Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.04.2022, RV/7101797/2021

Keine Rückgängigmachung gemäß § 17 GrEStG, wenn Aufhebung des Kaufvertrages und Abschluss des neuen Kaufvertrages an die GmbH, bei der die ursprüngliche Erwerberin Alleingesellschafterin ist, uno actu erfolgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***6***, ***7*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer 2020 - Antrag gemäß § 17 GrEStG auf Abänderung der Grunderwerbsteuerfestsetzung zu ErfNr. ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensablauf
Bescheidmäßige Festsetzung der Grunderwerbsteuer

Mit Kaufvertrag vom und Nachtrag zum Kaufvertrag vom verkaufte ***3*** die Liegenschaften ***2*** um einen Kaufpreis von € 899.000,00 an Frau Mag. ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.).

Für dieses Rechtsgeschäft wurde am vom rechtsfreundlichen Vertreter der Bf. über FinanzOnline eine Grunderwerbsteuererklärung abgegeben, in der der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld mit angegeben wurde. Mit Bescheid vom zu ErfNr. ***1*** setzte das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich - kurz FA) die Grunderwerbsteuer entsprechend der Erklärung mit € 31.465,00 gegenüber der Bf. fest. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Antrag vom

Mit Schreiben vom teilte der rechtsfreundliche Vertreter der Bf. namens der Bf. die dem FA mit, dass der oben erwähnte Kaufvertrag mit der in Kopie beiliegenden Vereinbarung vom rückabgewickelt worden sei und ersuchte er um Rücküberweisung der entrichteten Grunderwerbsteuer iHv € 31.465,00 auf sein Kanzleikonto.

Die genannte Vereinbarung über die Rückabwicklung vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"2. ABREDE

Die kaufende Partei verkauft (zurück) und übergibt (zurück) und die verkaufende Partei kauft (zurück) und übernimmt (zurück) von Ersterer zur Gänze in ihr Eigentum den in Punkt I. dieses Vertrages näher bezeichneten Vertragsgegenstand.

3. RÜCKERSTATTUNG KAUFPREIS

Die Vertragsparteien vereinbaren, dass der seinerzeit bezahlte Kaufpreis in Höhe von EUR 899.000,00 an die kaufende Partei zurückerstattet wird, wobei eine Verrechnung gemäß gesondertem Vertrag vereinbart wird. Die kaufende Partei quittiert sohin den Rückerhalt des seinerzeit bezahlten Kaufpreises. Hiermit sind alle Ansprüche der kaufenden Partei auf Rückzahlung des seinerzeitigen Kaufpreises sowie aller mit dem seinerseitigen Kaufvertragsabschluss und der nunmehrigen Rückabwicklung verbundenen Ansprüche der kaufenden Parteien abgegolten.

Gemäß § 17 GrEStG 1987 fällt im Zusammenhang mit der gegenständlichen Vereinbarung keine Grunderwerbsteuer an."

Ermittlungen des FA

Mit Email vom ersuchte das FA den rechtsfreundlichen Vertreter der Bf. um Übermittlung eines Beleges (bzw. Bestätigung) der Rückerstattung des Kaufpreises von Frau ***3*** in der Höhe von € 899.000,00.

Dieses Ersuchen wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter der Bf. mit Email vom dahingehend erledigt, dass dem FA der Kaufvertrag vom abgeschlossen zwischen Frau ***3*** und der ***4*** übermittelt wurde und dazu ausgeführt wurde, dass sich aus diesem Kaufvertrag ergebe, dass die Rückzahlung des Kaufpreises an Frau ***Bf1*** im Wege der Verrechnung erfolgt sei.

Der Kaufvertrag vom enthält ua. folgende Abreden:

"4. KAUFPREIS

Die Vertragsteile vereinbaren für den Kaufgegenstand einen Kaufpreis von EUR 893.000,00 ….

Die Kaufpreisberichtigung erfolgt durch Übernahme der Rückzahlungsverpflichtung der verkaufenden Partei gegenüber Frau ***Bf1***, … aufgrund der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom samt Nachtrag vom betreffend die gegenständlichen Liegenschaften gemäß am heutigen Tag abgeschlossenen Vertrag über die Rückabwicklung. Die kaufende Partei übernimmt diese Rückzahlungsverpflichtung der verkaufenden Partei und hält die verkaufende Partei in dieser Hinsicht vollkommen schad- und klaglos.

Gleichzeitig bestätigt Frau ***Bf1***, …, die diesen Vertrag mitunterfertigt, dass alle ihre Ansprüche auf Rückzahlung des seinerzeitigen Kaufpreises sowie aller mit dem seinerseitigen Kaufvertragsabschluss und der erfolgten Rückabwicklung verbundenen Ansprüche von der hier kaufenden Partei abgegolten wurden und ihr daher in diesem Zusammenhang keinerlei Forderungen wedergegenüber der hier verkaufenden Partei noch gegenüber der hier kaufenden Partei mehr zustehen."

In der Folge tätigte das FA noch Abfragen im Firmenbuch, die ergaben, dass die Bf. bis als Geschäftsführerin der ***4*** im Firmenbuch eingetragen war und die Bf. weiters bis zum Gesellschafterin der ***4*** war.

Bescheid vom betreffend § 17 GrEStG

Mit Bescheid vom wies das FA den Antrag gemäß § 17 GrEStG auf Erstattung der Grunderwerbsteuer mit auszugsweise folgender Begründung ab:

"Gegenständlicher Kaufvertrag wurde mit Vereinbarung vom aufgehoben.

Am selben Tag, also auch am , wurde zwischen der Verkäuferin und der ***4*** ein neuer Kaufvertrag abgeschlossen.

Die damalige Käuferin war bis kurz vor Abschluss des neuen Kaufvertrages Gesellschafterin und Geschäftsführerin der neuen Käuferin.

Lt. Beantwortung vom wurde der Kaufpreis an die damalige Käuferin nicht von der Verkäuferin rückgezahlt, sondern vielmehr durch Verrechnung mit der neuen Käuferin ausgeglichen.

Aus all diesen Umständen liegt nach Ansicht des Finanzamtes keine Rückgängigmachung, sondern vielmehr eine Weiterveräußerung vor.

Da keine Rückgängigmachung vorliegt war der Antrag auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer abzuweisen."

Beschwerde vom

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, die Abänderung des Grunderwerbssteuerbescheides vom dahingehend, dass die entrichtete Grunderwerbssteuer in Höhe von EUR 31.465,00 der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten ist sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Vereinbarung vom der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei, sodass eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs im Sinne des § 17 Abs 1 Z1 GrEStG vorliege, die fristgerecht innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung erfolgte.

Der Kaufvertrag vom sowie der Nachtrag vom seien durch die Vereinbarung vom aufgelöst worden, sodass der seinerzeit von der Beschwerdeführerin angestrebte Erwerbsvorgang rechtlich als null und nichtig zu qualifizieren sei. Dass die ***4***, ***5***, mit Kaufvertrag vom den Kaufgegenstand von Frau ***3*** erworben habe und die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit Gesellschafterin und Geschäftsführerin der ***4*** gewesen sei sowie der Umstand, dass die Rückzahlung des seinerzeit von der Beschwerdeführerin geleisteten Kaufpreises im Wege der Verrechnung erfolgte, vermöge rechtlich rein gar nichts an der Tatsache zu ändern, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang der Beschwerdeführerin mit Vereinbarung vom faktisch sowie gleichermaßen rechtlich rückgängig gemacht worden sei. Aufgrund Vorliegens des Tatbestands des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG bestehe somit schlicht keine rechtliche Grundlage mehr für die Festsetzung der Grunderwerbssteuer in Höhe von EUR 31.465,00. Die gewählte Vorgehensweise der Verrechnung sei keinesfalls dazu geeignet, die mit Vereinbarung vom erfolgte Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs der Beschwerdeführerin zu tangieren und seien der Kaufvertrag vom sowie der Nachtrag vom vielmehr rechtsgültig aufgelöst worden, sodass die Beschwerdeführerin nicht als Erwerberin des Kaufgegenstandes zu qualifizieren sei.

Aus all diesen Gründen erweise sich die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall keine Rückgängigmachung, sondern vielmehr eine Weiterveräußerung vorliegen soll, als rechtlich verfehlt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG Folge geben, den Grunderwerbsteuerbescheid vom abändern und die entrichtete Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 31.465,00 rücküberweisen müssen.

Als Beweismittel nannte die Bf.
- PV
- Kaufvertrag vom sowie Nachtrag vom (Beilage ./1)
- Vereinbarung vom (Beilage ./2)
- Schreiben vom (Beilage ,/3).Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde gegen den Bescheid vom mit auszugsweiser folgender Begründung ab:

"Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 vorliegt, kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte. Der Erwerber darf am weiteren Schicksal des Grundstückes kein Interesse mehr haben. Eine Rückgängigmachung setzt daher voraus, dass der ursprüngliche Verkäufer wieder das volle wirtschaftliche Risiko der Liegenschaftsverwertung zu tragen hat. Entsteht dem Verkäufer durch eine in der Parteienvereinbarung erfolgte Regelung kein finanzielles Risiko aus der Aufhebung des ersten Kaufvertrages, kann auf das Fehlen der freien Verfügungsmacht des Verkäufers geschlossen werden. Dieser Umstand liegt im gegenständlichen Fall vor. Unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass die Rückabwicklung und der neue Kaufvertrag am selben Tag abgeschlossen wurden, zwischen dem Erst- und Zweiterwerber eine enge wirtschaftliche Beziehung besteht sowie beide Kaufverträge inhaltsgleich und vom selben Vertragserrichter abgeschlossen wurden kommt das Finanzamt zum Schluss, dass der Zweitkäufer vom Ersterwerber ausgesucht wurde und die seinerzeitige Verkäuferin nicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Liegenschaft wiedererlangt hat."

Vorlageantrag vom

Am beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde ans BFG und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Ein weiteres Vorbringen wurde dabei von der Bf. nicht erstattet.

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages gemäß § 17 GrEStG dem BFG zur Entscheidung vor. Dabei gab das FA noch eine ergänzende Stellungnahme mit folgendem Inhalt ab:

"Wird der Vertrag lediglich zum Zweck der Übertragung des Grundstücks zu vom Käufer bestimmten Bedingungen und Preis auf eine vom Käufer ausgewählte dritte Person aufgehoben, ohne dass dabei der Verkäufer sein früheres Verfügungsrecht über das Grundstück zurückerlangt, liegt keine Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG vor. (vlg. VwGH u.a. , 2013/16/0034; ). Die Verkäuferin muss aber wieder das volle wirtschaftliche Risiko der Liegenschaftsverwertung tragen, damit eine Rückgängigmachung vorliegt. Im gegenständlichen Fall hat die Verkäuferin das frühere Verfügungsrecht über das Grundstück nicht zurückerlangt.

Gegen die Wiedererlangung der vollständigen Verfügungsmacht sprechen folgende Gründe:

Es liegt ein persönliches Naheverhältnis zwischen der Ersterwerberin und der Zweiterwerberin vor, nämlich war die Bf. noch bis kurz vor den gegenständlichen Erwerbsvorgängen sowohl Geschäftsführerin als auch Gesellschafterin der Zweiterwerberin, nämlich der ***4*** (***5***).

Sowohl der Aufhebungsvertrag als auch der neue Kaufvertrag wurden am selben Tag (uno actu) abgeschlossen.

Ebenso wurde der Kaufpreis nicht direkt an die Bf. zurückgezahlt, sondern erfolgte die Kaufpreisabwicklung im Zuge der Verrechnung. Die neue Käuferin ***4*** verpflichtete sich zur Übernahme der Rückzahlungsverpflichtung der Verkäuferin gegenüber der Bf. im Kaufvertrag unter Punkt 4. Kaufpreis.

Aus dem bisherigen Vorbringen der Bf. und den beigebrachten Unterlagen lässt sich auch keine Wiedererlangung der Verfügungsmacht durch die Verkäuferin ableiten.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle darauf, dass es sich bei § 17 GrEStG 1987 um eine Begünstigungsbestimmung handelt. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. Fellner, Grunderwerbsteuer, zu § 17 GrEStG, Rz 6; dort angeführte Judikatur zB. ).

Da die Voraussetzungen für die Abänderung der festgesetzten GrESt gem. § 17 GrEStG nicht vorliegen, war der Antrag zu Recht abzuweisen."

Beweiserhebung durch das BFG

Vom Bundesfinanzgericht wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Aktenbestandteile und ergibt sich daraus der oben dargestellte unstrittige Sachverhalt und Verfahrensablauf.

Mit Vorbereitungsvorhalt vom teilte die zuständige Richterin des BFG den Parteien mit, wie sich die Sach- und Rechtslage für sie darstelle und aus welchen vorläufigen Erwägungen die Beschwerde als unbegründet erscheine.

Mündliche Verhandlung

Zu der am durchgeführten mündlichen Verhandlung ist die beschwerdeführende Partei (kurz Bf.) persönlich nicht erschienen. Für sie nahm Herr ***6*** (kurz RA) unter Berufung auf die erteilte Vollmacht an der Verhandlung teil.

Nach Vortrag der Sache durch die Richterin unter Hinweis auf den Vorbereitungsvorhalt vom berichtete die Richterin, dass bis dato zum Vorbereitungsvorhalt keine Stellungnahme abgegeben wurde.

Auf die Frage der Richterin, ob es zum im Vorbereitungsvorhalt dargestellten Sachverhalt noch Ergänzungen gibt, antwortet der RA: "Es gibt keine Ergänzungen von meiner Seite."

Anschließend erklärte die Vertreterin des FA: "Es gibt keine Ergänzungen von Seiten des Finanzamtes."

Der RA verwies sodann auf die Ausführungen in den Schriftsätzen im bisherigen Verfahren.

FA: "Ich verweise auch auf das bisher Vorgebrachte."

Die Parteien stellten keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Abschließend beantragte die Vertreterin des FA die Abweisung der Beschwerde.

Der Vertreter der Bf. beantragte der Beschwerde stattzugeben.

Die Richterin verkündete sodann den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 8 Abs 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Gemäß § 17 Abs. 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag ua. nach Z 1 dann nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten gemäß § 17 Abs. 2 GrEStG die Bestimmungen des Abs 1 Z 1, 2 und 4 sinngemäß.

§ 17 Abs. 4 GrEStG bestimmt Folgendes:

"Ist die Steuer in den Fällen der Abs. 1 bis 3 bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird."

In § 17 Abs. 5 GrEStG wird bestimmt, dass Anträge nach Abs. 1 bis 4 bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen sind, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.

Erwägungen zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Entstehen der Steuerschuld

Bei mehreren Erwerbsvorgängen ist grundsätzlich jeder Erwerbsvorgang, worunter nicht erst das Erfüllungs-, sondern schon das Verpflichtungsgeschäft zu verstehen ist, grunderwerbsteuerpflichtig (vgl. ua. ).

Ob ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist, ist ausschließlich nach den steuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach § 1 GrEStG, zu beurteilen ().

Der Kaufvertrag vom stellt jedenfalls ein derartiges Verpflichtungsgeschäft iSd § 1 GrEStG dar und kommt es für das Entstehen der Steuerschuld nicht darauf an, ob der Vertrag auch grundbücherlich durchgeführt wird. Auch in der Abgabenerklärt bei Anzeige des Kaufvertrages wurde erklärt, dass die Steuerschuld am entstanden ist.

Damit im Einklang steht, dass dem Kaufvertrag keine aufschiebende Bedingung beigesetzt wurde, sondern lediglich in Punkt 8. des Kaufvertrages besondere Rücktrittsrechte vereinbart wurden. Es liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass das Rücktrittsrecht ausgeübt worden wäre.

Im Übrigen ist in einem Verfahren nach § 17 GrEStG auch nicht darüber abzusprechen, ob überhaupt seinerzeit eine Steuerschuld entstanden ist. Die Vorschriften des § 17 GrEStG setzen voraus, dass die Steuerschuld im Sinne des § 4 Abs 1 BAO und § 8 GrEStG bereits entstanden ist (vgl. ua ).

Ist die Wirksamkeit vom Eintritt einer Bedingung abhängig, so kann die Steuerschuld vor ihrem Eintritt nicht entstehen. Wenn dessen ungeachtet die Grunderwerbsteuer in rechtswidriger Weise festgesetzt und wurde dieser Bescheid in der Folge rechtskräftig, so kann diese Festsetzung mangels Vorliegens der in § 17 GrEStG normierten Voraussetzungen durch eine Maßnahme nach dieser Gesetzesstelle nicht mehr beseitigt werden. Die Rückerstattung eines Grunderwerbsteuerbetrages, hinsichtlich dessen die Steuerschuld (noch) nicht entstanden ist, ist demnach verfehlt (vgl ua ).

Rückgängigmachung des verwirklichten Erwerbsvorganges

§ 17 GrEStG ist als Begünstigungsbestimmung einer ausdehnenden Interpretation nicht zugänglich. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. Fellner, aaO, Rz 6 zu § 17 GrEStG mit zahlreichen Judikaturhinweisen).

§ 17 GrEStG bezieht sich - ebenso wie die Tatbestände des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG - ausschließlich auf das den Anspruch auf Übereignung begründende Verpflichtungsgeschäft. Ob das Verpflichtungsgeschäft erfüllt worden ist, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges, also des Verpflichtungsgeschäftes, nicht maßgebend (vgl. Fellner, aaO, Rz 7a zu § 17 GrEStG unter Hinweis auf ).

Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 vorliegt, kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen der in § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist somit nicht iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt - der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmacht aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt. Erfolgt die Aufhebung des Kaufvertrages lediglich zu dem Zweck der gleichzeitigen Übertragung des Grundstückes auf eine vom Käufer ausgewählte dritte Person zu vom Käufer bestimmten Bedingungen und Preisen, ohne dass der Verkäufer in irgendeiner Weise sein früheres Verfügungsrecht über das Grundstück zurückerlangt, ist der frühere Kaufvertrag über seine formale Aufhebung hinaus auch nicht teilweise "rückgängig gemacht" worden (, verstärkter Senat, zu § 20 GrEStG 1955).

Erfolgte die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur, um den Verkauf des Grundstückes an den im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgten, hat der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen (vgl ua. ).

War bei Auflösung des am abgeschlossenen Kaufvertrages am schon klar, dass an Stelle der ursprünglichen Käufer jene GmbH das Grundstück als Käuferin erwerben wird, dessen Geschäftsführer der eine der Käufer war, hatten die Verkäufer die Urkunde über die zweite Veräußerung schon am unterfertigt und war schon an diesem Tag die Beglaubigung der Unterschrift des vormaligen Käufers als Geschäftsführer der GmbH erfolgt, so konnte die Behörde den Schluss ziehen, die Rückgängigmachung des ersten Vertrages sei nur erfolgt, weil zwischen den Vertragsteilen Einigkeit bestanden hatte, die Liegenschaft an die GmbH zu veräußern. In Verbindung mit der für diesen Vorgang in der Auflösungsvereinbarung vom selbst gegebenen Aufklärung eines Irrtums (der, wie sich aus einer Eingabe vom klar ergab, ein sog Motivirrtum über die wirtschaftliche Verwendbarkeit des Kaufobjektes war) folgte aus diesem Geschehen eindeutig, dass von einer wiedererlangten freien Verfügungsmacht der Verkäufer, das Objekt insbesondere auch an einen außenstehenden Dritten veräußern zu können, keine Rede sein konnte (, 0190).

Die Aufeinanderfolge der im Zuge der Beglaubigung vom Notar vergebenen BRZ-Zahlen bestätigt den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Vertragsaufhebung einerseits und dem Abschluss des neuen Kaufvertrages andererseits ().

Aus dem Inhalt der von denselben Rechtsanwälten errichteten Verträgen, der zeitlichen Abfolge der Vertragsabwicklung, dem persönlichen Naheverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Käuferin, den Zahlungsmodalitäten und der Zahlungsabwicklung konnte auf das Fehlen einer freien Verfügungsmacht des Verkäufers geschlossen werden, der durch die im Stornovertrag erfolgte Übernahme der Kosten und Gebühren durch den Beschwerdeführer kein finanzielles Risiko bei der Stornierung des ersten Kaufvertrages und dem kurz darauf folgenden Abschluss des zweiten Kaufvertrages zu tragen hatte ().

Entsteht dem Verkäufer durch eine in der Parteienvereinbarung erfolgte Regelung kein finanzielles Risiko aus der Aufhebung des ersten Kaufvertrages, kann auf das Fehlen der freien Verfügungsmacht des Verkäufers geschlossen werden. Vermittelt der Käufer dem Verkäufer einen neuen Käufer, der das Grundstück zu denselben Konditionen erwirbt, zahlt dem Verkäufer aber nur einen geringen pauschalen Schadenersatz, liegt keine tatsächliche Rückgängigmachung vor, weil der Verkäufer zu keinem Zeitpunkt das Risiko wieder übernehmen muss, einen neuen Käufer für die Liegenschaft zu finden (vgl. ).

Auch hier muss auf Grund der zeitlichen Abfolge bei Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung bereits festgestanden sein, dass die "rückübertragenen" Grundstücke zu den gleichen Konditionen sogleich an die GmbH der Bf. verkauft werden. Die Aufhebungsvereinbarung zum "ersten" Kaufvertrag und der "zweite" Kaufvertrag wurden von den Vertragsparteien jeweils am selben Tag unterzeichnet. Daraus ergibt sich deutlich, dass die Aufhebung des ersten Kaufvertrages nur deshalb erfolgte, um der GmbH den Erwerb der Grundstücke zur zu ermöglichen. Es widerspricht den Lebenserfahrungen, dass nicht bereits vor Vertragsunterfertigung eine mündliche Einigung aller Vertragspartner erfolgt wäre. Damit ist ausgeschlossen, dass die Verkäuferin durch die Aufhebungsvereinbarung ihre ursprüngliche Verfügungsmacht wieder zurückerlangt hat und sie die Grundstücke auch an einen Dritten oder gar nicht verkaufen hätte können.

Es liegt weiters kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Verkäuferin ein Interesse an der Vertragsaufhebung gehabt hätte, blieb doch auch die Höhe der Gegenleistung unverändert. Die ursprünglichen Verkäuferin musste durch die zeitliche Abfolge auch kein wirtschaftliches Risiko der Liegenschaftsverwertung tragen, hatte sich die GmbH doch bereits vertraglich gebunden und übernahm die GmbH auch die Verrechnung des Kaufpreises mit der Bf., verpflichtete sich die GmbH im Punkt 4. des Kaufvertrages vom die Verkäuferin hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung an die Bf. vollkommen schad- und klaglos zu halten und bestätigte auch die Bf. durch Mitunterzeichnung des Kaufvertrages vom ausdrücklich, dass alle ihre Ansprüche auf Rückzahlung des seinerzeitigen Kaufpreises sowie aller mit dem seinerseitigen Kaufvertragsabschluss und der erfolgten Rückabwicklung verbundenen Ansprüche von der hier kaufenden Partei abgegolten wurden und ihr daher in diesem Zusammenhang keinerlei Forderungen wedergegenüber r hier verkaufenden Partei noch gegenüber der hier kaufenden Partei mehr zustehen.

Aus all diesen Erwägungen ist vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur nicht davon auszugehen, dass die Verkäuferin durch die Auflösungsvereinbarung ihre ursprüngliche Rechtsstellung über die Grundstücke wiedererlangt hat.

Es liegt daher keine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG betreffend den ursprünglichen Erwerbsvorgang vor und wurde somit der Antrag der Bf. auf Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom vom FA mit dem angefochtenen Bescheid vom zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die getroffene Entscheidung war nicht von der Lösung von Rechtsfragen mit grundsätzlicher Bedeutung abhängig, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der oben dargestellten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgte und im Ergebnis Tatfragen entscheidungsrelevant waren.

Wien, am

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