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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2022, RV/7400078/2021

Geschäftsführerhaftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, kein ordnungsgemäßer Gleichbehandlungsnachweis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Matthias Klissenbauer, Trautsongasse 6, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, GZ N-1, vom betreffend Haftung gemäß §§ 6a KommStG und DGAG zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA 6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 1.022,99 zur Haftung herangezogen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
06-12/2012
835,37
Säumniszuschlag
06-12/2012
18,27
Barauslagen
12/2012
8,70
Kommunalsteuer
01-09/2013
61,20
Dienstgeberabgabe
06-12/2013
99,45


Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach § 6a Abs. 1 DGAG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei bis D-2 im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Bemerkt werde, dass die im Konkursverfahren der Gesellschaft erzielte Verteilungsquote in Höhe von 7,79% zur Gänze berücksichtigt worden sei.

Im Zeitraum Jänner bis Mai 2012 bestünden keine offenen Abgabenverbindlichkeiten. Der im Vorhalt vom angeführte Zeitraum 01-12/2012 stelle sich nach erneuter Durchsicht des Kontobildes als unrichtig heraus.

Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz habe der Vertreter vorhandene Mittel zwar nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er dürfe allerdings auch nicht den Abgabengläubiger schlechter behandeln, als alle anderen Gläubiger, er dürfe also nicht andere Verbindlichkeiten vor den Abgabenschulden erfüllen. Seien zwar Geldmittel vorhanden, reichten sie aber nicht zur Deckung aller fälligen Verbindlichkeiten aus, müssten - damit dem Gleichheitsgrundsatz entsprochen werde - alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt werden (, 82/14/0070-0072).

Von einer anteiligen Begleichung könne nicht gesprochen werden, wenn zB die Löhne zur Gänze ausbezahlt und die Abgaben nicht entrichtet würden, denn zur Vermeidung eines haftungsrelevanten Verschuldens hätten die anfallenden Abgabenverbindlichkeiten zumindest anteilig entrichtet werden müssen und die Löhne nur in entsprechend geringerem Ausmaß ausbezahlt werden dürfen (; ).

Im gegenständlichen Fall seien laut Aktenlage zwar die Löhne und Gehälter im Haftungszeitraum ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben jedoch nicht entrichtet worden. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Haftungspflichtige somit seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er habe also darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe (vgl. ).

Es werde jedoch andererseits nach dem Verfassungsgerichtshof () das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt, wenn - insbesondere in Anbetracht des offenkundigen Umstandes, dass neben der betreffenden Abgabenschuld weitere Verbindlichkeiten im Konkursverfahren bestanden hätten - ohne weiteres Ermittlungsverfahren davon ausgegangen werde, dass der Geschäftsführer für die Abgabenschuld zur Gänze hafte.

Wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung erkenne, dürfe die Nachweispflicht nicht überspannt und so aufgefasst werden, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre ().

Im gegenständlichen Fall wäre insbesondere leicht feststellbar gewesen, dass im Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin Verbindlichkeiten von € 953.399,52 angemeldet worden seien. Es seien daher keineswegs alle anderen Gläubiger befriedigt worden, während der Magistrat im Vergleich dazu zu 100% benachteiligt worden wäre. Aus den Forderungsanmeldungen wäre auch einfach feststellbar gewesen, dass diese Verbindlichkeiten in den selben Zeiträumen angefallen seien, in denen auch die gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten entstanden seien.

Auch nach der Lebenserfahrung werde davon auszugehen sein, dass eine allfällige Benachteiligung zwar zum Teil vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgt sei, da die geforderte aliquote Bezahlung de facto nur selten erfolge. Üblicherweise sei jedoch auch nicht anzunehmen, dass alle anderen Gläubiger vollständig bezahlt worden seien, während der Magistrat überhaupt keine Zahlungen mehr erhalten habe, sodass sich die Haftung betragsmäßig auf den Betrag reduziere, der bei einer aliquoten Gläubigergleichbehandlung bezahlt worden wäre.

Wenn erhebliche sonstige Verbindlichkeiten nachweisbar vorhanden seien, sei jedenfalls im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur nicht zulässig, ohne weitere Ermittlungen von einer 100%igen Benachteiligungsquote auszugehen, sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund rechtswidrig sei.

Hinsichtlich der Umstände des Einzelfalles sei weiters darauf hinzuweisen, dass der Abgabenschuldnerin mit Bescheid der MA 6 vom Zahlungserleichterungen gewährt worden seien, sodass der Rückstand nicht mehr fällig gewesen sei. Die Fälligkeit der Raten November und Dezember 2012 seien von der MA 6 am bis verlängert worden. Den Geschäftsführer treffe bzw. habe keine Verpflichtung getroffen, den Magistrat vor den anderen Gläubigern zu begünstigen und nicht fällige Verbindlichkeiten vorrangig zu bedienen.

Hintergrund dieser Zahlungsvereinbarung sei gewesen, dass die Gesellschaft die betrieblichen Tätigkeiten bereits mangels Verfügbarkeit liquider Mittel im Mai 2012 vollständig eingestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt seien daher auch keine anderen Gläubiger im Verhältnis zum Magistrat bevorzugt worden bzw. wäre dies mangels verfügbarer Mittel auch nicht möglich gewesen.

Die Ratenzahlungen - nicht nur an den Magistrat, sondern auch an andere Gläubiger - seien wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft nicht durch diese erfolgt, sondern bereits aus privaten Mitteln des Geschäftsführers, der aufgrund von erhofften Zahlungen, die jedoch letztlich nicht erfolgt seien, zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen sei, eine Insolvenz der Gesellschaft unter Umständen allenfalls abwehren zu können.

Beweis: Kontoauszüge vom , ,

Es werde mangels Vorliegens der Haftungsvoraussetzungen daher beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. die Haftung auf € 0,00 zu reduzieren.

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Mit Schreiben vom der MA 6 wurde der Bf. eingeladen, eine monatliche Aufschlüsselung der Abgabenbeträge sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung, jeweils für den Zeitraum Jänner 2012 bis September 2013, vorzulegen.

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit falle:

- eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats)

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

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Mit Schreiben vom ersuchte der Bf. um Fristverlängerung und wies vorsichtshalber darauf hin, dass sich unabhängig davon bereits aus dem Vorbringen in der Beschwerde ableiten lasse, dass die Zahlungen an die Gläubiger bereits von dritter Seite bzw. aus privaten Mitteln des Geschäftsführers erfolgen hätten müssen, da im Unternehmen selbst keine Liquidität mehr vorhanden gewesen sei. Eine Gläubigerbenachteiligung zu Lasten des Magistrats sei daher insoweit nicht erfolgt. Ausdrücklich werde vorsichtshalber weiters die Beischaffung des Insolvenzakts der Gesellschaft beantragt, da sich aus den Forderungsanmeldungen der Gläubiger jedenfalls ableiten lasse, dass diese in den gegenständlichen Zeiträumen nicht mehr bezahlt worden seien.

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Die geforderten Aufgliederungen und Gleichbehandlungsnachweise wurden jedoch trotz des Fristverlängerungsantrages nicht erbracht.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO ausgeführt:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Dem Beschwerdevorbringen werde Folgendes entgegengehalten:

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden.

Reichten die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten einer Gesellschaft nicht aus, hafte der Geschäftsführer nur dann nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn er nachweise, dass die zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Erbringe der Geschäftsführer diesen Nachweis nicht bzw. könne er auch nicht den Beweis führen, dass er trotz des Fehlens ausreichender Mittel seiner Gleichbehandlungspflicht nachgekommen sei, so sei die Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Konsequenterweise hafte der Geschäftsführer dann für die (von der Haftung betroffenen) Abgabenschulden zur Gänze.

Der Bf. sei deshalb aufgefordert worden, zum Nachweis dafür, dass er den Abgabengläubiger nicht benachteiligt habe, eine Liquiditätsaufstellung vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er jedoch nicht nachgekommen.

Er habe sohin keinen Nachweis erbracht, dass die im Haftungszeitraum vorhandenen Mittel der Gesellschaft anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hafte der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze, wenn er dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderhandle bzw. keinen entsprechenden Nachweis der Gleichbehandlung erbringe.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet würden.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und wies insbesondere darauf hin, dass die vor Insolvenzeröffnung noch durchgeführten Zahlungen mangels Vermögenslosigkeit der Gesellschaft bereits von dritter Seite und nicht durch die Gesellschaft erfolgt seien. Unabhängig davon, dass dies durch Vorlage der Zahlungsbelege nachgewiesen worden sei, sei glaubhaft und nachvollziehbar, dass die Zahlungen nicht aus privaten Mitteln vorgenommen worden wären, wenn die Gesellschaft noch in der Lage gewesen wäre, die Verbindlichkeiten zumindest teilweise zu bedienen.

Sonstige Ermittlungstätigkeiten habe die Behörde nicht erkennbar vorgenommen und insbesondere die ohne erheblichen Aufwand feststellbaren sonstigen Verbindlichkeiten im Verfahren der Insolvenz der Primärschuldnerin vollständig unberücksichtigt gelassen.

Dies sei entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur unzulässig, umso weniger nachvollziehbar, als seit dem gegenständlichen Zeitraum nun bereits sieben Jahre vergangen seien, sodass für eine Ermittlungstätigkeit ausreichend Zeit gewesen wäre, für den Bf. andererseits aber eine Rekonstruktion zunehmend schwieriger geworden sei.

Die Behörde sei daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Nachweis der Erfüllung des Gleichbehandlungsgebots nicht erbracht worden sei, (nur) weil die formalmäßig angeforderte Liquiditätsaufstellung in dieser Form nicht vorgelegt worden sei.

Die von der Behörde - erst rund acht Monate nach Erhebung der Beschwerde - angeforderte Liquiditätsaufstellung sei jedoch keineswegs der einzige zulässige Nachweis der Gläubigergleichbehandlung. Die nach der Judikatur des VwGH bestehende Nachweispflicht könne nicht dadurch überspannt werden, dass die Behörde nicht nur jegliche eigene Ermittlung unterlasse und noch dazu dem Bf. die Form des Nachweises auferlege, obwohl mittels einfacher rechnerischer Operationen aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde inhaltlich zwangslos feststellbar sei, dass keine Gläubigerbenachteiligung erfolgt sei:

Da der Bf. überzeugend dargelegt habe, dass aus den Mitteln der Gesellschaft im fraglichen Zeitraum keine anderen Gläubiger mehr bezahlt worden seien und hätten bezahlt werden können, sei eine Benachteiligung der Behörde rechnerisch nur mit € 0,00 möglich und tatsächlich auch nicht eingetreten. Benachteiligende Zahlungen könnten schon deswegen nicht (anders) nachgewiesen werden, weil sie nicht erfolgt seien. Das Konto der Gesellschaft sei bereits im März 2012 mit - € 18.905,01 überzogen gewesen, sodass keine Zahlungen an Gläubiger möglich gewesen wären.

Beweis: Kontoauszug vom

Nach einem Konkursantrag der Wiener Gebietskrankenkasse im Juni 2012 seien mit den Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen worden, wobei die Raten in den Folgemonaten von dritter Seite bezahlt worden seien.

Beweis: Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom , Kontoauszug vom

Im Juni 2012 sei auch die betriebliche Tätigkeit eingestellt worden, sodass keine weiteren Verbindlichkeiten entstehen hätten können und entstanden seien.

Beweis: Ruhendmeldungen vom

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien um Bekanntgabe, ob die haftungsgegenständlichen Abgaben bescheidmäßig festgesetzt oder im Haftungsbescheid erstmals geltend gemacht bzw. antragsgemäß verbucht worden seien.

Außerdem wurde um monatsweise Aufschlüsselung sämtlicher haftungsgegenständlicher Abgaben ersucht, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen nicht zulässig sei, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt worden sei, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten zu erstellen bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen, sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit der Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig sei.

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In Beantwortung des Vorhaltes gab der Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom bekannt, dass die in Haftung gezogenen Barauslagen mit Bescheid vom festgesetzt worden seien. Der Säumniszuschlag sei mit Bescheid vom festgesetzt worden.

Was die in Haftung gezogene Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe betreffe, müsse festgehalten werden, dass diese Abgaben von der Gesellschaft selbst berechnet und mit jeweiligen Jahreserklärungen festgesetzt worden seien. Diese Abgabenbeträge seien von der Behörde für richtig befunden worden, weshalb keine Bemessungsbescheide zu erlassen gewesen seien.

Der Bf. habe der Behörde die Dienstgeberlohnkonten 2012 und 2013 zur Verfügung gestellt. Anhand dieser Unterlagen könne sie nunmehr die aktuellen Haftungsbeträge wie folgt aufgliedern:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
06/2012
810,53
Säumniszuschlag
06/2012
24,84
Kommunalsteuer
07/2012
16,21
Säumniszuschlag
07/2012
2,06
Kommunalsteuer
06/2013
59,81
Kommunalsteuer
08/2013
8,25
Dienstgeberabgabe
05/2012
13,93
Dienstgeberabgabe
06/2012
85,52


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Mit Schreiben vom wurde der Bf. ersucht, den im Rahmen der einem Geschäftsführer auferlegten Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus, in Form einer Gegenüberstellung aller liquiden Mittel und fälligen Verbindlichkeiten (wobei auch die Zug-um-Zug-Geschäfte zu berücksichtigen sind) zum jeweiligen Fälligkeitstag der unten angeführten haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits sowie die Verwendung der vorhandenen Mittel ankommt (auch zur Bezahlung der Zug-um-Zug-Geschäfte), vorzulegen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Kommunalsteuer
06/2012
810,53
Dienstgeberabgabe
06/2012
85,52
Kommunalsteuer
07/2012
16,21
Säumniszuschlag
06/2012
24,84
Säumniszuschlag
07/2012
2,06
Kommunalsteuer
06/2013
59,81
Kommunalsteuer
08/2013
8,25


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In Beantwortung dieses Ersuchens übermittelte der Bf. mit Schreiben vom eine Aufstellung, aus der sich ergebe, dass, wie bereits im ersten Rechtsgang vorgebracht worden sei, keine Benachteiligung der Behörde eingetreten sei und ihm daher keine haftungsbegründende Verletzung von abgabenrechtlichen Pflichten vorgeworfen werden könne, sodass von der Geltendmachung der Haftung richtigerweise abzusehen wäre.

Festzuhalten sei im Hinblick auf das vorangegangene Verfahren nochmals, dass die betriebliche Tätigkeit der Gesellschaft bereits im Juni 2012 vollständig eingestellt worden sei. Dies sei einerseits wegen der finanziellen Situation der Gesellschaft notwendig, aber auch für die Erlangung einer Ratenvereinbarung mit der Wiener Gebietskrankenkasse erforderlich gewesen, da diese die Zustimmung davon abhängig gemacht habe, dass keine neuen Sozialversicherungsbeiträge anfielen. Es habe damals dort inklusive März 2012 bereits ein Beitragsrückstand von € 145.958,88 bestanden. Nur unter dieser Voraussetzung habe bereits damals die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch abgewendet werden können.

Die Gesellschaft habe ab diesem Zeitpunkt und damit für alle hier gegenständlichen Stichtage über keine eigene Liquidität mehr verfügt, da keine Umsätze mehr erzielt worden seien. Die in der angefügten Tabelle berücksichtigten Zahlungen seien bereits von dritter Seite durchgeführt, aber nunmehr dennoch entsprechend der ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes berücksichtigt worden. Dennoch ergebe sich, dass die Behörde in einem höheren Ausmaß Befriedigung erlangt habe als die übrigen Gläubiger.

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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Magistrat der Stadt Wien das Schreiben des Bf. samt Quotenberechnung zur Kenntnis und gab ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme.

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Der Magistrat der Stadt Wien gab daraufhin mit Schreiben vom folgende Stellungnahme ab:

Der Bf. halte in seiner Aufstellung zum Stichtag einen Rückstand (Magistrat) in Höhe von Euro 13.113,75 fest. Davon seien Euro 5.500,00 per bezahlt worden. Aus der Aktenlage gehe jedoch hervor, dass dies nicht der Richtigkeit entsprechen könne. Wie aus der Rückstandsaufgliederung vom ersichtlich sei, belaufe sich der Kommunalsteuerrückstand für Juni 2012 (fällig am ) und Juli 2012 (fällig am ) inklusive der Säumniszuschläge auf 853,64 Euro. Der Rückstand an Dienstgeberabgabe für Mai 2012 (fällig am ) und Juni 2012 (fällig am ) betrage 99,45 Euro. Auf diese Beträge seien keine Zahlungen geleistet worden. Die vom Bf. berechnete Tilgungsquote sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar und scheine daher falsch zu sein.

Dass die Zahlungen nach dem Stichtag von dritter Seite finanziert worden seien, spiele dabei keine Rolle, da betreffend die Kommunalsteuer das Zuflussprinzip gelte. Entscheidend sei, ob der Vorteil seine Wurzel im Dienstverhältnis habe. Treffe dies zu, so fielen unter den Begriff Bezüge und sonstige Vorteile sowohl solche, die den Dienstnehmern unmittelbar vom Arbeitgeber zuflössen, als auch solche Bezüge und Vorteile, die den Dienstnehmern nur mittelbar von dritter Seite zukämen. Auch wenn die Löhne und Gehälter von dritter Seite bezahlt worden seien, sei für diese Kommunalsteuer und für die entsprechenden Dienstverhältnisse Wiener Dienstgeberabgabe abzuführen.

Wie man aus dem Dienstgeberlohnkonto 2013 entnehmen könne, seien auch nach dem Juni 2012 noch Löhne und Gehälter ausbezahlt worden. Es sei dabei mit Ausnahme von Juni 2013 und August 2013 zwar keine Kommunalsteuer angefallen, weil die Höhe der Bemessungsgrundlagen stets unter die Freibetragsgrenze gefallen seien, es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass auch nach dem Juni 2012 - wenn auch nur im geringen Ausmaß - noch andere Verbindlichkeiten beglichen worden seien.

Im Fazit sei die vom Bf. vorgelegte Aufstellung von der Behörde als untauglich zu bewerten. Die Aufstellung zeige sich so stark reduziert, dass weder Transparenz noch Nachvollziehbarkeit gegeben sei. Die Tilgungsquote Magistrat sei in keiner Weise nachvollziehbar und decke sich nicht mit der Aktenlage.

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Mit Vorhalt vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien zur Kenntnis und gab ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Dazu wurde informativ festgestellt, dass der nach Abzug der zum Fälligkeitstag errechneten Quote verbleibende Restbetrag bei der Ermittlung des anteiligen Haftungsbetrages jeweils zu den folgenden Fälligkeitszeitpunkten mit zu berücksichtigen seien, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten nicht mit dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit ende, sondern erst mit ihrer Abstattung ().

Daher könnte ein (verbesserter) Gleichbehandlungsnachweis erst nach Bekanntgabe der den Fälligkeitszeitpunkten folgenden Zahlungen (auch von dritter Seite) sowie der daraus für die Gesamtverbindlichkeiten errechneten Quoten Berücksichtigung finden.

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In Beantwortung des Vorhaltes nahm der Bf. mit Schriftsatz vom wie folgt Stellung:

Zunächst sei zur Entscheidung , festzuhalten, dass - wie bereits mehrfach vorgebracht worden sei - die spätere Schuldnerin bzw. Abgabenschuldnerin im gegenständlichen Zeitraum und bis zur Insolvenzeröffnung über keinerlei liquide Mittel mehr verfügt habe.

Wie ebenfalls bereits vorgebracht worden sei, seien die angeführten Zahlungen von dritter Seite finanziert worden, sodass in der Berechnung bereits auf die Entscheidung VwGH 2020/13/0108 vom Bedacht genommen worden sei. Mit Ausnahme der angeführten Zahlungen habe keine Liquidität bestanden und seien auch keine weiteren finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt worden, sodass auch keine weiteren Zahlungen erfolgt seien und insoweit keine Änderung der Berechnungsweise vorzunehmen sei.

Zum Schreiben der Behörde vom bzw. den darin dargestellten Berechnungen sei festzuhalten, dass der Rückstand der Abgaben per nicht nur, wie von der Behörde angegeben worden sei, € 853,64 bzw. € 99,45 betragen habe. Es hätten zu diesem Zeitpunkt bereits Abgabenschulden von € 13.113,75 bestanden, die daher auch richtig in der Berechnung zu Grunde gelegt worden seien.

Beweis: Bescheid Magistrat der Stadt Wien BH 33 vom

Die Argumentation der Behörde eines Rückstands von nur € 953,09 könne daher insoweit nicht nachvollzogen werden, als bei der Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes jedenfalls nicht bloß auf die Monate Juni und Juli 2012 abgestellt werden könne bzw. rechtlich auch nicht relevant sei, ob die erfolgten Zahlungen von der Behörde auf diese Abgabenzeiträume oder die Vorperioden gewidmet worden seien. Bei einem Rückstand von nur € 953,09 wäre es sogar zu einer Überzahlung gekommen, sodass sich die Frage der Haftung für nicht einbringliche Abgabenrückstände gar nicht stellen würde.

Aktenkundig sei jedenfalls, dass seitens der Behörde im Insolvenzverfahren zu ON 13 letztlich nur mehr ein Betrag von € 1.149,56 (ohne Berücksichtigung der nicht haftungsrelevanten Schätzung von € 35.631,94) angemeldet worden sei.

Beweis: Auszug aus dem Anmeldungsverzeichnis N-2 HG Wien

Allein aus diesen bereits aktenkundigen Zahlen und dem Umstand, dass dieser Rückstand nur mehr 8,7660% des Rückstands von Juli 2012 betrug und die Gesamtrückführungsquote zwischen Juli 2012 und Konkurseröffnung schon aufgrund der bei der Behörde aktenkundigen Daten 91,234% haben müsse, lasse sich daher zwanglos ableiten bzw. errechnen, dass der Großteil des Abgabenrückstandes rückgeführt worden sei und daher keine Benachteiligung, sondern eine Begünstigung der Behörde festzustellen sei.

Beweis: Beschaffung der vollständigen Forderungsanmeldungen aus dem Akt N-2 HG Wien
Einholung eines Sachverständigengutachtens im Bereich Buchwesen

In diesem Zusammenhang sei daher der Vollständigkeit halber nochmals auf die Entscheidung VwGH 2012/08/0227 vom hinzuweisen, wonach die den Haftungspflichtigen treffende Nachweispflicht nicht überspannt und so aufgefasst werden könne, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Dies erscheine im konkreten Fall schon deswegen bedeutsam, da aktenkundig und nachweislich von einer Rückführungsquote von 91,234% auszugehen sei.

Mit der Darstellung der Behörde vom , in der maßgebliche Teile der Berechnungsgrundlagen, insbesondere die Höhe der Abgabenrückstände, offenkundig übergangen würden, vermöge die Behörde dem Nachweis des Beschwerdeführers fachlich nicht auf Augenhöhe entgegenzutreten.

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass sämtliche Zahlungen der Behörde bereits mit dem Vorlageantrag vom nachgewiesen worden seien. Sofern die Behörde die Rechtsansicht vertreten habe, dass dies für die Gesamtdarstellung zu berücksichtigen gewesen wäre bzw. die Berechnung anders durchzuführen gewesen wäre, hätte sie dies bereits spätestens seit April 2019 aufgrund des vorliegenden Zahlenmaterials mit Anwendung einfacher Rechenschritte vornehmen können.

Der Bf. wiederhole daher den Antrag auf Stattgebung der Beschwerde.

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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Magistrat der Stadt Wien den Schriftsatz des Bf. zur Kenntnis und ersuchte um Stellungnahme sowie Vorlage des Abgabenkontos der G-1 betreffend Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben samt Säumniszuschlägen ab bis dato.

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In Beantwortung des Ersuchens übermittelte die MA 6 am die gewünschten Kontoauszüge und gab folgende Stellungnahme ab:

Der vom Bf. ins Treffen geführte Abgabenrückstand von € 13.113,75 zum Stichtag betreffe überwiegend Abgaben, die für Zeiträume vor dem gegenständlichen Haftungszeitraum entstanden seien. Deren Abstattung sei insoweit berücksichtigt worden, dass sich dadurch der ausstehende Abgaben- bzw. potentielle Haftungsbetrag und der Haftungszeitraum reduziert habe. Für die Berechnung einer Gläubigergleichbehandlung würde eine nochmalige Berücksichtigung dieser Zahlungen im Haftungszeitraum somit eine unzulässige Doppelberücksichtigung bedeuten.

Wenn man diese Zahlungen für die Berechnung einer Gläubigergleichbehandlung heranziehen wollte, müsste man gleichzeitig aber auch die Zeiträume, deren Abgaben nicht fristgerecht entrichtet worden seien und somit zu dem angeführten Rückstand in Höhe von € 13.113,75 geführt hätten, bei der Berechnung einer Gläubigergleichbehandlung berücksichtigen. Es wäre dann auch für diese Monate eine entsprechende Gleichbehandlungsquote zu errechnen.

Im Übrigen werde auf ihr bisheriges Vorbringen und das Erkenntnis des verwiesen.

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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. die Stellungnahme des Magistrates der Stadt Wien zur Kenntnis und bot ihm Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

Dazu wurde außerdem informativ festgestellt, dass ein Gleichbehandlungsnachweis, wie von der Abgabenbehörde vorgeschlagen, für die angesprochenen bereits getilgten Abgaben nicht zu erbringen sei, zumal diese auch nicht im Haftungsbescheid enthalten und damit nicht verfahrensgegenständlich seien.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. ergänzend um Beantwortung nachstehender Fragen und Vorlage der angesprochenen Unterlagen:

In Entsprechung des Auftrages des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0108, Rz 33, mit dem die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400035/2020, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden sei, werde um Vorlage folgender Buchhaltungsunterlagen für den Zeitraum vom (älteste Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben) bis D-1 (Konkurseröffnung) ersucht:

  1. Kassabuch

  2. Bankkonten

  3. Konten über sonstige Vermögensbestandteile, insbesondere Forderungen

  4. Verrechnungskonten mit der Gesellschafterin bzw. mit ihm als Geschäftsführer

Weiters werde um Bekanntgabe ersucht, weshalb die Stammeinlage von der Gesellschafterin der G-1, der G-2, nur zur Hälfte eingezahlt worden und weshalb eine Aufforderung zur Einzahlung der offenen Stammeinlage unterblieben sei.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes könne der mit Schreiben vom vorgelegte Gleichbehandlungsnachweis aus folgenden Gründen nicht zutreffen:

  1. Anführung einer einzigen Zahlung vom und

  2. danach gleichbleibende Höhe der aushaftenden Verbindlichkeiten

  3. trotz des Verweises des Bf. im Vorlageantrag, dass im Juni 2012 mit den Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen worden seien,

  4. wobei die Raten in den Folgemonaten von dritter Seite bezahlt worden seien, die aber nach der genannten Judikatur des VwGH liquide Mittel der Gesellschaft darstellten und gleichmäßig zu verteilen gewesen wären,

  5. zumal nach dem vom Bf. unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Abgabenbehörde vom aus den Lohnkonten entnommen werden könne, dass auch nach dem Juni 2012 noch Löhne und Gehälter ausbezahlt worden seien.

Es werde dem Bf. daher nochmals Gelegenheit zur Erbringung eines ordnungsgemäßen Gleichbehandlungsnachweises für den Zeitraum bis D-1 unter Angabe folgender Daten gegeben:

  1. Höhe der eventuell vorhandenen liquiden Mittel (zB Bank, Kassa, etc.) sowie Zeitpunkt und Höhe ihrer Verwendung,

  2. Zeitpunkt und Höhe der Bezahlung der Gesellschaftsschulden (zB Magistrat, GKK, Finanzamt, Bank, Lieferanten, Arbeitnehmer, etc.) von dritter Seite,

  3. Höhe der beim Magistrat der Stadt Wien aushaftenden Abgabenschulden (zum einen der Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben 01-05/2012 in Höhe von € 13.113,75 und zum anderen auch der haftungsgegenständlichen Abgaben im Gesamtbetrag von € 1.022,99) sowie davon getrennt der übrigen Verbindlichkeiten jeweils vor dem Zeitpunkt ihrer (teilweisen) Entrichtung.

Zur Berechnung werde auf den Hinweis im Ergänzungsersuchen vom verwiesen und die Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben bekanntgegeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Dienstgeberabgabe
05/2012
13,93
Kommunalsteuer
06/2012
810,53
Dienstgeberabgabe
06/2012
85,52
Kommunalsteuer
07/2012
16,21
Säumniszuschlag
06/2012
24,84
Säumniszuschlag
07/2012
2,06
Barauslagen
12/2012
8,70
Kommunalsteuer
06/2013
59,81
Kommunalsteuer
08/2013
8,25


---//---

In Beantwortung des Ersuchens gab der Bf. mit Schreiben vom Folgendes bekannt:

Anzumerken sei, dass die Anforderungen am erstatteten - und seitens der Behörde unwidersprochenen - Vorbringen insofern vorbeigehen, als in den gegenständlichen Zeiträumen nur mehr Zahlungen von dritter Seite an Gläubiger erfolgt seien, was bekanntlich auch Gegenstand der Entscheidung des VwGH im Verfahren gewesen sei. Diese Zahlungen fänden sich daher gerade nicht in den Buchhaltungsunterlagen, Bankkontoauszügen und Kassabelegen der Gesellschaft. Für die gewünschte neuerliche Aufarbeitung müsse versucht werden, diese Zahlungen zu rekonstruieren, wobei anzumerken sei, dass dem Bf. bis zur Entscheidung des VwGH im Mai 2021 nicht bekannt gewesen sei und nicht habe bekannt sein können, dass diese Zahlungen für den Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt heranzuziehen seien. Wie in der Revision des Magistrats angeführt sei, sei diese Rechtsfrage bis dahin von der Judikatur nicht behandelt und beantwortet worden, sodass ihm auch nicht angelastet werden könne, dass diese rund 10 Jahre alten Privatbelege, die nicht Teil der Buchhaltung des Unternehmens seien, nicht mehr kurzfristig bereitlägen.

Seitens des Bf. sei (nur) mit jenen Gläubigern, die wegen des vorangegangenen Konkurseröffnungsantrags beim Insolvenzgericht aktenkundig gewesen seien, eine Ratenvereinbarung getroffen worden und seien diese Raten mangels liquider Mittel nicht aus dem Unternehmen, sondern eben von dritter Seite bezahlt worden. Vom Insolvenzgericht angefragt würden gerade die öffentlich-rechtlichen Gläubiger Finanzamt, Magistrat, ÖGK und BUAK, da über private Gläubiger im Insolvenzeröffnungsverfahren keine Daten auflägen.

Der Abschluss der Ratenvereinbarungen sei mit dem Zweck erfolgt, eine Konkurseröffnung abzuwehren und die Chance auf eine außergerichtliche Sanierung zu wahren. Letztere sei nach dem damaligen Wissensstand erstrebenswert und möglich erschienen, wobei sich diese Annahmen jedoch ex post als unrichtig herausgestellt hätten, z.B. hinsichtlich der Verwertbarkeit der Werkstatt der Schuldnerin und erzielbarer Förderungen.

Dass sonst keine Gläubiger befriedigt worden seien, sei schon deswegen äußerst lebensnah, da nur diese Mittel drittfinanziert worden seien, die unbedingt zur Vermeidung des Konkursverfahrens hätten aufgebracht werden müssen, nicht aber Zahlungen an Privatgläubiger zu finanzieren, die im Insolvenzeröffnungsverfahren gar nicht aktenkundig gewesen seien. Sollte es durch die Drittzahlungen zur Benachteiligung von Gläubigern gekommen sein, wären dies daher gerade die nicht öffentlich-rechtlichen Gläubiger, während Magistrat, ÖGK und Finanzamt durch die Drittmittel bevorzugt worden seien.

Die Höhe der liquiden Mittel des Unternehmens seien bereits mehrfach im Verfahren zutreffend mit € 0,00 angegeben worden. Dass auch die bereits vorgelegten Zahlungen von dritter Seite erfolgt seien, ergebe sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Belegen.

Aus rechtlicher Sicht nicht richtig sei aber jedenfalls die Rechtsansicht, der im Juli 2012 vorhandene Rückstand von € 13.113,75 wäre für die Bewertung irrelevant. Wie sich aus dem vorgelegten Anmeldungsverzeichnis ergebe, habe der Magistrat im Verfahren - abgesehen von einer nicht relevanten Schätzung von € 35.631,94 - nur € 1.149,56 angemeldet. Das heiße rechnerisch, dass nach den Daten der Behörde selbst (und auch ohne ergänzende Nachweise) zwischen Juli 2012 und Konkurseröffnung € 11.964,19 bezahlt worden seien, was einer Tilgungsquote von über 91% entspreche. Die Annahme, dass andere Gläubiger im selben Ausmaß bedient worden wären, widerspreche nicht nur der Lebenserfahrung, sondern auch den Daten des Anmeldungsverzeichnisses.

Es erscheine bemerkenswert, dass die Behörde den im Juli 2012 vorhandenen Rückstand von € 13.113,75 auch in der Stellungnahme vom völlig ignoriere, sodass es dem Beschwerdeführer oblegen gewesen sei, mit Schreiben vom unter Verweis auf den Bescheid vom darauf hinzuweisen, dass die hier verfahrensgegenständlichen Haftungsbeträge unabhängig von der Tilgung anderer Verbindlichkeiten so nicht einmal nachvollziehbar seien. Gerade dann, wenn man wie im Vorhalt angeführt unterstelle, dass die Gleichbehandlungspflicht bis zur Insolvenzeröffnung aufrecht gewesen sei, wäre zwingend auf den Gesamtrückstand, den gesamten Zeitraum bis Insolvenzeröffnung und die erhebliche teilweise Tilgung desselben im erwähnten Ausmaß, nicht aber auf die Beträge einzelner Monate isoliert abzustellen gewesen, auf die - aus welchen Gründen auch immer - keine Zahlungen angerechnet worden seien.

Der angefochtene Bescheid sei daher nicht nur materiell rechtswidrig, sondern auch mangelhaft begründet und aktenwidrig, da die behauptete Benachteiligung bzw. abgabenrechtliche Pflichtverletzung nicht einmal ziffernmäßig mit den Rückständen laut Abgabenkonto bzw. dem Bescheid vom Juli 2012 übereinstimme.

Es sei daher zusammenfassend nicht der Gleichbehandlungsnachweis ergänzungsbedürftig, sondern der Haftungsbescheid rechtswidrig:

Es werde - wie bereits ausgeführt worden sei - nach dem VfGH (E 559/2014 vom ) das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt, wenn - insbesondere in Anbetracht des offenkundigen Umstandes, dass neben der betreffenden Abgabenschuld weitere Verbindlichkeiten bestanden hätten - ohne weiteres Ermittlungsverfahren davon ausgegangen werde, dass der Geschäftsführer für die Abgabenschuld zur Gänze hafte. Dies müsse umso mehr hier gelten, wenn nach dem Aktenstand davon auszugehen sei, dass rund 91% der Rückstände im fraglichen Zeitraum bezahlt worden seien, zumal zu unterstellen sei, dass die Behörde jeweils den richtigen Rückstand im Bescheid vom Juli 2012 angeführt und später im Insolvenzverfahren angemeldet habe.

Wie ebenfalls bereits betont worden sei, dürfe die Nachweispflicht nicht überspannt und so aufgefasst werden, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (). Auch dies müsse besonders hier gelten bzw. könne nicht im Haftungsverfahren dazu führen, dass seitens der Behörde beliebige Einzelmonate bzw. Beträge isoliert herausgegriffen würden und nicht einmal berücksichtigt werde, welche Tilgung insgesamt eingetreten sei.

Aus Sicht des Bf. wäre die Angelegenheit daher unbeschadet des Vorliegens ergänzender Nachweise entscheidungsreif, da der Bescheid rechtswidrig, in sich unschlüssig und mangelhaft begründet sei; dies vor allem, weil sich eine 100%ige Benachteiligung nicht einmal aus den Daten des Abgabenkontos des Magistrats ergebe, sodass eine gegenteilige Annahme verfassungswidrig wäre.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Dienstgeberabgabe

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (DGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Haftungsvoraussetzungen

- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben

Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass die in Haftung gezogenen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben von der Gesellschaft selbst berechnet und mit jeweiligen Jahreserklärungen festgesetzt wurden. Da diese Abgabenbeträge vom Magistrat der Stadt Wien für richtig befunden wurden, wurden diese Nachforderungen nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern als zusammengefasste Abgaben gemäß § 224 Abs. 1 und 3 BAO im Haftungsbescheid erstmals geltend gemacht.

Allerdings war nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen für die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben aufzugliedern waren:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
06/2012
810,53
Säumniszuschlag
06/2012
24,84
Kommunalsteuer
07/2012
16,21
Säumniszuschlag
07/2012
2,06
Kommunalsteuer
06/2013
59,81
Kommunalsteuer
08/2013
8,25
Dienstgeberabgabe
05/2012
13,93
Dienstgeberabgabe
06/2012
85,52


Die haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge 06/2013 und 07/2013 sowie die Barauslagen wurden hingegen mit Bescheiden vom bzw. vorgeschrieben.

Diese von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilten Umstände wurden dem Bf. zur Kenntnis gebracht und blieben unwidersprochen.

Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 der über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Konkurs nach Schlussverteilung der die haftungsgegenständlichen Abgaben vermindernden Quotenzahlungen von € 78,61 und € 8,40 aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-2 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Vertreterstellung

Unbestritten ist, dass der Bf. im Zeitraum vom D-4 bis D-1 (Konkurseröffnung) Geschäftsführer der genannten GmbH war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben Kommunalsteuern gemäß § 11 Abs. 2 KommStG, Dienstgeberabgaben gemäß § 6 Abs. 1 DGAG, Säumniszuschläge gemäß § 217a Z 2 BAO und Barauslagen gemäß § 210 Abs. 1 BAO wie folgt fällig waren:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Dienstgeberabgabe
05/2012
13,93
Kommunalsteuer
06/2012
810,53
Dienstgeberabgabe
06/2012
85,52
Kommunalsteuer
07/2012
16,21
Säumniszuschlag
06/2012
24,84
Säumniszuschlag
07/2012
2,06
Barauslagen
12/2012
8,70
Kommunalsteuer
06/2013
59,81
Kommunalsteuer
08/2013
8,25


Daraus erhellt, dass der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Aus dem Einwand des Bf., dass mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom Zahlungserleichterungen gewährt worden seien, sodass der Rückstand nicht mehr fällig gewesen sei, lässt sich nichts gewinnen, weil es sich bei dem damals in Höhe von € 13.113,75 aushaftenden Rückstand um die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben 01-05/2012 gehandelt hat, die jedoch nicht haftungsgegenständlich sind.

Die nunmehr zur Haftung herangezogenen Abgaben wurden erst am , sowie auf dem Abgabenkonto gebucht und konnten daher im von der Bewilligung der Zahlungserleichterung laut Bescheid vom umfassten Abgabenrückstand nicht enthalten sein.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Dem Vorbringen des Bf., dass die Ratenzahlungen sowohl an den Magistrat als auch an andere Gläubiger aus seinen privaten Mitteln geleistet worden seien, da die Gesellschaft ihre betriebliche Tätigkeit bereits im Mai 2012 eingestellt und daher über keine liquiden Mittel mehr verfügt habe, ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0108, entgegenzuhalten, wonach ein Geschäftsführer der Verpflichtung zur Gleichbehandlung des Abgabengläubigers dann unterliegt, wenn er eigene Mittel der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Dieses Zur-Verfügung-Stellen bewirkt (auch bei Direktzahlung an den Gläubiger), dass es sich damit um Mittel der Abgabepflichtigen handelt.

Dass die Zahlung von ihm nicht zu beeinflussen war (etwa bei einer Drittschuldnerexekution gegen ihn persönlich), bei der eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung nicht bestünde, wurde nicht behauptet.

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht ordnungsgemäß aufgestellt, da aus seiner übermittelten "Liquiditätsaufstellung" lediglich zum in Höhe von € 30.500,00 geleistete Zahlungen von dritter Seite hervorgehen, hingegen nicht die in weiterer Folge beispielsweise (von ihm privat) bis zur Konkurseröffnung (D-1) entrichteten Löhne und Gehälter, weshalb auch keine korrekte Quote berechnet wurde.

Aus dem Umstand, dass durch die genannte Zahlung auch die in Höhe von € 13.113,75 aushaftenden Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben 01-05/2012 getilgt wurden, lässt sich für die haftungsgegenständlichen Abgaben nichts gewinnen, weil diese von der Entrichtung nicht betroffen waren und der nach Abzug der zum Fälligkeitstag errechneten Quote verbleibende Restbetrag bei der Ermittlung des anteiligen Haftungsbetrages jeweils zu den nachfolgenden Entrichtungszeitpunkten mit zu berücksichtigen ist, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten nicht mit dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit endet, sondern erst mit ihrer Abstattung (), die Bekanntgabe von weiteren Zahlungen, die aktenkundig (Dienstgeberlohnkonto) zumindest für Lohnforderungen geleistet wurden, die für eine ordnungsgemäße Berechnung erforderlich gewesen wäre, jedoch nicht erfolgte.

Aus der Gesamtschau aller angeführten Mängel ergibt sich, dass der vom Bf. unternommene Versuch zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises als gescheitert anzusehen ist.

Da der Bf. mehrfach mit konkreten Anleitungen durch die Abgabenbehörde dazu aufgefordert und ihm Gelegenheit zur Verbesserung gegeben wurde, waren nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtes weitere Ermittlungen seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht mehr vorzunehmen ().

Im Hinblick auf die unzureichende Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten sowie den Zeitpunkten der Zahlungen von dritter Seite zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht (vgl. ).

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 9 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400078.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at