Vorlageerinnerung ohne Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Bf1_Vertreter***, betreffend Vorlageerinnerung zur Steuernummer ***BF1StNr2*** beschlossen:
I. Die Vorlageerinnerung wird gem § 278 Abs 1 BAO iVm § 260 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Sachverhalt
Mit Eingabe vom (postalisch beim Bundesfinanzgericht eingelangt), die bereits am per Fax an das Bundesfinanzgericht gerichtet war, erstattete die Beschwerdeführerin ein "VORBRINGEN / EINGABE / PER FAX" Auf der zweiten Seite findet sich folgende Vorlageerinnerung:
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Text der Vorlageerinnerung.
Aus diesem Text ist insbesondere ersichtlich, dass über die Anträge durch das zuständige Finanzamt (noch) nicht entschieden wurde. Aus dem Text ist ebenfalls eindeutig erkennbar, dass die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die Anträge nicht dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wurden.
Im Wesentlichen geht es der Antragstellerin darum, dass Abgaben, die in einem Beschwerdeverfahren festgesetzt wurden, wiederum erlassen werden. Ob dies im Rahmen einer Nachsicht oder Löschung geschieht, ist der Antragstellerin grundsätzlich gleichgültig. Das Anbringen ist ausdrücklich als Vorlageerinnerung bezeichnet. Aus dem weiteren Text dieser Eingabe ist auch ersichtlich, dass gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom eine Revision eingebracht wurde. Der Hintergrund für die zahlreichen und wiederholten Eingaben dürfte wird darin zu sehen sein, dass gegen den ehemaligen Geschäftsführer und nunmehrigen Liquidator der Beschwerdeführerin beim Landesgericht für Strafsachen ein Strafverfahren wegen Abgabenhinterziehung anhängig, jedoch unterbrochen / ausgesetzt ist (vgl ).
Für die Beurteilung von Anträgen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt ().
Inhalt des Begehrens der Antragstellerin ist, dass nicht das zuständige Finanzamt, sondern das Bundesfinanzgericht über die Anbringen entscheidet. Selbst wenn diese(s) Anbringen als Säumnisbeschwerde gewertet werden würde, müsste (zunächst) das zuständige Finanzamt darüber absprechen; darüber hinaus ist aus dem elektronischen Akt, in den Einsicht genommen wurde, ersichtlich, dass eine abweisende Erledigung hinsichtlich der begehrten Nachsicht von der zuständigen Abgabenbehörde erfolgt ist und eine Säumnis diesbezüglich gar nicht (mehr) vorliegt. Zusätzlich ist noch zu bedenken, dass § 235 BAO (Löschung) ein reine amtswegige Maßnahme ist, für die gar kein Antragsrecht vorgesehen ist (vgl ).
Insgesamt war die Eingabe somit - entsprechend ihrer Bezeichnung - als Vorlageerinnerung einzustufen.
Rechtslage
§ 85 Bundesabgabenordnung lautet auszugsweise:
A. Anbringen.
§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
[…]
§ 264 BAO lautet auszugsweise
10. Vorlageantrag
§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
[…]
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
[…]
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
Rechtliche Würdigung
Die Antragstellerin hat zuletzt eine Vielzahl von Anbringen / Anträgen direkt beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Unter Berücksichtigung dieser anderen Anträge war das gegenständliche Anbringen, das ausdrücklich als Vorlageerinnerung bezeichnet wurde, auch als Vorlageerinnerung zu verstehen. Eine weitere Auslegung ist nicht möglich.
Gemäß § 264 Abs 6 BAO hat die Vorlageerinnerung zu enthalten:
-) die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides;
-) die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung;
-) die Bezeichnung des Vorlageantrages.
Diese Angaben fehlen im Anbringen vom . Insofern ist das Anbringen mangelhaft.
Mangels Beschwerde kann eine Beschwerdevorentscheidung gar nicht bezeichnet werden und ohne Beschwerdevorentscheidung kann wirksam kein Vorlageantrag eingebracht und somit auch nicht bezeichnet werden.
Grundsätzlich ist die Behörde verpflichtet, bei einem mit Mängel behafteten Anbringen mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen. Ein Mängelbehebungsauftrag ist jedoch nicht zu erlassen, wenn die Eingabe von vornherein offenkundig aussichtslos ist (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 85 Tz 15 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).
Unabdingbare Voraussetzung eines Antrages auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl zB ; ). Bereits aus dem Text des Anbringens geht hervor, dass die Abgabenbehörde (noch) keine Beschwerdevorentscheidung erlassen konnte. Ein Vorlageantrag, der ohne (wirksame) Beschwerdevorentscheidung (zB zu früh) gestellt wurde, ist zurückzuweisen.
Auch eine unzulässige Vorlageerinnerung ist vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zurückzuweisen (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 24; Ryda/Langheinrich, FJ 2018,63 ff; ). Dies hindert die Beschwerdeführerin jedoch nicht, bei Zutreffen der Voraussetzungen einen Vorlageantrag bzw. neuerlich eine Vorlageerinnerung einzubringen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Auslegung eines Antrages geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und vermag sohin keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen (vgl. ; ). Da die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101510.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at