?

  5. Wo wurden die drei "24 Cash-Karten" vorgefunden? Wurden sie für den Abschluss der Probewetten benötigt?

  6. War nach Eingabe des Benutzernamens und des Passwortes auf beiden Tablets ein Guthaben verfügbar?

  7. Wenn ja, wie und beim wem wurde der Wetteinsatz entrichtet?

Mit E-Mail vom legte die belangte Behörde die schriftliche Zeugenaussage mit folgendem Inhalt vor:

ad 1. Ein Tablet habe sich im Bereich der Bartheke des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes befunden. Über den Verbleib des zweiten Tablets beim Betreten des Lokals könne keine Aussage getroffen werden.
ad 2. Die Tablets hätten ohne Zutun eines Angestellten/einer Angestellten für die Durchführung der Probewetten verwendet werden können.
ad 3. Im Lokal habe sich kein Hinweis auf die Möglichkeit, die Tablets für das Platzieren von Wetten zu verwenden, befunden.
ad 4/1. Der Zugangscode zur Internetseite "Iemon7.club" sei handschriftlich auf einem Blatt festgehalten gewesen.
ad 4/2. Dieser Zugangscode sei in einer Lade im Küchenbereich (Speisenvorbereitung) der Betriebsstätte vorgefunden worden.
ad 4/3. Er sei dem Beamten nicht von einem/einer Angestellten ausgehändigt worden.
ad 5/1. Die drei "24 Cash-Karten" seien gemeinsam mit dem Zugangscode in einer Lade im Küchenbereich (Speisenvorbereitung) der Betriebsstätte aufgefunden worden.
ad 5/2. Sie seien für den Abschluss der Probewetten nicht benötigt worden.
ad 6. Nach Eingabe des Benutzernamens und des Passwortes sei auf beiden Tablets ein Guthaben verfügbar gewesen.
ad 7. Die Entrichtung des Wetteinsatzes sei über die Wettbenutzeroberfläche "X-live" online erfolgt.

Der als Zeuge vernommene Beamte stellte den Vorgang des Platzierens der Wette wie folgt dar:

  1. Login auf Internetseite "Iemon7.club'' (möglich auf Grund der vorgefundenen Daten)

  2. Button "JETZT SPIELEN" drücken

  3. Button "X-Live" drücken

  4. In der Wettbenutzeroberfläche "X-Live" Wette aus dem Wettangebot auswählen.

  5. Nach der Wettauswahl Einsatz auswählen.

  6. Abschließend auf der Wettbenutzeroberfläche "X-Live" den Button "Setzen" drücken, womit der Wettabschluss zustande kam bzw. die Wette gesetzt wurde.

In Wahrung des Parteiengehörs wurde die schriftliche Zeugenaussage des Organs dem rechtsfreundlichen Vertreter übermittelt. Mit Schreiben vom nahm er wie folgt dazu Stellung:

"Bereits aus der Stellungnahme des Sachbearbeiters SB vom ergibt sich eindeutig, dass sich zwar eines der beiden Tablets im Bereich der Bartheke befunden hat, nicht einmal der Sachbearbeiter des Magistrats der Stadt Wien kann jedoch Aussagen über den Verbleib des zweiten Tablets treffen.

Auch ergibt sich nicht eindeutig, ob sich das aufgefundene Tablet (im Bereich der Bartheke) auf der Lokalkunden zugänglichen Seite oder eben ausschließlich auf der anderen Seite befunden hat.

Weiters ist nicht verwunderlich, dass die Tablets ohne Zutun eines Angestellten für die Durchführung der Probewetten verwendet werden konnten, zumal es sich um ein nicht versperrtes handelsübliches Tablett handelt und mit jedem freigeschaltenen Tablet oder Handy zahlreiche Internetseiten mit Glücksspielen oder Wettangeboten zugänglich sind.

Wie ebenso der Sachbearbeiter angab, befand sich im Lokal kein Hinweis auf die Möglichkeit, die Tablets für das Platzieren von Wetten zu verwenden, eben weil dies auch gar nicht vorgesehen war.

Der Zugangscode zur Internetseite www.lemon7.club befand sich auf einem handschriftlichen Zettel in einer Lade im Küchenbereich, sohin für Kunden jedenfalls nicht zugänglich oder gedacht.

Offensichtlich hat ein Mitarbeiter sich diese Seite notiert, einen Zusammenhang mit dem Gastronomiebetrieb gibt es jedoch nicht.

Auch würden die Zugangscodes scheinbar nicht von einem Angestellten ausgehändigt, offenbar, da dem anwesenden Mitarbeiter gar nicht bekannt war, dass sich dieser Zettel in der Lade im Küchenbereich befinden würde.

Hinzu ist insbesondere auf die Aussagen der Kellnerin Laura Berger (Seite 4 des Beschlagnahmebescheides) zu verweisen.

Anzumerken ist weiters, dass es sich (laut Recherche des Vertreters der Beschwerdeführerin) bei der Internetseite www.lemon7.club gar nicht um eine Wettseite handelt, sondern scheinbar virtuelle Walzenspiele angeboten werden.

Der Zusammenhang zu den "24-Cash-Karten" wiederum ist nicht ersichtlich, hierbei handelt es sich um reine Prepaid-Karten, im Lokal befand sich jedoch am Tag der Kontrolle kein Ein- und Auszahlungsgerät, mit welchem Gelder auf die Prepaidkarte einbezahlt werden hätten können.

Ebenso ergibt sich aus der Stellungnahme, dass diese Prepaidkarten gar nicht für den Abschluss der Probewetten benötigt wurden.

Der Ablauf der Probewette selbst ist dem Beschwerdeführervertreter nicht zur Gänze nachvollziehbar, da scheinbar ohne jegliche Kreditkarte o.ä. einfach nur die in der Küche befindlichen Benutzerdaten in der Internetseite www.lemon7.club eingegeben wurden und dann unverzüglich Wetten platziert werden konnten.

Da dies auf beiden Tablets möglich war, ist davon auszugehen, dass mit jedem beliebigen Smartphone unter Verwendung der identem Benutzerdaten Wetten platziert werden hätten können.

Welche Verbindung zwischen der Beschwerdeführerin und dem offenbar privaten handgeschriebenen Zettel in der Küchenlade bestehen soll, ist nicht ersichtlich

Beide stellen jedenfalls keinen Wettterminal nach dem WWAG dar, weshalb auch keine Wetterminalabgabe zu leisten ist.

Abschließend ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin offenbar nicht mehr in Österreich aufhält.

Das Vollmachtsverhältnis zum ausgewiesenen Vertreter hat dieser in anderen Verfahren aufgekündigt, das gegenständliche jedoch offensichtlich übersehen.

Mangels Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit der Beschwerdeführerin ist dem ausgewiesenen Vertreter nunmehr eine wirksame Aufkündigung nicht möglich, weshalb dieser die Beschwerdeführerin weiter zu vertreten hat.

Mitteilungen an die Beschwerdeführerin bzw. deren Stelligmachung sind ihm jedoch mangels aktueller Kontaktdaten nicht möglich."

Gemeinsam mit der Ladung der für den anberaumten mündlichen Verhandlung wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters der Beschwerdeführerin übermittelt.

In der antragsgemäß am durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der rechtsfreundliche Vertreter ergänzend vor, er sei im Zuge der Begehung am im Lokal anwesend gewesen. Im gesamten Lokal hätten sich keine Geräte befunden, auf denen es möglich gewesen wäre, Geld einzuzahlen. Um entgeltliche Wetten zu veranstalten, bedürfe es einer Möglichkeit, dass der Kunde Geld oder Geldeswert an den Buchmacher leiste und umgekehrt im Falle des Wettgewinns Geld vom Buchmacher ausbezahlt erhalte. Diese Möglichkeit sei mit den im privaten Bereich des Lokales vorgefundenen Zugangsdaten für Kunden nicht gegeben gewesen, sondern lediglich für den Inhaber des Accounts, für welchen die Benutzerdaten gedient hätten. Im vorliegenden Fall hätte ein wettwilliger Kunde zwangsläufig mit fremden Geld gewettet und hätte auch der Fremde den Gewinn erhalten. Ein unternehmerischer Nutzen für die Beschwerdeführerin, aber auch für allfällige Gäste sei nicht gegeben gewesen. Bei den Tablets handle es sich daher um keine Wettterminals.

Über Befragen der Richterin gab der rechtsfreundliche Vertreter an, bei seinem Eintreffen habe er gesehen, dass sämtliche Laden in der Küche geöffnet worden seien und dass sich im Lokal kein Hinweis auf die Möglichkeit zum Abschluss von Wetten befunden habe.

Die belangte Behörde nahm an der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teil und gab auch keine Gegenäußerung zur Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters vom ab.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war im Februar 2020 die Inhaberin des Lokals in ***1***. Im Zuge einer am durchgeführten Begehung wurden dort zwei betriebsbereite Tablets vorgefunden, und zwar ein Apple Ipad Pro mit der Seriennummer ***2*** und ein Tablet Ipad Pro mit der Seriennummer ***3***. Mit diesen beiden Geräten erfolgte laut Verlauf der Webbrowser ein häufiger Zugriff auf die Internetadresse "lemon7.club". Für dieses Portal wurde in einer Lade im Küchenbereich, in welchem die Speisenvorbereitung erfolgte, ein handgeschriebener, aktiver Zugangscode (Benutzername und Passwort) vorgefunden, mit welchem die Wettsoftware aufgerufen werden konnte. Der Account verfügte über ein Guthaben, sodass auf beiden Tablets Probewetten abgeschlossen werden konnten.

Im Lokal befanden sich keine Geräte, auf denen es möglich gewesen wäre, Geld einzuzahlen oder Gewinne auszuzahlen. Es existierte dort auch kein Hinweis auf die Möglichkeit, die Tablets für das Platzieren von Wetten zu verwenden.

Die im Lokal vorgefundenen Tablets waren nicht dazu bestimmt, potentiellen Kunden die unmittelbare Wettteilnahme zu ermöglichen.

Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich hinsichtlich der Tatsache, dass im Lokal der Beschwerdeführerin zwei betriebsbereite Tablets vorgefunden worden sind, auf die Feststellungen der belangten Behörde anlässlich der Begehung am und die dabei angefertigten Fotos. Dass es möglich war, auf beiden Tablets Wetten zu platzieren, wird durch die schriftliche Zeugenaussage jener Person bestätigt, die die Probewetten durchgeführt hat.

Der rechtsfreundliche Vertreter, der anlässlich der Amtshandlung am in das Lokal der Beschwerdeführerin gerufen worden war, wies in der Beschwerde, in seiner Stellungnahme zur Zeugenaussage und in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass sich im gesamten Lokal weder Geräte zur Geldeinzahlung noch zur Gewinnauszahlung befanden. Auch Hinweise darauf, dass mit den im Lokal vorhandenen Tablets Wetten platziert werden könnten, befanden sich nicht im Lokal. Wenn jemand wie der als Zeuge befragte Mitarbeiter des Magistrats auf den im Lokal vorgefundenen Tablets eine Wette platziert hätte, dann wäre der Wetteinsatz vom Guthaben des Eigentümers der Tablets abgebucht und ein etwaiger Gewinn dem Guthaben zugeschrieben worden. Wie die Beschwerdeführerin als Inhaberin des Lokals dabei einen Gewinn lukrieren hätte können, erschließt sich dem Bundesfinanzgericht nicht. Die Tatsache, dass mit den beiden Tablets Wetten platziert werden konnten, ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend, da mit jedem x-beliebigen Handy bei Eingabe der in einer der Küchenladen vorgefundenen Zugangsdaten die Seite "lemon7.club" auf das zu diesen Zugangsdaten aufgeladene Guthaben zugegriffen hätte werden können.

Die Tatsachen, dass

  1. im Lokal kein Hinweis vorhanden war, dass die beiden Tablets zum Platzieren von Wetten verwendet werden dürfen,

  2. es dort auch kein Geldeinzahlungs- und Auszahlungsgerät gab und der Zugangscode im Wege eines Suchvorganges in einer Lade im Küchenbereich aufgefunden wurde,

sprechen gegen die Annahme der belangten Behörde, dass die beiden aufgefundenen Tablets zum Zweck der Ermöglichung der Wettteilnahme bereitgehalten wurden. Die Möglichkeit, diese Tatsachen zu widerlegen, wurde vom Magistrat trotz Wahrung des Parteiengehörs und ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Die für den Streitfall maßgeblichen Bestimmungen des WWAG lauten:

"Abgabengegenstand

§ 1 Für das Halten von Wettterminals im Gebiet der Stadt Wien ist eine Wettterminalabgabe zu entrichten.

Begriffsbestimmungen

§ 2 Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten:

1. Wettterminal: eine Wettannahmestelle an einem bestimmten Standort, die über eine Datenleitung mit einer Buchmacherin bzw einem Buchmacher oder einer Totalisateurin bzw einem Totalisateur verbunden ist und einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht.

2. Buchmacherin oder Buchmacher: wer gewerbsmäßig Wetten abschließt.

3.Totalisateurin oder Totalisateur: wer gewerbsmäßig Wetten vermittelt.

Höhe der Abgabe

§ 3 Die Abgabe für das Halten von Wettterminals beträgt je Wettterminal und begonnenem Kalendermonat 350 Euro.

Abgabepflicht und Haftung

§ 4 (1) Abgabepflichtig ist die Unternehmerin oder der Unternehmer. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw jeder, in deren bzw dessen Namen oder auf deren bzw dessen Rechnung das Wettterminal gehalten wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner abgabepflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Wettterminals benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Wettterminals gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner.

[…]

Anmeldung

§ 5 (1) Das Halten von Wettterminals ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen. Die Anmeldung hat sämtliche für die Bemessung der Abgabe in Betracht kommenden Angaben und den Ort des Haltens zu enthalten. Änderungen sind dem Magistrat spätestens einen Werktag vor dem Halten anzuzeigen. Die Anmeldung haben alle Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner (§ 4 Abs 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch die Unternehmerin bzw den Unternehmer festzulegen, die oder der die Zahlungen zu leisten hat.

[…]

Festsetzung und Fälligkeit der Abgabenschuld

§ 6 (1) Die Anmeldung von Wettterminals (§ 5 Abs 1) gilt als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten.

(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Wettterminals erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, dass der Apparat nicht mehr gehalten wird.

[…]

Strafbestimmungen

§ 8 (1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 42.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung dauert so lange an, bis die bzw der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Abgabenbehörde die Abgabe bescheidmäßig festsetzt.

(2) Übertretungen des § 5 Abs 1 und 3 sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 420 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen festzusetzen.

(3) Mit der Strafe kann gleichzeitig der Verfall der Gegenstände, die mit der Straftat im ursächlichen Zusammenhang stehen, ausgesprochen werden.

[…]"

In der Beschwerde bestreitet der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin, dass es sich bei den im Zuge der Begehung vorgefundenen Geräten um Wettterminals im Sinne des WWAG gehandelt hat. Die Qualifikation eines Gerätes als Wettterminal, Wettautomat oder Wettinformationsgerät ist eine solche des Einzelfalls (; ). Maßgeblich für das Vorliegen eines Wettterminals ist, dass die technische Einrichtung die Eignung besitzt, dem Wettkunden unmittelbar die Wettteilnahme zu ermöglichen, wobei unter Wettteilnahme die Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes zu verstehen ist (; ).

Kann ein Kunde am Terminal sowohl den Wettgegenstand als auch den Wetteinsatz selbständig wählen, so steht es der Beurteilung des Terminals als Wettterminal nicht entgegen, wenn der Wetteinsatz bei einem Mitarbeiter des Lokalbetreibers zu entrichten ist ().

Nur dann, wenn das Terminal ausschließlich durch Personal des Wettunternehmers bedient wird und in einem Bereich aufgestellt ist, der für den Kunden nicht bestimmt und nicht zugänglich ist, handelt es sich um kein Wettterminal.

Weist das Terminal aber jene Eigenschaft auf, die eine Wettteilnahme (Bestimmung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes) durch den Wettkunden selbst ermöglicht, so handelt es sich um ein Wettterminal, wobei schon die abstrakte Eignung zur Wettteilnahme reicht, um eine Umgehung durch ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person zu vermeiden (, mwN).

Ein für viele Zwecke einsetzbares Gerät, wie es ein Computer, Mobiltelefon oder Tablet ist, ist jedoch nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in jedem Fall als Wettterminal zu behandeln. Dafür ist es notwendig, dass die technische Einrichtung auch zum Zweck der Ermöglichung der Wettteilnahme und der Erzielung von Einnahmen daraus aufgestellt wird (; ).

Im vorliegenden Fall waren im Lokal zwei Tablets vorhanden, auf denen ohne Herausgabe des in einem für Kunden nicht zugänglichen Bereich aufbewahrten Zugangscode keine Wetten platziert werden konnten. Darüber hinaus hätte jeder Wetteinsatz - wenn der Zugangscode bekannt gewesen wäre - das Guthaben desjenigen geschmälert, der dieses Guthaben aufgeladen hat. Ebenso wäre ein etwaiger Wettgewinn dem Guthaben zugeschrieben worden. Dass die Beschwerdeführerin z.B. durch den Verkauf von Guthabenkarten des Wettanbieters Einnahmen erzielt hat, stellte die belangte Behörde nicht fest, zumal die Tablets keine Vorrichtungen aufwiesen, in welche derartige Karten hätten eingeführt werden können.

Im Hinblick darauf gelangte das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass es sich bei den vom Magistrat der Stadt Wien im Zuge der am stattgefundenen Begehung im Lokal der Beschwerdeführerin wahrgenommenen Tablets nicht um Wettterminals im Sinn des § 2 Z 1 WWAG handelte.

Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob eine technische Einrichtung - wie ein Computer, Mobiltelefon oder Tablet - als Wettterminal im Sinne § 2 Z 1 WWAG zu qualifizieren ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall; diese ist als solche grundsätzliche nicht revisibel (, mwN).

Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016
§ 2 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016
§ 269 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Z 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016
§ 3 Wiener Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016
Verweise





VwGH, Ra 2018/02/0031
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400161.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at