Überstunden- bzw Sonntagszuschläge - Nachweis - freie Beweiswürdigung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Landeck Reutte (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftung und Zahlung von Lohnsteuer für die Jahre 2007 bis 2010, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Als Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung schrieb das Finanzamt dem Arbeitgeber mit Bescheiden vom Lohnsteuer für die Jahre 2007 bis 2010 zur Zahlung und Haftung vor.
Im dazu erstellten Bericht wird zusammengefasst ausgeführt, dass es für die Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen einwandfreier und zeitnahe erfasster Aufzeichnungen bedürfe. Jährliche Wochenpläne würden dieser Anforderung nicht entsprechen.
Selbst wenn die in der Lohnverrechnung ausgewiesenen Überstunden nur die am 6. Tag geleisteten Sonntagsstunden sein sollten, wäre der Nachweis zu erbringen, dass von Montag bis Samstag die Sollarbeitszeit erbracht worden sei.
Gegen diese Bescheide erhob der Haftungs- und Steuerpflichtige durch seinen steuerlichen Vertreter rechtzeitig (damals) Berufung.
Die größte Nachforderungssumme betreffe eine namentlich bezeichnete Arbeitnehmerin, die insgesamt 13 Saisonen im Betrieb beschäftigt gewesen sei. Sie habe während der gesamten Beschäftigung die Umsätze in der Registrierkasse boniert, sodass alleine aus diesen Bonierungen die Arbeitszeit "genauestens" nachgewiesen werden könne. Sie habe stets an sechs Tagen in der Woche gearbeitet, sodass die Überstundenzuschläge - für 35 Überstunden pro Monat - am Sonntag angefallen seien und deshalb als Zuschläge gem § 68 Abs 1 EStG 1988 einkommensteuerfrei hätten ausbezahlt werden dürfen.
Beim Austritt im Jahr 2010 habe die Arbeitnehmerin ein "Arbeiterkammerverfahren" angestrengt und dabei Lohnnachzahlungen in größerer Höhe begehrt. Dieses Begehren sei aber - bis auf einen kleineren Betrag - abgewiesen worden. Im Zuge dieses Verfahrens wären die persönlichen Stundenaufzeichnungen der Arbeitnehmerin den Aufzeichnungen des Zeiterfassungssystems der Registrierkasse gegenübergestellt worden und habe das Begehren erfolgreich abgewehrt werden können. Das hieße, dass die Richtigkeit der Lohnabrechnungen als auch der Aufzeichnungen des Arbeitgebers im Verfahren bestätigt worden sei.
Entgegen der Ansicht des Prüforganes lägen somit sehr wohl genaueste Zeitaufzeichnungen vor, die mit der Lohnverrechnung übereinstimmen würden.
Weder der (damals) Berufungswerber noch der steuerliche Vertreter könnten nachvollziehen, wieso es überhaupt zu einer Nachverrechnung von Überstundenzuschlägen gekommen sei, da "prüferseits" mehrmals versichert worden sei, dass keine Sachverhalte vorlägen, die zu einer Nachzahlung führen könnten.
Im gesamten Prüfungsverfahren sei es inhaltlich stets um die Echtheit einer Unterschrift auf den Arbeitszeitaufzeichnungen der Arbeitnehmerin gegangen. Diesbezüglich wären auch zwei Niederschriften angefertigt worden.
Die anderen im Lohnsteuerhaftungsbescheid angeführten Mitarbeiter wären als Küchenhilfen beschäftigt gewesen und hätten nur in einem sehr geringen Ausmaß Überstunden geleistet. Da sie stets nach einem im Vorhinein vereinbarten Dienstzeitplan gearbeitet hätten, der auch in unterschriebener Form vorliege, wäre bei diesen Mitarbeitern auf eine weiterführende Arbeitsaufzeichnung verzichtet worden.
Diese Vorgangsweise wäre bis dato (Prüfungszeiträume bis 2008) von den Prüforganen stets toleriert und als ausreichend angesehen worden. Dies vor allem für jene Dienstnehmer, die nicht mehr als 35 Überstunden pro Monat geleistet hätten, da bei einer Sechs-Tage-Woche und einer Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag es als glaubhaft angesehen worden sei, dass die nämlichen Überstunden am Sonntag geleistet worden seien und somit gem § 68 Abs 1 EStG 1988 lohnsteuerfrei ausbezahlt hätten werden können.
Die von den Dienstnehmern unterschriebenen Wochenpläne und Jahres-Arbeitskarteien lägen allesamt vor und wären stets als ausreichende Dokumentation für die Steuerfreiheit der erwähnten max 35 Überstunden pro Monat anerkannt worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Nach Hinweisen auf Gesetz und Judikatur hielt das Finanzamt fest, dass die vom (nunmehr) Beschwerdeführer an Hand der Bonrollen zur Vorlage bei der Arbeiterkammer rekonstruierten täglichen Arbeitszeiten 2010 die zeitnahe "Aufzeichnung der Überstundennachweise" nicht zu ersetzen vermögen würden. Diese gäben jedoch den Hinweis, dass die dem Prüfer vorgelegten Wochen- bzw Jahrespläne nicht den tatsächlichen Arbeitszeiten laut Bonrollen entsprechen würden.
Darauf beantragte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Es werde nicht bestritten, dass § 68 EStG 1988 geeignete Aufzeichnungen bei der Geltendmachung von steuerfreien Überstundenzuschlägen verlange. Im gegenständlichen Fall lägen diese hinsichtlich der einen Dienstnehmerin sogar in dreifacher Ausführung vor.
Erstens in Form der Aufzeichnungen der Dienstnehmerin, deren Richtigkeit vom Dienstgeber zu Recht bestritten worden sei. Diese würden weit mehr begünstigte Überstunden aufweisen, als jemals von der Dienstnehmerin geleistet worden seien.
Zweitens in Form der Überstundenaufzeichnungen des Dienstgebers, die von der Arbeitnehmerin unterzeichnet worden wären, wobei aber der Prüfer Zweifel gehegt habe, dass die Unterschrift von der Dienstnehmerin stamme.
Drittens in Form lückenloser Registrierkassenaufzeichnungen der Prüfungsjahre, aus welchen die Lagerung der Arbeitszeiten eindeutig hervorgehe und mit welchen auch die Unrichtigkeit der Aufzeichnungen der Dienstnehmerin gegenüber der Arbeiterkammer nachgewiesen werden habe können.
In allen drei Aufzeichnungen würden Überstundenzuschläge dokumentiert, die in der Lohnverrechnung Deckung fänden. Auf Grund dieses Faktums entbehre die Nachrechnung jeglicher Grundlage.
Auch bei den übrigen betroffenen Dienstnehmern (Küchenhilfen), die stets gemäß dem vorliegenden und von ihnen unterschriebenen Dienstplan gearbeitet und nur wenige steuerfreie Überstunden ausbezahlt erhalten hätten, würden die Formalvoraussetzungen der Steuerfreiheit gem § 68 EStG 1988 erfüllt sein.
Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde vor und beantragte diese abzuweisen. Es bleibe Tatsache, dass die genaue Lagerung der Überstunden, wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, nicht nachvollzogen werden könne und somit die formellen Voraussetzungen für die begünstigte Besteuerung nicht gegeben sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer führte im prüfungsgegenständlichen Zeitraum einen Gastronomiebetrieb. Er beschäftigte dort verschiedene Arbeitnehmer (als Zahlkellnerin bzw Küchenhilfen), welche im Wesentlichen entsprechend den Öffnungszeiten des Betriebes wöchentlich an sechs Tagen gearbeitet haben.
An diese bezahlte er für Arbeitsleistungen an Sonntagen neben dem (steuerpflichtigen) Grundlohn (steuerfreie) Sonntags(überstunden)zuschläge.
Als Nachweis der geleisteten Arbeitszeiten wurden als "Wochenplan" betitelte Arbeitszeitsaufzeichnungen vorgelegt, welche die geplanten bzw voraussichtlichen täglichen Arbeitszeiten für ein ganzes Kalenderjahr beinhalteten. Diese wurden von den Dienstnehmern jeweils bei Dienstverhältnisende (Saisonende) unterschrieben, womit die Richtigkeit bestätigt wurde.
Von einer Dienstnehmerin, welche im Betrieb über viele Jahre als Zahlkellnerin beschäftigt war, wurden regelmäßig mehr Stunden gearbeitet, als sich aus diesen Aufzeichnungen ergibt.
Nicht festgestellt werden kann, dass die Unterschrift unter den Arbeitszeitaufzeichnungen für 2009 nicht von dieser Dienstnehmerin stammt.
Hinsichtlich der anderen von der Nachversteuerung betroffenen Arbeitnehmer ergeben sich aus dem Verwaltungsakt keine Hinweise auf Unrichtigkeiten in den Zeit- und Überstundenabrechnungen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich einerseits aus dem Verwaltungsakt; insbesondere aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Beschwerde, der Beschwerdevorentscheidung und dem Vorlageantrag.
Hinsichtlich der Dienstnehmerin, welche im Betrieb über viele Jahre als Zahlkellnerin beschäftigt war und welche nach ihrem Austritt zusätzliche Lohnforderungen gestellt hat, ergeben sich folgende Überlegungen:
Im "Arbeiterkammerverfahren" wurden von ihr eine Vielzahl von zusätzlichen Arbeits- bzw Überstunden geltend gemacht. Im Zuge dieser Auseinandersetzung legte die Dienstnehmerin eigene Arbeitszeitaufzeichnungen vor, aus welchen sich eine wesentlich größere Anzahl von Arbeitsstunden ergeben hat, als aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten (und jeweils unterschriebenen) Arbeitszeitaufzeichnungen. Im Gegensatz dazu wurde vom Beschwerdeführer an Hand der Bonierungen ein "Guthaben" zu seinen Gunsten errechnet.
Letztlich kam es zu einer vergleichsweisen Einigung und der Beschwerdeführer bezahlte der Dienstnehmerin 107 Stunden nach. Wie diese Anzahl errechnet wurde, kann nicht festgestellt werden.
Dazu ist festzuhalten, dass aus Bonierungen letztlich Rückschlüsse auf Arbeitszeiten nur bedingt möglich sind. Dies auf Grund des Umstandes, dass Gäste nicht unmittelbar nach der Bonierung (darunter ist im Regelfall der Zeitpunkt der Bestellung zu verstehen) ein Gastlokal verlassen, sondern das Bonierte danach auch konsumieren. Selbst wenn mit dem Begriff "Bonierung" erst die Abrechnung mit den Gästen gemeint sein sollte (was aber als unwahrscheinlich anzusehen ist), ist es durchaus nicht realitätsfern anzunehmen, dass Gäste zB die "letzte Runde" bestellen, sodann gleich bezahlen und das Bestellte noch in Ruhe konsumieren.
In beiden Fällen dauert die Anwesenheit der Gäste und damit auch der Dienstnehmerin länger als die Zeit, welche sich aus den Bonierungen ergibt, sodass jedenfalls von zusätzlichen Arbeitsstunden auszugehen ist.
Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer in der Befragung vom selbst angibt, dass die Dienstnehmerin gearbeitet hat, selbst wenn sich während der Öffnungszeiten keine Gäste im Lokal befunden haben, sie (zumindest ab und zu) das Lokal nach dem Tagesbetrieb aufgeräumt hat und sie in Ausnahmefällen (bei Gesellschaften) auch andere Bonierungsschlüssel verwendet hat. Wiederum ein klares Indiz dafür, dass die - im Zuge der Auseinandersetzung mit der Dienstnehmerin erstellten - Berechnungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der geleisteten Arbeitsstunden nicht mit der Realität in Einklang steht.
Damit steht aber fest, dass es dem Beschwerdeführer ganz offensichtlich nicht gelungen ist nachzuweisen, dass die Forderungen der Dienstnehmerin zur Gänze unberechtigt sind. Der Umstand, dass letztlich eine Nachzahlung für 107 Stunden (im Vergleichswege) akzeptiert wurde, ergibt, dass jedenfalls mehr Arbeitsleistungen erbracht als bisher bezahlt wurden. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich nicht abschließend, ob es sich - wegen der im Akt angesprochenen Verfallfrist - um eine Nachzahlung lediglich für drei Monate oder doch für drei Jahre gehandelt hat, was im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben kann.
Hinsichtlich der Unterschrift unter den Arbeitszeitaufzeichnungen 2009 stehen sich zwei gegenteilige Behauptungen gegenüber. Alleine der Umstand, dass der Prüfer - ohne dies auch nur ansatzweise zu begründen - in den "Notizen zur GPLA" auf Seite 2 ausführt, der Aussage des Beschwerdeführers hinsichtlich der Unterschrift könne "nicht Glauben geschenkt werden", reicht hier keinesfalls aus, die Aussagen des Beschwerdeführers unglaubwürdiger zu machen, als die Annahme des Prüfers.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die an die betroffenen ArbeitnehmerInnen ausbezahlten Überstundenzuschläge zu Recht steuerfrei belassen wurden.
Dazu normiert § 68 Abs 1 EStG 1988, dass Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360,00 Euro monatlich steuerfrei sind.
Aus dem Zusammenhalt des Inhaltes des Verwaltungsaktes ergibt sich, dass es sich bei den in Rede stehenden Zuschlägen um solche handelt, die für Arbeitsleistungen an Sonntagen geleistet werden. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Gastgewerbe in seinem Erkenntnis , ausgeführt, dass nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 68 Abs 1 EStG 1988 die Steuerfreiheit von Zuschlägen, sofern sie den gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag nicht überschreiten, nur davon abhängig ist, dass diese Sonntags- (oder Feiertags-)arbeit oder die mit dieser Arbeit zusammenhängenden Überstunden abgelten.
Dass und in welchem Ausmaß an Sonn- und Feiertagen tatsächlich gearbeitet wurde, ist vom Arbeitgeber nachzuweisen. Das Einkommensteuergesetz enthält hinsichtlich der Form des Nachweises jedoch keine zwingenden Festlegungen.
Zu den Anforderungen, die an die Erbringung des Nachweises über Anzahl und zeitliche Lagerung der Überstunden zu stellen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass diesen (insbesondere) dann, wenn es um eine Vielzahl von Überstunden in mehreren Jahren geht, in aller Regel nur zeitnah erstellte Aufzeichnungen zu erbringen vermögen, aus denen hervorgeht, an welchem Tag zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden leistete (vgl ). Nachträgliche Zeugenaussagen und Bestätigungen der Arbeitnehmer können diese Aufzeichnungen im allgemeinen nicht ersetzen; gleiches gilt für eine nachträgliche Rekonstruktion der zeitlichen Lagerung der Überstunden (vgl zB ). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit Überstunden ausgeführt, dass ein entsprechender Nachweis in aller Regel nur durch zeitnah erstellte Aufzeichnungen erbracht werden kann, aus denen hervorgeht, an welchen Tagen und zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden geleistet hat (vgl bspw ).
Wie dieser Nachweis konkret ausgestaltet sein muss oder ob allenfalls bei insgesamt nur wenigen ArbeitnehmerInnen und immer im Wesentlichen gleich gelagerten wenigen Über- bzw Sonntagsstunden in einem Betrieb der Nachweis auch mit weniger ins Detail gehenden Unterlagen erbracht werden kann, lässt der Gerichtshof in Kenntnis der Unbeschränktheit der Beweismittel und der Pflicht zur freien Beweiswürdigung mangels konkreter gesetzlich determinierter Beweismittelvorgaben offen.
In diesem Zusammenhang ist auf § 166 BAO zu verweisen, nach dem als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Das Beweisverfahren im Abgabenrecht wird somit beherrscht vom Grundsatz der Unbeschränktheit und der Gleichwertigkeit der Beweismittel. Nach Durchführung der durch § 115 Abs 1 BAO gebotenen Ermittlungen ist nach § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die festgelegten Arbeitsstunden der DienstnehmerInnen durch entsprechende und von diesen unterzeichnete "Wochenpläne" dokumentiert. Die dem Prüfer vorgelegten Unterlagen stellen Urkunden iSd § 168 BAO dar, welche als Privaturkunden hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit der freien Beweiswürdigung unterliegen (vgl Ritz, BAO6, § 169 Tz 9).
Vom Finanzamt wurde diesen Urkunden die Beweiskraft abgesprochen, weil diese für "einwandfreie, zeitnah erfasste Aufzeichnungen" nicht "ausreichen" (vgl Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung S 2) würden.
Offenbar aufbauend auf dieser These führte das Finanzamt sodann weiter aus, die vorgelegten "Wochen- bzw. Jahrespläne" entsprächen nicht den tatsächlichen Arbeitszeiten "laut Bonrollen".
Diese "Begründungen" reichen jedoch nicht aus, die Steuerfreiheit der ausbezahlten Sonntags(Überstunden)zuschläge zu verneinen.
Tatsächlich ist vom Finanzamt nicht bestritten worden, dass der Betrieb des Beschwerdeführers (auch in den Streitjahren) an sechs Tagen in der Woche geöffnet war und sich aus diesen Öffnungszeiten die abgerechneten Arbeitsstunden ergeben. Zudem steht fest, dass eine Rekonstruktion von "Minderzeiten" an Hand der Bonrollen keine ausreichende Beweiskraft entfaltet und daher (zumindest) von einer Dienstnehmerin tatsächlich mehr als die abgerechneten Stunden gearbeitet wurde.
Gerade bei einer derartigen Beschäftigung und in Anbetracht der (geringen) Gesamtanzahl der Arbeitnehmer und der Betriebsstruktur des Beschwerdeführers bedarf es wohl keiner weiteren Ausführungen dazu, dass die entsprechenden Arbeitnehmer auch tatsächlich an den Sonntagen gearbeitet haben. Dies wird durch das Finanzamt sogar insofern bestätigt, als es sich im Bericht, neben der allgemeinen Behauptung zum "Nichtausreichen" der Aufzeichnungen, letztlich darauf zurückzieht, dass der Nachweis der Ableistung der Sollarbeitszeit (von Montag bis Samstag) zu erbringen gewesen wäre.
Tatsächlich ergibt sich aus obigen Überlegungen aber einerseits, dass (zumindest) die Kellnerin mehr Arbeitsstunden erbracht hat, als ihr bezahlt wurden. Andererseits gibt es im Verwaltungsakt überhaupt keine Anhaltspunkte, dass die anderen, als Küchenhilfen beschäftigten Arbeitnehmer nicht entsprechend ihren planmäßigen Arbeitszeiten und somit auch an Sonntagen gearbeitet hätten und bezahlt worden wären.
Somit ergibt sich aus den Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes kein konkreter Anhaltspunkt dafür, dass die Dienstnehmer die Zeiten, für welche sie bezahlt wurden, nicht geleistet hätten. Aus dem Umstand, dass eine Dienstnehmerin nachträglich zusätzliche Zahlungen für darüberhinausgehende Arbeitszeiten eingefordert hat, lässt sich jedenfalls nicht ableiten, dass andere (tatsächlich bezahlte) Arbeitszeiten nicht geleistet worden wären.
Unstrittig ist weiter, dass für - nach den vorgelegten Unterlagen - an Sonntagen geleistete Arbeitsstunden ein Zuschlag zum Grundlohn bezahlt wurde.
Aus der Sicht des Einkommensteuergesetzes ist nicht zu beurteilen, ob diese Auszahlung von Zuschlägen entsprechend den arbeitsrechtlichen Vorschriften zwingend oder allenfalls "nur" auf Grund innerbetrieblicher Übung erfolgte und ob der Arbeitgeber seinen Entgeltsverpflichtungen vollumfänglich nachgekommen ist. Vielmehr ist ausschließlich von Bedeutung, ob die ausbezahlten Zuschläge einer Begünstigung nach § 68 Abs 1 EStG 1988 zugänglich sind.
Das Vorliegen von Überstunden dem Grunde nach ist mit Wirkung auf § 68 EStG 1988 kollektivvertraglich geregelt, die Auszahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen und deren Besteuerung nach § 68 EStG 1988 bei tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden an diesen Tagen ist auch unabhängig von verpflichtenden arbeitsrechtlichen Vorschriften (wie etwa Bestimmungen in Gesetzen oder Kollektivverträgen) möglich (vgl idS dazu etwa , und auch UFSI , RV/0397-I/07).
Aus diesem Grund wäre es letztlich gar nicht entscheidend, ob tatsächlich Überstunden vorliegen oder die Zahlung der Zuschläge für an Sonntagen erbrachte Arbeitsleistungen erfolgte.
Unter Gesamtwürdigung aller Umstände des gegenständlichen Falles ergibt sich alleine aus der Tatsache, dass die "Arbeitszeitaufzeichnungen" in Form von Wochenplänen entsprechend den Öffnungszeiten des Betriebes geführt wurden keine Berechtigung zur Aberkennung der Steuerfreiheit der gegenständlichen Zulagen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist auf Grund des gegebenen Sachverhaltes in Verbindung mit den vorgelegten Beweismitteln mit ausreichender Gewissheit davon auszugehen, dass alle strittigen Zuschläge für tatsächlich an Sonntagen geleistete Arbeitsstunden ausbezahlt wurden. Ob diese Zuschläge auf Grund etwa des Kollektivvertrages verpflichtend zu bezahlen waren (Überstundenzuschläge) oder der Beschwerdeführer dies auf Grund innerbetrieblicher Übung so gestaltet hat (hinsichtlich Sonntagszuschlägen enthält § 68 EStG 1988 diesbezüglich keine speziellen Regelungen für die begünstigte Auszahlung), spielt, wie oben bereits ausgeführt, dabei keine Rolle.
Damit wurden die strittigen Zuschläge nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zu Recht steuerfrei belassen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall war in freier Beweiswürdigung die Frage der Erbringung von Arbeitsleistungen an Sonntagen zu beurteilen. Die steuerliche Behandlung ergibt sich sodann unmittelbar aus dem Gesetz.
Es war somit keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu lösen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 68 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100730.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at