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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2022, RV/7500213/2022

Parkometerabgabe - Ermahnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Irene Kohler in der Verwaltungsstrafsache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/Zahl/2022, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 iVm § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl MA67/Zahl/2022, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) eine Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt, weil er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 19:57 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Köstlergasse 3 und 5, abgestellt habe ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 Euro und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Stunden verhängt. Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe der Bf. zudem einen Beitrag von 10,00 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher 70,00 Euro.

Begründend führte die belangte Behörde aus:
"Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien erstattet wurde, geht hervor, dass das vonIhnen gelenkte mehrspurige Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit zur angeführten Zeit im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, ohne dass dieParkometerabgabe entrichtet worden ist. Die Abstellung ist auch durch Fotos dokumentiert.

Im Einspruch gegen die an Sie ergangene Strafverfügung bestritten Sie nicht die Abstellung desFahrzeuges an gegenständlicher Örtlichkeit, wendeten aber im Wesentlichen ein, dass Sie lautdem beigefügten Lichtbild am bis 19:55 Uhr einen gültigen Parkschein gebuchthaben. Genau zu diesem Zeitpunkt kamen Sie zu Ihrem Fahrzeug und wären auchweggefahren. Schon auf dem Weg zur Ihrem KFZ sahen Sie, dass die wachehabenden Organebereits dort standen und vor Ablauf der Parkzeit alle Daten aufgenommen haben, um exakt amEnde der Parkzeit die Strafe ausstellen zu können. Sie versuchten den Organen diesenSachverhalt zu erklären und genau dies war der Grund, warum Ihr Fahrzeug zwei Minutenlänger an der Abstellörtlichkeit stand. Weiters gaben Sie an, dass nicht ein, sondern zweiBeamte Ihr Fahrzeug kontrollierten und sofort nach der Beanstandung die Straße verlassenhaben. Diese Vorgangsweise hinterließ für Sie ein fragliches Bild. Als Zeugen für diesenSachverhalt gaben Sie Herrn Zeuge, AdrZeuge an. Sollte dieBeanstandung zur Recht erfolgt sein, was von Ihnen bestritten wird, ersuchten Sie um Absehenvon der Strafe wegen Geringfügigkeit.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.

Unbestritten blieb, dass sich besagtes Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort befand und dort vonIhnen abgestellt worden ist.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Unbestritten ist, dass für das gegenständliche Kennzeichen ein am von 19:40 Uhr bis19:55 Uhr gültiger Parkschein gebucht war.

Zum Beanstandungszeitpunkt, um 19:57 Uhr, wurde die Parkometerabgabe jedoch nichtentrichtet und diese somit fahrlässig verkürzt.

Die Parkometerabgabeverordnung verlangt die Entrichtung der Abgabe für die Dauer der Abstellung des Fahrzeuges. Das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer Kurzparkzone über die angekreuzte (aktivierte) Parkzeit hinaus stellt objektiv eine Verkürzung der Parkometerabgabe dar. Das Ausmaß der Zeitüberschreitung ist für die Strafbarkeit unerheblich.

Der dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Organstrafverfügung deseingeschrittenen Kontrollorgans zufolge wurde die Kontrolle des von Ihnen abgestelltenKraftfahrzeuges um 19:57 Uhr des genannten Tages durchgeführt. Diese Zeitangabe istdeshalb glaubwürdig, weil den Kontrollorganen des Magistrats der Stadt Wien als Hilfsmittel fürdie Erfüllung der übertragenen Aufgaben elektronische Überwachungsgeräte (sog. PDA's) zurVerfügung stehen, welche die zum Beanstandungszeitpunkt aktuelle Uhrzeit über einen Serverbeziehen und vorgeben.

Es besteht für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen undwiderspruchsfreien Angaben des Meldungslegers in der Anzeige sowie dessen eingeholterStellungnahme in Zweifel zu ziehen, zumal einem Parkraumüberwachungsorgan dieWahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werdenkann.

Hervorzuheben ist, dass ein Fehlverhalten des Meldungslegers nicht erblickt werden kann, dadieser unter anderem die Aufgabe hat, den Ruhenden Verkehr zu überwachen undMissachtungen der Straßenverkehrsordnung (gegebenenfalls) durch Ausstellung vonOrganmandaten oder Anzeigen zu ahnden.

Auch besteht kein Grund an der Objektivität des anzeigelegenden Organs zu zweifeln, istdieses doch zur Angabe der Wahrheit verpflichtet und ergibt sich aus dem Akt keinAnhaltspunkt, dass der Exekutivbedienstete eine ihm offenbar unbekannte Personwahrheitswidrig belasten wollte.

Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung derWahrheitspflicht und muss bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionenrechnen, hingegen treffen Sie als Beschuldigten keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen.

Ihre bloße Erklärung, der Vorhalt der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei nichtrichtig, ist nicht ausreichend, diese zu widerlegen. Vielmehr ist es Ihre Aufgabe, konkretenErhebungsergebnissen nicht nur Behauptungen entgegen zu setzen, sondern auchentsprechende Beweise anzubieten. Geschieht dies nicht, ist die Behörde nicht gehalten, aufGrund unbestimmter und allgemein gehaltener Einwendungen weitere Beweiserhebungendurchzuführen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zahl89/02/0188 und vom , Zahl 85/03/0074).

Ihr Vorbringen, durch die Diskussion mit dem meldungslegenden Parkraumüberwachungsorgan amrechtzeitigen Wegfahren von der Tatörtlichkeit gehindert gewesen zu sein, stellt keinen zwingendenGrund dar, die Parkometerabgabe fahrlässig zu verkürzen.

Taugliche Beweismittel, welche den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen im Standewären, wurden von Ihnen im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens wederangeboten noch vorgelegt.

Ihre Einwendungen waren somit nicht geeignet Sie vom gegenständlichen Tatvorwurf zuentlasten.

Die Zeugeneinvernahme erachtete die Behörde als nicht zielführend, da die Ermittlungspflichtihre Grenze darin findet, dass von weiteren Erhebungen abgesehen werden kann, wenn derSachverhalt soweit geklärt ist, dass die Behörde auch dann zu keinem anderen Ergebnisgelangen könnte, wenn der namhaft gemachte Zeuge das bestätigen würde, was dieBeschuldigte unter Beweis stellt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , ZahlA 1662/36).

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nichtvor.

Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach denUmständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt istund die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichenkönnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).

Mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens war Fahrlässigkeit anzunehmen. Somitsind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeitgegeben."

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Bf. seien, soweit diese der Behörde bekannt gewesen seien, berücksichtigt worden, wie auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden sei).

Dagegen erhob der Bf. fristgerecht mit E-Mail vom Beschwerde und brachte Folgendes vor:
"Gegen das Straferkenntnis vom , GZ: MA67/Zahl/2022 erhebe ich Beschwerdebinnen offener Frist. Ich verweise vollinhaltlich nochmals auf meinen Einspruch vom samt den angegebenen Gründen und füge hinzu. Es wird so sein, dass die Aufgabe desMeldungslegers ist, den ruhenden Verkehr zu überwachen und Missachtungen der StVO zu ahnden.
Ich bestreite jedoch ausdrücklich, dass sich entsprechend Ihrer Begründung die Parkometer Abgabe
fahrlässig verkürzt habe, da ich eine Diskussion mit dem Meldungsleger führte. Auch ist es für michunverständlich, dass Sie negieren, dass die Befragung des Zeugen Zeuge1 kein tauglichesBeweismittel sei. Eine Zeugenaussage ist im Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls ein Beweismittelund darf sohin nicht abgelehnt werden. Es geht dabei nicht darum, ob Sie als Behörde dieszielführend finden, sondern es geht um die Wahrheitsfindung. Wenn Sie schreiben, dass dieÜberschreitung der Parkzeit um zwei Minuten kein Rechtfertigungsgrund ist, die Strafbarkeitaufzuheben ist das für mich keinesfalls verständlich und weltfremd. Nicht jeder Mensch besitzt eineFunkuhr, sodass er jeweils die genaueste Zeit entsprechend der Atomuhr in Frankfurt hat. Ebenfallsunverständlich und weltfremd für mich ist, wenn Sie weiter unten angeben, dass der Unrechtsgehaltder gegenständlichen Verwaltungsübertretung im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlensonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering ist. Eine Überschreitung von 2 Minuten, die aufvielen Armbanduhren nicht einmal so abzulesen sind, ist auf jeden Fall gering. Ich finde es empörend,dass dies nicht als geringfügig angesehen wird, und in diesem Sinne eine Ermahnung vollständigausgereicht hätte.
Tatsächlich war ich vielleicht Sekunden nach 19.55 Uhr beim Fahrzeug um wegzufahren und wurde
daran gehindert. Mir wurde die Strafe in die Hand gedrückt und alleine das ist Grund genug, denBeweis zu erbringen, dass ich um 19.55 Uhr beim Fahrzeug zurück war um wegzufahren. Viel mehrhabe ich von der Ferne beobachten können, wie die zwei Beamtem zielgenau auf mein Fahrzeugzugingen. Alles das sprach für eine geplante Aktion. Man hat sich um 19.55 Uhr dorthin befunden,um zu strafen. Ich gehe davon aus, das Fahrzeug bereits kontrolliert war und man hat buchstäblichgelauert, um zu strafen. Ich denke, man hatte sonst nicht viel zu tun. Es gab wenige andere geparkteFahrzeuge. Vielleicht war das auch der Grund, warum die Beamten zu zweit diese Tätigkeitdurchführten. Abschließend gingen die Beamten ohne weitere Fahrzeuge zu kontrollieren sofort weg.Der Fall hinterlässt eine schlechte Optik, was mit sich nur eine vollständige Zurücklegung als Folgehaben kann.
Ich stelle sohin abermals den
Antrag,das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einzustellen und von einer Bestrafungabzusehen in eventu, ein Ermahnung nach § 21 Abs 1 VStG auszusprechen."

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 123 (A) am um 19:57 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Köstlergasse 3 und 5, abgestellt, ohne dieses mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Für das Fahrzeug war ein elektronischer 15-Minuten-Gratisparkschein mit der Nummer PSNr mit der Gültigkeit von 19:40 bis 19:55 gebucht, der zum Beanstandungszeitpunkt 19:57 Uhr bereits abgelaufen war.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen dienstlichen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, den Anzeigedaten, den aktenkundigen Fotoaufnahmen des gegenständlichen Kraftfahrzeugs am Abstellort.

In der gegenständlichen Beschwerde brachte der Bf. vor: "Tatsächlich war ich vielleicht Sekunden nach 19.55 Uhr beim Fahrzeug um wegzufahren und wurde daran gehindert. Mir wurde die Strafe in die Hand gedrückt und alleine das ist Grund genug, den Beweis zu erbringen, dass ich um 19.55 Uhr beim Fahrzeug zurück war um wegzufahren".

Das Abstellen des Fahrzeuges an der genannten (sich in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befindlichen) Adresse sowie die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers blieben im Verfahren unbestritten.

Das Gericht sieht daher die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, ist die Gemeinde ermächtigt, durch Verordnung für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960 die Entrichtung einer Abgabe für mehrspurige Kraftfahrzeuge vorzuschreiben.

Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

§ 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung lautet:

"Die Abgabe beträgt für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,10 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als fünfzehn Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hierfür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung lautet:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Für die Verwendung von elektronischen Parkscheinen gilt gemäß § 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung (ABl der Stadt Wien 2008/33) folgendes:

"(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden."

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (zB ; ) hat ein Verkehrsteilnehmer, der dem Gebot der vorschriftsmäßigen Entwertung bzw Aktivierung eines entsprechenden Parkscheins im Beanstandungszeitpunkt nicht entspricht, die Möglichkeit verwirkt, sein Fahrzeug bis zu fünfzehn Minuten ohne Entrichtung von Parkgebühren abzustellen, da auf Grund der Bestimmungen der Parkometerabgabenverordnung und der Kontrolleinrichtungenverordnung für die Fahrzeuglenker die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren und damit die Vermeidung eines Verkürzungsdeliktes unabdingbar an die vorschriftsmäßige Entwertung bzw Aktivierung eines entsprechenden (elektronischen) Parkscheines im Beanstandungszeitpunkt geknüpft ist.

Vor dem Hintergrund der obigen Sachverhaltsfeststellungen ist die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung daher zweifelsfrei gegeben.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Aufgrund der in dieser Bestimmung normierten Fahrlässigkeitsvermutung bei Ungehorsamdelikten, erschöpft sich der tatbestandliche Unwert diesfalls im Zuwiderhandeln gegen den Handlungsbefehl einer im Beanstandungszeitpunkt ordnungsgemäßen Entrichtung der Parkometerabgabe bei Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer Kurzparkzone (vgl zB Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 5 Rz 6 mwN; sowie ).

Zur Entkräftung der im Normverstoß gelegenen Fahrlässigkeitsvermutung verlangt das Gesetz vom Beschuldigten eine Darlegungslast im Sinne einer entsprechenden substantiierten Glaubhaftmachung.

Der Akteninhalt und das vorhandene Vorbringen des Beschwerdeführers bieten keinen solchen schuldausschließenden Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen körperlichen und geistigen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder dass ihm ein rechtmäßiges Verhalten (durch Entwertung/Aktivierung eines für die gesamte Abstelldauer vorgesehenen Parkscheines) in der konkreten Situation nicht zumutbar gewesen wäre.

Da somit neben der objektiven auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht ist, war das angefochtene Straferkenntnis in seinem Schuldspruch zu bestätigen (vgl , mwN).

Die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde (und im Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom ) dargelegten besonderen Umstände der Begehung jener bestimmten Tat, welche ihm in der verfahrenseinleitenden Anzeige und dem hier verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis angelastet wird, vermögen jedoch einen bloß geringen Grad seines Verschuldens aufzuzeigen.

Entscheidungswesentlich hierbei ist, dass das Bestreben des Beschwerdeführers bestand, den Tatort um 19:55 zu verlassen. Der Verzögerung von zwei Minuten war ein Gespräch des Beschwerdeführers mit dem Meldungsleger (den zwei Meldungslegern) geschuldet. Er nennt einen Zeugen samt Anschrift, der die besonderen Umstände der Begehung jener bestimmten Tat bestätigen könne. Der Zeuge wurde allerdings nicht einvernommen. Auch sein Beschwerdevorbringen, wonach ihm die Organstrafverfügung "in die Hand gedrückt" worden sei, lässt auf besondere Umstände bei der Begehung jener Tat schließen (wird die Anzeige doch im Normalfall an der Windschutzscheibe angebracht).

§ 45 VStG regelt die (Voraussetzungen für die) Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, gegebenenfalls unter Ermahnung des Beschuldigten. Die Einstellung kann von der Behörde jederzeit (bis zur Erlassung eines Straferkenntnisses) verfügt werden. Steht schon vor der Einleitung eines Strafverfahrens fest, dass ein Einstellungsgrund iSd § 45 VStG vorliegt, so hat die Behörde davon abzusehen, das Strafverfahren einzuleiten. Erlässt die Verwaltungsstrafbehörde ein Straferkenntnis, obwohl die Einstellung zu verfügen gewesen wäre, so hat die Berufungsbehörde das Straferkenntnis mit Bescheid zu beheben und das Verfahren mit Bescheid einzustellen; in gleicher Weise haben ab die Verwaltungsgerichte vorzugehen (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 45 Rz 1).

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG, kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Neuregelung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I 2013/13, kann auf die gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 1 VStG idF vor der genannten Novellierung zurückgegriffen werden (zB ; ).

Die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG setzt demnach voraus, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen (vgl etwa ). Um eine Einstellung des Verfahrens nach dieser Vorschrift oder eine Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG vornehmen zu können, müssen die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sein (zB ; ; ).

Von einem geringen Verschulden kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB ; ; Ra 20104/02/0087, mwN) in den Fällen gesprochen werden, in denen das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Wenngleich nach den obigen Ausführungen die objektive und subjektive Tatseite der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung im vorliegenden Fall grundsätzlich erfüllt werden, so muss das Verschulden des Beschwerdeführers an eben dieser Tatbildverwirklichung - gemessen an den höchstgerichtlichen Leitlinien und dem typisierten Unrechtsgehalt von § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung - im vorliegenden Fall als nur gering angesehen werden.

Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG somit grundsätzlich gegeben waren, konnte von einer Bestrafung des Beschwerdeführers abgesehen werden. Aus spezialpräventiven Gründen, insbesondere um dem Beschwerdeführer die grundsätzliche Rechtswidrigkeit seiner Tat bewusst zu machen und ihn von der zukünftigen Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, war gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG eine Ermahnung auszusprechen.

Eine Ermahnung stellt eine Entscheidung in der Sache selbst dar, sodass nach § 50 VwGVG die Entscheidung in Form eines Erkenntnisses und nicht eines Beschlusses zu erfolgen hat (vgl , mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vor (vgl ), weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Pauschalierungsverordnung, ABl. Nr. 29/2007
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500213.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at