Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2022, RV/7101708/2013

Rechtmäßigkeit einer Aufhebung nach § 299 Abs.1 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den SenatsvorsitzendenRi den Richter1 sowie die fachkundigen Laienrichter 2 und 3 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA Wien 2/20/21/22 vom , vom , sowie vom betreffend die gemäß § 299 Abs. 1 BAO erfolgte Aufhebung der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005, sowie die gemäß § 299 Abs. 1 BAO erfolgte Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005 (in der berichtigten Fassung des Bescheides vom ) und die Einkommensteuer 2010 in Anwesenheit der Schriftführerin 4 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Betriebsveräußerung und Veranlagung der Einkommensteuer 2005

Mit Kaufvertrag vom veräußerte die als Einzelunternehmerin tätige Bf. die am Standort ***1*** domizilierte Apotheke um den Nettobetrag von 200.000,00 Euro zuzüglich des Wertes des Warenlagers zum Stichtag abzüglich von den Dienstnehmern zum Übergangsstichtag erworbener Ansprüche auf Abfertigung, Urlaub sowie Jubiläumsgeld.

Unter § 3 Abs. 4 des Vertrages wird festgehalten, dass im Einzugsbereich des kaufgegenständlichen Apothekenunternehmens vier Anträge auf Erteilung von Neukonzessionen einer im neu zu errichtenden, an der Adresse ***3*** domizilierten "***2***" gelegenen Betriebsstätte anhängig sind, gegen welche die Bf. fristgerecht Einsprüche ergriffen, bzw. ihrerseits einen Antrag auf Erweiterung des Standortes und Betriebsstättenverlegung eingebracht hat. Aus Anlass der Veräußerung wird nunmehr die Käuferin der MA 16 gegenüber entweder den Eintritt in nämliches Verfahren erklären, oder gegebenenfalls selbst einen Antrag stellen, wobei im Fall der rechtskräftigen Bewilligung der Verlegung der bedungene Kaufpreis eine Erhöhung im Nettobetrag von 150.000,00 Euro erfahre.

Mit Bescheid vom wurde die Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2005 veranlagt, wobei der Festsetzung der Abgabe unter anderem ein der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 unterzogener Veräußerungsgewinn von 229.401,52 Euro zugrunde gelegt wurde.

In der Folge erwuchs der Einkommensteuerbescheid 2005 in Rechtskraft.

2. Berichtigte Erklärung zur Einkommensteuer 2005 vom

Mit Eingabe vom reichte der vormalige Vertreter der Bf. eine berichtigte Einkommensteuererklärung 2005 ein, der gemäß der Veräußerungsgewinn nämlichen Veranlagungszeitraumes, ob rechtskräftig erfolgter Standortverlegung der Apotheke via vertragsmäßig bedungener Nachzahlung von 150.000,00 Euro und unter Berücksichtigung von Rechts- und Beratungskosten im Ausmaß von 12.150,00 Euro nunmehr auf 367,251,52 Euro zu lauten habe.

3. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 samt Neufestsetzung der Einkommensteuer 2005 vom

Die belangte Behörde folgte obigen Ausführungen und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren einen neuen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 2005, welcher seinerseits am eine auf § 293 BAO fußende Berichtigung erfuhr.

4. Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer2005

In der Folge fand betreffend obiger Abgaben eine Außenprüfung statt, wobei die Prüferin betreffend die Einkommensteuer 2005 in ihrem Bericht vom zur Auffassung gelangte, dass der für den Fall einer erfolgreichen Standortverlegung vereinbarte, im Mai 2010 an die Bf, erfolgte Zufluss des Zusatzkaufpreis von 150.000 Euro nach der Rechtsprechung des kein rückwirkendes Ereignis darstelle, sondern nämlicher Betrag im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2010 - ob Nichtanfallens in einem Veranlagungszeitraumes - unter Außerachtlassung der Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 sprich sohin zum vollen Satz zu versteuern sei.

5. Aufhebung gemäß § 299 BAO des Wiederaufnahmebescheides zur Einkommensteuer 2005 sowie des Einkommensteuerbescheides 2005 in der berichtigten Fassung vom

Die belangte Behörde folgte den Ausführungen der Prüferin und hob mit auf § 299 BAO fußenden Bescheiden vom bzw. sowohl den mit datierten, die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden, als auch den auf diesem basierenden Einkommensteuerbescheid 2005 vom in der berichtigten Fassung vom auf, wobei neben der Begründung des Ermessens auf den Umstand verwiesen wurde, dass in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () das nachträgliche Zufließen des Kaufpreises kein rückwirkendes Ereignis darstelle, sondern der Betrag vielmehr im Jahr des Zuflusses zu versteuern sei.

6. Einkommensteuerbescheid 2010 vom

Ausgehend von den Ergebnissen der Außenprüfung wurde die Bf. zur Einkommensteuer 2010 veranlagt, wobei der Festsetzung der Abgabe die in nämlichem Veranlagungszeitraum zugeflossene Nachzahlung von 150.000,00 Euro abzüglich der Rechts- und Beratungskosten von 12.150,00 Euro sowie des Grundfreibetrages gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 von 3.900,00 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Ausmaß von 133.950,00 Euro zugrunde gelegt wurden.

7. Berufung (Beschwerde) vom gegen die gemäß § 299 BAO erfolgte Aufhebungder Bescheide betreffend die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005, die Einkommensteuer 2005, die gemäß § 293 BAO erfolgte Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2005 sowie gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2010

Mit Eingabe vom erhob die Bf. durch ihre vormalige steuerliche Vertretung gegen die unter Punkt 7 angeführten Bescheide Berufung (Beschwerde), wobei begründend ins Treffen geführt wurde, dass eine nachträgliche Änderung des Unternehmenskaufpreises zu einer Abänderung nach § 295 a BAO führe, respektive mit anderen Worten ausgedrückt die im Jahr 2010 erfolgte Kaufpreisnachzahlung als - ein rückwirkendes, im Jahr 2005 in eine begünstigte Besteuerung derselben mündendes Ereignis - zu qualifizieren sei. Demzufolge seien die bekämpfen Bescheide zu Unrecht ergangen und ergo dessen diese samt und sonders der Aufhebung verfallen.

Darüber hinaus sei zu beachten, dass nach der Diktion des § 32 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 ausschließlich nur Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen sowie Verluste aus dem Ausfall von Forderungen, keinesfalls jedoch Unternehmenskaufpreisänderungen unter den Tatbestand nachträglicher Einkünfte zu subsumieren seien.

Für den Fall der Vorlage des Rechtsmittels erging der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

8. Berufungsvorentscheidung (BVE) vom

Mit BVE vom wurde - ohne Befassung mit, respektive Beurteilung der Rechtmäßigkeit der ebenfalls in Berufung gezogenen, auf § 299 BAO fußenden Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden Bescheides - dem gegen die gemäß § 299 BAO verfügte Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005 ( in der berichtigten Fassung vom ) sowie den Einkommensteuerbescheid 2010 erhobenen Rechtsmittel eine Absage erteilt, wobei unter nochmaliger Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0151 ausgeführt wurde, dass die als exklusive Grundlage für die Kaufpreiserhöhung von 150.000,00 Euro dienende Bedingung, sprich die rechtskräftige Bewilligung der Verlegung der Betriebstätte an den Standort ***3*** tatsächlich erst im Mai des Jahres 2010 eingetreten sei und ergo dessen schon deshalb keinauf den Veräußerungszeitpunkt 2005 rückwirkendes Ereignis vorliege.

Korrespondierend damit sei die "Kaufpreiserhöhung" im Jahr 2010 gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 völlig rechtens zum vollen Steuersatz erfasst worden.

9. Vorlageantrag und Vorlage an den UFS

Mit Eingabe vom stellte die vormalige steuerliche Vertretung den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei die tatsächliche Vorlage des Rechtsmittels an den unabhängigen Finanzsenat (UFS) am erfolgte.

10. Mündliche Verhandlung vom

Im Zuge der am durchgeführten Verhandlung wurde von der mit Vollmacht der Bf. ausgewiesene Vertreterin (Tochter der Bf.) ergänzend vorgebracht, dass in Ansehung der langen Dauer des Konzessionserteilungsverfahrens betreffend die Standortverlegung, für sie als rechtlichen Laien nicht nachvollziehbar sei, dass die unstrittiger Weise im Jahr 2010 erfolgte und zugeflossene Kaufpreiserhöhung von € 150.000,--, welche einen Teil des im Jahr 2005 geschlossenen Kaufvertrages gebildet habe, nunmehr als Ergebnis der Außenprüfung im Jahr 2010 erfasst worden sei.

Die Vertreterin des Finanzamtes führte unter grundsätzlicher Bezugnahme auf die BVE ergänzend aus, dass die auf § 299 BAO fußende Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden Bescheides völlig rechtens ergangen sei, zumal ein Neuerungstatbestand im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO gerade nicht vorgelegen sei. Sie verweise auch auf die Bestimmung des § 24 Abs. 6 EStG 1988, welche einen Verkauf des Gebäudes innerhalb von 5 Jahren nach Aufgabe des Betriebes durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO statuiere. Demgegenüber sei eine Kaufpreiserhöhung nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne der Vorschriften des EStG normiert.

Die Vertreterin der Bf. verwies abschließend auf die Ausführungen im Rechtsmittel und insbesondere auf den Passus im Erlass des BMF AÖF 2007/53 zur Abänderung gem." § 295a BAO RZ 3.2.5" nachträgliche Werbungskosten sowie Erhöhungen oder Minderungen des Erlöses sind rückwirkende Ereignisse (vgl. z.B. EStR 2000, RZ 5661, 5667 und 5677).

Abschließend sei es ihr ist nach wie vor unverständlich, warum die im Jahr 2010 erfolgte Kaufpreiserhöhung nicht als ein im Jahr 2005 zu erfassendes rückwirkendes Ereignis zu qualifizieren sei.

Demzufolge beantrage sie dem Rechtsmittel Folge zu geben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes (BFG)

Nach der Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Streitgegenstand

Ausgehend von einem im Jahr 2010 zugeflossenen, - basierend auf einer in nämlichem Jahr erwirkten Bewilligung der Betriebsstättenverlegung, aus Anlass der im Jahr 2005 erfolgten Veräußerung des Apothekenunternehmens für diesen Fall unter der dem Titel "Kaufpreiserhöhung" bedungenen - Geldbetrages von 150.000.00 Euro steht sowohl die Rechtsmäßigkeit der gemäß § 299 BAO erfolgten Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden Bescheides, sowie jene des Einkommensteuerbescheides 2005 in der berichtigten Fassung vom , als auch des Einkommensteuerbescheides 2010 auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtmäßigkeit der Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden Bescheides

3.1.1. Prozessuale Vorbemerkungen

In Anbetracht der Tatsache, dass - nach der Systematik der BAO - der die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügende Bescheid vom gleichsam die "Grundlage" der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2005 gleichen Datums in der berichtigten Fassung vom bildet, hat des BFG vorweg über die Rechtmäßigkeit der am erfolgten Aufhebung nämlichen Bescheides zu befinden.

Hierbei kommt dem Umstand, dass sich die belangte Behörde - in Verkennung des Umfangs der Anfechtung - zumal nach dem Rubrum der Berufungsausführungen vom der spruchgemäß sowohl die Aufhebung des wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheides 2005, als auch jene des Wiederaufnahmebescheides vom umfassende Bescheid vom bekämpft wird -, in weiterer Folge nicht mit der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides zur Einkommensteuer 2005 auseinandergesetzt hat, keine Bedeutung zu, da nach den bis zum in Geltung gestandenen Bestimmungen der BAO idF vor BGBl 2013/14 die zwingende Erlassung einer BVE gesetzlich nicht determiniert war.

3.1.2. Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 299 Abs. 1 erster Satz BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Hierbei sind Aufhebungen nach § 299 BAO der Norm des § 302 Abs. 1 leg. cit. gemäß bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides zulässig.

Nach der vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall anzuwendenden Norm des § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Bestimmung des § 279 Abs. 1 BAO sieht in ihrem ersten Satz vor, dass das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache mit Erkenntnis zu entscheiden hat, wobei es nach dem zweiten Satz leg. cit. nach berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.1.2. Rechtliche Beurteilung

Ausgehend von der Diktion der §§ 299 Abs. 1 sowie 303 Abs. 1 lit. b BAO gelangt das Verwaltungsgericht - aus nachstehenden, wenn auch anderen als von der belangten Behörde angezogenen Gründen - zur Überzeugung, dass der die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügende Bescheid vom sich als im Spruch nicht richtig erwiesen hat.

Nach der Bestimmung des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind Wiederaufnahmegründe nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung, sprich im vorliegenden Fall jener der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom existente Tatsachen, die späterhervorkommen (nova reperta).

Demgegenüber sind später entstandene Umstände (nova producta) keine Wiederaufnahmegründe (z.B. ; , 96/15/0221).

Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach herrschender Auffassung im Schrifttum sowie der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (z.B. ; , 2006/13/0019; , 2007/15/0045; , 2007/13/0157; , 2009/15/0016; , 2011/15/0106; Wiedermann, Wiederaufnahme, 99 ff; vgl. hierzu auch Stoll, BAO, 2935 ff).

In Ansehung vorstehender Ausführungen und des Faktums, dass die in § 3 Abs. 4 des Verkaufsvertrages vom getroffenen Vereinbarung, wonach für den Fall einer rechtskräftigen behördlichen Genehmigung der Erweiterung, respektive der Verlegung des Betriebsstättenstandortes an die Adresse ***3*** der Kaufpreis um weitere 150.000,00 Euro zu erhöhen ist, der als aufschiebende Bedingung zu werten ist, deren Eintritt - im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2005 sprich am sowohl in tatsächlicher als auch in zeitlicher Hinsicht völlig ungewiss war und ergo dessen diese überhaupt nicht den Charakter einer existenten Tatsache erfüllen konnte.

Vice versa stellt somit der im Jahr 2010 erfolgte Eintritt der Bedingung, sprich der rechtskräftigen Bewilligung der Standortverlegung verbunden mit dem aus dem Titel der Kaufpreiserhöhung an die Bf. erfolgten Zufluss des Betrages von 150.000,00 Euro geradezu den Paradefall einer neu entstandenen Tatsache (novum productum) dar, welcher vermittels einer in nämlichem Zeitraum zwingend Platz zu greifenden Besteuerung zu begegnen ist.

Aus vorgenannten Gründen erfolgte somit die mit Bescheid vom verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 zu Unrecht, weswegen sich korrespondierend damit der Spruch desselben im Sinne der Bestimmung des § 299 Abs. 1 BAO als nicht richtig erwiesen hat.

Mit anderen Worten erging die auf § 299 Abs. 1 BAO fußende, innerhalb der Frist des § 302 Abs. 1 BAO am Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 verfügenden Bescheides vom völlig zu Recht, weswegen dem Rechtsmittel in diesem Punkt der Erfolg zu versagen war.

3.2. Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom in der der Fassung der Berichtigung vom

3.2.1. Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 307 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

3.2.2. Rechtliche Beurteilung

Wird der Wiederaufnahmebescheid aufgehoben (insbesondere im Bescheidbeschwerdeverfahren oder gemäß § 299 Abs. 1), so tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheidet somit ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus (; , 2006/15/0353; , 2010/17/0122), der alte Sachbescheid lebt wieder auf (zB , 0017; , 2009/15/0170).

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeuten vorstehende Ausführungen, dass durch - seitens des BFG unter Punkt 3.1.2. für rechtens erkannte - am verfügte Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 vom der neue Sachbescheid, sprich der Einkommensteuerbescheid 2005 vom in der Fassung der Berichtigung vom außer Kraft getreten ist, sodass sich mit anderen Worten ausgedrückt der Einkommensteuerbescheid 2005 vom wiederum im Rechtsbestand befindet.

Insoweit hatte - ob der an oberer Stelle dezidiert dargestellten Rechtsfolge - eine weitere Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom in der Fassung der Berichtigung vom 16.7.201 zu unterbleiben.

3.3. Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 2010 vom

3.3.1 Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 (z.B. Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Abgang von Forderungen).

3.3.2 Rechtliche Beurteilung

Eingangs ist anzumerken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nur Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu erfassen sind, wobei eine "ehemalige Tätigkeit" dann vorliegt, wenn die Einkunftsquelle veräußert oder aufgegeben worden ist ().

Ausgehend von obiger Gesetzesdiktion und unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter Punkt 3.1.2 vermag das BFG in der Erfassung des der Bf. aus dem Titel Kaufpreiserhöhung im Jahr 2010 zugeflossenen Betrages von 150.000,00 Euro abzüglich der Rechts- und Beratungskosten von 12.150,00 Euro sowie des Grundfreibetrages gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 von 3.900,00 Euro als - aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit herrührende - Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Ausmaß von 133.950,00 Euro keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

In diesem Zusammenhang ist auch dem Einwand der Bf. demgemäß der Anwendungsbereich des § 32 Abs.1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 exklusiv auf Gewinne aus Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Abgang von Forderungen beschränkt sei, eine Absage zu erteilen, da schon aus der im Klammerausdruck nämlicher Norm gewählten Wortwahl "zum Beispiel" (z.B.) die klare Absicht des Gesetzgebers erkennbar ist, die Anwendung nicht nur auf "diese Fälle" beschränkt zu wissen.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass dem Verwaltungsgericht angesichts vorstehender Ausführungen sowie der bereits an oberer Stelle zitierten Norm des § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO - eine in Richtung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Voraussetzungen in eine Maßnahme nach § 295 a BAO mündenden rückwirkenden Ereignisses abzielende Auseinandersetzung - als obsolet erscheint.

Demzufolge erweist sich auch das gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 gerichtete Rechtsmittel als unbegründet und war vom BFG daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da das Erkenntnis direkt auf den - explizit angeführten - gesetzlichen Bestimmungen der BAO sowie jenen des EStG 1998 fußt.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101708.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at