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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2022, RV/7400118/2020

Einsatzgebühren Rettung - nachträgliche Schuldübernahme

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch RA, über die Beschwerde der Abgabenpflichtigen vom gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 70, vom , betreffend Einsatzgebühren (Zahl XY) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf. wurde mit Bescheid vom verpflichtet, für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes die Einsatzgebühren der Berufsrettung Wien Höhe von Euro 694,00 zu entrichten. Dagegen brachte der Rechtsanwalt der Bf. Beschwerde ein, sowie einen Vorlageantrag gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung.

Bescheidbegründung der Stadt Wien, MA 70: Gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. § 29 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG normiert, dass derjenige Gebührenschuldner ist, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Gemäß § 30 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG können mit Zustimmung der Stadt Wien die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 vorzuschreiben.

Beschwerdevorentscheidung der Stadt Wien, MA70:Spruch: Abweisung als unbegründet. Begründung: Gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. § 29 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG normiert, dass derjenige Gebührenschuldner ist, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Gemäß § 30 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG können mit Zustimmung der Stadt Wien die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. In gegenständlicher Angelegenheit wurde die Wiener Berufsrettung am nach …… gerufen. Die Bf. gab an, unter Atemnot, bei bekanntem Asthma, zu leiden. Eine genaue Anamnese war aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich, jedoch war eine Sauerstoffsättigung von 98% gegeben. Da ein angeratener Transport in eine Krankenanstalt von der Patientin mittels Revers abgelehnt wurde, wurde Frau … am Berufungsort belassen. Die Berufsrettung Wien ist generell bestrebt, sämtliche anfallenden Einsatzgebühren mit dem jeweiligen Sozialversicherungsträger zu verrechnen. Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 vorzuschreiben. Eine Übernahme der Einsatzgebühren wurde seitens der Österreichischen Gesundheitskasse mit der Begründung abgelehnt, dass die gegenständliche Patientin am Berufungsort belassen wurde und somit aus dortiger Sicht keine Notwendigkeit für einen Rettungseinsatz bestanden habe. Auf die Entscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse, eine Gebührenübernahme abzulehnen, hat die Magistratsabteilung 70 keinen Einfluss. Für die Beschwerdeführerin besteht allerdings die Möglichkeit, den Rettungseinsatz gegenüber der Osterreichischen Gesundheitskasse zu begründen und eine nachträgliche Gebührenübernahme abzuklären. Im Falle einer positiven Beurteilung durch den Sozialversicherungsträger könnte der gegenständliche Bescheid als nichtig erachtet werden.

Mitteilung der Magistratsabteilung 70 an den Rechtsanwalt:

Gegenständliche Gebührenvorschreibung liegt darin begründet, dass eine Übernahme der Einsatzgebühren seitens der Österreichischen Gesundheitskasse abgelehnt wurde, da kein Transport in eine Krankenanstalt erfolgt ist und in Folge dessen, aus dortiger Sicht keine medizinische Notwendigkeit für einen Rettungseinsatz bestanden habe. Auf die Entscheidung der Sozialversicherungsträger, die Übernahme der Einsatzgebühren abzulehnen, hat die Magistratsabteilung 70 keinen Einfluss. Es wird jedoch angeraten, sich persönlich an die Leistungsabteilung der Österreichischen Gesundheitskasse (1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19) zu wenden, die Hintergründe und Notwendigkeit des Rettungseinsatzes darzulegen, evtl. auch Befunde vorzulegen und auf diesem Wege den Versuch zu unternehmen, eine nachträgliche Gebührenübernahme zu erwirken. Im Falle einer Übernahme der Einsatzgebühren durch den Sozialversicherungsträger wäre die Vorschreibung als gegenstandslos anzusehen. Andernfalls besteht für die Magistratsabteilung 70 - Berufsrettung Wien die Möglichkeit, aufgrund der finanziellen Situation, die Angelegenheit gemäß § 28 (2) Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG, als besonders berücksichtigungswürdig zu beurteilen und von der Einhebung der Einsatzgebühr in der Höhe von 694,- € bis auf eine Zahlung von 109,06 € abzusehen.

Da das Einkommen der Bf. über dem Richtsatz liegt, welcher seitens der Magistratsabteilung 70 berücksichtigt wird, wurde dem Antrag auf Herabsetzung der Einsatzgebühren nicht nachgekommen.

Der Rechtsanwalt der Bf. brachte in Beschwerde, Vorlageantrag und Mails an die MA70 zusammenfassend Folgendes vor:

Der Bescheid enthalte keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, von der Einhebung der Gebühr werde ersucht, ganz abzusehen. Die Mandantin konnte sich nicht entsprechend verständigen (sie spricht nur bruchstückhaft Deutsch), fiel damals in Ohnmacht, die Situation wurde ihr nicht entsprechend erklärt, sie sei in einer absoluten Notsituation gewesen. Eine mündliche Verhandlung vor dem BFG wurde beantragt.

Rechtswidrigkeit des Inhaltes: Im Bescheid wird die rechtliche Folge auf keine Tatsachenfeststellungen gestützt. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Inanspruchnahme liegen auch nicht vor. Es fehlen auch Feststellungen zum mangelnden Eintreten des Sozialversicherungsträgers.

Unrichtige Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung:Soweit aus dem Bescheid Tatsachenfeststellungen abgeleitet werden können, treffen solche festgestellten Tatsachen nicht zu. Die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme liegen nicht vor; dies wäre festzustellen gewesen.

Mangelhaftigkeit des Verfahrens:Es ist das Verfahren mangelhaft geblieben, schon, weil man es unterlassen hat, jedwede Tatsachen festzustellen. Die Mangelhaftigkeiten sind auch wesentlich. Hätte die belangte Behörde ein Verfahren zur Ermittlung von Tatsachen abgeführt, hätte sich ergeben, dass die Inanspruchnahmevoraussetzungen nicht gegeben sind.

Nachdem die MA 70 im Jänner 2022 beim BFG hinsichtlich einer Entscheidung durch das BFG nachfragte, wurde ein mündlicher Verhandlungstermin im März 2022 ausgeschrieben. Aufgrund des Ersuchens der rechtlichen Vertretung der Beschwerdeführerin auf Vertagung der angesetzten mündlichen Verhandlung (Aufenthalt der Bf. in einem Rehabilitationszentrum) wurde dieser Verhandlungstermin abberaumt und ein neuer Verhandlungstermin im April 2022 ausgeschrieben.

Der rechtlichen Vertretung bzw. der Bf. wurde von der MA 70 (Berufsrettung Wien) u.a. mit Mail vom (an die RA-Kanzlei) angeraten, sich an die Leistungsabteilung der zuständigen Sozialversicherung (Krankenkasse) zu wenden, um u.a. die Notwendigkeit des Rettungseinsatzes darzulegen und Befunde vorzulegen (dergleichen in der Beschwerdevorentscheidung, mögliche nachträgliche Abklärung des Einsatzes ebenso ersichtlich auf der Homepage der Rettung).

Die rechtliche Vertretung verweist in ihren Schriftsätzen auf ein "in Ohnmacht" fallen und auf eine "absolute Notsituation" der Bf. und generell auf gesundheitliche Probleme der Mandantin, weiters Vertagung der Verhandlung wegen Rehabilitation. Im Einsatzprotokoll der Rettung werden Bewusstseinsstörungen angeführt.

Mit Beschluss des BFG vom März 2022 wurde die Bf. bzw. der RA der Bf. u.a. um Information und Vorlage von Unterlagen ersucht, ob sich die rechtliche Vertretung (RA) bzw. die Bf. sich im obigen Sinne an die Sozialversicherung (Krankenkasse) zur nachträglichen Abklärung des Rettungseinsatzes gewandt hatte, ob eine nachträgliche Abklärung (positiv/negativ) erfolgte und ob eine Entscheidung der Sozialversicherung (Krankenkasse) noch aussteht. Nachträgliche Schuldübernahmen/Zahlungen der Sozialversicherung können noch nach Beschwerdevorlagen erfolgen. Maßgeblich im vorliegenden Streitverfahren ist insbesondere, ob eine nachträgliche Schuldübernahme seitens der Sozialversicherung vorliegt oder nicht.

Das BFG wurde von der Berufsrettung Wien kurz vor dem angesetzten zweiten Verhandlungstermin informiert, dass in der gegenständlichen Beschwerdesache nunmehr eine nachträgliche Gebührenübernahme vonseiten des ÖGK-Sozialversicherungsträgers zugestimmt wurde. In weiterer Folge werden die entstandenen Einsatzgebühren mit der ÖGK verrechnet. Der Zahlung der ÖGK werde laut Berufsrettung Wien erfahrungsgemäß verlässlich nachgekommen. Demzufolge verliere laut Berufsrettung Wien der gegenständliche Bescheid vom an Wirksamkeit und kann aufgehoben werden. Eine Nachricht der ÖGK vom April 2022 wurde an das BFG als Beweis weitergeleitet: "Ja der Einsatz wurde von uns übernommen. Wir haben eine Mail vom Rechtsanwalt bekommen und die Versicherte wurde von uns schriftlich informiert". Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem BFG wurde vom Rechtsanwalt der Bf. zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

WRKG (Wiener Rettungs- und Transportgesetz), § 1, § 5, § 28, § 29 und § 30 lauten:

§ 1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachge­rechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;

2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;

3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;

5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;

6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;

7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

§ 5. (1) Die Stadt Wien ist zur Sicherstellung des Rettungsdienstes für das Gemeindegebiet verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Aufgabe kann sie einen eigenen Rettungsdienst betreiben (öffentlicher Rettungs­dienst). Sie kann sich aber auch der ausschließlichen oder teilweisen Tätigkeit bewilligter Rettungsdienste bedienen und einen Rettungsverbund organisieren.

(2) Der öffentliche Rettungsdienst hat den Anforderungen des § 6 Abs 2 Z 2 und Z 4 bis 10 zu entsprechen.

(3) Der Rettungsdienst nach Abs 1 hat auch die Aufgabe eines Krankentransportdienstes zu erfüllen, wenn das Versorgungsangebot der privaten Krankentransportdienste nach § 8 nicht ausreicht, um den Bedarf der Allgemeinheit an Krankentransporten zu decken.

Gebühr

§ 28. (1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungs­dienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.

Zahlungspflicht

§ 29. (1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungs­dienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.

(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransport­dienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.

(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Wiener Abgaben­ordnung, LGBl. für Wien Nr 21/1962, in der jeweils geltenden Fassung, Anwendung.

Schuldübernahme

§ 30. (1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs 1 vorzuschreiben.

(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs 1 aufschieben.

(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheits­gebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt.

Nach § 29 Abs 1 WRKG ist nicht wesentlich, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich war, sondern entscheidend ist, ob das Vorliegen der Einsatzvoraussetzungen nach § 1 Z 1 bis 4 WRKG aufgrund des Zustandsbildes desjenigen, zu dessen Gunsten der Einsatz erfolgte, mit gutem Grund angenommen werden konnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss diese Annahme bei jenem Mitarbeiter der Einsatzleitstelle bestanden haben, der die Anforderung des Rettungseinsatzes entgegengenommen hat (; ).

Im konkreten Fall hat die Krankenversicherung die Schuldübernahme im Sinne des § 30 Abs. 2 WRKG zunächst abgelehnt. Die belangte Behörde hat die Gebühr für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Bf. somit grundsätzlich zu Recht vorgeschrieben. Vor der angesetzten mündlichen Verhandlung hat sich der Rechtanwalt der Bf. nachträglich an die ÖGK gewandt. Einer nachträglichen Schuldübernahme vonseiten des ÖGK-Sozialversicherungsträgers wurde zugestimmt (vgl. wie obenstehend). Soweit eine Schuldübernahme durch die Krankenkasse bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bekannt gewesen wäre, wäre kein Gebührenbescheid zu erlassen gewesen.

Das Bundesfinanzgericht hat bei Anwendung des § 279 BAO von der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen. Veränderungen des Sachverhalts sind zu berücksichtigen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 7. Auflage, Tz 31 zu § 279 BAO). Gemäß § 30 Abs. 1 WRKG ist nach Abgabe der Erklärung für die Schuldübernahme der Gebührenschuldner der zuständige Sozialversicherungsträger. Somit ist aufgrund der erfolgten Schuldübernahme im Zeitpunkt dieses Erkenntnisses der Abgabenanspruch gegen den Beschwerdeführer als Gebührenschuldner als nicht mehr gegeben anzusehen. Die Voraussetzungen für die Erlassung des Gebührenbescheides sind somit nachträglich weggefallen.

Zum Spruchpunkt Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Solche Rechtfragen liegen in der vorliegenden Sache nicht vor. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig. Die Voraussetzungen für die Erlassung des Gebührenbescheides sind mit der Erklärung für die Schuldübernahme durch den zuständigen Sozialversicherungsträger weggefallen.

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde und wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. oder ). Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt zu einer bestimmten Rechtsnorm fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (vgl. oder ). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, etwa ; oder ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 29 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400118.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at