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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2022, RV/7101202/2022

Versteuerung von Krankengeld im Rahmen der Pflichtveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die Einbeziehung des Krankengeldes in die Besteuerung im Zuge der Veranlagung zu Recht erfolgte.

Dieser Frage ging folgendes Verwaltungsgeschehen voraus:

Die Beschwerdeführerin (Bf) beantragte die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung.

Das Finanzamt erließ den Bescheid entsprechend der abgegebenen Erklärung und bezog das erhaltene Krankengeld in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit ein. Topfsonderausgaben und freiwillige Zuwendungen wurden berücksichtigt. Dieser Bescheid ergab eine Nachforderung von 1.242 Euro.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Die Bf brachte darin vor, dass sie von der Veranlagung Abstand nehme. Sie sei im Jahr 2020 an beiden Händen aufgrund einer schweren Arthrose in beiden Daumensattelgelenken operiert worden. Auf Grund eines Fehlers - entweder durch die Gebietskrankenkasse oder durch den Arbeitgeber - sei es nun zu einer Forderung von 1.242 Euro gekommen, welche sie aufgefordert sei zu bezahlen. Die Bdf sehe für diese Nachzahlung keine Grundlage. Sie ersuche daher, den Bescheid abzuändern und diese Forderung gegen sie einzustellen.

Das Finanzamt entschied mit abweisender Beschwerdevorentscheidung. Die Bf habe im Kalenderjahr Bezüge ihres Arbeitgebers erhalten und zusätzlich Bezüge in Form von Krankengeld von der österreichischen Gesundheitskasse. Jede dieser bezugsauszahlenden Stellen, also der Arbeitgeber als auch die Gesundheitskasse, berechneten die Lohnsteuer grundsätzlich nur für die von der jeweiligen Stelle ausbezahlten Bezüge. Insgesamt ergebe sich dadurch eine zu geringe Lohnsteuer. Bei der Arbeitnehmerveranlagung werden diese Bezüge so besteuert, als hätte die Bf den Gesamtbetrag in Form eines Bezuges erhalten. Die Bf werde also jemandem gleichgestellt, der nur ein Dienstverhältnis habe, aber ebenso viel Gehalt beziehe, wie der Bf aus den Bezügen des Arbeitgebers und der Gesundheitskasse zugeflossen seien.

Gemäß § 41 Abs 1 Z 3 EStG 1988 liege ein Pflichtveranlagungstatbestand vor. Der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2020 könne daher auch nicht zurückgezogen werden.

Die Bf brachte einen Vorlageantrag ein. Sie wiederholte darin ihr Beschwerdevorbringen. Wenn wie im Bescheid ausgeführt durch eine der beiden auszahlenden Stellen zu wenig Lohnsteuer bezahlt worden sei, so könne das nicht der Bf als Zweiteinkommen angelastet werden. Wie komme ein Mensch dazu, der eine Operation benötige, dass er auch noch eine Strafe seitens der Finanz bekomme, indem er 1.242 Euro nachzahlen müsse als hätte er zwei Dienstgeber gehabt. Diese Gesetzesanschauung sei in Hinsicht auf den Krankengeldbezug falsch und gehöre dementsprechend sofort abgeändert. Da müsse sich jeder, den ein langer Krankenstand treffe, einen Kredit aufnehmen und sich verschulden. Die Bf habe diese Nachforderung auf Social Media bekannt gemacht. Eine Userin habe ihr die Rückmeldung gegeben, dass sich ihr Ehemann ebenso lange im Krankenstand befunden habe und nie eine Aufforderung zur Lohnsteuernachzahlung erhalten habe. Die Bf hätte gerne eine Erklärung dafür, dass einer zahlen müsse und der andere nicht. Der Sachverhalt sei ident wie bei der Bf. Sie ersuche daher um die Aufhebung dieses Bescheides und Zurückziehung der gegen sie gestellten Forderung von 1.242 Euro.

Das Finanzamt legte die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor. In der Stellungnahme wies das Finanzamt darauf hin, dass es sich um eine Pflichtveranlagung handle.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf bezog im Jahr 2020 Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Angestellte von einem Arbeitgeber.

Daneben erhielt sie Krankengeld, das einer pauschalen Besteuerung unterzogen wurde.

Die Gesundheitskasse teilte die Auszahlung der Krankengeldbezüge der Finanzbehörde mit.

Diese Bezüge wurden als Gesamtjahreseinkommen im Rahmen der Veranlagung der Besteuerung unterzogen und ergaben für die Bf eine Nachforderung.

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Bf und ist insoweit nicht strittig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind aus dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich. Aus diesem Grunde durfte das Bundesfinanzgericht diesen Sachverhalt als erwiesen annehmen und seiner Entscheidung zugrunde legen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat (§ 39 Abs 1 EStG 1988). Die Durchführung der Veranlagung ist nicht an das Vorliegen einer Steuererklärung gebunden, die Veranlagung von Amts wegen erfolgt nach den Grundsätzen der Bundesabgabenordnung. Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ergibt sich aus dem im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkommen.

§ 41 EStG 1988 bestimmt:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

  1. Im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 EStG 1988 zugeflossen sind.

Gemäß § 69 Abs 2 EStG 1988 sind bei der Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung, ….. 25 Prozent Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. ….. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel auszustellen und an das Finanzamt zu übermitteln.

Damit ist mit dieser Bestimmung bei Auszahlung von Bezügen aus der gesetzlichen Krankenversicherung eine vorläufige Besteuerung durch die Versicherungsträger in Form eines festen Steuersatzes vorgesehen. Die Lohnsteuer nach § 69 Abs 2 EStG 1988 ist ihrem Wesen nach als vorläufige Lohnsteuer und damit als Lohnsteuervorauszahlung anzusehen. Im Wege der Veranlagung werden die erhaltenen Krankengelder der vollen Tarifbesteuerung unterworfen.

Der Zweck der Veranlagung ist die richtige Besteuerung des Jahreseinkommens. Eine Veranlagung ist daher dann vorgesehen, wenn die unterjährige Besteuerung am Ende des Jahres nicht mit der Jahressteuer ident ist. Durch § 41 Abs 1 EStG 1988 wird sichergestellt, dass der korrekte Progressionssteuersatz auf das Gesamteinkommen angewendet wird.

Gemäß § 83 Abs 2 EStG 1988 kann der Arbeitnehmer im Rahmen der Veranlagung von Amts wegen nach § 41 Abs 1 EStG 1988 unmittelbar als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden.

Der Steuerpflichtige ist somit zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr vorübergehende Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung zugeflossen sind. Die Pauschalbesteuerung nach § 69 Abs 2 EStG 1988 stellt nur einen vorläufigen Lohnsteuerabzug dar.

Sind die Voraussetzungen nach § 41 EStG 1988 gegeben, so wird ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug bei der Veranlagung korrigiert. Dies entspricht der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ; , 2007/15/0227).

Gegen § 41 EStG 1988 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, dass § 41 EStG 1988 das Verbot beinhalte, einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug im Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, ist nicht geboten ().

Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Indem die Bf Krankengeld bezogen hat, sind ihr während des Jahres Bezüge zugeflossen, die mit dem gesetzlich vorgesehen Pauschalsteuersatz besteuert wurden. Diese auf diese Art berechnete und einbehaltene Lohnsteuer stellte nur eine vorläufige Lohnsteuer in einer Art Lohnsteuervorauszahlung dar. Nach Ablauf des Kalenderjahres wurden diese Bezüge in die Veranlagung einbezogen und das Gesamteinkommen des Jahres ermittelt und der Besteuerung unterzogen. Wie dem Einkommensteuerbescheid entnommen werden kann, erreicht die Bf mit ihrem Erwerbseinkommen und mit dem Krankengeld eine Tarifbesteuerung von bis zu 42 Prozent. Somit konnte mit der Pauschalbesteuerung des Krankengeldes von 25 Prozent nur ein Teil der anfallenden Einkommensteuer in Form des Lohnsteuerabzuges einbehalten werden. Die Differenz auf den tatsächlich anzuwendenden Tarif, der stets vom Gesamteinkommen, das der Steuerpflichtige in einem Kalenderjahr bezogen hat, bestimmt wird, wird sodann im Rahmen der Veranlagung als Nachforderung ausgewiesen.

Liegt das Gesamteinkommen in einem Bereich, der unter einem Tarif von 25 Prozent versteuert wird, so ergibt sich unter Umständen keine Nachforderung oder sogar eine Gutschrift. Dies trifft jedoch auf die Bf nicht zu.

Der Verweis, dass andere Steuerpflichtige bei Bezug von Krankengeld keine Nachforderung erhalten haben, kann daher zutreffen und auf einer korrekten Gesetzesanwendung beruhen, da aus dem bloßen Bezug von Krankengeld noch nicht auf einen gleich gelagerten Sachverhalt für das gesamte Einkommensteuerverfahren geschlossen werden kann. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen und keine Gesetzwidrigkeit oder Verfassungswidrigkeit aufzuzeigen.

Das Bundesfinanzgericht hegt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die anzuwendenden Gesetzesbestimmungen.

Wie dem dem Wortlaut des oben auszugsweise angeführten § 41 EStG 1988 "ist zu veranlagen" entnommen werden kann, handelt es sich unter den angeführten Voraussetzungen um eine Pflichtveranlagung von Amts wegen. Diese erfolgt unabhängig von der Abgabe einer Erklärung auf Grund der Mitteilung des Versicherungsträgers. Es ist daher der Behörde auf Grundlage der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich, durch die Zurücknahme des Antrages auf Durchführung der Veranlagung seitens der Bf die Veranlagung und Versteuerung der Krankengeldbezüge zu unterbinden.

Da die Bf die Steuerschuldnerin der Einkommensteuer für ihr Gesamtjahreseinkommen ist, erfolgte die Vorschreibung der Nachforderung an sie zu Recht. Insgesamt ergibt sich diese Nachforderung aus einer korrekten Gesetzesanwendung, gegen die auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ergaben sich aus dem Wortlaut des Gesetzes bzw aus der einschlägigen Judikaturlinie des Verwaltungs- (; , 2007/15/0227) und Verfassungsgerichtshofes (). Eine Rechtfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor. Aus diesem Grunde wurde die Revision für unzulässig erklärt.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at