Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2022, RV/7103295/2021

1) Anschaffung eines Laptops für ein Kind im Homeschooling und Schulkleidung stellen keine Werbungskosten dar 2) Gewährung des Pauschbetrages für die auswärtige Schulausbildung an der BHAK für Führung und Sicherheit als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird geändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In der Einkommensteuererklärung für 2020 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) neben dem Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung als außergewöhnliche Belastung für seine drei Kinder Ausgaben für Arbeitsmittel (Berufskleidung und zwei Laptops für seine Kinder) als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 2.209,62 €.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom wurden Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung in Höhe von 2.860,00 € anerkannt, die als Werbungskosten beantragten Ausgaben wurden nicht berücksichtigt, weil es sich um Arbeitsmittel für Kinder handle. Die Schuluniform könne zwar nicht privat getragen werden, jedoch stelle eine Schuluniform für Kinder keine Berufsbekleidung dar, denn diese müsse mit der beruflichen Tätigkeit eines Antragstellers in Verbindung stehen und zum Zweck der Berufsausübung benötigt werden.

Aufwendungen für Homeschooling (zB Notebook oder Tablet, das von einem Kind für die Schule verwendet werde) könnten nicht geltend gemacht werden. Bei diesen Aufwendungen handle es sich um Aufwendungen der privaten Lebensführung. Diese Ausgaben seien durch die Familienbeihilfe, die zur verstärkten Förderung im Jahr 2020 um eine Einmalzahlung von 360,00 € erweitert wurde, abgegolten worden.

Mit Eingabe vom brachte der Bf. Beschwerde ein und brachte begründend vor:

Der Bf. habe Drillinge, wobei zwei von ihnen in Wr. Neustadt die MILAK besuchen. Die Berufskleidung müsse aufgrund des Schulvertrages angeschafft werden. Der Laptop sei bedingt durch Corona angeschafft worden. Kurz nach der Anschaffung sei über die Medien ausgestrahlt worden, dass Geringverdiener einen Laptop gratis erhalten würden.

Der Bf. beantragte die Anerkennung dieser Ausgaben als Werbungskosten in eventu als außergewöhnliche Belastungen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde der Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung entgegen des Antrages des Bf. nur für ein Kind in Höhe von 1.320,00 € als außergewöhnliche Belastung gewährt. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der BHAK für Führung und Sicherheit an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt um eine Ausbildungsstätte handle, die einer Handelsakademie im Einzugsbereich des Wohnortes, nämlich in Frauenkirchen, gleichwertig sei.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Vorlageantrag, der sich gegen die Nichtanerkennung der Werbungskosten richtet. Ergänzend wurde hingewiesen, dass mit dem Formular L1 HO Aufwendungen geltend gemacht werden könnten, die mit dem Homeoffice in Zusammenhang stehen. Auch seine Kinder seien vom Homeoffice betroffen gewesen.

In einem ergänzenden Schriftsatz vom wurde der Vorlageantrag hinsichtlich der Nichtanerkennung des Pauschbetrages der auswärtigen Berufsausbildung für seine beiden Kinder an der BHAK für Führung und Sicherheit als außergewöhnliche Belastung ergänzt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. erzielte im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit. Der Wohnsitz befindet sich in A.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2020 beantragte der Bf. für seine drei Kinder, ***2***, ***3*** und ***1*** jeweils das Pauschale für auswärtige Berufsausbildung in Höhe von 110,00 € pro Monat als außergewöhnliche Belastung. Die Söhne ***3*** und ***1*** besuchen die BHAK für Führung und Sicherheit an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt. Die Entfernung von A nach Wiener Neustadt beträgt 87 km (siehe https://www.viamichelin.at/web/Routenplaner). Der Sohn ***2*** besucht die HTL in Pinkafeld. Die Entfernung von A nach Pinkafeld beträgt laut Routenplaner 145 km (siehe https://www.viamichelin.at/web/Routenplaner).

Unstrittig ist, dass der Bf. im verfahrensgegenständlichen Jahr für seine eine Berufsausbildung an der BHAK für Führung und Sicherheit in Wr. Neustadt absolvierenden Söhne ***3*** und ***1*** eine laut Schulvertrag vorgeschriebene Schulkleidung und zwei Laptops für das Homeschooling angeschafft hat.

Bei der streitgegenständlichen Schule handelt es sich um die Bundeshandelsakademie für Führung und Sicherheit (BHAK) an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.

Die in Rede stehende Handelsakademie ist laut Internet eine Bildungseinrichtung mit folgenden Konzept und Inhaltsschwerpunkten.

"Pädagogisches Konzept

Das Konzept der BHAK für Führung und Sicherheit - ein einzigartiges pädagogisches Konzept.

DasKonzept derBHAK für Führung und Sicherheit sieht eine enge Verschränkung des schulischen Stammbereichs:

  1. Persönlichkeit undBildungskarriere

  2. Sprachen und Kommunikation (Englisch, Französisch, Russisch)

  3. Entrepreneurship (Betriebswissenschaft, Wirtschaftsinformatik, Unternehmensrechnung, Businesstraining, Projektmanagement)

  4. Gesellschaft und Kultur (Poltische Bildung, internationale Wirtschafts- und Kulturräume)

  5. Mathematik und Naturwissenschaften

  6. Pflichtpraktikum (300 Stunden)

mit dem schulautonomen Erweiterungsbereich Führung und Sicherheit:

  1. angewandte Führungslehre

  2. Sicherheitsmanagement

  3. physische und psychische Leistungsfähigkeit

  4. Koordination und Kondition

Die Schule wird nach fünf Jahren mit derteilzentralisierten Reife- und Diplomprüfung (Matura) abgeschlossen, die eineallgemeine Studienberechtigung darstellt.

Der außerschulische Erweiterungsbereich, in dem viele im Unterricht theoretisch erarbeitenden Kenntnisse praktisch umgesetzt werden, ergänzt und rundet die Ausbildung ab.

Die Vernetzung mit derTheresianischen Militärakademie, einer national und international höchst anerkannten Bildungseinrichtung in den Bereichen Führung und Sicherheit, garantiert eine qualitativhochwertige Ausbildung. Der Anspruch ist es, eine einzigartige, praxisbezogene Vorbereitung für sicherheitsbezogene Berufe, insbesondere im militärischen Umfeld, sicher zu stellen. Der hohe Stellenwert der sportlichen Aktivitäten ermöglicht nicht nur eine Stärkung der physischen Leistungsfähigkeit, sondern bewirkt auch eine Verbesserung derpsychischen Belastbarkeit. Im Ganzen betrachtet eröffnet sich aus diesen Gegebenheiten breit gefächerte und ausgezeichnete Berufsaussichten.

Ein moderner Campus mit einem adaptierten Schulgebäude sowie umfassende Sport- undFreizeiteinrichtungen inklusive desNaherholungsgebietes Akademiepark bieten ideale Rahmenbedingungen für ein zielorientiertes, ganzheitliches Lernen.

Das nationale und internationale Netzwerk desÖsterreichischen Bundesheeres im allgemeinen, sowie die weltweit hervorragende Reputation der Theresianischen Militärakademie im Besonderen, eröffnen im Rahmen der schulischen Ausbildung einzigartige Möglichkeiten für Praktika, Fortbildungen und dieTeilnahme an internationalen Schüleraustauschprogrammen."

Bei den Berufsaussichten ergeben sich aus der Ausbildung an der BHAK für Führung und Sicherheit neben den üblichen Möglichkeiten eine:r HAK-Absolvent:in und der Vorbereitung für den Einstieg in die Offiziersausbildung beim Österreichischen Bundesheer noch folgende Berufsmöglichkeiten:

  1. Ausbildung beim Bundesministerium für Inneres (Polizei)

  2. Ausbildung beim Bundesministerium für Justiz (Justizwache)

  3. Verwendungen bei nationalen und international agierenden sicherheitsrelevanten Organisationen: EU, UNO, OSZE, etc.

  4. Verwendungen bei nationalen und international agierenden NGO

  5. Verwendungen bei nationalen und international tätigen Unternehmen im Bereich Sicherheit

Stundentafel der BHAK in Wiener Neustadt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahrgang
I.
II.
III.
IV.
V.
Summe
Persönlichkeit und Bildungskarriere
23
Religion
2
2
2
2
2
10
Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz
2
2
Business Behavior
1
1
1
3
Bewegung und Sport
3
2
1
1
1
8
Sprachen und Kommunikation
37
Deutsch
3
2
3
2
3
13
Englisch einschließlich Wirtschaftssprache
3
2
2
3
3
13
Lebende Fremdsprache
2
3
2
2
2
11
Entrepreneurship-Wirtschaft und Management
51
Betriebswirtschaft
3
3
3
3
2
14
Unternehmensrechnung
3
3
3
2
2
13
Business Training, Projektmanagement, Übungsfirma und Case Studies
2
2
3
1
8
Wirtschaftsinformatik
1
2
2
1
6
Officemanagement und angewandte Informatik
2
1
2
5
Recht
3
3
Volkswirtschaft
2
2
Gesellschaft und Kultur
9
Politische Bildung und Geschichte (Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
1
1
2
4
Geografie (Wirtschaftsgeografie)
2
2
4
Internationale Wirtschafts- und Kulturräume
1
1
Mathematik und Naturwissenschaften
20
Mathematik und angewandte Mathematik
2
2
2
2
2
10
Naturwissenschaften
3
2
2
2
9
Technologie, Ökologie und Warenlehre
1
1
Schulautonomer Erweiterungsbereich Management für Führung und Sicherheit
15
Management für Führung und Sicherheit
2
2
2
6
Seminar Sicherheitsmanagement
1
2
1
1
1
6
Seminar Physische und psychische Leistungsfähigkeit
1
1
1
3
Verbindliche Übungen
3
Koordination und Koordination
1
2
3
Gesamtwochenstundenzahl
31
33
33
31
30
158

Das ergibt eine Wochenstundenanzahl im Stammbereich von 143, 15 Stunden im schulautonomen Erweiterungsbereich und 3 Stunden an verbindlichen Übungen.

Stundentafel der HAK in Frauenkirchen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahrgang
I.
II.
III.
IV.
V.
Summe
Persönlichkeit und Bildungskarriere
23
Religion
2
2
2
2
2
10
Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz
2
2
Business Behavior
1
1
1
3
Bewegung und Sport
3
2
1
1
1
8
Sprachen und Kommunikation
39
Deutsch
3
3
3
2
3
14
Englisch einschließlich Wirtschaftssprache
3
3
2
3
3
14
Lebende Fremdsprache
2
3
2
2
2
11
Entrepreneurship-Wirtschaft und Management
53
Betriebswirtschaft
3
3
3
3
2
14
Unternehmensrechnung
3
3
3
3
2
14
Business Training, Projektmanagement, Übungsfirma und Case Studies
2
2
3
1
8
Wirtschaftsinformatik
1
2
2
1
6
Officemanagement und angewandte Informatik
2
2
2
6
Recht
3
3
Volkswirtschaft
2
2
Gesellschaft und Kultur
11
Politische Bildung und Geschichte (Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
1
2
2
5
Geografie (Wirtschaftsgeografie)
2
2
4
Internationale Wirtschafts- und Kulturräume
2
2
Mathematik und Naturwissenschaften
23
Mathematik und angewandte Mathematik
2
2
2
3
2
11
Naturwissenschaften
3
2
3
2
10
Technologie, Ökologie und Warenlehre
2
2
Schulautonomer Erweiterungsbereich
9
Ausbildungsschwerpunkt
2
2
2
6
Seminare, verbindliche Übungen
1
1
1
3
Gesamtwochenstundenzahl
31
33
33
33
28
158

Das ergibt eine Wochenstundenanzahl im Stammbereich von 149, 6 Stunden im schulautonomen Erweiterungsbereich und 3 Stunden an verbindlichen Übungen.

Beweiswürdigung

Aktenkundig ist der Schülerheimvertrag für das Schuljahr 2019/2020 geschlossen mit dem Bf. und seiner Gattin für einen Sohn. In einer Beilage ist angegeben, welche Bekleidungsstücke die Schüler anzuschaffen und zu tragen haben.

Vorgelegt wurde eine Rechnung über zwei Laptops für die Kinder des Bf. zur Verwendung während der Homeschooling-Phase.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Werbungskosten sind Aufwendungen, die bei den außerbetrieblichen (so auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) Einkünften im Rahmen der Einkunftserzielung anfallen.

Da unstrittig festgestellt wurde, dass sowohl die Ausgaben für die Schulkleidung als auch für die beiden Laptops die Kinder des Bf. betreffen, da diese unstrittig nicht mit der Einnahmenerzielung des Bf. in Zusammenhang stehen, können diese Ausgaben nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Zu prüfen ist ferner, ob diese Aufwendungen eine außergewöhnliche Belastung darstellen.

Gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 gilt folgendes:

Z 1: Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

Z 4: Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsgebiet des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110,00 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die hierzu ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 1995/624, idF BGBl. II Nr. 2018/37, lautet:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 idF BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

§ 3. Erfolgt die auswärtige Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses, steht der pauschale Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung nur dann zu, wenn die Voraussetzungen gemäß §§ 1 und 2 vorliegen und von den Eltern Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Schulort oder für Fahrtkosten zu leisten sind.

§ 4. Die Verordnung ist für Zeiträume ab anzuwenden. § 2 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 449/2001 ist für Zeiträume ab anzuwenden."

Schuluniform und Laptop

§ 34 Abs. 7 EStG bestimmt, dass Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe und einen allfälligen Kinderabsetzbetrag abgegolten sind, das heißt, dass eine außergewöhnliche Belastung infolge Unterhaltsleistungen nur in ganz bestimmten Fällen gegeben sein kann.

Die Beistellung von Lehrbehelfen, wie der Laptop an die beiden Kinder erfolgt in Erfüllung der Unterhaltspflicht des Bf. und stellt somit keine außergewöhnliche Belastung dar.

Die Kosten für die Schuluniform sind gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 durch den Pauschbetrag abgegolten und stellen überdies keine außergewöhnliche Belastung dar.

Kosten für die auswärtige Berufsausbildung

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes sind zwangsläufig, wenn im Nahebereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, können die Aufwendungen in Form eines Pauschbetrages in Höhe von € 110,00/Monat (einschließlich der Ferienmonate) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Höhere tatsächliche Kosten (Fahrtgeld oder Schulgeld) können nicht abgesetzt werden.

Welche Ausbildungsstätten außerhalb des Einzugsbereichs liegen, wurde in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes festgelegt.

Entsprechend der Voraussetzung des § 1 der Verordnung befinden sich beide Ausbildungsstätten mehr als 80 km vom Wohnort entfernt, nämlich Pinkafeld 145 km und Wiener Neustadt 88 km und liegen somit nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Zu prüfen ist weiters, ob eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsgebiet des Wohnortes gegeben ist ().

Bei Auslegung der Voraussetzung der "entsprechenden Ausbildungsmöglichkeit" iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen (vgl. , ).

Die Judikatur verlangt im gegebenen Zusammenhang in den Fällen, in denen eine öffentliche Schule am Wohnort des Steuerpflichtigen (oder in dessen Einzugsbereich) besteht, besondere Gründe, die einen auswärtigen Schulbesuch als geboten erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände wurden etwa im Erkenntnis, , betreffend die Aufwendungen für den Besuch einer Schihandelsschule aufgrund der spezifischen schifahrerischen Begleitausbildung und der besonderen Begabung des Kindes angenommen.

Im Wesentlichen begründete das Finanzamt seine abweisende Entscheidung, dass es im Einzugsbereich des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit in Gestalt einer Handelsakademie in Frauenkirchen gebe und der Besuch der BHAK für Führung und Sicherheit keinen Einfluss auf den von den Kindern angestrebten Ausbildungsabschluss, nämlich die Reifeprüfung an einer Handelsakademie, habe.

Zur Gleichwertigkeit der Abschlüsse mittlerer oder höherer Schulen ist auszuführen, dass Sonderformen allgemeinbildender öffentlicher Schulen der Stammform vergleichbar sind. Ein (Oberstufen)Realgymnasium, selbst mit einem Ausbildungsschwerpunkt, ist einem Gymnasium vergleichbar, nicht aber einer berufsbildenden höheren Schule. Bei berufsbildenden höheren Schulen ist zu prüfen, ob die Ausbildungsinhalte vergleichbar sind (). Schon im Erkenntnis, , hatte es der Verwaltungsgerichtshof für zulässig angesehen, den Besuch einer Golf-Handelsakademie mit Rücksicht auf den Erwerb einer Zusatzqualifikation als eine vom Besuch einer allgemeinen HAK zu unterscheidenden Ausbildungsmöglichkeit zu beurteilen.

Unstrittig ist, dass die Voraussetzungen für den Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 i.V.m. § 2 Abs. 3 der hierzu ergangenen Verordnung im beantragten Ausmaß vorliegen, wenn in der Nähe des Familienwohnortes eine entsprechende Ausbildung nicht absolviert werden kann.

Unter dem Begriff "Berufsausbildung" sind alle Arten schulischer, universitärer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Der spätere Beruf muss noch nicht konkret feststehen; auch der Besuch allgemeinbildender Schulen (z.B. Gymnasium) vermittelt - als Voraussetzung für eine spätere Berufsausbildung im engeren Sinn - den Pauschbetrag. Der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind. Auch eine sportliche Ausbildung kann Berufsausbildung sein (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL § 34 Anm. 58).

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, der Besuch der HAK in Frauenkirchen vermittle den gleichen formalen Schulabschluss wie der Besuch der BHAK für Führung und Sicherheit an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.

Wie aus den Stundentafeln und den Berufsaussichten ersichtlich ist, sind die HAK und die BHAK nicht vergleichbare gleichwertige Bildungseinrichtungen. Die Handelsakademie in Frauenkirchen basiert auf einer klassischen betriebswirtschaftlichen Ausbildung, während die BHAK für Führung und Sicherheit in ihrem schulautonomen Erweiterungsbereich in einem relativ großen Wochenstundenausmaß, nämlich 15 Wochenstunden, sich einer spezifischen Ausbildung in Führung und Sicherheit widmet. Im Gegensatz dazu widmet sich die HAK in Frauenkirchen lediglich in weiteren 6 Wochenstunden ihrem Ausbildungsschwerpunkt. Es stehen den Absolventen der BHAK für Führung und Sicherheit nicht nur die Berufsoffizierslaufbahn, sondern bereits mit Ablegen der Matura auch Beschäftigungen bei nationalen und internationalen Organisationen, wie die EU, UNO, OSZE sowie Unternehmen im Bereich Sicherheit offen.

Unstrittig ist der Pauschbetrag für den Sohn ***2***, der die HTL in Pinkafeld besucht.

Der Pauschbetrag steht aufgrund obiger Erwägungen auch den beiden anderen Söhnen, ***3*** und ***1*** im beantragten Ausmaß, nämlich für 12 Monate zu.

Der Pauschbetrag ist in Höhe von 3.960,00 € (110 € x 12 Monate x 3 Kinder) anzusetzen, die Werbungskosten sind in Höhe des Pauschbetrages 132,00 € zu berücksichtigen.

Berechnung der Einkommensteuer 2020:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
1.044,26 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
28.971,92 €
Pendlerpauschale laut Veranlagung
-372,00 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
28.467,92 €
Veranlagungsfreibetrag
-415,74 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
29.096,44 €
Sonderausgaben
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen
-116,33 €
Kirchenbeitrag
-134,39 €
Kosten für die auswärtige Berufsausbildung von Kindern
-3.960,00 €
Einkommen
24.885,72 €
Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
20% für die weiteren 7.000,00
1.400,00 €
35% für die weiteren 6.885,72 €
2.410,00 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
3.810,00 €
Familienbonus Plus
-3.810,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 €
Pendlereuro
-24,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
-424,00 €
SV-Erstattung
-424,00 €
Erstattung der Steuer für die sonstigen Bezüge
298,40 €
Einkommensteuer
-125,60 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-1.223,30 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-1.348,90 €

Aufgrund der obigen Ausführungen ergibt sich eine Gutschrift in Höhe von 1.348,90 € wie im Erstbescheid vom . Es ergab sich rechnerisch keine Änderung zum Erstbescheid, da sich die Höhe des Familienbonus Plus trotz Gewährung des Pauschbetrages für die auswärtige Berufsausbildung für drei Kinder als außergewöhnliche Belastung nur bis zur Höhe der Einkommensteuer auswirkt. Der Familienbonus Plus ist mit der Höhe der eigenen Einkommensteuer begrenzt.

Hingewiesen wird auf die Möglichkeit der Beantragung beider (Ehe)Partner des halben Familienbonus Plus, wenn der andere (Ehe)Partner ebenfalls steuerpflichtige Einkünfte bezieht und sich der Familienbonus Plus bei ihm auswirken kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision nicht zulässig, da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ebenso liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Beantwortung der Frage, ob im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht, hat im Rahmen der Beweiswürdigung bezogen auf den konkreten Fall unter Würdigung der Umstände im Einzelfall zu erfolgen. Es lag somit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at