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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2022, RV/7300028/2020

Säumniszuschlag bereits gelöscht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Bestraften vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel als vormalige Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolgerin: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom betreffend die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Waldviertel als Finanzstrafbehörde vom , wurde über den Beschwerdeführer ***Bf1*** (=Bf.) ein zweiter Säumniszuschlag in Höhe von € 252,00 festgesetzt, da die Geldstrafe 03/2019 in Höhe von € 25.200,00 nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit entrichtet worden ist.

In der dagegen am eingebrachten Beschwerde des Bestraften wird wie folgt ausgeführt:

"1. Beschwerde - Zustellung
Sie stellen einen Bescheid aus, der mit datiert ist, dieser aber erst am bei mir eintrifft.
Da sie sich zur Eintreibung von Forderungen letztendlich exekutierender Beamter oder der Staatsgewalt bedienen, ist dies ein sehr sensibler Bereich.
Diesbezüglich bitte ich um Aufklärung, wie dieser lange Postlaufweg zu begründen ist und verweise dabei auf das Auskunftspflichtgesetz.
2. Beschwerde - Bescheid ohne Unterschrift
Sie stellen ein amtliches Dokument aus, dass weder den Namen eines Ansprechpartners, noch eine Unterschrift oder Amtssignatur aufweist.
In Bezug auf das Auskunftspflichtgesetz verlange ich von Ihnen den Verweis auf das Gesetz, das die Ausstellung nicht signierter Bescheide erlaubt.
3. Beschwerde - Der Säumniszuschlag selbst
Seit Ende Juli, oder sogar wesentlich früher, ist dem Finanzamt Waldviertel bekannt, dass ich die Strafe aufgrund des Privatkonkurses nicht bezahlen kann.
Diesbezüglich hat es im Juli Gespräche mit Herrn
***A*** (Finanzamt Zwettl) und Herr ***B*** (Finanzamt Horn) gegeben. Herr ***B*** hat dies in einem Akt vermerkt, da ich zu diesem Zeit schon meine Absicht zum Ausdruck gebracht habe, die Strafe durch gemeinnütze Arbeit ableisten zu wollen.
Aus diesem Grund muss dem Finanzamt Waldviertel zum Zeitpunkt der Ausstellung des Bescheides bekannt gewesen sein, dass bei einer Zahlungsunfähigkeit kein Versäumnis vorliegen kann.
Die Rechtsvermutung beruht für mich daher auf grober Fahrlässigkeit durch Schlamperei oder dem Vorsatz durch Missbrauch der Amtsgewalt, mich im laufenden Entschuldungsverfahren durch das Herbeiführen von weiteren Schulden zu behindern.
Mit freundlichen Grüßen
"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß § 217(1) BAO für die Vorschreibung des Säumniszuschlages einzig und allein die Tatsache der Nichtentrichtung einer Abgabenschuld spätestens zum Fälligkeitstag von Bedeutung sei, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der dem Säumniszuschlag zugrundeliegenden Abgabenfestsetzung entstehe. Dies bedeute, dass die Säumniszuschlagsvorschreibung nicht von der Rechtmäßigkeit der Stammabgabe abhänge.
Sollte die Strafe durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit vermindert oder abgeschrieben werden, könne auch der Säumniszuschlag über Antrag (§ 217(8) BAO) herabgesetzt bzw. aufgehoben werden.

Mit Eingabe vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht mit folgender Begründung beantragt:

"Das Finanzamt Waldviertel fertigte zwei Bescheide über Säumniszuschläge aus.
Ein Säumnis im deutschen Sprachgebrauch liegt dann vor, wenn eine Partei eine Zahlung nicht oder verzögert leistet. In meinem Fall liegt kein Säumnis vor, da ich seit dem Jahr 2018 durch Gehaltspfändungen des Finanzamtes Waldviertel und dem anschließenden Privatkonkursverfahren bis auf das mir rechtlich zustehende Existenzminimum gepfändet und daher nicht in der Lage war und bin, die über mich verhängte Finanzstrafe mittels Geldleistung zu bezahlen. Aus diesem Grund wurde auch mit dem Finanzamt Waldviertel die Vereinbarung getroffen, die verhängte Finanzstrafe durch gemeinnützige Arbeit abzuleisten.
Die Verhängung eines Säumniszuschlages würde mir den grund- und menschenrechtlichen

Anspruch auf ein Existenzminimum nehmen, was in weiterer Folge zu Stress, Überlebenskampf, sozialen Abstieg und gesundheitlichen Schäden führen könnte.
Mit der Begründung müsste eigentlich klargesellt sein, dass die Bundesabgabenordung nicht ohne Einbeziehung der Umstände über Sozial-, Menschen- und Völkerrechtsgesetze stellen darf.
Mit freundlichen Grüßen
"

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorweg ist dem Einwand des Bf., der Säumniszuschlagsbescheid trage keine Unterschrift und sei daher formal unrichtig, zu entgegnen, dass die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise zum Zeitpunkt der Erlassung durch die Höchstgerichte bestätigt wurde. Zudem ist in § 96 Abs. 2 BAO festgehalten, dass die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigungen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen und, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt gelten. Dass der Säumniszuschlagsbescheid infolge eines langen Postlaufweges ziemlich verspätet beim Bf. eintraf ist insoweit irrelevant, als die Beschwerde ohnehin als rechtzeitig eingebracht gewertet wurde.

Gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG werden Geldstrafen mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung fällig. Für die Einhebung der aushaftenden Geldstrafe samt Kosten kommen gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG die Bestimmungen der BAO sinngemäß zur Anwendung, zumal das FinStrG diesbezüglich nicht eigene Regeln enthalten hat.

Hinsichtlich eines zweiten Säumniszuschlages bestimmt § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 217 Abs. 3 BAO, dass ein solcher zu entrichten ist für eine Abgabe, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) entrichtet ist.

Da diese Regelungen der BAO im Finanzstrafverfahren sinngemäß anzuwenden sind, bestehen auch insoweit keine Bedenken, in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung und Fachmeinungen zum Abgabenverfahren ebenfalls zur Anwendung zu bringen.

Laut Ritz, BAO6, § 217 Rz 2, ist ein Säumniszuschlag eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Entrichtungspflicht (u.a. ; , 2005/16/0095). Sein Zweck liegt darin, die pünktliche Tilgung sicherzustellen (u.a. ; ). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (). Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen (hier: des Bestraften) voraus (z.B. ; , 2011/17/0140, 0241).

Da die Geldstrafe im Ausmaß von € 25.200,00 nicht am tatsächlichen Fälligkeitstag entrichtet worden ist, erweist sich die Vorschreibung des zweiten Säumniszuschlages am grundsätzlich als rechtens. Keine Bedeutung hätte im Übrigen, ob dem Bestraften die Buchungsmitteilung über die Verbuchung der Geldstrafe - mit oder ohne Unterschrift bzw. Amtssignatur - zur Kenntnis gelangt wäre oder nicht.

Nach der Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Beschwerdeerledigungen haben grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung Bedacht zu nehmen. Daher können Anträge nach § 217 Abs. 7 BAO auch in einem Rechtsmittel gegen einen Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, BAO5, § 217 Tz. 65 mwN).

Der Bf. führt zwar in seiner Beschwerde nicht expressis verbis einen Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO an, bezieht sich aber auf Gespräche mit den zwei Finanzbeamten, wobei auch in einem Akt vermerkt worden sei, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits beabsichtigte, die Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnütze Arbeit ableisten zu wollen; dies ist als Bestreiten eines groben Verschuldens im Hinblick auf die Nichtentrichtung der Geldstrafe interpretierbar.

Auch aus der Aktenlage ist erkennbar, dass der aushaftende Rückstand als uneinbringlich angesehen werden musste. Im Allgemeinen liegt bei Unmöglichkeit der Entrichtung z.B. bei Zahlungsunfähigkeit kein grobes Verschulden an der Versäumung von Zahlungsfristen vor (vgl. dazu Ritz, aaO, § 217 Tz. 47). Berücksichtigt man weiter, dass sich der Bf. bereits vor Fälligkeit der Geldstrafe erkennbar um einen rechtskonformen Vollzug der über ihn verhängten Strafe bemüht hat, so ist festzustellen, dass ihn an der hier gegenständlichen Säumnis kein grobes Verschulden traf.

Der Aktenlage ist jedoch nunmehr zu entnehmen, dass der Rückstand auf dem Strafkonto insbesondere auch hinsichtlich des zweiten Säumniszuschlages bereits gelöscht wurde. Der Bestrafte ist damit nicht mehr beschwert. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen, ohne dass es aufgrund der klaren Rechts- und Verfahrenslage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte (§ 160 Abs. 2 FinStrG).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 217 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7300028.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at