Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2022, RV/7101326/2012

durchgeleitete verdeckte Ausschüttung, falscher Bescheidadressat

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch APP Steuerberatung GesmbH, Schenkenstraße 4, 1010 Wien, über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom hinsichtlich Haftung betreffend Kapitalertragsteuer für 2007 und 2008,
Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Betriebsgegenstand der beschwerdeführenden Gesellschaft (Bf.) ist die Vermietung von Büroflächen. Am Stammkaptial der Bf. ist die PS zu 98,95% (In Folge kurz PS) und zu 1,05% die Wirtschaftsprüfungs GesmbH beteiligt. Geschäftsführer der Bf. ist LL (in Folge kurz LL).

Im Zuge einer gemäß § 147 BAO durchgeführten abgabenbehördlichen Außenprüfung hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer betreffend die Jahre 2006 - 2008 traf die Prüferin folgende beschwerderelevante Feststellungen:

"Tz 1 Sachverhaltsdarstellung

Das Mietobjekt A-Weg, befindet sich im Eigentum der [Bf.], deren Geschäftsführer [LL] ist. Die Vermietung erfolgt an Firmen, die ebenfalls im Einflussbereich des [LL] stehen (Geschäftsführung oder Beteiligung). Bewohnt wird das Obergeschoss des Gebäudes von DL [in Folge DL] (und Familie) als Dienstwohnung. Ab dem Jahr 2007 werden Errichtungskosten (für Umbau, Zubau, Pool) und Errichtungskosten (großteils für Dienstwohnung und das Dachgeschoß) im Anlagenverzeichnis aktiviert. Investitionen in Büroräumlichkeiten bzw. Büroausstattung wurden nicht getätigt.

Tz 2 Betriebs- und Geschäftsausstattung

Das Gebäude wird laut Mietvertrag ohne Einrichtung zur Verfügung gestellt. Die Anschaffung und zur Verfügungstellung der Errichtung stellt eine Vorteilszuwendung an gesellschaftsnahe Personen dar. Die Anschaffungskosten der ´Betriebs- und Geschäftsausstattung`2007 und 2008 sowie die mit der Anschaffung verbundenen Finanzierungskosten werden von der Betriebsprüfung als verdeckte Gewinnausschüttung der KESt unterzogen. Die auf die Anschaffung entfallende AfA wird gewinnerhöhend hinzugerechnet. Die Vorsteuer und die Kapitalertragsteuer werden gewinnerhöhend als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet und als Passivpost in die Bilanz eingestellt.

Tz 3 Gebäude vGA

Die am Konto ´Gebäude` verbuchten Anschaffungskosten der Jahre 2007 und 2008 enthalten auch Ausgaben für die Errichtung eines Swimmingpools am Grundstück der Abgabepflichtigen. Laut Mietanbot vom Jahr 2003 wird nur der Innenraum des Gebäudes für Bürozwecke vermietet.

Die Übernahme der Errichtungs- und Finanzierungskosten für den Swimmingpool stellt eine Vorteilszuwendung an Personen, die der Gesellschaft nahe stehen, dar. Diese Vorteilszuwendung wird als verdeckte Gewinnausschüttung der KESt unterzogen. Die Vorsteuer und die Kapitalertragsteuer werden gewinnerhöhend als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet und als Passivpost in die Bilanz eingestellt.

Die auf die Investition entfallende AfA wird gewinnerhöhend hinzugerechnet. Da weder ein Nachweis über die Höhe der tatsächlichen Anschaffungskosten noch eine Schätzung dieser Kosten beigebracht werden konnte, wurden die Anschaffungskosten von der Außenprüfung geschätzt und im Jahr 2007 als vGA behandelt.

Tz 4 Zinsaufwand vGA

Für die Investitionen in Gebäude und Einrichtung wurden Darlehen aufgenommen, bzw vom Geschäftskonto abgehoben. Für die als verdeckte Gewinnausschüttung ausgeschiedenen Investitionen (lt. Tz 2 und 3) werden die Zinsaufwendungen aliquot gekürzt und stellen verdeckte Gewinnausschüttungen dar (für die darauf entfallende Kapitalertragsteuer wird eine Passivpost eingestellt). Unter der Annahme, dass die erstattete Vorsteuer dem Geschäftskonto gutgeschrieben wurde, werden nur die Nettoinvestitionen als Bemessungsgrundlage herangezogen.

Tz 5 Mieterlöse vGA

Infolge der Zu- und Umbauten erhöht sich die vermietete Fläche. Beginn der Innutzungnahme lt. Anlagenverzeichnis ist das Jahr 2007. Die Mieten wurden aber in unveränderter Höhe vorgeschrieben.

Zur Berechnung der gesamten Mieterlöse (für Altbestand und Zubau) werden von der Bp die erklärten Mieterlöse/m² der Jahre 2007 und 2008 herangezogen:

Die nichtvorgeschriebenen Mieten stellen eine Vermögensminderung dar und werden als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn hinzugerechnet. Die Umsatzsteuer und die Kapitalertragsteuer werden gewinnerhöhend als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet und als Passivpost in die Bilanz eingestellt.

Tz 6 vGA - KESt

Die Kapitalertragsteuer wird von der Gesellschaft getragen und stellt ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.

"

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht der Außenprüfung und zog die Bf. mit Bescheiden vom für den Zeitraum 2007 und 2008 zur Haftung der von der Prüferin errechneten Kapitalertragsteuerbeträge für die Jahre 2007 und 2008 heran. Als Empfänger (Steuerschuldner) der Kapitalerträge benannte das Finanzamt DL.

Mit Schriftsatz vom erhob die Bf. (unter anderem) gegen die Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2007 und 2008 Beschwerde und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Begründend führte die Bf. im Wesentlichen aus, dass das Finanzamt vom Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung von Vorteilszuwendungen an "gesellschaftsnahe Personen" ausgehe. Dieser Annahme folgend, gehe das Finanzamt implizit von einer verdeckten Ausschüttung der Bf. an ihre Gesellschafterin, die PS, aus. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 KStG seien aber Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften in Form von Gesellschaftsanteilen von der Körperschaftsteuer befreit. Unter Verweis auf § 94 Z 2 EStG sei keine Kapitalertragsteuer einzubehalten. Im Fall einer "mittelbaren Ausschüttung" erfolge die Zurechnung aber nicht an den Nahestehenden, sondern an jenen Anteilsinhaber, zu dem das Naheverhältnis bestehe.

Die Vorschreibung einer Kapitalertragsteuer erweise sich als rechtswidrig.

Mit Schriftsatz vom zog die steuerliche Vertretung des Bf. den Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Senat zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

An der Bf. ist die PS zu 98,95% und zu 1,05% die Wirtschaftsprüfungs GesmbH am Stammkapital beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der Bf. ist LL (BFG-Akt AS 27, Bericht der Außenprüfung Seite 2). Seit dem vertritt DL selbständig die Bf. (Auszug aus Firmenbuch FN 51632 f).

Betriebsgegenstand der Bf. ist die Vermietung des in ihrem Eigentum stehenden Objektes A-Weg. Vermietet werden in dem Objekt Büroräumlichkeiten unter anderem an die ACF GesmbH, die ihrer Geschäftsführerin DL darin auch eine Dienstwohnung zur Verfügung stellt (BFG-Akt AS 51f).

Die PS wurde durch die Ehegatten DL und HL errichtet, die mit ihren beiden Kindern Begünstigte der Stiftung sind (BFG Akt AS 55).

Mit den angefochten Haftungsbescheiden 2007 und 2008 zog das Finanzamt die Bf. zur Haftung für die Kapitalertragsteuer für die von DL - sowohl Geschäftsführerin der Mieterin der Bf. als auch Begünstigte der PS - empfangenen Kapitalerträge (verdeckte Gewinnausschüttungen) heran (BFG-Akt AS 55a, 55c).

Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren sind diese Feststellungen unstrittig und ergeben sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Akten.

Gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201/1996, unterliegen Vorteilszuwendungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften der Kapitalertragsteuer.

Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; sie ist - soweit keine Endbesteuerung vorliegt - im Zuge der Veranlagung der Kapitalerträge auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld des Empfängers der betreffenden Kapitalerträge anrechenbar.

Keine Kapitalertragsteuer fällt an, wenn die Voraussetzungen des § 94 Z 2 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung für die so genannte Schachtelbegünstigung erfüllt sind, d.h. Empfänger der Kapitalerträge eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist, die mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Befreiungsbestimmung umfasst sämtliche Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a und b EStG 1988, so auch verdeckte Ausschüttungen (, VwSlg. 8088/F).

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. 797/1996, sind Zuwendungen jeder Art einer nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung an Begünstigte und Letztbegünstigte, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese können in offener oder verdeckter Form vorliegen (Büsser in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, 42. Lfg, § 27 Tz 31.1.1.; Stangl in Arnold/Hangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht², Rz II/522).

Bei inländischen Kapitalerträgen, zu denen nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. 797/1996, u.a. Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftungen an Begünstigte und Letztbegünstigte zählen, wird die Einkommensteuer gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben.

Betrachtet man den gegenständlichen Sachverhalt unter obigen Ausführung so kommt das Bundesfinanzgericht zur Auffassung, dass die gegenständliche Ausschüttung als "durchgeleitete verdeckte Ausschüttung" zu betrachten ist.

Mit Erkenntnis vom , 2009/13/0257 (vgl. auch ) urteilte der Verwaltungsgerichtshof zur "durchgeleiteten verdeckten Ausschüttung":

"… Wendet eine GmbH, die im Eigentum einer Privatstiftung steht, dem Begünstigten der Stiftung einen Vermögensvorteil zu, und liegt die wirtschaftliche Veranlassung hierfür nicht in gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen, sondern in der Stellung des Zuwendungsempfängers als Begünstigtem der Stiftung, wird also das Vermögen der GmbH und damit der ihre Anteile haltenden Stiftung vermindert, während das Vermögen des Begünstigten eine Vermehrung erfährt, so liegt einerseits eine (verdeckte) Ausschüttung der GmbH an die Stiftung und andererseits eine (verdeckte) Zuwendung der Stiftung an den Begünstigten vor.
Die auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung kann sich schlüssig aus den Umständen des betreffenden Falles ergeben und liegt z.B. auch dann vor, wenn der Stiftungsvorstand - ausdrücklich oder schlüssig - mit einem Vorteil, den sich der Begünstigte ursprünglich ohne dessen Kenntnis zuwendet, in der Folge einverstanden ist. …
"

Offene wie verdeckte Ausschüttungen setzen definitionsgemäß eine Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung voraus. Richtigerweise wäre im gegenständlichen Fall von einer Kapitalertragsteuerbefreiten verdeckten Gewinnausschüttung der Bf. an die PS und von einer weiteren kapitalerstragsteuerpflichtigen Zuwendung der PS an deren Begünstigte DL auszugehen.

Die Annahme des Finanzamtes einer "direkten" verdeckten Ausschüttung der Bf. an DL - als Begünstgte der PS - ist demnach ebenso rechtlich verfehlt wie die Inanspruchnahme der Bf. zum Abzug der Kapitalertragsteuer. Da die angefochtenen Haftungsbescheide sich als rechtswidrig erweisen, sind sie ersatzlos zu beheben.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da dieses Erkenntnis der gesicherten Rechtsprechung zum Thema der "durchgeleiteten verdeckten Ausschüttung" folgt (; ).

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101326.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at