Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.07.2022, RV/3100493/2017

Vorlageantrag wegen Adressierung der Beschwerdevorentscheidung an zuvor beendete Miteigentümergemeinschaft als nicht zulässig zurückgewiesen

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** und ***VerlBf2*** betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** (jetzt Finanzamt Österreich) vom betreffend den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zum beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis: Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung dieses Beschlusses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an die ***VerlBf2*** als Rechtsnachfolgerin der früheren Gesellschafterin der beendeten Miteigentümergemeinschaft als vollzogen.

Begründung

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Am 5. September2014 ist beim Finanzamt die Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes zum für die wirtschaftliche Einheit "***1***" in ***2*** eingegangen. ***Bf2*** und ***Bf1*** (im Folgenden: Beschwerdeführer) wurden als jeweilige Hälfteeigentümer und der Beschwerdeführer ***Bf1*** als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 BAO bekanntgegeben.

Mit Einheitswertbescheid vom stellte das Finanzamt den Einheitswert zum mit ***3*** für den Grundbesitz des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer fest. Die Zurechnung des Einheitswertes erfolgte jeweils zu einem Hälfteanteil an die Beschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen den Einheitswertbescheid mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde.

Mit einem durch Notariatsakt vom beurkundeten Schenkungs-, Übergabe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag übereigneten und übergaben die Beschwerdeführer sämtliche in ihrem gemeinsamen Eigentum gewesenen Grundstücke. Im Grundbuch erfolgte die Löschung des Eigentums der Beschwerdeführer und die Eintragung der Rechtsnachfolger am .

Am erließ das Finanzamt eine als "Beschwerdevorentscheidung gemäß 262 BAO" benannte, an "***Bf2*** und Miteigentümer, z.H. ***Bf1***, ***Adr***" adressierte Erledigung.

Mit Schreiben vom beantragten die Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Rechtslage und Erwägungen

Die für den Beschluss maßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung lauten auszugsweise:

"§ 19. […]

(2) Mit der Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen deren sich aus Abgabenvorschriften ergebende Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über.

[…]

§ 79. Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. […]

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

[…]

§ 186. (1) Unbeschadet anderer gesetzlicher Anordnungen sind die Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten oder Untereinheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, gesondert festzustellen, wenn und soweit diese Feststellung für die Geltendmachung von Abgabenansprüchen von Bedeutung ist.

(2) Die gesonderten Feststellungen gemäß Abs. 1 sind einheitlich zu treffen, wenn an dem Gegenstand der Feststellung mehrere Personen beteiligt sind.

[…]

§ 191. (1) Der Feststellungsbescheid ergeht

a) in den Fällen des § 186: an denjenigen, dem die wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) zugerechnet wird, wenn jedoch am Gegenstand der Feststellung mehrere beteiligt sind, an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, an der die Beteiligung im Feststellungszeitpunkt bestanden hat;

[…]

(2) Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid an diejenigen zu ergehen, die in den Fällen des Abs. 1 lit. a am Gegenstand der Feststellung beteiligt waren […]

(3) Einheitliche Feststellungsbescheide (§ 186) wirken gegen alle, die am Gegenstand der Feststellung beteiligt sind.

[…]

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist

[…]

§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

[…]

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

[…]

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

[…]

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

[…]"

Ein Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag) gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann nur gegen eine Beschwerdevorentscheidung gestellt werden.

Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit eines solchen Antrages ist sohin, dass die Abgabenbehörde eine wirksame Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. ; ).

Ein ohne diese Voraussetzung gestellter Vorlageantrag ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Tz 17 unter Hinweis auf ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruches, mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. ).

Wenn am Gegenstand der Feststellung mehrere beteiligt sind, ergeht gemäß § 191 Abs. 1 lit. a BAO der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 186 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, an der die Beteiligung im Feststellungszeitpunkt bestanden hat.

Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid gemäß § 191 Abs. 2 BAO in den Fällen des § 191 Abs. 1 lit. a BAO an diejenigen zu ergehen, die am Gegenstand der Feststellung beteiligt waren.

Es ist unzulässig, den Bescheid an eine Gemeinschaft zu richten, die nicht mehr besteht (vgl. ).

Wird ein Feststellungsbescheid an eine nicht mehr bestehende Gemeinschaft gerichtet, so entfaltet er keine Rechtswirkungen (vgl. ).

Der Begriff der Beendigung einer Miteigentümergemeinschaft ist ein zivilrechtlicher (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 19 Rz 14 und 15).

Gemäß § 825 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) besteht eine Gemeinschaft, so oft das Eigentum der nämlichen Sache ungeteilt zukommt.

Eine Miteigentümergemeinschaft wird durch die Veräußerung und die grundbücherliche Übertragung der bis dahin im Miteigentum stehenden Liegenschaft beendet (vgl. ).

Durch den am abgeschlossenen Schenkungs-, Übergabe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag und die grundbücherliche Übertragung sämtlicher im Miteigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücke am fand die Miteigentümergemeinschaft ihr Ende und verlor die Eignung als tauglicher Bescheidadressat.

Die als "Beschwerdevorentscheidung gemäß § 260 BAO" bezeichnete Erledigung vom wäre dementsprechend nicht mehr an die Miteigentümergemeinschaft zu richten gewesen, sondern hätte nach § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen ergehen sollen, die am Gegenstand der Feststellung ehemals beteiligt waren.

Da die Erledigung dessen ungeachtet an "***Bf2*** und Miteigentümer, z.H. ***Bf1***, ***Adr***" adressiert war, konnte sie keine Rechtswirkung entfalten.

Mangels wirksamer Beschwerdevorentscheidung war der Vorlageantrag vom als nicht zulässig zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn er von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretenen Rechtsfragen wurden anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Beschluss liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100493.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at