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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2022, RV/2100143/2019

Vorsteuererstattung Telekom-Unternehmen aus dem Drittland

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2100143/2019-RS1
wie RV/2100410/2019-RS1
Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 16 UStG 1994 ist auch dann vorzunehmen, wenn in den Vorjahren trotz Ausführung von Umsätzen keine Steuererklärungen eingereicht wurden. Ähnlich wie in § 22 UStG 1994 vorgesehen, ist nämlich von einer Versteuerung der Umsätze und dem Abzug der Vorsteuern in zumindest derselben Höhe auszugehen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Erstattung von Vorsteuern für die Zeiträume 1-3/2016 und 4- 6/2016
die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens der Erstattung von Vorsteuern für die Zeiträume 01-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 01-12/2013, 01-03/2014, 04-06/2014 und 07-09/2014 und Erstattung von Vorsteuer für die Zeiträume 01- 12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10-12/2013, 1-12/2013, 01- 03/2014, 04- 06/2014 und 07-09/2014 und 10-12/2014 sowie
die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Erstattung von Vorsteuerern für den Zeitraum 7-9/2016

I. zu Recht erkannt:

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens für die 04-06/2014 und 07-09/2014 werden aufgehoben.

Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens für die Zeiträume 01-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 01-12/2013 und 01-03/2014, sowie betreffend Vorsteuererstattung für die Zeiträume 1-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10- 12/2013, 01-12/2013, 01-03/2014, 10-12/2014, 1- 3/2016, 4- 6/2016 und 7-9/2016 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Vorsteuererstattung 04-06/2014 und 07- 09/2014 wird gem. § 261 BAO als gegenstandslos erklärt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1***. (im Folgenden Bf), ist ein Telekommunikations-Unternehmen mit Sitz im Hong Kong.

In den Streitjahren 2012 - 2014 machte die Bf. Vorsteuern aus von österreichischen Unternehmern für Roaming Gebühren in Rechnung gestellter Umsatzsteuer im Erstattungsverfahren gem. VO BGBl 279/1995 idF BGBl 2014/158 geltend, da die Bf. davon ausging, keine Umsätze in Österreich zu erzielen.

Das Finanzamt erstattete zunächst die Vorsteuerbeträge mit Bescheiden betreffend die Zeiträume 01-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10-12/2013, 1-12/2013, 01- 03/2014, 04- 06/2014, 07-09/2014 und 10-12/2014.

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt diese Verfahren wieder auf und begründete die Wiederaufnahme durch Verweis auf die damit verbundenen Sachbescheide folgendermaßen:

"Mangels vergleichbarer Umsatzbesteuerung im Ansässigkeitsstaat verlagert sich die Umsatzsteuerpflicht nach Österreich und ist daher das Umsatzsteuerveranlagungsverfahren und nicht das Vorsteuererstattungsverfahren anzuwenden (vgl. V0 BGBl II 383/2003 keine EU Widrigkeit/keine Berechtigung, sich unmittelbar auf Unionsrecht zu berufen). Ferner wurde seitens der österr. Finanzverwaltung nunmehr bekannt, dass auf Basis von zwischen der Konzernmutter des österr. Teleunternehmers und dem Drittstaatstelekommunikationsunternehmer geschlossener Rabattvereinbarungen es zur nachträglichen Rabattierung von Roamingdienstleistungen kommt, wobei der Rabatt über die Konzernmutter verrechnet/weitergeleitet wird. Nach Minderung der Bemessungsgrundlage beim österr. Telekomunternehmer wären die Vorsteuern des Leistungsempfängers zu korrigieren. Auf die Umsatzsteuerveranlagungspflicht dh die Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Gewinnzuschlages sowie gewährter Rabatte wird verwiesen "

Das Finanzamt ging bei seiner Beurteilung unter Berufung auf VO 383/2003 idF 221/2009 davon aus, dass die Bf. Umsätze in Österreich ausführte, da sich der Ort einer Telekommunikationsdienstleistung eines Unternehmens aus dem Drittland nach der zit. Verordnung in das Inland verlagert, wenn die Leistung im Inland genutzt oder ausgewertet wird. Dies sei dann der Fall, wenn Kunden im Inland (mit ihrem Handy) telefonieren.
Der Erstattungsbetrag wurde dementsprechend in sämtlichen angefochtenen Erstattungsbescheiden (= die mit der Wiederaufnahme verbundenen Sachbescheide) mit "Null" festgesetzt, was einer Abweisung des Antrages (wegen des Vorliegens von Umsätzen) entspricht.

Mit den ebenfalls angefochtenen Bescheiden vom wurde der Erstattungsbetrag 1-3/2016 und 4-6/2016 jeweils mit Null festgesetzt, weil die Bf. Umsätze in Österreich erziele. Der Erstattungsantrag betreffend den Zeitraum 7-9/2016 wurde mit Bescheid vom ebenfalls wegen des Vorliegens von Umsätzen abgewiesen.

In den dagegen eingebrachten Beschwerden vom , vom und vom vertrat die Bf. die ausführlich begründete Ansicht, dass die VO 383/2003 idF 221/2009 unionsrechtswidrig sei.
Zur Wiederaufnahme wegen Rabattierungen führte die steuerliche Vertretung in der Beschwerde vom aus:

"Auskunftsgemäß ist bei unserem Mandanten für den Zeitraum 10-12/2014 eine mit ausgestellte Gutschrift mit einem Vorsteuerbetrag in Höhe von EUR 66.631,89 vorliegend, die im Vorsteuerrückerstattungsantrag 10-12/2014 irrtümlich unberücksichtigt blieb (Beilage 1).
Für die restlichen gegenständlichen Perioden sind keine nachträglichen Gutschriften betreffend der Rabattierung von Roaming-Dienstleistungen vorliegend.
Es sind lediglich zwei Gutschriften von ***1***, UK vorliegend, die jedoch mit 2015 ausgestellt sind, die in den Vorsteuerrückerstattungen des Jahres 2015 in Höhe von insgesamt EUR 69.649,59 vorsteuerreduzierend zu berücksichtigen sind und somit den gegenständlichen Zeitraum nicht betreffen.

Folglich sind aufgrund unserer Recherchen und uns erteilten Auskünfte die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes gemäß § 303 Abs 1 BAO für die Perioden 1-12/2012, 1-12/2013, 1-3/2013, 4-6/2013, 7-9/2013, 10-12/2013, 1-3/2014, 4-6/2014 und 7-9/2014 nicht gegeben, da für den gegenständlichen Zeitraum keine hervorgekommenen Tatsachen bekannt sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht wurden und zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätten."

Mit Beschwerde vom (betreffend hier nicht streitgegenständlicher Festsetzungen Umsatzsteuer) erklärte die Bf. zum Sachverhalt Folgendes:

"Zudem beinhaltet die mit datierte Gutschrift der ***1*** Roaming-Leistungen für den Leistungszeitraum bis , für den keine Rückerstattungsanträge eingebracht wurden. Da eine VSt-Erstattung für 2010 und 2011 nicht stattgefunden hat, sei im Jahr 2011 auch keine Minderung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, da gemäß § 16 Abs 1 Z 2 UStG nur ein "in Anspruch genommener Vorsteuerabzug" zu berichtigen ist.

Entgegen der Festsetzung der Finanzverwaltung für das Jahr 2011 ist auskunftsgemäß weder von der Konzernmutter ***3*** (idF ***3***) noch von der ***5*** eine Gutschrift betreffend ***2*** vorliegend. Für die restlichen Perioden (2012 bis 2017) konnten die Gutschriften der ***3*** lückenlos vorgelegt werden.

(…)

Diese Rabatte wurden jedoch nicht von ***2***, sondern von deren Konzernmutter ***3*** an ***Bf*** gewährt. Die ***3*** hat an ***Bf*** jährlich eine Gutschrift ausgestellt, in der Rabatte für verschiedene Länder (verschiedene ***2*** Tochtergesellschaften) zu einem Gesamtbetrag saldiert wurden. In diesen Gutschriften wird keine USt ausgewiesen, das Dokument wird von ***3*** mit dem Hinweis "not a VAT document" versehen und es wird darauf hingewiesen, dass der Leistungsempfänger die Bemessungsgrundlage für seine Reverse-Charge-Umsätze zu vermindern habe. Ein von der ***3*** zusätzlich zur Gutschrift zur Verfügung gestelltes "Settlement"-Dokument erlaubt eine Zuordnung der Rabatte zu einzelnen Ländern und damit auch die Eruierung der auf Österreich entfallenden Rabatte. Auch in diesem Dokument erfolgt jedoch kein USt-Ausweis.

Aufgrund dieser Darstellungsweise war für ***Bf*** nicht ersichtlich, dass die Gewährung eines globalen Rabattes durch die ***3*** auch umsatzsteuerliche Implikationen auf die österreichischen VSt-Erstattungsanträge habe.

(…)

Die von der Finanzverwaltung für die Jahre 2012 bis 2016 für den Lieferanten ***2*** festgestellten Entgeltsminderungen stimmen mit den nunmehr von ***Bf*** ermittelten Werten überein. Die vom Finanzamt für das Jahr 2012 und 2014 festgesetzte Entgeltsminderung mit einer darauf entfallenden USt iHv EUR 18.769,70 und EUR 56.863,36 kann von ***Bf1*** dagegen nicht nachvollzogen werden, da zwar die Gutschriften für Gesamteuropa vorliegend sind, aber das jeweilige Settlement für die österreichischen Rabatte nicht vorgelegt werden konnte.

Allerdings beinhaltet die mit datierte Gutschrift der ***3*** Leistungen für den Leistungszeitraum 2011, für den keine Rückerstattungsanträge eingebracht wurden. Da eine VSt-Erstattung für 2011 nicht stattgefunden hat, sei im Jahr 2012 auch keine Minderung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, da gemäß § 16 Abs 1 Z 2 UStG nur ein "in Anspruch genommener Vorsteuerabzug" zu berichtigen ist.

Die nach Ansicht der Finanzverwaltung für auf den österreichischen Mobilfunkanbieter ***4*** (***4***) entfallenden Entgeltsminderungen mit einem Vorsteuerbetrag von insgesamt EUR 566.909,78 für die Perioden 2011, 2014 und 2015 können von unserem Klienten ebenfalls nicht vollständig nachvollzogen werden. Die mit datierte Gutschrift mit einem Vorsteuerbetrag iHv EUR 12.451,96 betrifft einerseits einen bereits verjährten Zeitraum und andererseits einen Zeitraum für den keine Rückerstattungsanträge eingereicht wurden. Die mit datierte Gutschrift für den Leistungszeitraum 2015 mit einem Vorsteuerbetrag iHv EUR 824,42 wurde von der Finanzverwaltung nicht als Entgeltsminderung festgesetzt."

Das Finanzamt wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom mit der Begründung ab, dass die gewährten Rabatte eine neue Tatsache seien bzw. dass die VO 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspreche.

In den Vorlageanträgen vom wiederholte die Bf. ihr bisheriges Vorbringen.

Auf einen Vorhalt des BFG hin führte die Bf. die Höhe und Zeitpunkte der Rabattgutschriften unter Vorlage der entsprechenden Belege gesondert an:

[...]

Laut Beschwerde vom erfolgte am eine Gutschrift der ***3***.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Aktenkundig machte die Bf. in den Streitjahren 2012 - 2014 Vorsteuern aus von österreichischen Unternehmern für Roaming Gebühren in Rechnung gestellter Umsatzsteuer im Erstattungsverfahren gem. VO BGBl 279/1995 idF BGBl 2014/158 geltend, da die Bf. davon ausging, keine Umsätze in Österreich zu erzielen.

Das Finanzamt erstattete zunächst die Vorsteuerbeträge mit Bescheiden betreffend die Zeiträume 01-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10-12/2013, 01-12/2013, 01 - 03/2014, 04- 06/2014, 07-09/2014 und 10-12/2014.

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt die o.a. Verfahren wieder auf, weil ihm erstmals bekannt wurde, dass die Bf. im Ansässigkeitsstaat keiner vergleichbarer Umsatzbesteuerung unterliegt und dass ihr von ihren Lieferanten Rabatte gewährt wurden, die zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führten.

Mit den Sachbescheiden wies das Finanzamt die Erstattungsanträge ab, weil die Bf. nach VO 383/2003 idF 221/2009 Umsätze in Österreich ausführte und damit die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren nicht erfüllte.

Mit den ebenfalls angefochtenen Bescheiden vom wurde der Erstattungsbetrag 1-3/2016 und 4-6/2016 aus demselben Grund jeweils mit Null festgesetzt, mit Bescheid vom der Erstattungsantrag 7-9/2016 abgewiesen.

Die Rabatte wurden laut unwidersprochener Darstellung der Bf. mit Abrechnungen vom , vom und vom gewährt. Im Jahr 2012 wurde laut Beschwerde am eine Gutschrift ausgestellt.

Rechtslage

§ 303 (1) BAO: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Schaffung eines eigenen Verfahrens für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer, BGBl Nr. 279/1995:

§ 2 Erstattungszeitraum ist nach der Wahl des Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei Monaten bis zu höchstens einem Kalenderjahr. Der Erstattungszeitraum kann weniger als drei Monate umfassen, wenn es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt. In dem Antrag für diesen Zeitraum können auch abziehbare Vorsteuerbeträge aufgenommen werden, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des betreffenden Kalenderjahres fallen.

Verordnung über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009:

§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Wiederaufnahme

Neue Tatsache

Das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.

Tatsachen in diesem Sinne sind Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente sind keine Tatsachen.

Die Tatsachen müssen auch neu hervorkommen, das heißt es muss sich um solche Tatsachen handeln, die bereits vor Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens bestanden haben, aber erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens der Behörde bekannt geworden sind ().

Im Beschwerdefall stützt das Finanzamt seine Wiederaufnahme auf die Tatsachen

- dass die Bf. im Ansässigkeitsstaat keiner vergleichbaren Umsatzbesteuerung unterliegt und
- dass der Bf. von österreichischen Mobilfunkunternehmen Rabatte gewährt worden sind.

Nach Ansicht des , "SK Telecom Co. Ltd" entspricht die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht. Für die Besteuerung im Inland kommt es hierbei nicht darauf an, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen.

Der Umstand, dass es in Hong Kong keine vergleichbare Mehrwertbesteuerung gibt, kann demnach zu keinem anderslautenden Bescheid führen. Diese Tatsache ist damit nicht geeignet, eine Wiederaufnahme zu begründen.

Anderes gilt für die gewährten Rabatte: Nachträglich gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist (§ 16 Abs 1 UStG 1994).

Die Bf. bestreitet nicht, dass diese Tatsache dem Finanzamt erst nachträglich bekannt wurde, somit eine neue Tatsache iSd § 303 BAO darstellt.

Die Kenntnis allein dieser Umstände hätte im Spruch anders lautende Bescheide (nämlich jedenfalls mit niedrigeren Vorsteuerbeträgen) herbeigeführt, weshalb aus diesem Grund eine Wiederaufnahme grundsätzlich zulässig ist.

Betroffene Zeiträume

Das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln ist nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens betreffend die konkrete Abgabe und einen konkreten Zeitraum zu beurteilen (, vgl auch ).

Von der Tatsache der Rabatte sind nur jene Zeiträume betroffen, in denen es zu Rabattgutschriften gekommen ist, weil die Änderung der Bemessungsgrundlage in dem Zeitraum zu erfassen ist, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist.

Im Beschwerdefall ist es im Streitzeitraum aufgrund folgender Gutschriften zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage gekommen: Gutschrift vom , Gutschrift vom und Gutschrift vom .

Für das Jahr 2012 gilt:

Auch wenn die Bf. für das Jahr 2011 keinen Erstattungsantrag eingereicht und auch keine Vorsteuern ausbezahlt erhalten hatte, ist nach Ansicht des BFG dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen (vgl , ): Die Bf. erzielte nämlich im Jahr 2011 nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung (siehe unten) steuerbare und steuerpflichtige Umsätze im Inland gem. VO 383/2003, die zum Vorsteuerabzug berechtigen - auch wenn dies in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen nicht zur Versteuerung gelangt ist.

Jedenfalls ist im Beschwerdefall für das Jahr 2011 von einem dem Vorsteuerabzug gegenüberstehenden Ausgangsumsatz auszugehen.

Gedanklich ändert daher die Nichteinreichung von Erstattungsanträgen oder Umsatzsteuererklärungen im Jahr 2011 nichts an der Inanspruchnahme von Vorsteuern, da entsprechende Steuertatbestände verwirklicht wurden. Bei dieser Vorgangsweise ist zumindest anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer in zumindest gleicher Höhe gegenüberstand, woraus sich eine Steuerschuld von Null ergibt.

Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, konnte mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden. Die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen.

In ähnlicher Weise geht auch § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe) vereinfachend davon aus, dass Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe angenommen/festgesetzt werden. Die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe wie die geschuldete Umsatzsteuer festgesetzt. Da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen (Ruppe/Achatz UStG5, § 22 Rz 4).

Auch Unternehmer, deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind als grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist bei Land- und Forstwirten ebenso gegeben wie bei der Bf., weshalb davon auszugehen ist, dass die Bf. de-facto den Vorsteuerabzug in der Weise in Anspruch genommen hat, als sie die Vorsteuern von der angefallenen Leistungsumsatzsteuer in Abzug brachte, deren Ergebnis einen Saldo von Null ergab.

Ob dies gewollt oder ungewollt war, vermag an der abgabenrechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Daher treffen die Bf. auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4, 16 UStG 1994).

Für das Jahr 2013 gilt:

Die Verordnung BGBl 279/1995, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (im Folgenden kurz: Erstattungsverordnung) regelt, dass der Unternehmer den Erstattungszeitraum grundsätzlich im Ausmaß von 3 Monaten bis zu einem Kalenderjahr selbst wählen kann (vgl dazu die Beispiele bei Kollmann in Melhardt/Tumpel, UStG § 21 Rz 70).

Der Bf. hat im Jahr 2013 folgende Erstattungszeiträume gewählt: 01-03/2013, 04-06/2013, 07- 09/2013, 10-12/2013 und 1-12/2013.

Grundsätzlich kann für einen gewählten Erstattungszeitraum nur ein Antrag gestellt werden (Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 21 Tz 58).

Die Bf. hat jedoch zusätzlich zu den quartalsmäßigen Erstattungsanträgen noch einen Jahresantrag gestellt, der sämtliche Quartale, für die bereits ein Antrag gestellt bzw. Vorsteuern vergütet wurden, umfasste. In diesem Antrag hat die Bf. offenbar "vergessene" Vorsteuern geltend gemacht, die das Finanzamt mit Erlassen des Bescheides für das gesamte Kalenderjahr zusätzlich vergütet hat.

In der Erstattungsverordnung ist eine solche Vorgangsweise weder ausdrücklich vorgesehen noch ausdrücklich verboten.

In Hinblick auf den Umstand, dass die Verordnung auf einer Ermächtigung des § 21 Abs 9 UStG 1994 beruht, kann der Erstattung für das ganze Kalenderjahr, die zusätzlich zur quartalsmäßigen Erstattung erfolgt ist, nur die Wirkung einer Jahresveranlagung zukommen, die gleich einem Umsatzsteuer-Jahresbescheid sämtliche Vorauszahlungszeiträume (im Beschwerdefall eben Erstattungszeiträume) umfasst und die bereits geleisteten Vorauszahlungen (im Beschwerdefall Erstattungen ) hinsichtlich der Zahllast als "Vorsoll" berücksichtigt.

Als Auszahlungsbetrag des Bescheides 1-12/2013 blieb damit nach Abzug der bereits erfolgten Erstattungen nur noch die "vergessene Vorsteuer", so wie sich beim Umsatzsteuer-Jahresbescheid die Zahllast als Differenz zwischen Jahressteuer und Vorauszahlungen berechnet.

Daraus folgt konsequenterweise, dass den Bescheiden betreffend die Quartale 1-3/2013, 4- 6/2013, 7-9/2013 und 10-12/2013 die Wirkung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen iSd § 21 Abs 1 UStG 1994 zukommt, für die durch die Erstattung des gesamten Jahres analog zu § 21 Abs 5 UStG 1994 keine abweichende Fälligkeit begründet wird.

Durch diese Zusammenfassung im Erstattungsbescheid 01-12/2013 Jahres sind von der Minderung der Bemessungsgrundlage im März 2013 automatisch sämtliche in dem Jahr liegende Zeiträume betroffen, sodass aus Sicht sämtlicher wieder aufgenommener Bescheide zur Vorsteuererstattung eine Tatsache neu hervorgekommen ist.

Zusätzlich ist anzumerken, dass die Vorlage der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens für den Zeitraum 10-12/2013 nicht beantragt wurde, weshalb die abweisende Beschwerdevorentscheidung (Begründung vom ) bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

Für das Jahr 2014 gilt:

Im Jahr 2014 ist es durch Gutschrift vom nur im Zeitraum 1-3/2014 zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage gekommen, während in den Zeiträumen 04- 06/2014 und 07-09/2014 mangels Rabattierungen keine neuen Tatsachen vorliegen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für den Zeitraum 10-12/2014, jedoch wurde die Vorlage der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Vorsteuererstattung 10-12/2014 mit Schreiben vom nicht beantragt, weshalb dieser Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens für die Zeiträume 04- 06/2014 und 07-09/2014 waren daher wie im Spruch ersichtlich aufzuheben, während die Beschwerde gegen die übrigen Wiederaufnahmebescheide abzuweisen war.

3.2. Gegenstandsloserklärung

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde gemäß § 261 BAO mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Daher war die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Vorsteuererstattung für die Zeiträume 04-06/2014 und 07-09/2014 als gegenstandslos zu erklären, da diese Bescheide durch Aufhebung der die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheide gemäß § 307 Abs 3 BAO ohnedies nicht mehr im Rechtsbestand sind.

3.3. Abweisung der Erstattungsanträge

Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuer abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln.
Auf Grund des § 21 Abs. 9 UStG 1994 erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", wenn der Unternehmer (von gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) keine Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausgeführt hat.

Nach § 3a Abs. 13 lit. a iVm Abs. 14 Z 12 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 52/2009 werden Telekommunikationsdienste im Drittland ausgeführt, wenn der Empfänger ein Nichtunternehmer ist und er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.

Nach § 3a Abs. 16 UStG 1994 in der kann der Bundesminister für Finanzen, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich u.a. nach Abs. 13 lit. a UStG 1994 bestimmt, der Ort der sonstigen Leistungen danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, bestimmt:

"Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird ."

Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697). "

Auch der , "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:

"Art. 59a Abs. 1 Buchst, b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen. "

Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern. Damit ist die Anwendung des Erstattungsverfahrens ausgeschlossen, weil die Bf. Umsätze im Inland erzielt hat.

Das Finanzamt hat die Erstattungsanträge 1- 3/2016, 4-6/2016 und 7- 9/2016 zu Recht abgewiesen (durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null).

Zusätzlich dazu hat das Finanzamt in den Sachbescheiden für die Zeiträume 1-12/2012, 01 - 03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10- 12/2013 (für 10-12/2013 Wiederaufnahme nicht angefochten), 01- 12/2013, 01-03/2014 und 10-12/2014 (für 10-12/2014 Wiederaufnahme nicht angefochten) auch den Umstand gewürdigt, dass die Bf. in den Streitzeiträumen Umsätze im Inland erzielt hat. Daher kann der Abzug von Vorsteuern nicht im Erstattungsverfahren geltend gemacht werden, weshalb die Erstattungsanträge auch in den angefochtenen Sachbescheiden (durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null) abgewiesen wurden.

Da es Ziel einer amtswegigen Wiederaufnahme ist, insgesamt ein rechtmäßiges Ergebnis zu erreichen ( unter Hinweis VfGH E , B 2/96), ist es zulässig, wenn nicht geboten, auch die Bestimmungen über den Leistungsort von Telekom-Leistungen auch in die Sachbescheide einfließen zu lassen.

Bei einem Auseinanderklaffen der steuerlichen Auswirkungen, die unmittelbar auf Wiederaufnahmsgründe zurückzuführen sind, gegenüber solchen, die auf einer geänderten Rechtsansicht beruhen, ist im Rahmen der Ermessensübung insbesondere dem Gesamtverhalten des Abgabepflichtigen Gewicht beizumessen. Eine offenkundige Abgabenverkürzungsabsicht des Abgabepflichtigen wird ebenso zu berücksichtigen sein wie dessen Bestreben, den Sachverhalt oder die rechtliche Situation in einer Weise darzustellen, die zwar nichts verschweigt, aber dennoch geeignet ist, der Abgabenbehörde einen falschen Eindruck von der rechtlichen Relevanz des Geschehens zu vermitteln ()

Im Beschwerdefall sind die Auswirkungen der Entgeltminderung nicht bloß geringfügig und die Bf. hat durch das jahrelange Verschweigen der Berichtigungen zweifellos Abgaben verkürzt, wenn auch nicht willentlich, wie in der Beschwerde dargelegt wurde.

Die Abgabenbehörde hat daher ihr Ermessen in dem Gesetz entsprechender Weise geübt, indem sie in den Sachbescheiden auch die Bestimmungen über den Leistungsort herangezogen hat und die Erstattungsanträge (zT durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null) abgewiesen hat.

Die Beschwerde war diesbezüglich abzuweisen.

3.4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall hat der VwGH zwar die Rechtsfrage der Unionsrechtskonformität der VO 383/2003 beantwortet, nicht jedoch die Frage, ob auch bei Nichteinreichung von Steuererklärungen von einer Berichtigungspflicht iSd § 16 UStG 1994 auszugehen ist und wie bei einer Erstattung für das gesamte Kalenderjahr, die zu einer bereits erfolgten quartalsmäßigen Erstattung hinzutritt, vorzugehen ist. Es liegen daher Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Revision zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100143.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at