Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2022, RV/7100618/2012

Materielle Buchführungsmängel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gruber Wirtschaftstreuhand GesmbH, Gassen 2, 3393 Zelking, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2003, hinsichtlich Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt im Jahr 2003 einen gewerblichen Holzhandel und ermittelt den Gewinn aus dieser Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 1 EStG.

Mit Bescheiden vom wurde der Bf. erklärungsgemäß zur Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid 2003 veranlagt. Dabei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 3.092,77 - die Einkommensteuer mit € 0,00 - und der Gesamtbetrag der Lieferungen und sonstigen Leistungen mit € 77.567,68 - die Umsatzsteuer in weiterer Folge mit € 1.957,29 - festgesetzt.

Im Rahmen einer im November 2005 durchgeführten Nachbescheidkontrolle traf der Außenprüfer unter Punkt 3, nunmehr folgende - im gegenständlichen Beschwerdeverfahren - ausschließlich strittige Feststellung (ABp AS 49, 50):

"…
3) Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung und Bestreitung des Lebensunterhaltes:

Zu der Feststellung, dass der von der Firma W am getätigte Wareneinkauf von € 1.038,31 nicht als Erlös verbucht wurde, wurde am mitgeteilt, dass die Firma W die ER 28 verspätet fakturiert hat, und dass aus diesem Einkauf die AR 80 und AR 82 fakturierten Erlöse erzielt wurden. Mit Schreiben vom [gemeint ] wurde der steuerliche Vertreter ersucht, zu dieser Behauptung allfällige Beweismittel, wie Lieferscheine vorzulegen. Diesem Ersuchen ist er im Schreiben vom (eingelangt am ) nicht nachgekommen.

Am wurde eine Treibstoffrechnung über € 48,25 in der Journalzeile 477 als Barzahlung von der betrieblichen Kassa gebucht. Tatsächlich wurde diese Rechnung vom Privatkonto ***000 bei der Volksbank (Auszug Nr 0070/001 per ) abgebucht.

Kassa:

Vom Unternehmer werden die Belege von bar bezahlten Ausgaben gesammelt, vom Steuerberater wird die Verbuchung übernommen. Privateinlagen werden nach Bedarf (zur Vermeidung von Kassafehlbeträgen) gebucht.
Im Jahr 2003 übersteigen die Einlagen die Entnahmen um € 3.422,91


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vom Konto 9200 Privat
2.917,24
vom Konto 9201 Kassa Privat
505,67
3.422,91


Bezüglich der Bestreitung der Lebensunterhaltes bzw der Klärung wie das Übersteigen der Privateinlagen über die Entnahmen finanziert wurden, haben die Schreiben vom und vom zu keiner Klärung geführt.
Die laufenden Überweisungen à € 508,71 vom Firmenkonto
***001 auf das Privatkoto ***000 (beide bei der Volksbank) sowie der negative Saldo des Privatkontos waren als Nachweis nicht geeignet. Die Vorlage des Privatkontos bei der Volksbank ***000 hat folgendes Ergebnis gebracht:


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Anfangsstand am Kontoauszug Nr. 9 [am ]
- 6.117,72
Bareinzahlungen (auch hier ergibt sich die Frage woher das Geld stammt)
1.000,00
Dividende
2,18
Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag
1.875,60
ÜW vom betrieblichen Kto ***001 Volksbank
5.595,81
diverse Bankspesen
- 380,04
Daueraufträge auf Sparbücher
- 2.906,96
EVN Dorf 6
- 488,74
Daueraufträge auf Bausparverträge
- 639,54
Rate zu KV-1
-2.755,02
Barabhebung
- 200,00
Zahlung BP (als betrieblicher, bar bezahlter Aufwand verbucht)
- 45,28
Überweisung Fa. S
- 164,65
Überweisung Bank
- 19,00
diverse Überweisungen - Empfänger nicht ersichtlich
- 231,12
Kontostand am Auszug 0071/001
- 5.474,48


Die Vorlage des Privatkontos hat zu keiner Aufklärung bezüglich der Privateinlagen und der Bestreitung des Lebensunterhaltes geführt.
Im Schreiben vom wurde weiters erklärt, dass Teile der Lebenshaltungskosten auch von der Gattin [des Bf.] aus rumänischen Einkunftsquellen bestritten werden, es wurden allerdings keine Unterlagen darüber vorgelegt.
Da die Privateinlagen und die Lebenshaltungskosten nicht aufgeklärt wurden wird eine griffweise Umsatz- und Gewinnzuschätzung in Höhe von € 10.000 zusätzlich USt d.s.€ 2.000 vorgenommen.

5) Es ergeben sich folgende Änderungen der Bemessungsgrundlagen:


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Umsatzsteuer:
Steuerbarer Umsatz lt. Erklärung
77.567,68
Zuschätzung Tz 3
10.000,00
000
87.567,68
Privatanteil Telefon Tz 2
001
160,00
Ausfuhrlieferungen
011
2.788,00
20% Normalsteuersatz
77.779,68
Zuschätzung Tz 3
10.000,00
Privatanteil Telefon Tz 2
160,00
022
84.939,68
Vorsteuern
710,96
VSt von nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben Tz 4
32,08
060
684,88
bereits entrichtete EUSt
061
12.281,69
Zahllast
4.021,37
Zahllast lt. Erklärung
1.957,29
Mehrbetrag
2,064,08
Einkommensteuer:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
3.092,77
Aktivposten Kfz-Leasing Tz 1
1.448,00
Privatanteil PKW Tz 2
642,40
Privatanteil Telefon Tz 2
160,00
Zuschätzung Tz 3
10.000,00
Nichtabzugsfähige Betriebsausgaben
353,12
330
15.696,29

"

Mit Bescheiden vom hob das Finanzamt den Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 2003 gemäß § 299 BAO auf und setzte den Feststellungen des Außenprüfers folgend, mit Bescheiden gleichen Datums, die Umsatz- und Einkommensteuer 2003 neuerlich fest (Bescheidbegründung vom , ABp-Akt AS 48 - 52).

Am erhob der steuerliche Vertreter des Bf. gegen die im Zuge der Außenprüfung erlassenen Sachbescheide Beschwerde und führte begründend aus (ABp AS 54 - 65):

" … 1.1 Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung

Der mit getätigte Wareneinkauf in Höhe von EUR 1.038,31 (ER 28) bei der Firma W […] und die erfolgte Erlösgegenbuchung wurde bereits in unserem Schreiben vom behandelt. Die sachlichen Erläuterungen dazu wurden in der Bescheidbegründung nicht annähernd gewürdigt - die Erlöserfassung in den Ausgangsrechnungen 80 und 82 ist für den Betriebsprüfer [… ] insofern nicht eindeutig, da die Aufwandsbuchung nach der Erlöserfassung erfolgte. Ein Vorgang der aufgrund der intensiven Geschäftsbeziehungen unserer Mandantschaft zu o.a. Lieferanten nicht als ungewöhnlich betrachtet werden kann. Die nachträgliche Ausstellung eines Lieferscheines für die Selbstabholung ist aufgrund des langen Zeitabstandes von fast 3 Jahren seitens des Lieferanten nicht durchführbar.

Eine - in der Bescheidbegründung zu Punkt 3 angeführte - und sodann nicht definierte und in ihren Rechtsfolgen erläuterte Infragestellung der Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung - wird folglich seitens des Betriebsprüfers nur behauptet und bleibt unbegründet.

Aus dem o.a Sachverhalt kann keinesfalls Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen bestehen und eine eventuelle Schätzungsbefugnis abgeleitet werden, da keine - und schon gar nicht wiederholte - Differenzen zwischen den Erlöserfassungen und dem Inhalt von Eingangsbelegen vorliegen. Das Recht unserer Mandantschaft, die sachliche Richtigkeit der oben behaupteten formell mangelhaften Aufzeichnung zu belegen, kann 3 Jahre nach Abschluss des betreffenden Geschäftsvorganges somit nicht wahrgenommen werden.

1.2 Nichtvorliegen sachlicher Buchführungsmängel

Aus den Umständen der Lebensführung unserer Mandantschaft ist auch klar erkennbar, dass es für den Zeitraum der Betriebsprüfung zu keinem wesentlichen Vermögenszuwachs gekommen sein kann, der aus behaupteten, nicht erklärten Ertragsbuchungen stammen könnte - eine Ableitung sachlicher Buchführungsmängel trifft somit aufgrund des als bescheiden zu bezeichnenden Lebensstandards unserer Mandantschaft gleichfalls nicht zu.

Der Vermögensstatus und der Lebensstandard unserer Mandantschaft war ungewöhnlicher weise in keiner Phase der Betriebsprüfung Gegenstand der Beweisaufnahme und kann in der gleichfalls beantragten mündlichen Berufungsverhandlung detailliert seitens unserer Mandantschaft offengelegt werden.

Die betrieblichen Erträge unserer Mandantschaft werden im Wesentlichen durch den Import und den Export von Schnittholz sowie Holzfertigprodukten mit entsprechenden Gewinnzuschlägen erzielt. Durch die erforderliche Verzollung aufgrund der Einfuhr aus dem Drittland R und der notwendigen Deklarierung bei der steuerfreien Ausfuhr (Ausfuhrnachweis) werden vom Zoll die Handelswaren mengenmäßig erfasst und beim Import der EUSt unterzogen (Aufwandsposition bzw. Weiterverrechnung an die Abnehmer). Bei faktischer und wirtschaftlicher Betrachtungsweise dieser Vorgänge besteht aufgrund der Deklarierungen durch den beauftragten Spediteur keine Möglichkeit zur Realisierung nicht erklärter Ertragsvorgänge.

1.3 Private Lebenssituation

Die private Lebenssituation unserer Mandantschaft für das Prüfungsjahr 2003 war jene, dass er mit seiner Ehepartnerin bereits ein gemeinsames Kleinkind (im Vorschulalter hatte und er in einer Mietwohnung in der Größe von rund 30 qm lebte - und somit die Lebensverhältnisse nachvollziehbar als durchwegs bescheiden zu betrachten waren.

1.4 Bestreitung des Lehensunterhaltes

im Zuge der Betriebsprüfung wurde seitens unserer Mandantschaft das Privatkonto bei der Bank offengelegt und die Bankkontoauszüge zur Kontonummer ***000 dem Betriebsprüfer […] übermittelt. Die Bankauszüge wurden für die Monate Februar- bis Dezember 2003 vollständig dargelegt, das Monat Jänner 2003 deshalb nicht, da diese Auszüge durch einen geschäftlichen Aufenthalt in R kurzfristig nicht beschafft werden konnten.

Für das Monat Jänner 2003 gibt es folgend unserer Mandantschaft jedoch gleichfalls keine unerklärliche Vermögensanhäufung - die betreffenden Auszüge können jedoch bis zur mündlichen Berufungsverhandlung auf Wunsch der Berufungsbehörde nachbeschafft und vorgelegt werden.

Betreffend des offengelegten Privatkontos überrascht dann die unrichtige Feststellung seitens des Betriebsprüfers zu Punkt 3 der Bescheidbegründung, dass die Vorlage des Privatkontos zu keiner Aufklärung bezüglich der Privateinlagen und der Bestreitung des Lebensunterhaltes führt, wenn die Auszüge folgende eindeutig privat bedingten Aufwandspositionen belegen:

- Versicherungsprämie für Ablebensrisikoversicherung
- monatliche Prämien für 2 Bausparverträge
- Bezahlung von Strom- bzw. Energierechnungen
- ein Gesamtbetrag von EUR 1.054,66 an weiteren Privatüberweisungen

Ein besonderer Fall der Nichtwürdigung von Aufwandspositionen dieses Privatkontos ist die seitens der Volksbank NÖ-Mitte erfolgte Verrechnung von Mahnspesen betreffend der Nichtdeckung der Kreditrate für das betriebliche Konto mit der Kontonummer KV-1 gleichen lnstitutes vom , , . und Mahnspesen vom .

Eine so klare und eindeutige Nichtbeachtung der Vermögens- und Einkommenssituation - erkennbar aus diesen Aufwandspositionen unserer Mandantschaft unterstreicht die Willkür der erfolgten griffweisen Umsatz- und Gewinnzuschätzung in Höhe von netto EUR 10.000 zusätzlich 20% Umsatzsteuer.

Die familiären Lebenshaltungskosten wurden von der Gattin unserer Mandantschaft, […] bestritten. Zur Darstellung deren Einkommenssituation dürfen wir einen Lohnzettel des rumänischen Arbeitgebers (Beilage 1) für das Jahr 2003 vorlegen. Die Lebenshaltungskosten bestanden für dieses Jahr aus dem Mietaufwand für die Wohnung über 30 qm in Höhe von ca. EUR 70,00 monatlich und den laufend erforderlichen Lebensmitteleinkäufen.

Aufgrund der bereits angesetzten Privatanteile für das betriebliche Telefon und den betrieblichen Kfz Aufwand (PKW Skoda) ergeben sich für unsere Mandantschaft keine zusätzlichen Lebenshaltungskosten.

1.5 Festgestellter Überhang der Privateinlagen

Auch wurde seitens der Betriebsprüfung ein Überhang der Einlagen zu den Entnahmen in Höhe von EUR 3.422,91 für das Jahr 2003 festgestellt.

Zur Erklärung des vorliegenden Überhanges an Einlagen dürfen wir beiliegend eine Kopie der Sparbuchbewegungen für das Sparbuch unserer Mandantschaft mit der Nummer ***SP vorlegen (Beilage 2), woraus eine Finanzierung der Einlagen für den weiteren Fortbestand des Unternehmens erfolgte und dessen Barabhebungen in Summe dem Überhang der Einlagen für das Jahr 2003 entsprechen.

Das betreffende Sparbuch wird durch monatliche Gutschriften in Höhe von EUR 145,35 vom bereits angeführten Privatkonto mit der Kontonummer ***000 dotiert, weist zum nur mehr ein Guthaben über EUR 293,80 aus, woraus die Vermögens- und Einkommenssituation unserer Mandantschaft sich jedoch nicht wesentlich erhöht.

2. Anwendung der Schätzungsbefugnis folgend § 184 BAO:
"

Nach Ansicht des Bf. liegen, wie in der Begründung zur Beschwerde oben dargelegt, die Voraussetzungen für die Schätzungsbefugnis nicht vor und sei die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen nicht in Zweifel zu ziehen. Auch sei ein Vermögenszuwachs nicht eingetreten und werde vom Finanzamt auch gar nicht behauptet. Es werde die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Stattgabe der griffweisen Umsatz- und Gewinnzuschätzung gemäß Punkt 3 der Feststellungen beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Abweisung begründend hielt das Finanzamt im Wesentlichen fest,

1. dass der am von der Firma W erfolgte Wareneinkauf in Höhe von € 1.038,81 im Rechenwerk zwar erfasst, der dazugehörende Verkaufserlös jedoch trotz des auf dem Beleg und dem Buchhaltungskonto aufscheinenden Vermerks "Ware nach R verkauft" nicht aufscheine

und

2. dass die Einlagen die Entnahmen um € 3.422,91 übersteigen, wobei weder die Finanzierung des Lebensunterhaltes noch die des Einlagenüberhanges habe aufgeklärt werden können.

Zu 1.

Der Beschwerdeeinwand des Bf., der am getätigte Wareneinkauf bei der Firma W sei bereits mit den Ausgangsrechnungen Nr. 80 vom (über € 903,00) und Nr. 82 vom (über € 984,00) in der Buchhaltung der Bf. als "Ware nach R verkauft" erfasst worden, könne so nicht stimmen. Aus dem nunmehr vorliegenden Lieferschein der Firma W (Nr. 1018485, ABp AS 69) gehe eindeutig hervor, dass die Lieferung die der Eingangsrechnung zu Grunde liegenden Waren tatsächlich am erfolgt und auch am abgerechnet worden sei. Die Behauptung des Bf. diese Eingangsrechnung sei von der Fa. W 2 bis 3 Monate verspätet - nach bereits erfolgtem Weiterverkauf der Ware - fakturiert worden, sei somit wenig glaubwürdig und könne auch deswegen nicht nachvollzogen werden, weil zwischen dem im März 2003 erfolgten Verkauf von Waren nach R und der Lieferung von Waren im Juli 2003 kein Zusammenhang bestehen könne.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestehen schon aus diesem Umstand erhebliche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen des Bf.

Zu 2.

"… aus dem vorliegenden Rechenwerk [ist] ein Überhang der Geldeinlagen gegenüber den Entnahmen in Höhe von insgesamt € 3.422,91 ersichtlich. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass vom betrieblichen Konto VB-***001 über 11 Monate hin ein monatlicher Betrag in Höhe von € 508,71 (somit insgesamt ein Betrag von € 5.571,70) auf das Konto VB-***000 überwiesen wurde. Auf Grund dem Vorbringen in der Beschwerde, die Buchhaltung sei insgesamt ordnungsgemäß, wird vom Finanzamt davon ausgegangen, dass zumindest diese offengelegten Entnahmen im Rechenwerk erfasst wurden. Festgehalten wird hier auch, dass das Konto VB-***000 zumindest am einen Kontostand von € - 6.117,72 (die Kontounterlagen für Jänner 2003 wurden nicht vorgelegt) und am einen Stand von € 5.571,70 (der Rückstand wurde also zumindest ab um € 546,02 verringert) ausweist.

Von diesem Konto VB-***000 wurden dann in weiterer Folge insgesamt € 1.453,50 auf das Sparbuch mit der Nummer ***SP überwiesen. Daneben wurden von diesem Konto in Summe € 2.755,0 auf das Konto VB-KV-1 überwiesen und damit dort der Kredit abgedeckt. Vom Sparbuch mit der Nummer ***SP wurden dann 2003 in Summe € 1.475,35 bar behoben. Wie in der Berufung behauptet wird, wurden die abgehobenen Beträge wiederum in den Betrieb eingelegt, womit sich der Überhang der Einlagen gegenüber den Entnahmen erklären soll. Wie aus den Zahlungsflüssen zu erkennen ist, resultieren aber jene Beträge, von denen in der Berufung behauptet wird, dass sie den Überhang der Bareinlagen des Jahres 2003 erklären sollen, eben aus den Entnahmen des Jahres 2003. Das Geld ist, wenn die Darstellung in der Berufung zutreffend ist, zumindest in Höhe jenes Betrages der vom Sparbuch mit der Nummer ***SP in den Betrieb wieder eingelegt wurde, 2003 sprichwörtlich im Kreis gelaufen - die Entnahmen werden somit durch die Einlagen saldiert und umgekehrt. Die Darstellung des Bf. im Ermittlungs- und im Rechtsmittelverfahren vermag auch bei objektivster Betrachtung die Fragestellung des Prüfers nach der Herkunftsquelle der Bareinlagen in Höhe des Überhangs gegenüber den Entnahmen nicht zu erklären.

In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass vom Prüfungsorgan niemals ungeklärte Vermögenszuwächse in Form von Anschaffungen usw. im Privatbereich unterstellt wurden oder eine Vermögensanhäufung im Privatbereich behauptet wurde, sondern lediglich nur die Herkunftsquelle der besagten Bareinlagen hinterfragt werden ist.

Wenn in der Berufung ein niedriger und genügsamer Lebensstandard des Berufungswerbers samt seiner Familie angeführt wird, so vermag auch dieser Umstand die Herkunft der eingelegten Barmittel nicht aufzuklären. Zum Vorbringen der Bestreitung der Lebenshaltungskosten des Berufungswerbers samt seiner Familie durch das Gehalt der Gattin sei vermerkt, dass das vorgelegte Schreiben, welches nach Angaben des Bf. einen Lohnzettel darstellen soll, auf Grund der schlechten Qualität der Kopie in weiten Teilen nicht lesbar und daneben noch zur Gänze in einer anderen Sprache (vermutlich Rumänisch) abgefasst ist. Um dieses Schreiben überhaupt einer rechtlichen Würdigung zuführen bzw. als Grundlage von Sachverhaltsfeststellungen und weiteren Ermittlungen verwenden zu können, wäre es zunächst auch in Form einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen gewesen. Aus dem Schreiben lässt sich, soweit es überhaupt lesbar ist, nicht einmal ein Zeitraum erkennen über den es irgendeinen Informationsgehalt geben soll.

… Bei objektiver Betrachtung und rechtlicher Würdigung des vorliegenden Sachverhalts (nicht Erfassung eines Warenverkaufs, weiterhin ungeklärte Mittelherkunft der Bareinlagen bzw. Lebenshaltungskosten, Buchung eines Kassaausganges, der tatsächlich vom Privatkonto bezahlt wurde) erscheint die griffweise Umsatz- und Gewinnzuschätzung in Höhe von
€ 10.000,-- für das Jahr 2003 gerechtfertigt bzw. nicht überzogen. …
"

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde und die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Mit Schreiben (Faxmitteilung) vom zog der Bf. den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Bf. betrieb einen gewerblichen Holzhandel, verzeichnete Umsätze in Höhe von gerundet € 77.568 und tätigte Ausfuhrlieferungen im Ausmaß von € 2.788 (ABp AS 3).

Nachstehende materiellen Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des Bf. sind festzustellen:

1. Wie aus dem Lieferschein der Fa. W mit der Nummer 1018485 vom ersichtlich, lieferte die Fa. W am an den Bf. den bei ihr getätigten Wareneinkauf.

Am gleichen Tag erfasste der Bf. diesen Wareneinkauf in Höhe von € 1.038,81 unter der Belegnummer 4028 als "Einkauf Material und Handelswaren" in seinem Rechenwerk. Sowohl das Buchhaltungskonto als auch den Beleg versah der Bf. dabei mit dem Vermerk "Ware nach R verkauft". Entsprechende Umsatzerlöse aus diesem in das Ausland erfolgten Warenverkauf scheinen in der Buchhaltung nicht auf.

In der Buchhaltung des Bf. wurden drei Exporterlöse - Ausgangsrechnung Nr. 79 (), Nr. 80 () und Nr. 82 () in Summe € 2.788 - erfasst, die jedoch mit dem gegenständlichen Wareneinkauf vom in keinem Zusammenhang stehen. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Außenprüfung und dem im Zuge des Beschwerdeverfahrens beigeschafften Lieferscheines der Fa. W (ABp AS 69).

Der Beschwerdeeinwand des Bf., die (Eingangs-)Rechnung der Fa. W sei um Monate verspätet vorgelegt worden, weswegen die zu diesem Wareneinkauf gehörenden Erlöse - Ausfuhrlieferungen nach R - bereits Monate vor der Verbuchung dieses Wareneinkaufs vom mit den Ausgangsrechnung Nr. 80 (, ABp AS 28) und Nr. 82 (, ABp AS 28) im Rechenwerk erfasst seien, kann logisch nicht nachvollzogen werden. Nicht erklärbar ist in diesem Zusammenhang wie erst im Juli an den Bf. gelieferte Ware bereits im März ins Ausland geliefert hätte werden können. Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass Warenerlöse aus dem Wareneinkauf bei der Fa. W im Rechenwerk des Bf. nicht erfasst wurden.

1a. Am 11. Dezember wurde eine Treibstoffrechnung über € 48,25 in der Journalzeile 477 als Barzahlung von der betrieblichen Kassa erfasst. Abgebucht wurde diese Rechnung jedoch vom Privatkonto des Bf. VB-***000 (ABp AS 12, AS 16, Auszug Nr. 0070/001). Diese Feststellung stellt sich ebenfalls als Ergebnis der Außenprüfung dar und wird im Beschwerdeverfahren vom Bf. auch gar nicht bestritten.

2. Die Feststellung der Außenprüfung - Überhang der (Geld-)Einlagen in Höhe von € 3.422,91 über die Entnahmen - ist ebenfalls unstrittig und ergibt sich zweifelsfrei aus der Bilanz des Bf.

Diesen Überhang der Einlagen über die Entnahmen erklärt der Bf. in seiner Beschwerde mit Überweisungen vom privaten Sparbuch mit der Nummer ***SP. Nach Dafürhalten des Bundesfinanzgerichtes vermag der Bf. damit allerdings keine plausible Erklärung für den Überhand der Geldeinlagen über die Entnahmen darzulegen, wenn denn dieses Sparbuch von Überweisungen vom betrieblichen über das private Konto des Bf. gespeist wird. Der diesbezügliche ausführliche Begründungsteil in der Beschwerdevorentscheidung bleibt vom Bf. im Vorlageantrag unerwidert.

Vom betrieblichen Bankkonto VB-***001 überwies der Bf. im Jahr 2003 über elf Monate einen Betrag von jeweils € 508,71 - in Summe sohin € 5 571,70 - auf sein Privatkonto VB-***000, welches am einen negativen Kontostand von € - 6.117,72 und am von € - 5.474,48 auswies. Vom diesem Privatkonto wiederum wird mittels Dauerauftrag der Betrag von € 145,35 auf ein Sparbuch überwiesen. Dieses private Sparbuch (Nr. ***SP) weist nach einer Abhebung von € 330,00 am ein Guthaben von € 3,61 auf (ABp AS 65). Nach weiteren 10 Einzahlungen von € 145,35 und Abhebungen von € 700,00 und € 400,00 im beträgt das Sparguthaben im Dezember 2003 € 212,40. Den vom betrieblichen über das private Konto des Bf. auf dieses Sparbuch getätigten Einzahlungen von € 1.453,50 stehen Barabhebungen von € 1.430,00 entgegen, die wiederum als Bareinlage in das Unternehmen des Bf. getätigt worden sein sollen.

Folgt man dem Vorbringen des Bf. so erklärt sich der Überhang der Geldeinlagen im Wesentlichen durch Bareinlagen von diesem Sparbuch. Nach Dafürhalten des Bundesfinanzgerichtes vermag dieses Vorbringen die Quelle der Bareinlagen im Ausmaß des Überhanges der Einlagen über die Entnahmen nicht zu erklären, da die Bareinlagen und Entnahmen sich betragsmäßig weitgehend decken. Ein Überhang der Bareinlagen kann jedenfalls so nicht erklärt werden.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 184 Abs. 3 BAO bestimmt, dass die Abgabenbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen hat, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Nur Bücher oder Aufzeichnungen, die eine zuverlässige Ermittlung des tatsächlichen Umsatzes und Gewinnes ermöglichen, sind geeignet, der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu werden. (vgl. ; ).

Bereits formelle Buchführungsmängel, die einen Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Bücher hervorrufen, begründen die Schätzungsbefugnis der Behörde. Eines Nachweises, dass die Aufzeichnungen tatsächlich unrichtig sind, bedarf es nicht (vgl. Doralt, EStG7, § 4 Tz 16; ; ).

Ist eine Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei. Diese Wahlfreiheit bei Anwendung der Schätzungsmethode dient dem Ziel, ohne Bindung an starre Regeln dem tatsächlichen Betriebsergebnis oder den sonstigen Gegebenheiten möglichst nahe kommen zu können. Denn die Schätzung muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.

Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren (freie Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO), bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird. Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen.

Wer zur Schätzung begründeten Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss aber auch die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen. Eine Fehlertoleranz - im Ergebnis, nicht im Verfahren und Denkvorgang - muss der Schätzung immanent angenommen werden. Es liegt geradezu im Wesen der Schätzung, dass die auf diese Weise zu ermittelnden Größen die tatsächlich erzielten Ergebnisse nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen können.

Bei mangelhaften Aufzeichnungen ist wahrscheinlich, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere, nicht entdeckte Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (vgl. z.B. ).

Betracht man den gegenständlichen Sachverhalt unter dem Blickwinkel obiger Ausführungen, so bleibt festzuhalten, dass die Bücher und Aufzeichnungen des Bf. insgesamt unrichtig waren und in dieser Form der Erhebung der Abgaben nicht zu Grunde gelegt werden konnten. Die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde war daher alleine schon aus den im Punkt 1 und Punkt 1a dargelegten materiellen Buchführungsmängeln gegeben.

Ausgehend von der grundsätzlichen Schätzungsberechtigung wird in der im gegenständlichen Fall angewendeten Schätzungsmethode, der griffweisen Umsatz- und Gewinnzuschätzung, keine Rechtswidrigkeit erblickt. Zieht man dabei den Überhang der Einlagen über die Entnahmen (€ € 3.422,91) sowie die nichterklärten Auslandsumsätze zum Wareneinkauf (€ 1.038,81) in Betracht, stellt sich die Umsatz- und Gewinnzuschätzung in Höhe von € 10.000 netto als nachvollziehbar dar. Das Bundesfinanzgericht geht dabei auch davon aus, dass die nach R verkauften Waren nicht zum Wareneinkaufspreis verkauft worden sind.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nur Bücher oder Aufzeichnungen, die eine zuverlässige Ermittlung des tatsächlichen Umsatzes und Gewinnes ermöglichen, geeignet, der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu werden (vgl. ; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100618.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at