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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2022, RV/7400043/2022

Parkometerabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien MA 6, Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen vom , ***3***, betreffend Parkometerabgabe in der Höhe von 2.640,00 Euro, ***4***, betreffend Parkometerabgabe in der Höhe von 444,15 Euro sowie ***5***, betreffend Parkometerabgabe in der Höhe von 1.006,50 Euro zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Erwachsenenvertretung

[...]

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Strittig ist die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Parkometerabgabe gegenüber dem Beschwerdeführer.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, insbesondere Fotos der Beanstandungen durch die LPD/MA 67, die drei Abgabenbescheide vom , die drei Beschwerden vom , die drei Beschwerdevorentscheidungen vom , die drei Vorlageanträge vom , die drei Vorlageberichte vom , die Zustellnachweise hinsichtlich der drei Abgabenbescheide vom und der drei Beschwerdevorentscheidungen vom , die beiden Beschlüsse des Bezirksgerichtes ***26*** vom ***22*** und vom ***23*** zur dg. GZ 27 P 53/20h, die drei Eingaben von RA ***1*** vom (Einschreiten als einstweilige Erwachsenenvertreterin und ua Antrag auf Mahnstopp, Geltendmachung der unwirksamen Zustellung), das Schreiben des Dr. ***11*** ***12*** vom ***16*** an das Bezirksgericht ***26***, das Schreiben des Dr. ***11*** ***12*** vom ***16*** an das AMS, das Sachverständigengutachten der Dr. ***9*** ***10*** vom , Abmeldebestätigung vom ***24***, die Mitteilung des AMS über die Anpassung des Leistungsanspruchs des Beschwerdeführers vom (Leistungsart: Notstandshilfe), der Antrag des Beschwerdeführers auf Invaliditätspension / Berufsunfähigkeitspension, die KZR-Auskunft vom betreffend das Kennzeichen ***8*** (24.8.***14*** bis ).

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***8*** war in den folgenden Zeiträumen an den folgenden Orten ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, und zwar wie in den drei streitgegenständlichen Bescheiden der belangten Behörde vom angegeben

[...]

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum der angeführten Abstellungen Lenker, Besitzer und Zulassungsbesitzer des beschwerdegegenständlichen Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***8***.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***26*** vom ***22*** wurde RA ***1***, ***2***, für ***6*** ***21*** ***7*** mit sofortiger Wirksamkeit gemäß § 119 AußStrG zum Rechtsbeistand im Verfahren in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters/einer gerichtlichen Erwachsenenvertreterin geprüft wird und gemäß § 120 AußStrG zur einstweiligen Erwachsenenvertreterin zur Besorgung folgender dringender Angelegenheiten, nämlich der Vertretung vor Behörden und Gerichten sowie der Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten, bestellt.

Mit Beschluss vom ***23*** wurde RA ***1***, ***2***, für ***6*** ***21*** ***7*** gemäß § 120 AußStrG zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin bestellt und der Wirkungsbereich mit der Verwaltung vor Gerichten, Behörden sowie Sozialversicherungsträgern sowie der Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten festgelegt.

[...]

Beweiswürdigung

Der Umstand, dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers an den von der belangten Behörde angegebenen Orten in den angegebenen Zeiträumen ohne Entrichtung der Parkometerabgabe (ohne gültigen Parkschein) abgestellt war, ergibt sich aus den von der belangten Behörde angeführten Beweismitteln, wurde dem Beschwerdeführer im Administrativverfahren vorgehalten und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Dass es beim Beschwerdeführer um den Lenker und Besitzer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges handelt, entspricht der Lebenserfahrung (der Beschwerdeführer hat das Fahrzeug auf sich zugelassen, Abstellort in unmittelbarer Nähe zum Wohnort des Beschwerdeführers), wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren von der belangten Behörde sowohl in den angefochtenen Bescheiden als auch in den Beschwerdevorentscheidungen immer wieder vorgehalten und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Umstände, die zu einer anderen Würdigung führen könnten, sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Im Bescheid vom , ***3***, führte die belangte Behörde aus:
"Fest steht, dass es sich bei den im Spruch bezeichneten Abstellorten um gebührenpflichtige Kurzparkzonen handelt. Tatsache ist auch, dass es sich bei dem im Spruch bezeichneten Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, dessen Lenker, Besitzer und Zulassungsbesitzer in den gegenständlichen Zeiträumen Sie waren. Auch die Abstellzeiträume werden nicht in Abrede gestellt."

Im Bescheid vom , ***4***, führte die belangte Behörde aus:
"Unbestritten ist, dass es sich bei den im Spruch bezeichneten Abstellorten um gebührenpflichtige Kurzparkzonen handelt. Ebenso unbestritten ist, dass es sich bei dem im Spruch bezeichneten Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, dessen Lenker, Besitzer und Zulassungsbesitzer in den gegenständlichen Zeiträumen Sie waren. Auch die Abstellzeiträume werden nicht in Abrede gestellt."

Im Bescheid vom , ***5***, führte die belangte Behörde aus:
"Fest steht, dass es sich bei den im Spruch bezeichneten Abstellorten um gebührenpflichtige Kurzparkzonen handelt. Ebenso unbestritten ist, dass es sich bei dem im Spruch bezeichneten Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, dessen Lenker, Besitzer und Zulassungsbesitzer in den gegenständlichen Zeiträumen Sie waren. Auch die Abstellzeiträume werden nicht in Abrede gestellt."

Auch in den drei Beschwerdevorentscheidungen hat die belangte Behörde dies dem Beschwerdeführer vorgehalten (zB führte die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom , ***3***, aus: "Da die Behörde im gegenständlichen Fall davon ausgeht, dass der Beschwerdewerber nicht nur Zulassungsbesitzer, sondern auch Besitzer und Lenker gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates war."). Nach der Rechtsprechung kommt Beschwerdevorentscheidungen Vorhaltscharakter zu (zB mHa ).

Hinsichtlich der Eigenschaft des Beschwerdeführers als Zulassungsbesitzer des beschwerdegegenständlichen Kraftfahrzeuges wurde in der Beschwerde und im Vorlageantrag vorgebracht, dass der Beschwerdeführer "bereits zum Zeitpunkt der Zulassung des ggst.Fahrzeuges mit Sicherheit nicht mehr geschäftsfähig" gewesen sei. Unabhängig vom Verschulden, welches selbstverständlich ebenfalls nicht vorgelegen wäre, sei schon die Zulassung des bescheidgegenständlichen Fahrzeuges "nichtig und rechtsunwirksam", sodass der Beschwerdeführer auch nicht Steuerschuldner sein könne.

Weiter wird in den Beschwerden sowie im Vorlageantrag behauptet: "Aufgrund der Gutachten bzw. Stellungnahmen von zwei Fachärzten geht sohin eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer seit zumindest ***13*** nicht mehr geschäftsfähig war. Der Beschwerdeführer hat das Fahrzeug, welches Gegenstand des Bescheides ist, lt. Abmeldebestätigung vom ***24*** am ***25***.***14*** auf sich zugelassen. Das Fahrzeug wurde von der Erwachsenenvertreterin am ***24*** abgemeldet."

Eingangs ist anzumerken, dass die Mitteilung, dass die Erwachsenenvertreterin das Fahrzeug des Beschwerdeführers abgemeldet hat, im Widerspruch zur Behauptung steht, eine Anmeldung wäre "nichtig und rechtsunwirksam", liege also gar nicht vor. Eine "Abmeldung" setzt begrifflich eine bestehende Anmeldung und scheint beim Fehlen einer bestehenden Anmeldung nicht angezeigt zu sein.

In Würdigung der zur Stützung der Behauptung einer zum Zeitpunkt der kraftfahrrechtlichen Zulassung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges bestehenden - die Wirksamkeit der Zulassung ausschließenden - Geschäftsunfähigkeit des Beschwerdeführers herangezogenen Beweismittel kommt das Bundesfinanzgericht nicht zum selben Schluss wie die Erwachsenenvertreterin:

Vorauszuschicken ist, dass sich keines der vom Beschwerdeführer genannten Beweismittel mit den Verhältnissen der Jahre ***14*** oder gar ***13*** befasst.

Das von der Erwachsenenvertreterin vorgelegte und von Dr. ***9*** ***10***, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutin und allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige, erstellte Gutachten vom erfolgte im Auftrag des Bezirksgerichtes ***26***.

Dazu wird im Gutachten eingangs festgehalten:

"Auf Ersuchen des Bezirksgerichtes ***26*** wird über obgenannte Person Befund und Gutachten erstattet,

a.) wieweit die betroffene Person in der Lage ist, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen,

b.) insbesondere ob sie ausreichend einsichts- und urteilsfähig ist, um über medizinische Behandlungen oder die Wahl ihres Wohnortes entscheiden zu können.

c.) Ob die betroffene Person gänzlich unfähig ist, einer mündlichen Verhandlung zu folgen oder ihr Wohl bei Anwesenheit in der Verhandlung gefährdet würde."

Die angeführten eingesehenen Akten und Befundberichte reichen lediglich bis ins Jahr 2018 zurück. Aussagen zur Geschäftsfähigkeit des Beschwerdeführers im Jahr ***14*** werden im Gutachten nicht getätigt. Offensichtlich nimmt die Beschwerde auf die im Rahmen der Zusammenfassung getätigte Aussage, dass die psychiatrische Behandlung anamnestisch seit dem Jahr ***13*** bekannt sei und der Facharzt für Psychiatrie, Dr. ***12***, eine ***17*** ***18*** diagnostizierte habe. Die Behandlung "soll" jahrelang mit dem ***19*** ***20*** erfolgt sein. Im Gutachten wird aber nicht festgestellt, der Beschwerdeführer sei zumindest seit dem Jahr ***13*** oder ***14*** geschäftsunfähig gewesen. Die Gutachterin schreibt ua: "Beschrieben wird ein Rückzug seit etwa einem Jahr. In diesem Zeitraum hätte er auch seine Post nicht mehr geöffnet, Termine nicht mehr wahrgenommen und sei zuletzt auch nicht mehr versichert gewesen."

Im Gegenteil sprechen also die in der Beschwerde genannten Unterlagen dafür, dass es im Jahr ***15*** zu einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers gekommen ist.

In seiner Anregung an das Bezirksgericht ***26*** vom ***16*** führt der Facharzt für Psychiatrie, Dr. ***11*** ***12***, aus:

[...]

Diese Aussagen (ua "Der letzte Kontakt erfolgte im ***29*** ***15***, damals machte er einen stabilen Eindruck" und der daraus zu erschließende zeitliche Ablauf der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers lassen sich chronologisch mit der Entstehung der im gegenständlichen Verfahren strittigen Parkometerabgaben stimmig in Einklang bringen, da diese für Abstellvorgänge ab ***28*** ***15*** anfielen.

Die Vermutung, dass jeder erwachsene Mensch voll handlungsfähig ist, aber auch Gründe der Rechtssicherheit gebieten es, die Indizwirkung einer notwendig gewordenen Sachwalterbestellung für eine anzunehmende Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Betroffenen maximal auf den Zeitraum von einem Jahr vor dem Bestellungsakt auszudehnen, sofern nicht konkrete Belege für einen bereits länger anhaltenden Zustand beschränkter Handlungsfähigkeit vorliegen (vgl , mwN). Im Beschwerdefall reicht dieser zeitliche Konnex von einem Jahr, wenn man die bereits von der einstweiligen Bestellung der Erwachsenenvertreterin rechnet, zum ***15******27*** zurück. Die Darstellung des Facharztes für Psychiatrie, Dr. ***11*** ***12***, ist jedenfalls ein konkreter Beleg dafür, dass auch zu den wenigen davor - aber im ***28*** ***15*** - liegenden Abstellvorgängen beim Beschwerdeführer keine volle Handlungsfähigkeit mehr bestand.

Der bloße Umstand allein, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit dem Jahr ***13*** wegen einer diagnostizierten ***17*** ***18*** in Behandlung bekam, lässt vor dem Hintergrund der vorliegenden Beweismittel aber nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahre ***14*** nicht über die zur Zulassung eines Kraftfahrzeuges erforderliche Geschäftsfähigkeit verfügt hätte.

Von der Beauftragung eines Gutachtens durch die belangte Behörde oder das Bundesfinanzgericht war - mangels konkrete Belege für einen bereits länger anhaltenden Zustand beschränkter Handlungsfähigkeit - abzusehen.

Im Übrigen war auch deshalb von der Beauftragung eines Gutachtens abzusehen, das die Frage der Rechtswirksamkeit der kraftfahrrechtlichen Anmeldung - wie in der rechtlichen Beurteilung dargelegt - nicht entscheidungserheblich war.

Die Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers und der Bestellung einer Erwachsenenvertreterin ergeben sich aus den seitens der Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers im Verfahren vorgelegten Unterlagen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Eingangs ist - wie dies die belangte Behörde bereits im Administrativverfahren getan hat - anzumerken, dass es sich im beschwerdegegenständlichen Verfahren nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt, sondern um ein Abgabenverfahren, das nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) durchzuführen ist.

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit (damit auch für die Partei- und Prozessfähigkeit) die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes (; vgl , wonach § 79 BAO "in dieser Beziehung dem § 9 AVG entspricht").

Gemäß § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Gemäß § 4 Abs 4 BAO ist der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Unter Tatbestand ist die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren konkretem Vorliegen (Tatbestandsverwirklichung) bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten sollen, zu verstehen (Ritz, BAO7, § 4 Rz 7 mHa ; ).

Nach § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung (zB ).

Ist ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, so entsteht der Abgabenanspruch unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Abgabenschuldners und der Abgabenbehörde (; ; Ritz/Koran, BAO7, § 4 Rz 7).

Gemäß § 203 BAO (Bundesabgabenordnung) ist bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist.

Gemäß § 1 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wird die Gemeinde ermächtigt, durch Verordnung für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen gemäß § 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/***13***, die Entrichtung einer Abgabe auch für mehrspurige Kraftfahrzeuge vorzuschreiben, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten.

Gemäß § 1 Abs 3 Wiener Parkometergesetz 2006 erfolgt die Vorschreibung der Abgabe durch formlose Zahlungsaufforderung.

Gemäß § 1 Abs 4 Wiener Parkometergesetz 2006 ist ein Abgabenbescheid ist zu erlassen, wenn die Abgabepflicht bestritten wird.

Gemäß § 1 Abs 5 Wiener Parkometergesetz 2006 ist die Erlassung eines Abgabenbescheides ohne vorhergehende formlose Zahlungsaufforderung.

Gemäß § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung betrug die Abgabe für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,05 Euro im Jahr ***15*** und 1,10 Euro im Jahr 2020, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist.

§ 5 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung sieht vor, dass die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet gilt.

Nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Das Wesen der Gesamtschuld besteht in einer besonders starken Sicherung des Gläubigers (Ritz/Koran, BAO7, § 6 Rz 2 mHa ).

Im Abgabenrecht liegt es im Ermessen des Abgabengläubigers welcher Gesamtschuldner (Mitschuldner) in Anspruch genommen wird ().

Im Falle eines Gesamtschuldverhältnisses, bei dem zwei Schuldner ein und dieselbe Leistung schulden, liegt die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern im Auswahlermessen der Behörde ().

Bei der Inanspruchnahme eines von mehreren Gesamtschuldnern ist die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Inanspruchnahme nur eines von ihnen entsprechend zu begründen (VwGH 24.10.***14***, 2011/17/0245, mHa Zl. 2002/17/0355).

Dies gilt auch für Gesamtschuldverhältnisse auf Grund des § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung. Auch hier liegt es also im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will ( zu § 1 Abs 3 Wr ParkometerG).

Scheinbar geht der Beschwerdeführer davon aus, dass auch wenn es für die Parkometerabgabe nur einen einzigen Schuldner gibt, die belangte Behörde die Möglichkeit gehabt hätte, die Abgabenschuld nicht festzusetzen. Dazu ist auf das Erkenntnis , zu verweisen, in dem der Gerichtshof dazu wie folgt ausgeführt hat: Die der AbgPfl implizit vorschwebende Lösung, unter bestimmten Voraussetzungen könnte die Erhebung der Steuer im Festsetzungsverfahren nach Lage des Falles unterbleiben, findet im Gesetz keine Deckung (Hinweis E , 16/3023/80, und E , 82/16/0163).

Gemäß § 6 Abs 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Welche dieser "Personen" - in welchem Ausmaß - für doe Abgabenschuld in Anspruch genommen wird, liegt im Ermessen. Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung, die von "Personen", also einer Mehrzahl von Abgabepflichtigen (Mitschuldnern) spricht, ist ersichtlich, dass sie für den Beschwerdefall keine Wirkung hat, da es eben nur eine Person, somit einen Abgabenschuldner, nämlich den Beschwerdeführer, gibt. Eine Auswahl durch die Behörde, bei der diese nach Ermessenskriterien jenen oder jene Mitschuldner bestimmt, die in Anspruch genommen werden, ist dabei nicht möglich.

Im kraftfahrrechtlichen Verwaltungsverfahren ist - wie der Beschwerdeführer ausgeführt hat - die Frage der Rechts- und Prozessfähigkeit nach § 9 AVG zu beurteilen.

§ 9 AVG knüpft die prozessuale Rechts- und Handlungsfähigkeit an die materiellrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit, wobei entscheidend ist, ob die Partei im Zeitpunkt der betreffenden Verfahrensabschnitte in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens sowie der sich aus ihm ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (vgl ). Wie bereits ausgeführt, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass es der Zulassung des beschwerdegegenständlichen Kraftfahrzeuges nicht an der notwendigen Prozessfähigkeit gemangelt hat.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich aber ohnedies unstrittig um den Lenker und Besitzer des beschwerdegegenständlichen Fahrzeuges. Selbst wenn er durch die Zulassung, die auf ihn erfolgte - entgegen der in der Beweiswürdigung dargelegten Auffassung des Bundesfinanzgerichtes - nicht zum "rechtmäßigen" Zulassungsbesitzer geworden wäre, dann wäre er dennoch als Lenker und Besitzer zum Schuldner der Parkometerabgabe geworden. Ein Auswahlermessen der belangten Behörde hätte somit auch in diesem Fall nicht bestanden, da eben nur der Beschwerdeführer nach dem Tatbestand der Abgabenschuldner war.

Wie bereits erwähnt: Die dem Beschwerdeführer implizit vorschwebende Lösung, unter bestimmten Voraussetzungen könnte die Erhebung der Steuer im Festsetzungsverfahren nach Lage des Falles unterbleiben, findet im Gesetz keine Deckung (vgl , mHa Hinweis , und ).

Durch das Abstellen des verfahrensgegenständlichen mehrspurigen Kraftfahrzeuges, dessen Lenker, Besitzer und Zulassungsbesitzer der Beschwerdeführerin im Zeitraum der Abstellung war, in einer ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone, ohne Entrichtung der Parkometerabgabe, entstand somit die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Entrichtung der Parkometerabgabe. Ein Ermessensspielraum (Auswahlermessen) der belangten Behörde, die Parkometerabgabe dem Beschwerdeführer nicht vorzuschreiben, bestand nicht. Somit waren persönliche Verhältnisse des Beschwerdeführers, wie seine gesundheitliche Situation oder seine wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht zu berücksichtigen.

Für die Entstehung der Abgabenschuld betreffend Parkometerabgabe ist auch unbeachtlich, ob der Abgabepflichtige im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld geschäftsfähig war, da die Entstehung der Abgabenschuld sich lediglich auf die Verwirklichung des Tatbestandes bezieht ().

Auch die Höhe des Abgabenbetrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern ist in der Parkometerabgabeverordnung festgelegt und ergibt sich aus der Abstellzeit in Verbindung mit dem jeweiligen Tarif. Gegen die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung hat der Beschwerdeführer auch keine Einwendungen erhoben.

Hinsichtlich der Frage einer allfälligen Verjährung ist der belangten Behörde beizupflichten:

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 207 Abs 1 BAO der Verjährung.

§ 207 Abs 2 BAO sieht vor, dass die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre beträgt.

Gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs 2 leg. cit. mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs 2 leg. cit. ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Für die Parkometerabgabe besteht eine fünfjährige Verjährungsfrist. Im Beschwerdefall liegen Abstellvorgänge aus den Jahren ***15*** und 2020 vor. Folglich begann die Verjährungsfrist am bzw am und lief bis zum bzw .

Somit war hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Abgaben keine Verjährung eingetreten.

Im Ergebnis war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ergab sich die Entscheidung aus dem Gesetzes- bzw Verordnungstext und aus der dazu angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Somit war eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400043.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at