Vorsätzliche Verkürzung der Parkometerabgabe durch die Verwendung eines kopierten Behindertenausweises
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/Zahl1/2021, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Beisein des Schriftführers AD SF, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 28,00, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (28,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (140,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (14,00 Euro), insgesamt 182,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde vom Kontrollorgan Zahl2 der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 16:55 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Am Hauptbahnhof ggü 2, beanstandet, da es sich nach dessen eigenen Wahrnehmungen bei dem Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Zahl3 um eine Farbkopie handelte.
Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgenden Vermerk: "29b Farbkopie hinter WS, Zahl3, ganzer Ausweis hat eine leichte Unschärfe, Ecke links oben ausgefranzter schiefer Schnitt, rechte Seite unregelmäßig Schnittkante, ecke rechts oben scheint eckig foliert. Delikt-Text: Parknachweis wurde manipuliert".
Nach erfolgter Lenkererhebung vom wurde die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf. genannt) von der Magistratsabteilung 67 (kurz: MA 67) mit Schreiben vom unter Anführung der ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zur Rechtfertigung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.
Mit fristgerechter E-Mail vom brachte die Bf. vor, sie möchte auf diesem Wege darauf hinweisen, dass sie immer das Original des Parkausweises hinter der Scheibe hätten. Der Ausweis sei allerdings zum Schutz in einer kleinen Plastikhülle mit einer kleinen Büroklammer gesichert. Die Parkraumbewirtschaftung habe die 36 Euro zurückgezogen, da es sich herausgestellt habe, dass es das Original gewesen sei. Alte Menschen seien manchmal recht eigensinnig, sie (Anmerkung: die Ausweisinhaberin) bestehe auf die Kunststoffhülle zum Schutz. Die Bf. lebe zur Zeit aufgrund von Corona weit unter dem Existenzminimum. Leider habe sie auch eine Lohnpfändung vom Finanzamt von früher. Zusätzlich kümmere sie sich unentgeltlich um die Schwiegermutter, die schwer krank und oft verwirrt sei. Sie würden auf eine gute Lösung hoffen.
Mit nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/Zahl1/2021, wurde die Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, für schuldig befunden, das in Rede stehende Kraftfahrzeug am um 16:55 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Am Hauptbahnhof ggü 2, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis (Parkschein, Tages - oder Wochenpauschalkarte) gesorgt zu haben. Im Fahrzeug sei lediglich die Farbkopie eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO mit der Nummer Zahl3 hinterlegt gewesen. Demnach habe die Bf. die Parkometerabgabe hinterzogen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von 140,00 Euro und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag 9 Stunden verhängt.
Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe die Bf. zudem einen Beitrag von 14,00 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag erhöhte sich daher 154,00 Euro.
Begründend stellte die Behörde unter Anführung der erhobenen Beweise (Einsichtnahme in die Anzeige des Parkraumüberwachungsorgans der Landespolizeidirektion Wien, zur Beanstandungszeit angefertigte Fotos, eingeholte Lenkerauskunft, Zusatznotiz vom Meldungsleger) fest, auf Grund der eingeholten Lenkerauskunft sei ihre Tätereigenschaft festgestellt worden und sei davon auszugehen, dass sie die Verwaltungsübertretung begangen habe.
Unbestritten sei geblieben, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit abgestellt gewesen sei.
In ihrem Vorbringen anlässlich der Lenkererhebung sowie in der E-Mail vom habe die Bf. unter Beilage von Fotos des Behindertenausweises mit der Nummer Zahl3 im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich um keine Farbkopie, sondern um den Originalausweis gehandelt hätte und die Ausweisinhaberin darauf bestünde, dass der Ausweis in einer Kunststoffhülle mit Büroklammer im Fahrzeug hinterlegt werde.
Dazu werde Folgendes bemerkt:
Nach Einsichtnahme in die vom Meldungsleger zur Tatzeit angefertigten Fotos und die von der Bf. per E-Mail übermittelten Fotos des Behindertenausweises gehe die Behörde davon aus, dass es sich bei dem zur Tatzeit im Fahrzeug hinterlegten Ausweis nicht um den (Original)- Ausweis gehandelt habe, zumal der im Fahrzeug hinterlegte Ausweis eindeutig eine divergierende Folierung, insbesondere auf der linken oberen Ecke, zu dem von der Bf. in Kopie übermittelten Ausweis aufgewiesen habe.
Taugliche Beweismittel, die den Tatvorwurf zu widerlegen im Stande gewesen wären, seien von der Bf. weder angeboten noch vorgelegt worden.
Im Zuge des Verfahrens seien somit keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung hätten führen können.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.
Die Abgabe sei gemäß § 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet.
Die Abgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis (im Original) gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet seien (§ 6 lit. g Parkometerabgabeverordnung).
Die Verwendung eines nachgemachten oder kopierten § 29b - Ausweises falle nicht unter die Ausnahmebestimmung.
Die angelastete Übertretung sei daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen gewesen.
Die Verschuldensfrage sei zu bejahen gewesen.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, läge im gegenständlichen Fall nicht vor.
Somit lägen auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit vor.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt zur schwere der Verschuldensform aus (Abgabenhinterziehung in Folge Verwendung eines nachgemachten Behindertenausweises und somit Vortäuschung eines Befreiungstatbestandes), dass die Strafe spruchgemäß festzusetzen gewesen sei, um die Bf. von einer Wiederholung wirksam abzuhalten.
Die Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und brachte (wörtlich) das Folgende vor:
"Ich möchte auf diesem Wege nochmals darauf hinweisen, dass unser Parkausweis das Original ist und war. Ich habe es Ihrer Behörde doch bereits vorgelegt, und die Strafe von 36€ wurde zurückgezogen. Wie kommt es nun zu diesem Vorwurf??? Ich habe meinen Fall meiner Rechtsschutzversicherung vorgelegt. Der dortige Anwalt hat die Echtheit des Parkausweises bestätigt. Zudem konnte man den Ausweis in der Scheibe sehr gut sehen die Plastikhülle und die Büroklammer schützen lediglich den Ausweis. Eine Schuld könnte mich nur dann treffen, wenn am besagten Tag der Beamte mich aufgefordert hätte den Parkausweis herauszunehmen und in seine Hände zulegen (zwecks Kontrolle) dies ist jedoch nicht geschehen."
Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Im Rahmen der vom Bundesfinanzgericht angesetzten mündlichen Verhandlung (von Amts wegen) am führte die Bf. aus, sie habe zum fraglichen Zeitpunkt ihre Schwiegermutter zum Hauptbahnhof gebracht, um ihre Schwester abzuholen. Die Schwiegermutter sei dement, die Krankheit komme in Schüben. Die Schwiegermutter hätte besagten Ausweis auch schon einmal verloren. Zur Sicherheit geben sie den Ausweis in eine Klarsichthülle, ansonsten reagiere die Schwiegermutter sehr negativ. Wenn ihr vorgehalten werde, dass sie laut im Akt einliegender Auswertung des Magistrats am Beanstandungstag, am Tatort, bereits um 11:30 Uhr nach der StVO wegen Parkens in einem Halte- und Parkverbot bestraft worden sei, so gäbe sie an, dass das schon so lange her sei und sie sich nicht mehr erinnern könne. Sie arbeite nur halbtags und verdiene derzeit rund 1.200,00 Euro netto monatlich.
Die Bf. legte den in Rede stehenden Behindertenausweis zur Einsichtnahme vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt
Aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den auf dem PDA (Überprüfungsgerät) erfassten Anzeigedaten, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos und aus der Ausweisdatenbank ergibt sich folgender Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am um 16:55 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Am Hauptbahnhof ggü 2, abgestellt.
Zur Beanstandungszeit war im Fahrzeug der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Zahl3 hinterlegt.
Der Parkausweis Nr. Zahl3 wurde am für Frau unbefristet ausgestellt.
Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war zum Beanstandungszeitpunkt die Bf.
Die Bf. hat weder die Abstellung des Fahrzeuges an der angeführten Örtlichkeit noch die Lenkereigenschaft bestritten.
In ihrer Beschwerde brachte die Bf. vor, dass der Ausweis im Auto das Original gewesen sei.
Zufolge der eigenen Wahrnehmungen des Meldungslegers hat es sich bei dem beanstandeten Ausweis nicht um das Original, sondern um eine Farbkopie gehandelt.
Gesetzliche Grundlagen und Würdigung
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
§ 29b Abs. 1 StVO 1960 normiert:
"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung ,Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung' verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."
Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.
Den Bestimmungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist (vgl. zB , , , ).
Bei den Organen der Parkraumüberwachung handelt es sich um besonders geschulte Organe, denen die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte zugemutet werden kann.
Aus dem Akt ergibt sich kein Anhaltspunkt, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wollte. Meldungsleger sind auf Grund des abgelegten Diensteides der Wahrheit verpflichtet. Im Fall der Verletzung dieser Pflicht treffen sie straf- und dienstrechtliche Sanktionen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dient die Anzeige dem Beweis der Rechtsrichtigkeit der Meldungslegung und ist als taugliches Beweismittel anzusehen (vgl. , ).
Der Meldungsleger hat in der Anzeige detailliert festgehalten, woran er die Farbkopie erkannt hat, nämlich der ganze Ausweis hat eine leichte Unschärfe, an der Ecke links oben ist der Schnitt schief und ausgefranst, die rechte Seite hat eine unregelmäßige Schnittkante und die Ecke rechts oben scheint eckig foliert.
Bei dem von der Bf. in der mündlichen Verhandlung dem Gericht zur Einsichtnahme vorgelegten Ausweis handelte es sich zweifellos um das Original. Da dieses aber die vom Meldungsleger festgestellten Auffälligkeiten nicht aufwies, ist auszuschließen, dass das Original zum beanstandeten Abstellzeitpunkt im Fahrzeug hinterlegt gewesen ist, weshalb mit dessen Vorlage die Feststellungen des Meldungslegers nicht erschüttert werden konnten.
Das in der Verhandlung weiters vorgebrachte Argument, die Schwiegermutter reagiere sehr negativ, wenn der Ausweis nicht in eine Klarsichthülle gegeben werde, überzeugt nicht. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass mit der Verwendung einer Klarsichthülle das Erkennen einer bloßen Ausweiskopie erschwert werden sollte.
Das Bundesfinanzgericht zieht daher die Wahrnehmungen des Meldungslegers und seine Anzeigedaten, wonach es sich bei dem Parkausweis um eine Farbkopie gehandelt hat, nicht in Zweifel.
Für das Fahrzeug der Bf. ist am Beanstandungstag bereits um 11:30 Uhr am gleichen Ort (Tatort) auch eine Strafe nach der StVO 1960 ausgestellt worden (aktenkundig), was zumindest den Verdacht nahelegt, dass das Fahrzeug schon länger dort gestanden und nicht erst am Nachmittag zu dem von der Bf genannten Zweck abgestellt worden ist. Die Bf. erklärte in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis auf das schon lange Zurückliegen des Ereignisses, sich nicht mehr an diese Strafe erinnern zu können. Im Hinblick darauf, dass zum einen Strafen nach der StVO keine alltäglichen Ereignisse darstellen, und zum anderen die Bf sich sehr wohl daran zu erinnern angab, zu welchem Zweck sie ihr Fahrzeug am selben Tag um 16.55 Uhr abgestellt hatte, erscheint es nicht als glaubhaft, dass ihr der Vorfall um 11:30 Uhr nicht in Erinnerung geblieben wäre, was ihr Glaubwürdigkeit insgesamt nicht verstärkt.
Entscheidend ist auch nicht, dass der ausgestellte Behindertenausweis im Original vorhanden ist, sondern dass der Behindertenausweis gemäß § 29b StVO im Original hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht ist (vgl. ).
Bei Abwägung der Angaben des anzeigelegenden Organes und dem Vorbringen der Bf. als Beschuldigte, die in der Wahl ihrer Verteidigung völlig frei ist, wird die Übertretung in freier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen.
Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Bf. durch die Verwendung einer Farbkopie des Parkausweises die objektive Tatseite der ihr von der belangten Behörde angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Was die subjektive Tatseite betrifft, so genügt nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens bereits Fahrlässigkeit. Es ist aber unwahrscheinlich und daher auszuschließen, dass sich die Bf. im Zeitpunkt der Abstellung des Fahrzeugs nicht dessen bewusst gewesen ist, nur eine Kopie des auf ihre Schwiegermutter ausgestellten Behindertenausweises in Händen zu haben. Die Verwendung eines kopierten Behindertenausweises kann daher nicht auf ein bloß fahrlässiges Verhalten zurückgeführt werden. Dass mit der Verwendung eines kopierten Behindertenausweises eine Verkürzung der Parkometerabgabe verbunden ist, muss die Bf. zumindest in Kauf genommen haben, weshalb der Feststellung der belangten Behörde, die Bf. habe die Parkometerabgabe hinterzogen, nicht entgegenzutreten ist.
Zur Strafbemessung
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Gemäß § 10 Abs. 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit im VStG nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).
Das Verschulden der Bf. war nicht unerheblich, da im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug erwiesenermaßen eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29 b StVO eingelegt war und dadurch die vorgeschriebene Parkometerabgabe vorsätzlich verkürzt wurde.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten der Bf. wurden bereits von der belangten Behörde gewürdigt, soweit sie dieser bekannt waren. Auf zwei vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wurde seitens der belangten Behörde Bedacht genommen.
Angesichts der Wichtigkeit einer effizienten Parkraumbewirtschaftung ist der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, erheblich.
Aus diesen Gründen erscheint eine Geldstrafe von 140,00 € nicht als unverhältnismäßig, zumal dieser Betrag ohnehin nur rund 38% des bis 365,00 € reichenden Strafrahmens erreicht (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 9 Stunden), wodurch bei der Strafbemessung allenfalls ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Bf. hinreichend Rechnung getragen wird. Zudem entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. ; , 2013/03/0129) bzw. sich dieser in Privatinsolvenz befindet (vgl. ).
Eine Herabsetzung der Strafe kommt daher unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe und auch des Umstandes, dass sich die Bf. nicht schuldeinsichtig gezeigt hat, sowie insbesonders im Hinblick auf die spezial- und auch generalpräventive Funktion der Verwaltungsstrafe und den (bis zu € 365 reichenden) gesetzlichen Strafsatz nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von € 14,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 28,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor. Der Sachverhalt war in freier Beweiswürdigung zu klären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500062.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at